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EuGH Urteil v. - C-142/24

Vorlage zur Vorabentscheidung – Freier Kapitalverkehr – Erbschaft- und Schenkungsteuer – Besteuerung des Übergangs von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden – Familienstiftung mit Sitz in Liechtenstein – Kohärenz des Steuersystems

Leitsatz

Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom in der durch das Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass

er vorbehaltlich der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der für die Besteuerung des Übergangs von Vermögen auf eine Familienstiftung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Stifter nur bei inländischen, einer Ersatzerbschaftsteuer unterliegenden Stiftungen berücksichtigt wird, mit der Folge, dass auf diese Stiftungen eine günstigere Steuerklasse angewandt wird als auf ausländische Familienstiftungen, die dieser Steuer nicht unterliegen.

Gesetze: ErbStG § 1 Abs. 1, ErbStG § 2 Abs. 1, ErbStG § 7 Abs. 1, ErbStG § 9 Abs. 1, ErbStG § 10 Abs. 1, ErbStG § 15, ErbStG § 16, ErbStG § 19, EWR-Abkommen Art. 1, EWR-Abkommen Art. 6, EWR-Abkommen Art. 31, EWR-Abkommen Art. 40, RL 88/361/EWG Art. 1

Gründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom (ABl. 1994, L 1, S. 3) in der durch das Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. 2007, L 221, S. 15) geänderten Fassung (im Folgenden: EWR-Abkommen).

2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einer Familienstiftung mit Sitz und Geschäftsleitung in Liechtenstein (im Folgenden: Stiftung) und dem Finanzamt Köln-West (Deutschland) (im Folgenden: Finanzamt) über die Höhe der von der Stiftung für das Jahr 2014 geschuldeten Schenkungsteuer.

Rechtlicher Rahmen

EWR-Abkommen

3 Ziel des EWR-Abkommens ist es nach seinem Art. 1, eine beständige und ausgewogene Stärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien unter gleichen Wettbewerbsbedingungen und die Einhaltung gleicher Regeln zu fördern, um einen homogenen Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu schaffen. Zur Verwirklichung dieser Ziele umfasst die Assoziation im Einklang mit den Bestimmungen des EWR-Abkommens u.a. den freien Kapitalverkehr.

4 Art. 6 des EWR-Abkommens lautet:

„Unbeschadet der künftigen Entwicklungen der Rechtsprechung werden die Bestimmungen dieses Abkommens, soweit sie mit den entsprechenden Bestimmungen des [AEU‑]Vertrags … sowie der aufgrund [dieses Vertrags] erlassenen Rechtsakte in ihrem wesentlichen Gehalt identisch sind, bei ihrer Durchführung und Anwendung im Einklang mit den einschlägigen Entscheidungen ausgelegt, die der Gerichtshof [der Europäischen Union] vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens erlassen hat.“

5 Art. 31 dieses Abkommens sieht vor:

„(1)  Im Rahmen dieses Abkommens unterliegt die freie Niederlassung von Staatsangehörigen eines [Mitgliedstaats der Europäischen Union] oder eines [Staates der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA)] im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten keinen Beschränkungen. Das gilt gleichermaßen für die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines [EU]-Mitgliedstaats oder eines EFTA-Staates, die im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten ansässig sind.

Vorbehaltlich des Kapitels 4 umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 34 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.

(2)  Die besonderen Bestimmungen über das Niederlassungsrecht sind in den Anhängen VIII bis XI enthalten.“

6 Art. 40 des Abkommens bestimmt: „Im Rahmen dieses Abkommens unterliegt der Kapitalverkehr in Bezug auf Berechtigte, die in den [EU]-Mitgliedstaaten oder den EFTA-Staaten ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes. Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel sind in Anhang XII enthalten.“

7 Anhang XII („Freier Kapitalverkehr“) des EWR-Abkommens nimmt auf die Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages [Artikel aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam] (ABl. 1988, L 178, S. 5) Bezug.

Richtlinie 88/361

8 Nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 88/361 wird der Kapitalverkehr entsprechend der Nomenklatur in ihrem Anhang I gegliedert.

9 Unter dem in Anhang I der Richtlinie 88/361 aufgezählten Kapitalverkehr findet sich in Rubrik XI der „Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“, der Schenkungen und Stiftungen sowie Erbschaften und Vermächtnisse umfasst.

Deutsches Recht

10 § 1 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BeitrRLUmsG) vom (BGBl. 2011 I S. 2592) (im Folgenden: ErbStG) sieht vor:

„Der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) unterliegen

1.

der Erwerb von Todes wegen;

2.

die Schenkungen unter Lebenden;

3.

die Zweckzuwendungen;

4.

das Vermögen einer Stiftung, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist, und eines Vereins, dessen Zweck wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem in § 9 Abs. 1 Nr. 4 bestimmten Zeitpunkt.“

11 In § 2 Abs. 1 ErbStG heißt es:

„Die Steuerpflicht tritt ein

1.

in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9) ein Inländer ist, für den gesamten Vermögensanfall (unbeschränkte Steuerpflicht). Als Inländer gelten

a)

natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

 

2.

in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4, wenn die Stiftung oder der Verein die Geschäftsleitung oder den Sitz im Inland hat;

…“

12 § 7 Abs. 1 ErbStG bestimmt:

„Als Schenkungen unter Lebenden gelten

8.

der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden. Dem steht gleich die Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist;

…“

13 § 9 („Entstehung der Steuer“) Abs. 1 ErbStG sieht vor:

„Die Steuer entsteht

2.

bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung;

4.

in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung oder auf den Verein. Fällt bei Stiftungen oder Vereinen der Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf den oder auf einen früheren Zeitpunkt, entsteht die Steuer erstmals am . Bei Stiftungen und Vereinen, bei denen die Steuer erstmals am entsteht, richtet sich der Zeitraum von 30 Jahren nach diesem Zeitpunkt.“

14 In § 10 („Steuerpflichtiger Erwerb“) Abs. 1 ErbStG heißt es:

„Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist … In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 tritt an die Stelle des Vermögensanfalls das Vermögen der Stiftung oder des Vereins.“

15 § 15 ErbStG bestimmt:

„(1)  Nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker werden die folgenden drei Steuerklassen unterschieden:

Steuerklasse I:

1.

der Ehegatte und der Lebenspartner,

2.

die Kinder und Stiefkinder,

3.

die Abkömmlinge der in Nummer 2 genannten Kinder und Stiefkinder,

4.

die Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen;

Steuerklasse II:

1.

die Eltern und Voreltern, soweit sie nicht zur Steuerklasse I gehören,

2.

die Geschwister,

3.

die Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern,

4.

die Stiefeltern,

5.

die Schwiegerkinder,

6.

die Schwiegereltern,

7.

der geschiedene Ehegatte und der Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft;

Steuerklasse III:

alle übrigen Erwerber und die Zweckzuwendungen.

(2)  In den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist. … In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 wird der doppelte Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 gewährt; die Steuer ist nach dem Prozentsatz der Steuerklasse I zu berechnen, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würde.

…“

16 § 16 („Freibeträge“) ErbStG sieht vor:

„(1)  Steuerfrei bleibt in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 2 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3) der Erwerb

1.

des Ehegatten und des Lebenspartners in Höhe von 500.000 Euro;

2.

der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 und der Kinder verstorbener Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 400.000 Euro;

3.

der Kinder der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 200.000 Euro;

4.

der übrigen Personen der Steuerklasse I in Höhe von 100.000 Euro;

5.

der Personen der Steuerklasse II in Höhe von 20.000 Euro;

7.

der übrigen Personen der Steuerklasse III in Höhe von 20.000 Euro.“

17 In § 19 ErbStG heißt es:

„(1)  Die Erbschaftsteuer wird nach folgenden Prozentsätzen erhoben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10)
bis einschließlich …
Euro
Prozentsatz in der Steuerklasse
I
II
III
75.000
7
15
30
300.000
11
20
30
600.000
15
25
30
6.000.000
19
30
30
13.000.000
23
35
50
26.000.000
27
40
50
über
26.000.000
30
43
50

…“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

18 Die Stiftung, die 2014 in Liechtenstein nach dortigem Recht durch die in Deutschland wohnhafte Stifterin, Frau Y, errichtet wurde, ist rechtsfähig und hat den Zweck, die gemeinsamen Abkömmlinge der Stifterin und ihres verstorbenen Ehegatten zu fördern und zu unterstützen. Ermessensbegünstige der Stiftung (Destinatäre) sind die Stifterin und ihre Kinder sowie deren Kinder.

19 Im Zuge ihrer Errichtung wurde die Stiftung mit einem Vermögen ausgestattet, über das sie ohne Zustimmung der Stifterin verfügen konnte. Der Stifterin wurden in der Stiftungssatzung und den ergänzenden Regelungen insbesondere weder Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf die Anlage und Verwendung des Vermögens der Stiftung eingeräumt noch die Möglichkeit, ganz oder teilweise die Rückübertragung des Vermögens zu verlangen.

20 Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts, stellt die Übertragung des Vermögens von der Stifterin auf die Stiftung aufgrund des Stiftungsgeschäfts von 2014 eine Schenkung unter Lebenden im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG dar, die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG der Schenkungsteuer unterliegt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG tritt die Steuerpflicht nach diesem Gesetz u.a. dann ein, wenn der Schenker zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung ein Inländer ist. Die Stifterin, die zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in Deutschland hatte, galt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG als Inländerin. Die Steuer entstand nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit der Übertragung des Vermögens.

21 Mit Schreiben vom zeigte die Stiftung dem Finanzamt ihre Errichtung an und reichte eine Schenkungsteuererklärung ein, zu der ausgeführt wurde, dass die Stiftung nach § 15 Abs. 2 ErbStG, da sie wesentlich im Interesse der Familie der Stifterin errichtet worden sei, in den Genuss namentlich der Steuerklasse I kommen können müsse. Die in dieser Bestimmung enthaltene Voraussetzung der Errichtung der Familienstiftung „im Inland“ hält die Stiftung wegen Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 40 des EWR-Abkommens für unbeachtlich.

22 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Schenkungsteuer für 2014 fest, ohne das Verwandtschaftsverhältnis der Begünstigten zu der Stifterin zu berücksichtigen. Bei der Berechnung der Steuer wandte es die Steuerklasse III und einen Steuersatz von 30 % an.

23 Der von der Stiftung am eingelegte Einspruch wurde vom Finanzamt mit Entscheidung vom zurückgewiesen. Daraufhin erhob die Stiftung Klage beim Finanzgericht Köln (Deutschland), dem vorlegenden Gericht.

24 Dieses führt aus, dass auf die Stiftung, obwohl es sich ihrem Zweck und ihrer Satzung nach um eine Familienstiftung im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG handle, das Steuerklassenprivileg nach dieser Bestimmung nicht anwendbar sei, da sie nicht im Inland, d.h. im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, errichtet worden sei. Dieses Privileg hätte der Stiftung folgende Vorteile verschafft: den Genuss der Steuerklasse I, den Abzug eines höheren Freibetrags für die Enkelkinder der Stifterin von der Bemessungsgrundlage der Schenkungsteuer gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG und einen Steuersatz von 19 %.

25 Das vorlegende Gericht hegt Zweifel, ob die Voraussetzung der Stiftungserrichtung im Inland mit Art. 40 des EWR-Abkommens vereinbar ist. Es fragt sich insbesondere, ob die Beschränkung des freien Kapitalverkehrs, die sich daraus ergebe, dass eine im Inland errichtete Stiftung dauerhaft über höhere finanzielle Mittel verfüge als eine Stiftung mit Sitz im Ausland, durch die Notwendigkeit gerechtfertigt werden könne, die Kohärenz des Steuersystems zu gewährleisten.

26 Laut dem vorlegenden Gericht kann der Entstehungsgeschichte von § 1 Abs. 1 Nr. 4 und § 15 Abs. 2 ErbStG entnommen werden, dass der deutsche Gesetzgeber anlässlich einer Reform der Erbschaftsteuer das Steuerklassenprivileg im Hinblick darauf einführte, dass das Vermögen der Familienstiftung fortan einer turnusmäßigen Besteuerung unterliegen sollte. Der deutsche Gesetzgeber habe damit einen Zusammenhang zwischen dem Steuerklassenprivileg in § 15 Abs. 2 ErbStG und der alle 30 Jahre erhobenen Ersatzerbschaftsteuer auf das in einer Stiftung oder einem Verein gebundene Vermögen in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG beabsichtigt.

27 Dabei sei er davon ausgegangen, dass die Vorteile, die das Steuerklassenprivileg gewähre, durch die Nachteile der Ersatzerbschaftsteuer kompensiert würden. Mit dieser Steuer sei das Ziel verfolgt worden, Stiftungen dem natürlichen Erbgang gleichzustellen, aber sie könne nur gegenüber inländischen Familienstiftungen erhoben werden. Hinsichtlich ausländischer Familienstiftungen habe der deutsche Gesetzgeber keine Möglichkeit, sie der Ersatzerbschaftsteuer zu unterwerfen. Das vorlegende Gericht ist deshalb der Auffassung, dass der deutsche Gesetzgeber die Intention verfolgt habe, lediglich die später der Ersatzerbschaftsteuer unterliegenden inländischen Familienstiftungen bei ihrer Errichtung zu begünstigen.

28 Das vorlegende Gericht hat jedoch Zweifel, ob dieses gesetzgeberische Ziel ausreicht, um einen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs erforderlichen direkten, persönlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen dem Steuerklassenprivileg und der Ersatzerbschaftsteuer zu bejahen. Diese Zweifel gründen darauf, dass die spätere Besteuerung der Familienstiftung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss sei, weil nicht zwingend jede inländische Familienstiftung 30 Jahre hinweg fortbestehe und sich das Stiftungsvermögen innerhalb dieses Zeitraums unvorhersehbar verändern könne.

29 Vor diesem Hintergrund hat das Finanzgericht Köln beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 40 des EWR-Abkommens dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats über die Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer entgegensteht, die für die Besteuerung des Übergangs von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden an eine ausländische Stiftung auch dann die höchste Steuerklasse III zugrunde legt, wenn die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist (Familienstiftung), während sich im entsprechenden Fall bei einer inländischen Familienstiftung die Steuerklasse nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Schenker (Stifter) richtet, was bei der inländischen Familienstiftung zur Anwendung der günstigeren Steuerklassen I oder II führt?

Zur Vorlagefrage

30 Mit seiner Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 40 des EWR-Abkommens dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der für die Besteuerung des Übergangs von Vermögen auf eine Familienstiftung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Stifter nur bei inländischen, einer Ersatzerbschaftsteuer unterliegenden Stiftungen berücksichtigt wird, mit der Folge, dass auf diese Stiftungen eine günstigere Steuerklasse angewandt wird als auf ausländische Familienstiftungen, die dieser Steuer nicht unterliegen.

31 Eingangs ist daran zu erinnern, dass eines der Hauptziele des EWR-Abkommens die möglichst umfassende Verwirklichung der Freizügigkeit und des freien Waren‑, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs im gesamten EWR ist, so dass der innerhalb des Unionsgebiets verwirklichte Binnenmarkt auf die EFTA-Staaten ausgeweitet wird. Im Hinblick darauf dienen mehrere Bestimmungen des EWR-Abkommens dazu, dessen möglichst einheitliche Auslegung im gesamten EWR sicherzustellen. In diesem Rahmen ist es Sache des Gerichtshofs, darüber zu wachen, dass die Vorschriften des EWR-Abkommens, die im Wesentlichen mit denen des AEU-Vertrags identisch sind, innerhalb der Mitgliedstaaten einheitlich ausgelegt werden (Urteil vom , A, C‑48/11, EU:C:2012:485, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32 Außerdem müssen nach ständiger Rechtsprechung die Mitgliedstaaten ihre Befugnisse im Bereich der direkten Steuern unter Wahrung des Unionsrechts und insbesondere der durch den AEU‑Vertrag garantierten Grundfreiheiten ausüben (Urteil vom , Nord Vest Pro Sani Pro, C‑387/22, EU:C:2024:786, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). Desgleichen erlauben diese Befugnisse den Mitgliedstaaten nicht, Maßnahmen anzuwenden, die gegen die durch entsprechende Bestimmungen des EWR-Abkommens garantierten Verkehrsfreiheiten verstoßen (Urteil vom , A, C‑48/11, EU:C:2012:485, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zur anwendbaren Grundfreiheit

33 Da die deutsche Regierung geltend gemacht hat, dass nicht Art. 40 des EWR-Abkommens, sondern dessen Art. 31 der Maßstab für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens sei, ist die anwendbare Grundfreiheit zu bestimmen.

34 Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Bestimmungen des Art. 31 des EWR-Abkommens, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit verbieten, mit denen des Art. 49 AEUV identisch sind (Urteil vom , A, C‑48/11, EU:C:2012:485, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35 Genauso ergibt sich aus Art. 40 des EWR-Abkommens, dass die Regeln, nach denen Beschränkungen des Kapitalverkehrs und die dadurch bewirkte Diskriminierung untersagt sind, in den Beziehungen zwischen den Vertragsstaaten des EWR-Abkommens – unabhängig davon, ob es sich um Mitglieder der Union oder der EFTA handelt – mit denen identisch sind, die das Unionsrecht für die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten aufstellt (Urteile vom , Ospelt und Schlössle Weissenberg, C‑452/01, EU:C:2003:493, Rn. 28, und vom , Établissements Rimbaud, C‑72/09, EU:C:2010:645, Rn. 21). Sind Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs zwischen Staatsangehörigen von Vertragsstaaten des EWR-Abkommens anhand von Art. 40 und Anhang XII des EWR-Abkommens zu beurteilen, haben diese Vorschriften folglich dieselbe rechtliche Tragweite wie die Bestimmungen des Art. 63 AEUV (Urteile vom , Kommission/Niederlande, C‑521/07, EU:C:2009:360, Rn. 33, und vom , Établissements Rimbaud, C‑72/09, EU:C:2010:645, Rn. 22).

36 Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Feststellung, ob eine nationale Regelung unter die eine oder die andere der durch den AEU-Vertrag oder ähnliche Bestimmungen des EWR-Abkommens garantierten Freiheiten fällt, auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , A, C‑48/11, EU:C:2012:485, Rn. 17).

37 Wie aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervorgeht, hat die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung die steuerliche Behandlung des Übergangs des Stiftervermögens auf eine Familienstiftung zum Gegenstand. Dieser Vorgang wird als Schenkung unter Lebenden im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG eingestuft und unterliegt der Schenkungsteuer.

38 In Ermangelung einer Definition des Begriffs „Kapitalverkehr“ im Sinne des Art. 63 Abs. 1 AEUV im AEU-Vertrag hat der Gerichtshof der Nomenklatur des Anhangs I der Richtlinie 88/361 – auch wenn diese Richtlinie auf Art. 69 und Art. 70 Abs. 1 EWG-Vertrag (später Art. 69 und Art. 70 Abs. 1 EG-Vertrag, aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam) gestützt ist – Hinweischarakter zuerkannt, wobei nach der Einleitung dieses Anhangs die darin enthaltene Liste keine erschöpfende Aufzählung ist. Schenkungen und Stiftungen sind in Rubrik XI („Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“) des Anhangs I der Richtlinie 88/361 aufgeführt (Urteil vom , F. E. Familienprivatstiftung Eisenstadt, C‑589/13, EU:C:2015:612, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). In Anhang XII des EWR-Abkommens, der die Durchführungsbestimmungen zu dessen Art. 40 enthält, werden die Richtlinie 88/361 und deren Anhang I auf den EWR für anwendbar erklärt (Urteil vom , Ospelt und Schlössle Weissenberg, C‑452/01, EU:C:2003:493, Rn. 26).

39 Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass die steuerliche Behandlung von Schenkungen unabhängig davon, ob es sich um Geldbeträge, um bewegliche oder um unbewegliche Sachen handelt, unter die Bestimmungen des AEU-Vertrags über den Kapitalverkehr fällt, mit Ausnahme der Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (Urteil vom , F. E. Familienprivatstiftung Eisenstadt, C‑589/13, EU:C:2015:612, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40 Des Weiteren geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass bei der Beurteilung der steuerlichen Behandlung des Übergangs von Vermögen auf eine Familienstiftung die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vorgesehene Ersatzerbschaftsteuer zu berücksichtigen ist, der inländische Stiftungen turnusmäßig unterliegen und mit der Letztere dem natürlichen Erbgang gleichgestellt werden sollen.

41 Nach ständiger Rechtsprechung fällt die steuerliche Behandlung von Erbschaften ebenfalls unter die Bestimmungen des AEU-Vertrags über den Kapitalverkehr, mit Ausnahme der Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (Urteil vom , Attal et Associés, C‑321/24, EU:C:2025:836, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42 Selbst wenn, wie von der deutschen Regierung vorgebracht, mit der Errichtung einer Familienstiftung der Zweck verfolgt werden sollte, eine „Familienniederlassung“ zu errichten, um die Familie und ihre Mitglieder dauerhaft materiell abzusichern und das Familienvermögen zusammenzuhalten, ergibt sich aus ständiger Rechtsprechung, dass der Gerichtshof, wenn eine innerstaatliche Maßnahme sowohl die Niederlassungsfreiheit als auch den freien Kapitalverkehr betrifft, die in Rede stehende Maßnahme grundsätzlich nur im Hinblick auf eine dieser beiden Freiheiten prüft, wenn sich herausstellt, dass unter den im Ausgangsverfahren gegebenen Umständen eine der beiden Freiheiten der anderen gegenüber völlig zweitrangig ist und ihr zugeordnet werden kann (Urteil vom , Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C‑342/20, EU:C:2022:276, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43 Dem Vorabentscheidungsersuchen ist aber zu entnehmen, dass der Aspekt des in Rede stehenden Vorgangs, der den Vermögensübergang zwischen den Generationen betrifft, welcher hier einer Schenkung unter Lebenden gleichgesetzt wird, entscheidend ist, da die Errichtung der Stiftung nur ein Mittel zu diesem Zweck ist.

44 Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung ist daher geeignet, vorwiegend den freien Kapitalverkehr zu beeinträchtigen. Die etwaigen aus dieser Regelung resultierenden Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit würden eine unvermeidliche Folge der Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen und rechtfertigen deshalb keine eigenständige Prüfung der Regelung im Hinblick auf Art. 31 des EWR-Abkommens (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C‑342/20, EU:C:2022:276, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45 Maßstab für die Prüfung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung ist somit Art. 40 des EWR-Abkommens.

Zum Vorliegen einer Beschränkung des freien Kapitalverkehrs

46 Der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Erbschaften zufolge stellt eine Regelung eines Mitgliedstaats, nach der die Anwendung einer Steuervergünstigung im Erbrecht, beispielsweise eines Freibetrags auf die Bemessungsgrundlage, vom Wohnsitz des Erblassers oder des Erwerbers oder der Belegenheit des zum Nachlass gehörenden Vermögens abhängig gemacht wird, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Sinne des Art. 63 Abs. 1 AEUV dar, wenn sie dazu führt, dass Erwerbe von Todes wegen, an denen Gebietsfremde beteiligt sind oder von denen Vermögensgegenstände in einem anderen Mitgliedstaat erfasst sind, einer höheren Besteuerung unterliegen als Erwerbe, an denen nur Gebietsansässige beteiligt sind oder von denen nur Vermögensgegenstände im Mitgliedstaat der Besteuerung erfasst sind, und sie daher eine Wertminderung des Nachlasses bewirkt (Urteil vom , Feilen, C‑123/15, EU:C:2016:496, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47 Der Gerichtshof hat ferner befunden, dass eine Regelung, nach der die steuerliche Behandlung von Vermächtnissen zugunsten bestimmter im Inland ansässiger juristischer Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht günstiger ist als die von Vermächtnissen zugunsten gleichartiger, in anderen Mitgliedstaaten der Union oder des EWR ansässiger Rechtssubjekte, eine Wertminderung des Vermögens bewirkt, das den in Mitgliedstaaten der Union oder des EWR ansässigen juristischen Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht vermacht wird, und daher eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Sinne des Art. 63 Abs. 1 AEUV darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Kommission/Griechenland, C‑98/16, EU:C:2017:346, Rn. 32, 33 und 35).

48 Unter Berücksichtigung der vorstehend in den Rn. 46 und 47 angeführten Rechtsprechung sind in Bezug auf den einer Schenkung unter Lebenden gleichgestellten Vermögensübergang auf eine Familienstiftung unter Beschränkungen des Kapitalverkehrs im Sinne des Art. 40 des EWR-Abkommens solche zu subsumieren, die für Zuwendungen an eine Familienstiftung mit Sitz im Inland eine günstigere steuerliche Behandlung als für Zuwendungen an gleichartige Rechtssubjekte mit Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR vorsehen und eine Wertminderung der Vermögensgegenstände bewirken, die Gegenstand der Zuwendung an ein solches gleichartiges Rechtssubjekt sind.

49 Außerdem kann nach ständiger Rechtsprechung ein Liquiditätsnachteil, der bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt auftritt, eine Beschränkung der Grundfreiheiten darstellen, wenn dieser Nachteil bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt nicht auftritt (Urteil vom , F. E. Familienprivatstiftung Eisenstadt, C‑589/13, EU:C:2015:612, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50 Im vorliegenden Fall sieht § 15 Abs. 2 ErbStG die Anwendung des Steuerklassenprivilegs allein auf im Inland errichtete Familienstiftungen vor. Ausweislich des Vorabentscheidungsersuchens hätte die Stiftung bei Anwendung dieses Privilegs auf sie von Steuerklasse I, dem Abzug eines Freibetrags für die Enkelkinder der Stifterin von der Bemessungsgrundlage der Schenkungsteuer gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG und einem Steuersatz von 19 % profitieren können. Da sie jedoch in Liechtenstein errichtet worden war, wurde die Schenkungsteuer ohne Berücksichtigung des Verwandtschaftsverhältnisses der Begünstigten der Stiftung zu der Stifterin unter Anwendung der Steuerklasse III, eines Freibetrags gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG sowie eines Steuersatzes von 30 % festgesetzt. Nach § 16 Abs. 1 ErbStG, der vom vorlegenden Gericht angeführt wird, entspricht der Freibetrag gemäß Nr. 3 dieser Bestimmung einem Betrag von 200.000 Euro, während sich der Freibetrag gemäß Nr. 7 dieser Bestimmung auf einen Betrag von 20.000 Euro beläuft.

51 Eine Regelung, nach der die Anwendung des Steuerklassenprivilegs inländischen Familienstiftungen vorbehalten ist, führt nun aber dazu, dass der Vermögensübergang auf eine ausländische Familienstiftung einer höheren steuerlichen Belastung unterworfen wird als der Übergang auf eine inländische Familienstiftung, was zum einen eine Wertminderung der auf eine ausländische Familienstiftung übertragenen Vermögensgegenstände bewirkt und zum anderen eine inländische Familienstiftung in die Lage versetzt, über größere finanzielle Mittel zu verfügen als ausländische Familienstiftungen. Somit stellt eine solche nationale Regelung eine Beschränkung des Kapitalverkehrs im Sinne des Art. 40 des EWR-Abkommens dar.

52 Nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV berührt Art. 63 AEUV, der ganz allgemein Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verbietet (Urteil vom , Finanzamt für Großbetriebe, C‑602/23, EU:C:2025:290, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung), nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln.

53 Nach ständiger Rechtsprechung ist Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV jedoch als Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs eng auszulegen. Diese Bestimmung kann somit nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Staat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne Weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre (Urteil vom , Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej [Art der Verwaltung eines OGA], C‑18/23, EU:C:2025:119, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54 Die nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV zulässigen Ungleichbehandlungen dürfen nämlich nach Art. 65 Abs. 3 AEUV weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung darstellen. Solche Ungleichbehandlungen sind nur zulässig, wenn sie Situationen betreffen, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder, anderenfalls, wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und in einem angemessenen Verhältnis zur verfolgten Zielsetzung stehen, was bedeutet, dass sie geeignet sein müssen, die Erreichung der verfolgten Zielsetzung in kohärenter und systematischer Weise zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen dürfen, was hierzu erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Staatssecretaris van Financiën [Zinsen für ein gruppeninternes Darlehen], C‑585/22, EU:C:2024:822, Rn. 33, und vom , Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej [Art der Verwaltung eines OGA], C‑18/23, EU:C:2025:119, Rn. 77 und 90 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

55 In Anbetracht des oben in Rn. 35 angeführten Umstands, dass die Regeln des Art. 40 des EWR-Abkommens, nach denen Beschränkungen des Kapitalverkehrs und die dadurch bewirkte Diskriminierung untersagt sind, in den Beziehungen zwischen den Vertragsstaaten dieses Abkommens – unabhängig davon, ob es sich um Mitglieder der Union oder der EFTA handelt – dieselbe rechtliche Tragweite haben wie diejenigen, die das Unionsrecht in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten vorgibt, ist zu prüfen, ob die unterschiedliche Behandlung, die durch die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung errichtet wird, Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder ob sie anderenfalls durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.

Zum Vorliegen objektiv miteinander vergleichbarer Situationen

56 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist zum einen die Vergleichbarkeit eines grenzüberschreitenden Sachverhalts mit einem innerstaatlichen Sachverhalt unter Berücksichtigung des mit den Bestimmungen der betreffenden nationalen Regelung verfolgten Ziels sowie des Zwecks und des Inhalts dieser Bestimmungen zu prüfen und sind zum anderen für die Beurteilung, ob die unterschiedliche Behandlung aufgrund dieser Regelung einem objektiven Unterschied der Situationen entspricht, nur die von der fraglichen Regelung aufgestellten maßgeblichen Unterscheidungskriterien zu berücksichtigen (Urteil vom , Finanzamt für Großbetriebe, C‑602/23, EU:C:2025:290, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57 Die deutsche Regierung macht insoweit geltend, das Ziel von § 15 Abs. 2 ErbStG bestehe darin, nur den in Deutschland ansässigen Familienstiftungen einen Vorteil zu gewähren, da nur ihr Vermögen, anders als das der in anderen Staaten ansässigen Stiftungen, einer turnusmäßigen Besteuerung im Rahmen der Ersatzerbschaftsteuer unterliege. Diese Steuer ist nach den Angaben im Vorabentscheidungsersuchen turnusmäßig von den inländischen Familienstiftungen zu entrichten, um den Vermögensübergang über Familienstiftungen dem natürlichen Erbgang gleichzustellen, der nach dem ErbStG der Erbschaftsteuer unterliegt. Die deutsche Regierung weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass mit der Ersatzerbschaftsteuer verhindert werden solle, dass der Übergang des Vermögens von einer Generation auf die andere durch die Errichtung einer Familienstiftung vollständig der Erbschaftsteuer entgehe und so gegenüber dem natürlichen Erbgang ungerechtfertigterweise steuerlich bevorzugt werde. Die Situation ausländischer Stiftungen, die nicht der deutschen Steuerhoheit unterlägen und nicht dieser Ersatzsteuer unterworfen werden könnten, sei daher nicht mit der Situation inländischer Stiftungen vergleichbar, die der besagten Steuer unterlägen.

58 Unbeschadet der etwaigen Relevanz der fehlenden turnusmäßigen Besteuerung ausländischer Stiftungen mit der Erbschaftsersatzsteuer für die Prüfung, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, ist zunächst festzustellen, dass sich das Steuerklassenprivileg auf die Besteuerung des Übergangs des Stiftervermögens auf eine Familienstiftung bezieht.

59 Wie oben in Rn. 37 ausgeführt, wird der Vorgang des Übergangs des Stiftervermögens auf die Stiftung als Schenkung unter Lebenden eingestuft und unterliegt der Schenkungsteuer. Die Steuerpflicht tritt ein – für den gesamten Vermögensanfall –, wenn die Person, die eine Familienstiftung errichtet, zum Zeitpunkt der Schenkung im deutschen Hoheitsgebiet ansässig ist.

60 Daraus folgt, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Steuerhoheit in Bezug auf den Übergang des Vermögens einer in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Person auf eine Familienstiftung unabhängig davon ausübt, wo sich diese Stiftung befindet. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung siedelt somit im Hinblick auf die Entstehung der Steuerpflicht für den Übergang von Vermögen auf eine Familienstiftung Situationen, in denen sich eine solche Stiftung im Inland befindet, und Situationen, in denen sie sich in einem anderen Staat befindet, auf derselben Ebene an.

61 Sodann unterscheidet diese Regelung erst bei der Anwendung des Steuersatzes, der sich aus der Steuerklasse ergibt, und bei der Anwendung der Freibeträge auf die Bemessungsgrundlage der Schenkungsteuer zwischen im Inland errichteten Familienstiftungen und in einem anderen Staat errichteten Familienstiftungen.

62 Die Steuerklasse und die Freibeträge richten sich aber nach dem Verwandtschaftsverhältnis des Schenkers zu dem entferntest Berechtigten. Dabei handelt es sich um einen Umstand, der keinen Bezug zum Ort der Errichtung der Familienstiftung aufweist und sowohl für im Inland als auch für in einem anderen Staat errichtete Stiftungen relevant sein kann.

63 Folglich ist im Hinblick auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung, was die Besteuerung des Übergangs des Vermögens eines inländischen Stifters auf eine von ihm errichtete Familienstiftung betrifft, die Situation einer inländischen Stiftung objektiv mit der Situation einer ausländischen Stiftung vergleichbar.

64 Schließlich hängt das von der deutschen Regierung angeführte Ziel, nur inländischen Familienstiftungen einen Vorteil zu gewähren, da nur ihr Vermögen – anders als das ausländischer Stiftungen – einer turnusmäßigen Besteuerung im Rahmen der Ersatzerbschaftsteuer unterliegt, notwendigerweise und eng mit der Errichtung inländischer Familienstiftungen zusammen, so dass Art. 63 Abs. 1 AEUV, der Beschränkungen des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs gerade verbietet, ausgehöhlt würde, wenn man Situationen allein deshalb für nicht miteinander vergleichbar hielte, weil eine Stiftung in einem anderen Staat ansässig ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , X [In Drittländern ansässige Zwischengesellschaften], C‑135/17, EU:C:2019:136, Rn. 68, vom , Real Vida Seguros, C‑449/20, EU:C:2021:721, Rn. 36, und vom , BA [Erbschaft – Soziale Wohnungspolitik in der Union], C‑670/21, EU:C:2023:763, Rn. 64).

65 Somit betrifft die unterschiedliche Behandlung durch die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung Situationen, die objektiv miteinander vergleichbar sind.

Zur Rechtfertigung

Zum Bestehen eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses

66 Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs zulässig sein, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom , L Fund, C‑537/20, EU:C:2023:339, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67 Zu prüfen ist, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie die vom vorlegenden Gericht und von der deutschen Regierung angeführte Notwendigkeit, die Kohärenz des Steuersystems zu wahren, objektiv gerechtfertigt sein kann.

68 Insoweit kann die Berufung auf eine solche Rechtfertigung nur dann durchgreifen, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem betreffenden steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung dargetan ist, wobei die Unmittelbarkeit dieses Zusammenhangs im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel beurteilt werden muss (Urteile vom , Finanzamt V [Erbschaften – Teilfreibetrag und Abzug von Pflichtteilsansprüchen], C‑394/20, EU:C:2021:1044, Rn. 46, und vom , Cofidis, C‑340/22, EU:C:2023:1019, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

69 Das vorlegende Gericht gibt hier an, dass der deutsche Gesetzgeber ausweislich der Entstehungsgeschichte von § 15 Abs. 2 ErbStG und § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG einen Zusammenhang habe herstellen wollen zwischen einerseits dem Vorteil, der darin bestehe, dass auf inländische Familienstiftungen eine günstigere Steuerklasse, der Abzug eines höheren Freibetrags von der Bemessungsgrundlage der Schenkungsteuer und ein niedrigerer Steuersatz zur Anwendung kämen, und andererseits der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vorgesehenen Ersatzerbschaftsteuer, die turnusmäßig erhoben werde, um den Vermögensübergang über Familienstiftungen dem natürlichen Erbgang gleichzustellen. Mangels Steuerhoheit der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf ausländische Familienstiftungen könnten der Ersatzerbschaftsteuer aber nur inländische Familienstiftungen unterworfen werden.

70 Diese Einzelheiten lassen erkennen, dass, indem der Genuss des Vorteils des Steuerklassenprivilegs nur für inländische Familienstiftungen, die später der Ersatzerbschaftsteuer unterliegen, vorgesehen ist, die Ausgestaltung dieses Vorteils einer spiegelbildlichen Logik folgt, da ihm in Bezug auf denselben Steuerpflichtigen und dieselbe Besteuerung eine bestimmte steuerliche Belastung gegenübersteht. Diese Logik wäre durchbrochen, wenn dieser Steuervorteil auch ausländischen Familienstiftungen zugutekäme, die in Deutschland nicht der Ersatzerbschaftsteuer unterliegen (vgl. entsprechend Urteil vom , Feilen, C‑123/15, EU:C:2016:496, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71 Da die Ersatzerbschaftsteuer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG in Zeitabständen von 30 Jahren seit dem Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die inländische Familienstiftung erhoben wird, hat sie außerdem keinen Zufallscharakter, denn dieser Mechanismus spiegelt nicht nur das Ziel wider, den Vermögensübergang über Familienstiftungen dem natürlichen Erbgang gleichzustellen, das mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung verfolgt wird, sondern auch den Umstand, dass solche Stiftungen grundsätzlich über mehrere Generationen fortdauern sollen.

72 Daraus folgt, dass im Rahmen der Regelung über die Besteuerung von Familienstiftungen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Vorteil des Steuerklassenprivilegs für inländische Familienstiftungen und der auf das Vermögen nur dieser Stiftungen turnusmäßig zur Anwendung kommenden Ersatzerbschaftsteuer besteht.

Zur Verhältnismäßigkeit

73 Was den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betrifft, ist es zwar letztlich Sache des vorlegenden Gerichts, das allein für die Würdigung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits und die Auslegung des nationalen Rechts zuständig ist, festzustellen, ob und inwieweit die betreffende Regelung den sich aus diesem Grundsatz ergebenden Anforderungen genügt, doch ist der Gerichtshof, der dazu aufgerufen ist, dem vorlegenden Gericht eine zweckdienliche Antwort zu geben, befugt, diesem auf der Grundlage der ihm vorliegenden Akte des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen schriftlichen Erklärungen Hinweise zu geben, die dem vorlegenden Gericht eine Entscheidung ermöglichen (Urteil vom , Cilevičs u.a., C‑391/20, EU:C:2022:638, Rn. 72 und 73 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

74 Den Erklärungen der deutschen Regierung ist zu entnehmen, dass in der Einführung der alle 30 Jahre erhobenen Ersatzerbschaftsteuer der Grundsatz zum Ausdruck kommt, dass Vermögen im Generationenwechsel einmal der Erbschaftsteuer unterworfen wird. Dass im Einzelfall das Vermögen einer Familienstiftung wie das Vermögen einer natürlichen Person anwachsen oder abnehmen kann, kann nicht die Eignung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung in Frage stellen, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, da Familienstiftungen grundsätzlich die Familie und ihre Mitglieder dauerhaft materiell absichern und das Familienvermögen zusammenhalten sollen.

75 Die Eignung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass aufgrund einer möglichen Zunahme oder Abnahme des Vermögens der inländischen Familienstiftung Ungewissheiten hinsichtlich des späteren Betrags der Ersatzerbschaftsteuer bestünden. Da nämlich der Steuersatz, der auf inländische Familienstiftungen bei ihrer Errichtung zur Anwendung gelangt, im Einklang mit dem Ziel, diese Stiftungen dem natürlichen Erbgang gleichzustellen, dem normalen Steuersatz für Schenkungen zwischen Personen, die in einem Verwandtschaftsverhältnis stehen, entspricht, und die Ersatzerbschaftsteuer derselben Logik folgt, besteht eine Entsprechung zwischen dem bei der Errichtung der inländischen Familienstiftung festgestellten Vorteil und dem künftigen Nachteil, die Ersatzerbschaftsteuer tragen zu müssen.

76 Was die Erforderlichkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung betrifft, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats in Erbsachen, die einen Vorteil an den Umfang der Steuerhoheit dieses Staates knüpft, nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist, wie z.B. des Ziels, die steuerliche Belastung eines Nachlasses, der ein unter nahen Verwandten übertragenes Vermögen enthält, das bereits zu einer früheren Besteuerung geführt hat, in gewissem Umfang zu verringern oder bei engen Familienangehörigen sicherzustellen, dass jedem der betreffenden Steuerpflichtigen der auf ihn überkommene Nachlass teilweise oder, bei kleineren Erwerben innerhalb der Familie, völlig frei von der Erbschaftsteuer zugutekommt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Feilen, C‑123/15, EU:C:2016:496, Rn. 40, und vom , Finanzamt V [Erbschaften – Teilfreibetrag und Abzug von Pflichtteilsansprüchen], C‑394/20, EU:C:2021:1044, Rn. 47 und 53).

77 Daher geht die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung mit der Beschränkung des Vorteils des Steuerklassenprivilegs auf die Situationen, in denen die Bundesrepublik Deutschland über die Zuständigkeit für die Folgebesteuerung des Vermögens der Familienstiftung verfügt, nicht über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist.

78 Es wird Sache des vorlegenden Gerichts sein, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne dahin beachtet, dass sie nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht. Insoweit erscheint es zum einen, da die Bundesrepublik Deutschland keine Steuerhoheit über ausländische Familienstiftungen hat, im Hinblick auf das besagte Ziel verhältnismäßig, den Vorteil einer günstigeren Steuerklasse auf Situationen zu beschränken, in denen der Vermögensübergang auf eine Familienstiftung zu einer Folgebesteuerung mit der Ersatzerbschaftsteuer führen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Feilen, C‑123/15, EU:C:2016:496, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79 Zum anderen deutet nichts in der dem Gerichtshof vorliegenden Akte darauf hin, dass die Anwendung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung über die Zeit betrachtet systematisch zu einer offensichtlich höheren steuerlichen Belastung für Vermögensübergänge auf ausländische Familienstiftungen führen würde, was, wenn dem so wäre, die Verhältnismäßigkeit dieser Regelung in Frage stellen würde.

80 Demnach ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 40 des EWR-Abkommens dahin auszulegen ist, dass er vorbehaltlich der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der für die Besteuerung des Übergangs von Vermögen auf eine Familienstiftung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Stifter nur bei inländischen, einer Ersatzerbschaftsteuer unterliegenden Stiftungen berücksichtigt wird, mit der Folge, dass auf diese Stiftungen eine günstigere Steuerklasse angewandt wird als auf ausländische Familienstiftungen, die dieser Steuer nicht unterliegen.

Kosten

81 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom in der durch das Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er vorbehaltlich der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der für die Besteuerung des Übergangs von Vermögen auf eine Familienstiftung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Stifter nur bei inländischen, einer Ersatzerbschaftsteuer unterliegenden Stiftungen berücksichtigt wird, mit der Folge, dass auf diese Stiftungen eine günstigere Steuerklasse angewandt wird als auf ausländische Familienstiftungen, die dieser Steuer nicht unterliegen.

ECLI Nummer:
ECLI:EU:C:2025:873

Fundstelle(n):
UAAAK-04311