BFH Beschluss v. - I B 64/02

Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei Vorabausschüttung

Gesetze: KStG §§ 27, 8

Instanzenzug:

Gründe

I. Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, die am die Vorabausschüttung eines (voraussichtlichen) Gewinns in Höhe von 400 000 DM beschloss. Der Betrag floss noch im Jahr 1996 ab, woraufhin die Klägerin eine entsprechende Kapitalertragsteueranmeldung einreichte. Da der Jahresüberschuss für das Jahr 1996 nur 267 376,71 DM betrug, wurde durch Gesellschafterbeschluss vom die Gewinnausschüttung auf 218 000 DM herabgesetzt und eine korrigierte Kapitalertragsteueranmeldung eingereicht.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) führte die Körperschaftsteuerveranlagung für das Jahr 1996 unter Berücksichtigung der ursprünglich beschlossenen Gewinnausschüttung durch. Zur Begründung berief er sich auf das Senatsurteil vom I R 57/98 (BFHE 190, 103, BStBl II 2001, 127). Danach sei für die Vorabausschüttung einer Kapitalgesellschaft auch dann die Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1991 (KStG 1991) herzustellen, wenn sie von dem später festgestellten Jahresgewinn nicht gedeckt werde.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren legte die Klägerin gegen die entsprechenden Steuerbescheide Klage vor dem Finanzgericht (FG) ein, welche dieses als unbegründet abwies. Es ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Dagegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie die Zulassung der Revision gegen das Urteil der Vorinstanz beantragt.

Dem ist das FA entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Rechtsfrage, ob für die Besteuerung auf einen ggf. nichtigen Gewinnverwendungsbeschluss abgestellt werden kann, ist bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt.

a) Der Senat hat wiederholt entschieden, dass nach § 27 Abs. 1 und 3 KStG 1991 die Ausschüttung, für die die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist, mit dem Abfluss der Gewinnanteile vollzogen ist. Danach ist der in diesem Sinne verwirklichte Sachverhalt der Besteuerung der ausschüttenden Kapitalgesellschaft zugrunde zu legen. Wird der Sachverhalt zu einem späteren Zeitpunkt dadurch „rückgängig„ gemacht, dass der Gewinnverteilungsbeschluss aufgehoben wird und die Gewinnanteile zurückgefordert werden, so ist die Rückzahlung steuerrechtlich als Einlage (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des EinkommensteuergesetzesEStG—, § 8 Abs. 1 KStG 1991) zu behandeln (vgl. zur Rückgewähr offener Gewinnausschüttungen z.B. Senatsurteile in BFHE 190, 103, BStBl II 2001, 127; vom I R 173/87, BFH/NV 1991, 190; vom I R 11/01, BFH/NV 2002, 540; zur Rückgewähr verdeckter Gewinnausschüttungen z.B. , BFHE 180, 405, BStBl II 1997, 92; vom I R 176/83, BFHE 150, 337, BStBl II 1987, 733; zur Kapitalertragsteuer , BFH/NV 1994, 83; vom I R 11/96, BFH/NV 1998, 308; Abschn. 77 Abs. 10 Satz 3 der Körperschaftsteuer-RichtlinienKStR—). Diese Rechtsfolge ist grundsätzlich unabhängig davon, aus welchen Gründen die Rückforderung erfolgt, insbesondere auch davon, ob entsprechende (schuld- oder gesellschaftsrechtliche) Rückforderungsansprüche bestehen und ob die Ausschüttung insoweit eine zunächst nur vorläufige war (BFH-Urteil in BFHE 180, 405, BStBl II 1997, 92).

b) Die vorgenannte Rechtsprechung hat der Senat unlängst für den Fall bestätigt, dass die Vorabausschüttung von dem später festgestellten Jahresgewinn nicht gedeckt wird (, BFH/NV 2003, 1275). Ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbH-Rechts mag zur Unwirksamkeit des Jahresabschlusses führen und kann ausnahmsweise auch die Unwirksamkeit des daraufhin ergangenen Gewinnverteilungsbeschlusses zur Folge haben, wenn dieser seinem Inhalt nach ausdrücklich auf eine Auszahlung trotz Verletzung des Stammkapitals gerichtet ist. Rückforderungsansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter stehen dem tatsächlichen Abfluss der Ausschüttung —und zwar als Ausschüttung von Gewinn— jedoch auch in einem derartigen Fall nicht entgegen. Es bleibt vielmehr dabei, dass —erst— die Rückzahlung der überhöhten Vorabausschüttung ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis findet (vgl. §§ 30, 31 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung —GmbHG—) und sich bei der Kapitalgesellschaft deswegen als Einlage erweist. Dementsprechend ist für die Vorabausschüttungen in ihrer ursprünglichen Höhe die Ausschüttungsbelastung gemäß §§ 27 ff. KStG 1991 herzustellen (vgl. Senatsurteile in BFHE 190, 103, BStBl II 2001, 127, und BFH/NV 2002, 540, m.w.N.).

2. Eine Entscheidung des Senats ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) erforderlich, weil das FG ersichtlich von den vorgenannten Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist.

3. Die Tatsache, dass das Senatsurteil in BFH/NV 2003, 1275 erst nach der Einlegung der Beschwerde ergangen ist, steht dem nicht entgegen, weil bei der Prüfung, ob ein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO vorliegt, auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung abzustellen ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 14, m.w.N.).

4. Die Entscheidung ergeht im Übrigen ohne weitere Begründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 231 Nr. 2
OAAAB-13720