Suchen Barrierefrei

Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
NWB-EV Nr. 1 vom Seite 19

Staatsangehörigkeitsrecht im Erbrecht

Bedeutung für die Nachfolgeplanung

Prof. Dr. Uwe Berlit

Der Staatsangehörigkeit kommt im Ehe- und Erbrecht maßgebende Bedeutung aufgrund von Wahlrechten zum anwendbaren Recht zu. Das Staatsangehörigkeitsrecht wurde zum wesentlich geändert. Hierdurch ist der Hinzuerwerb von weiteren Staatsangehörigkeiten von deutschen Staatsbürgern ohne Verlust der deutschen möglich. Dies wird oft in Vorbereitungen eines Wegzugs aus Deutschland genutzt. Eine deutsche Staatsangehörigkeit kann aber auch angestrebt werden, um deutsches Recht wählen zu können.

Kernaussagen
  • Der Erwerb einer weiteren Staatsangehörigkeit kann für die Erbfallgestaltung die Rechtswahlmöglichkeiten erweitern.

  • Wegen der voraussetzungslosen Hinnahme von Mehrstaatigkeit durch die Bundesrepublik Deutschland seit Mitte 2024 kann eine fremde Staatsangehörigkeit ohne Gefährdung des Fortbestands der deutschen Staatsangehörigkeit erworben werden.

  • Dem „gewillkürten“ Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vorgelagert ist bei Ausländern, deren Vorfahren eine Migrationsgeschichte und einen gewissen Bezug zu Deutschland hatten, die Prüfung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt oder durch Erklärung.

  • Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch einen Ausländer mit ständigem rechtmäßigen Inlandsaufenthalt in Deutschland erfordert seit Mitte 2024 nicht mehr die Aufgabe/den Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit.

  • Auf die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband besteht grundsätzlich ein gebundener Rechtsanspruch, wenn die Mindestvoraussetzungen erfüllt sind.

  • Die Voraussetzungen sind ein fünfjähriger rechtmäßiger Voraufenthalt im Bundesgebiet, Verfassungstreue, strafrechtliche Unbescholtenheit, ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift, Grundkenntnisse der deutschen Sprache und der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse in Deutschland, die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts und das Nichtvorliegen sicherheitsbezogener Ausschlussgründe.

  • Für die Erbfallgestaltung kann bei Zweifel über das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit Rechtssicherheit bewirkt werden, indem die Staatsangehörigkeitsbehörde hierüber mit inter-omnes-Wirkung in einem gesonderten, behördlichen Verfahren entscheidet.

I. Annäherung an das Thema

Art. 22 EUErbVO eröffnet die Möglichkeit, durch Verfügung von Todes wegen für die Rechtsnachfolge das Recht eines der Staaten zu wählen, denen der prospektive Erblasser im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt seines Todes angehört. Dies schafft insbesondere bei mehrfacher oder nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, aber dauerndem gewöhnlichen Inlandsaufenthalt die Möglichkeit, von der Regel des Art. 21 Abs. 1 EUErbVO abzuweichen, dass die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates unterliegt, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Nachfolgend werden verschiedene Formen des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit – vom Erwerb kraft Geburt (einschließlich des sog. „Ersitzungserwerbs“) (III.) und Erklärungserwerb (IV.) bis hin zu den verschiedenen Formen der Einbürgerung (V.) skizziert. Bei den Verlustgründen beschränkt sich der Beitrag auf den bis zum ex lege eintretenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei Erwerb einer fremden (Drittstaats-)Angehörigkeit ohne Beibehaltungsgenehmigung (VI.). Den Abschluss bildet ein Abriss zum staatsangehörigkeitsrechtlichen Feststellungsverfahren (VII.), in dem das Bestehen oder Nichtbestehen einer deutschen Staatsangehörigkeit verbindlich auch für die Rechtswahl nach Art. 22 EUErbVO geklärt werden kann. Allen voran wird auf die Fallgruppe des Erwerbs einer (dann auch wählbaren) fremden Staatsangehörigkeit durch im Bundesgebiet lebende Personen eingegangen (II.).S. 20