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NWB Nr. 47 vom Seite 3169

Umsatzsteuerliche Risikofelder

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Neues vom EuGH, dem BMF und ein Praxisfall

Weist ein Rechnungsaussteller zu viel Umsatzsteuer in einer Rechnung aus (unrichtig oder unberechtigt), schuldet er grundsätzlich den Steuerbetrag nach § 14c UStG (Art. 203 MwStSystRL). Allerdings hatte der EuGH schon Ende 2022 in der Rechtssache P-GmbH in einem österreichischen Fall den Anwendungsbereich des Art. 203 MwStSystRL nach seinem Sinn und Zweck eingeschränkt. Demnach entsteht eine Steuerschuld nicht, wenn der gesonderte Umsatzsteuerausweis nicht zu einer Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens führen kann, weil die Rechnungsempfänger nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind (z. B. Endverbraucher). Das BMF wendet die Aussagen des EuGH in diesen Fällen an, wobei es unter Endverbrauchern zum einen Nichtunternehmer, zum anderen Unternehmer, die nicht als solche handeln (insbesondere Leistungsbezug für den Privatbereich oder die nichtwirtschaftliche Tätigkeit i. e. S.), versteht. In der Anfang August dieses Jahres getroffenen Entscheidung P-GmbH II hat der EuGH nun einen weiteren wichtigen Akzent in der Fortentwicklung des europäischen Umsatzsteuerrechts gesetzt. Aufbauend auf der Entscheidung aus dem Jahr 2022 konkretisiert er die Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines fehlerhaften Steuerausweises insbesondere im Umfeld von Massengeschäften und gemischten Kundenkreisen. Damit dürfte, so Polok/Driessen , die restriktive Auffassung der Finanzverwaltung zur Schätzungsbefugnis in sog. Mischfällen wohl nicht mehr haltbar sein.

Ebenfalls im August dieses Jahres hat das BMF sein Schreiben von April 2024 zur umsatzsteuerlichen Einordnung von Umsätzen aus Online-Veranstaltungsdienstleistungen und weiteren Online-Dienstleistungsangeboten aufgehoben und durch Regelungen für Online-Veranstaltungsdienstleistungen im B2C-Bereich ersetzt. Ersatzlos weggefallen sind damit die umstrittenen Ausführungen zur Unterscheidung zwischen selbständigen Leistungen und einheitlichen Leistungen eigener Art. Nunmehr soll nach allgemeinen Grundsätzen und aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers beurteilt werden, ob ein Kombinationsprodukt aus Live-Stream und Aufzeichnung eine einheitliche Leistung oder ein Paket aus zwei getrennt zu beurteilenden Einzelleistungen ist. Zudem sind die Grundsätze des BMF-Schreibens zur Behandlung von Live-Streams, Aufzeichnungen, Kombiprodukten und zur Leistungskommission auch bei anderen Online-Dienstleistungsangeboten anzuwenden, insbesondere in den Bereichen Bildung und Gesundheit. Grambeck erläutert die Regelungen und geht auf weiterhin bestehende Abgrenzungsfragen ein.

Mit einem besonders fehleranfälligen Bereich des Umsatzsteuerrechts, der privaten Nutzung betrieblicher Pkw, befassen sich Steffgen/Tonn . Sie beleuchten zwei Fallkonstellationen aus der Praxis, die für Unternehmen erhebliche steuerliche Risiken bergen.

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2025 Seite 3169
OAAAK-04339