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EuGH Urteil v. - C-2/24 P

Rechtsmittel – Wettbewerb – Art. 101 AEUV – Kartelle – Markt für Modafinil – Vereinbarung zwischen zwei Pharmaunternehmen zur gütlichen Beilegung von Patentrechtsstreitigkeiten, um das Inverkehrbringen eines Generikums von Modafinil zu verzögern – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird – Beurteilungskriterien – Bezweckte Beschränkung

Leitsatz

  1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

  2. Die Teva Pharmaceutical Industries Ltd. und die Cephalon Inc. tragen die Kosten.

Gesetze: AEUV Art. 101, AEUV Art. 101 Abs. 1, AEUV Art. 101 Abs. 3, EWR-Abkommen Art. 53

Gründe

1 Mit ihrem Rechtsmittel begehren die Rechtsmittelführerinnen die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom , Teva Pharmaceutical Industries und Cephalon/Kommission (T‑74/21, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2023:651), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2020) 8153 final der Europäischen Kommission vom in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39686 – Cephalon) (im Folgenden: streitiger Beschluss) und, hilfsweise, auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der mit diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen hat.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

2 Für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens lässt sich die in den Rn. 2 bis 23 des angefochtenen Urteils dargestellte Vorgeschichte des Rechtsstreits wie folgt zusammenfassen.

3 Die Cephalon Inc. ist ein biopharmazeutisches Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Staaten, das weltweit sowohl Originalpräparate als auch Generika anbietet. Die Hauptaktivitäten von Cephalon umfassen die Forschung und Entwicklung sowie die Vermarktung von Arzneimitteln, wobei der Schwerpunkt auf Erkrankungen des zentralen Nervensystems liegt.

4 Die Teva Pharmaceutical Industries Ltd (im Folgenden: Teva) ist ein multinationales Pharmaunternehmen, das in der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Generika sowie von innovativen und spezialisierten Arzneimitteln, pharmazeutischen Wirkstoffen und frei verkäuflichen Erzeugnissen tätig ist.

5 Im Oktober 2011 wurde Cephalon von Teva übernommen, nachdem die Kommission den angemeldeten Zusammenschluss mit der Entscheidung C(2011) 7435 final (Sache COMP/M. 6258 – Teva/Cephalon) vom nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“) (ABl. 2004, L 24, S. 1) (im Folgenden: Fusionskontrollentscheidung) genehmigt hatte.

In Rede stehendes Erzeugnis und dafür bestehende Patente

6 Bei dem in Rede stehenden Erzeugnis handelt es sich um Arzneimittel, die den aktiven pharmazeutischen Wirkstoff (im Folgenden: API) mit der Bezeichnung „Modafinil“ enthalten. Modafinil, das 1976 von dem französischen Pharmaunternehmen Lafon entdeckt wurde, ist ein stimulierendes wachhaltendes Mittel mit langer Wirkdauer, das zur Behandlung bestimmter Schlafstörungen eingesetzt wird.

7 Im Jahr 1993 erwarb Cephalon die ausschließlichen Rechte an Modafinil, und im Jahr 1997 begann sie, Modafinil unter der Marke Provigil im Vereinigten Königreich zu vertreiben. Im Jahr 2005 bot sie Modafinil in mehreren Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zum Verkauf an.

8 Im EWR liefen die verschiedenen nationalen Molekülpatente von Cephalon für den API von Modafinil spätestens im Jahr 2003 aus, während der Schutz der diesen API betreffenden Daten spätestens im Jahr 2005 auslief.

9 Obwohl die Patente für das Modafinil-Molekül abgelaufen waren, hielt Cephalon noch Sekundärpatente für die Partikelgröße sowie andere Patente im Zusammenhang mit Modafinil mit einem Ablaufdatum im Jahr 2015 für den EWR.

10 Das Arzneimittel Provigil war das umsatzstärkste Erzeugnis im Portfolio von Cephalon. Angesichts der in naher Zukunft zu erwartenden Markteinführung von Generika und zum Schutz ihrer geschäftlichen Aktivitäten in diesem Bereich arbeitete Cephalon an einem Erzeugnis der zweiten Generation mit dem Namen „Nuvigil“, das auf dem API von Modafinil basierte und ab dem Jahr 2006 schrittweise als Ersatz für Provigil zunächst in den Vereinigten Staaten und dann im EWR auf den Markt kommen sollte. Darüber hinaus plante Cephalon die Einführung eines weiteren auf Modafinil basierenden Arzneimittels mit dem Namen „Sparlon“. Letztlich brachte Cephalon weder Nuvigil noch Sparlon im EWR auf den Markt.

11 Als Ende 2002 vier Generikaunternehmen, darunter Teva, eine behördliche Genehmigung für das Inverkehrbringen ihrer Modafinil-Generika in den Vereinigten Staaten beantragten, leitete Cephalon dort ein Verfahren wegen Patentverletzung ein.

12 Im Juni 2005 brachte Teva sein Modafinil-Generikum im Vereinigten Königreich auf den Markt.

13 Nach einem Briefwechsel leitete Cephalon am ein Patentverfahren gegen Teva vor dem High Court of Justice (England & Wales) (Hoher Gerichtshof [England und Wales], Vereinigtes Königreich) ein und beantragte eine einstweilige Anordnung, um Teva daran zu hindern, ihr Modafinil-Generikum im Vereinigten Königreich zu verkaufen. Teva erhob daraufhin eine Widerklage auf Nichtigerklärung.

14 Vor der für den angesetzten mündlichen Verhandlung über den Antrag auf einstweilige Anordnung erklärte sich Teva bereit, den Verkauf von Modafinil-Generika im Vereinigten Königreich einzustellen. Im Gegenzug erklärte sich Cephalon bereit, eine Sicherheit in Höhe von 2,1 Mio. Pfund Sterling (GBP) (ca. 3,07 Mio. Euro) für den Fall zu leisten, dass Teva im Gerichtsverfahren obsiegen und berechtigt sein sollte, Schadensersatz für entgangenen Gewinn zu fordern.

15 Die Verhandlungen über eine Vergleichsvereinbarung begannen Ende November 2005.

Vergleichsvereinbarung

16 Am schlossen Cephalon und Teva eine Vereinbarung zur gütlichen Beilegung der Streitigkeit (im Folgenden: Vergleichsvereinbarung). Die Vereinbarung wurde auch für ihre verbundenen Unternehmen geschlossen und trat am in Kraft.

17 Die Vergleichsvereinbarung sah u.a. in Art. 2 vor, dass Teva sich verpflichtet, weder unabhängig in den Markt für Modafinil einzutreten oder auf diesem Markt mit Cephalon zu konkurrieren (im Folgenden: Wettbewerbsverbotsklausel) noch die Modafinil-Patente von Cephalon anzufechten (im Folgenden: Nichtanfechtungsklausel) (im Folgenden zusammen: wettbewerbsbeschränkende Klauseln).

18 Die Art. 2.2 bis 2.6 der Vergleichsvereinbarung enthielten eine Reihe von Transaktionen in Bezug auf

  • eine Cephalon von Teva erteilte Lizenz hinsichtlich der Rechte des geistigen Eigentums von Teva,

  • eine Teva von Cephalon erteilte Lizenz zur Nutzung der als „CEP1347“ bezeichneten und von Cephalon im Rahmen von Studien zur Behandlung der Parkinson-Krankheit mitentwickelten Daten,

  • die Belieferung von Cephalon mit dem API von Modafinil durch Teva,

  • Zahlungen von Cephalon an Teva für vermiedene Prozesskosten und

  • den Vertrieb der Erzeugnisse von Cephalon im Vereinigten Königreich durch Teva.

19 Ferner sah Art. 3 der Vergleichsvereinbarung Generikarechte zugunsten von Teva vor. Nach diesem Artikel gewährt Cephalon Teva eine nicht ausschließliche Lizenz zur Einführung ihres Modafinil-Generikums, auch im EWR, ab dem Jahr 2012 (oder früher, falls irgendein Unternehmen ein Modafinil-Generikum auf den Markt bringen sollte).

20 Gemäß Art. 4 der Vergleichsvereinbarung verpflichteten sich Teva und Cephalon, ihre Rechtsstreitigkeiten bezüglich Modafinil in den Vereinigten Staaten und im Vereinigten Königreich unverzüglich zu beenden.

21 Die Vergleichsvereinbarung umfasste auch die mit den verschiedenen oben in den Rn. 17 und 18 aufgeführten Transaktionen verbundenen Beträge oder Gebühren.

Streitiger Beschluss

22 Am erließ die Kommission den streitigen Beschluss.

23 In diesem Beschluss vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Rechtsmittelführerinnen gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen hätten, indem sie sich gegen eine umgekehrte Zahlung an der Vergleichsvereinbarung im Pharmasektor beteiligt hätten.

24 Wegen dieser Zuwiderhandlung verhängte die Kommission gegen Cephalon und Teva Geldbußen in Höhe von 30.480.000 Euro bzw. 30.000.000 Euro (Art. 2 des streitigen Beschlusses).

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

25 Mit Klageschrift, die am bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragten die Rechtsmittelführerinnen die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses und, hilfsweise, die Aufhebung oder Herabsetzung der verhängten Geldbußen.

26 Die Rechtsmittelführerinnen stützten ihre Klagen auf vier Gründe.

27 Im angefochtenen Urteil hat das Gericht zunächst den ersten Klagegrund geprüft, mit dem gerügt wurde, dass die Kommission durch die Einstufung der Vergleichsvereinbarung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung einen Rechts- und Tatsachenfehler begangen habe (Rn. 27 bis 205 des angefochtenen Urteils).

28 Erstens hat das Gericht die Rügen zurückgewiesen, die sich auf die Nichtanwendung des angemessenen rechtlichen Kriteriums bezogen (Rn. 30 bis 57 des angefochtenen Urteils).

29 Dabei hat es u.a. ausgeführt, in Anbetracht der auf das Urteil vom , Generics (UK) u.a. (C‑307/18, im Folgenden: Urteil Generics [UK], EU:C:2020:52), zurückgehenden Rechtsprechung erfordere die Einstufung einer Vereinbarung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eine umfassende, die Interessen und Anreize der beteiligten Parteien einbeziehende Beurteilung, um zu prüfen, ob es für die in einer Vergleichsvereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktionen eine andere Erklärung geben könne als das wirtschaftliche Interesse sowohl des Patentinhabers als auch des der Verletzung dieses Patents beschuldigten Unternehmens, untereinander keinen Leistungswettbewerb zu betreiben (Rn. 37 bis 43 des angefochtenen Urteils). Daher sei die Kommission verpflichtet gewesen, zu prüfen, ob die von der Vergleichsvereinbarung erfassten geschäftlichen Transaktionen auch ohne die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln zu ebenso günstigen Bedingungen hätten vereinbart werden können. Wenn für sie nämlich feststellbar sei, dass die in Rede stehenden Transaktionen ohne diese Klauseln nicht oder nicht zu so günstigen Bedingungen vereinbart worden wären, könne daraus geschlossen werden, dass es für diese Transaktionen keine andere Erklärung gebe als das geschäftliche Interesse des Inhabers des in Rede stehenden Patents und des der Verletzung dieses Patents beschuldigten Unternehmens, untereinander keinen Leistungswettbewerb zu betreiben (Rn. 45 des angefochtenen Urteils).

30 Außerdem laufe das von der Kommission angewandte rechtliche Kriterium nicht auf eine kontrafaktische Analyse hinaus, die unter die Beurteilung von Vereinbarungen als bewirkte Wettbewerbsbeschränkung falle (Rn. 47 des angefochtenen Urteils).

31 Wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgehe, diene die für die Feststellung, ob eine Vereinbarung als „bezweckte Beschränkung“ einzustufen sei, erforderliche Beurteilung nicht dazu, die wettbewerbswidrigen Auswirkungen einer Verhaltensweise festzustellen und zu quantifizieren, sondern lediglich dazu, ihre objektive Schwere zu bestimmen, die es gerade rechtfertigen könne, dass nicht geprüft werde, welche Auswirkungen sie habe (Rn. 49 des angefochtenen Urteils).

32 Auch der Umstand, dass diese Beurteilung erforderlichenfalls nach einer eingehenden Prüfung der betreffenden Vereinbarung und insbesondere der Anreizwirkung der darin vorgesehenen Wertübertragungen, aber auch ihrer Ziele sowie des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs vorzunehmen sei, bedeute nicht, dass die wettbewerbswidrigen Auswirkungen dieser Vereinbarung auf den Markt zu prüfen wären. Er bedeute lediglich, dass die komplexen Vereinbarungen selbst umfassend und genau zu prüfen seien, um nicht nur bei Zweifeln hinsichtlich der hinreichenden Beeinträchtigung des Wettbewerbs die Einstufung als „bezweckte Beschränkung“ auszuschließen, sondern auch zu verhindern, dass Vereinbarungen nur wegen ihrer Komplexität nicht als „bezweckte Beschränkung“ eingestuft würden, obwohl ihre Prüfung ergebe, dass sie den Wettbewerb in hinreichendem Maß beeinträchtigten (Rn. 50 des angefochtenen Urteils).

33 Zweitens hat das Gericht die Rügen zurückgewiesen, wonach es für die am Rande der Vergleichsvereinbarung abgeschlossenen Transaktionen eine andere plausible Erklärung gebe als die, dass sie allein als Gegenleistung für die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln gedient hätten (Rn. 58 bis 166 des angefochtenen Urteils).

34 Drittens hat das Gericht die Rügen zurückgewiesen, die das im Urteil Generics (UK) aufgestellte Kriterium des Vorhandenseins erwiesener, relevanter, allein auf die betreffende Vereinbarung zurückzuführender und hinreichend erheblicher wettbewerbsfördernder Auswirkungen betrafen (Rn. 167 bis 191 des angefochtenen Urteils).

35 Zu den auf die Fusionskontrollentscheidung gestützten Argumenten hat es ausgeführt, dass sich der Bezugsrahmen dieser Entscheidung von demjenigen unterscheide, der der Analyse der Vergleichsvereinbarung anhand von Art. 101 Abs. 1 AEUV zugrunde liege. Während die Kommission im streitigen Beschluss die durch die Vergleichsvereinbarung verursachte Wettbewerbsbeschränkung bewertet und deren Auswirkungen mit einem kontrafaktischen Szenario ohne den Abschluss der Vergleichsvereinbarung verglichen habe, habe die Fusionskontrollentscheidung den Abschluss der Vergleichsvereinbarung als gegeben angesehen und die in absehbarer Zukunft ab dem Jahr 2011 zu erwartenden Auswirkungen des Zusammenschlusses der Parteien auf den Wettbewerb im Licht der Fusionskontrollvorschriften der Union bewertet (Rn. 182 des angefochtenen Urteils).

36 Die Tatsache, dass die Kommission in der Fusionskontrollentscheidung festgestellt habe, dass von Teva auch nach und trotz der Unterzeichnung der Vergleichsvereinbarung immer noch der wahrscheinlichste Wettbewerbsdruck auf Cephalon ausgehen werde, bedeute daher nicht, dass sie die Generikarechte von Teva als wettbewerbsfördernd angesehen hätte (Rn. 183 des angefochtenen Urteils).

37 Viertens hat das Gericht die Rügen zurückgewiesen, wonach die Kommission bei der Beurteilung des wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts der Vergleichsvereinbarung Fehler begangen habe (Rn. 192 bis 205 des angefochtenen Urteils).

38 Sodann hat das Gericht den zweiten Klagegrund zurückgewiesen, mit dem gerügt wurde, dass die Kommission die Vergleichsvereinbarung zu Unrecht als bewirkte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft habe, indem sie allein auf ihre potenziellen Auswirkungen abgestellt habe (Rn. 206 bis 255 des angefochtenen Urteils).

39 Hierzu hat das Gericht u.a. ausgeführt, dass es nach ständiger Rechtsprechung möglich sei, sich auf den potenziellen Wettbewerb durch einen mit der in Rede stehenden Vereinbarung ausgeschalteten potenziellen neuen Marktteilnehmer und auf die Struktur des betreffenden Marktes zu stützen, und dass Art. 101 AEUV nicht nur den bestehenden, sondern auch den potenziellen Wettbewerb schützen solle (Rn. 227 bis 229 des angefochtenen Urteils).

40 Danach hat das Gericht den dritten und den vierten, von den Rechtsmittelführerinnen hilfsweise geltend gemachten Klagegrund zurückgewiesen, mit denen eine fehlerhafte Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV sowie die gegen sie verhängten Geldbußen gerügt wurden (Rn. 256 bis 307 des angefochtenen Urteils).

41 Schließlich hat das Gericht den Antrag der Rechtsmittelführerinnen auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der verhängten Geldbußen zurückgewiesen (Rn. 308 bis 311 des angefochtenen Urteils).

42 Aufgrund dieser Erwägungen hat das Gericht die Klage der Rechtsmittelführerinnen insgesamt abgewiesen.

Anträge der Parteien des Rechtsmittelverfahrens

43 Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführerinnen,

  • dem Rechtsmittel stattzugeben und die Klage für zulässig zu erklären,

  • das angefochtene Urteil aufzuheben,

  • die Rechtssache zur erneuten Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen, es sei denn, der Gerichtshof hält sich für ausreichend unterrichtet, um den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären, und

  • der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

44 Die Kommission beantragt,

  • das Rechtsmittel zurückzuweisen und

  • den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

45 Die Rechtsmittelführerinnen stützen ihr Rechtsmittel auf zwei Gründe.

Zum ersten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Anwendung des im Urteil Generics (UK) aufgestellten rechtlichen Kriteriums für die Feststellung des Vorliegens einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung

46 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe das sich aus dem Urteil Generics (UK) ergebende rechtliche Kriterium, anhand dessen das Vorliegen einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung im Rahmen einer Vergleichsvereinbarung festgestellt werden könne, fehlerhaft angewandt.

47 Der erste Teil dieses Rechtsmittelgrundes betrifft die vom Gericht vorgenommene Auslegung des in Rn. 87 des genannten Urteils enthaltenen ersten Teils dieses Kriteriums, wonach die betreffende Vergleichsvereinbarung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung einzustufen ist, wenn sich die darin vorgesehenen Wertübertragungen allein durch das geschäftliche Interesse erklären lassen, das sowohl der Patentinhaber als auch das Unternehmen, dem die Patentverletzung vorgeworfen wird, an der Vermeidung von Leistungswettbewerb haben. Der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes betrifft den in Rn. 111 des genannten Urteils enthaltenen zweiten Teil dieses Kriteriums, wonach Vergleichsvereinbarungen mit nachweislich wettbewerbsfördernden Auswirkungen, die begründete Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, keine bezweckten Beschränkungen darstellen können.

Zum ersten Teil: fehlerhafte Anwendung des ersten Teils des im Urteil Generics (UK) aufgestellten rechtlichen Kriteriums

  • Vorbringen der Parteien

48 Im Rahmen des ersten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes wenden sich die Rechtsmittelführerinnen gegen die Rn. 45 bis 47 des angefochtenen Urteils.

49 Erstens stehe das in den Rn. 46 und 47 dieses Urteils herangezogene rechtliche Kriterium im Widerspruch zu der auf das Urteil Generics (UK) zurückgehenden Rechtsprechung und entspreche einer kontrafaktischen Analyse, die zur Beurteilung von Vereinbarungen als bewirkte Wettbewerbsbeschränkung gehöre.

50 Das Gericht habe nicht erläutert, weshalb das von der Kommission im streitigen Beschluss aufgestellte rechtliche Kriterium in Wirklichkeit nicht einer kontrafaktischen Analyse gleichkomme, die unter eine Beurteilung der Vereinbarungen als bewirkte Wettbewerbsbeschränkung falle. Außerdem verlange das vom Gericht gebilligte Kriterium in Wirklichkeit, für jede geschäftliche Transaktion zu prüfen, ob ein solches Geschäft tatsächlich oder zu den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre, wenn die Vergleichsvereinbarung insgesamt nicht zustande gekommen wäre, was im Widerspruch zu der auf das Urteil Generics (UK) zurückgehenden Rechtsprechung stehe.

51 Zweitens habe das Gericht in Rn. 45 des angefochtenen Urteils einen strengeren rechtlichen Maßstab aufgestellt als im Urteil Generics (UK).

52 Nach den Erkenntnissen aus dem Urteil Generics (UK) stelle eine Vergleichsvereinbarung eine die Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckende Vereinbarung dar, wenn sich aus allen verfügbaren Beweisen ergebe, dass sich die Wertübertragungen allein mit dem geschäftlichen Interesse der Parteien der Vereinbarung an der Vermeidung von Leistungswettbewerb erklären ließen. Außerdem gehe aus diesem Urteil hervor, dass solche Wertübertragungen schon dann nicht unter die Definition der dem Zweck nach wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung fielen, wenn die alternative Erklärung für die Übertragungen plausibel sei.

53 Indem das Gericht entschieden habe, dass die Kommission prüfen müsse, ob die von der Vergleichsvereinbarung erfassten geschäftlichen Transaktionen auch ohne die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln zu ebenso günstigen Bedingungen hätten vereinbart werden können, habe es nicht nur das in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellte Kriterium verfälscht, sondern im Widerspruch zu ihm auch eine Umkehr der Beweislast vorgenommen.

54 Drittens habe das Gericht entgegen der auf das Urteil Generics (UK) zurückgehenden Rechtsprechung ein Kriterium gebilligt, das die Parteien nicht erfüllen könnten.

55 Insoweit habe das Gericht bei der Prüfung, ob es für die in einer Vergleichsvereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktionen andere Erklärungen als das wirtschaftliche Interesse sowohl des Patentinhabers als auch des der Verletzung dieses Patents beschuldigten Unternehmens geben könne, untereinander keinen Leistungswettbewerb zu betreiben, das in Rn. 43 des angefochtenen Urteils herangezogene Kriterium falsch angewandt.

56 Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vergleichsvereinbarung hätten die Rechtsmittelführerinnen weltweit Rechtsstreitigkeiten wegen der Patente von Cephalon zum Schutz von Modafinil geführt, und ohne die Vergleichsvereinbarung hätten sie diese fortgesetzt. In einer solchen Situation habe Cephalon kein Interesse an einer geschäftlichen Transaktion mit Teva in Bezug auf den Gegenstand der Rechtsstreitigkeiten und nur ein geringes Interesse am Abschluss einer Vereinbarung gehabt, wie die Kommission selbst im 794. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses eingeräumt habe.

57 Ein Kriterium wie das vom Gericht angewandte würde aber die gleichzeitige Vereinbarung geschäftlicher Transaktionen und eines Vergleichs zwangsläufig ausschließen, was im Widerspruch zu der auf das Urteil Generics (UK) zurückgehenden Rechtsprechung stünde.

58 Die in diesem Rahmen relevante Frage gehe dahin, ob sich – unterstellt, dass Teva und Cephalon ihre Rechtsstreitigkeiten beigelegt hätten – jede der geschäftlichen Transaktionen plausibel erklären lasse.

59 Die Kommission hält den ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes für unbegründet.

  • Würdigung durch den Gerichtshof

60 Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wenden sich die Rechtsmittelführerinnen gegen die Rn. 45 bis 47 des angefochtenen Urteils und insbesondere gegen das vom Gericht zur Einstufung der Wettbewerbsverbots- und Nichtanfechtungsklauseln in der Vergleichsvereinbarung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen herangezogene rechtliche Kriterium.

61 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Vergleiche, mit denen ein Generikahersteller, der in den Markt eintreten will, die Gültigkeit eines Patents des Herstellers eines Originalpräparats zumindest zeitweilig anerkennt und sich deshalb verpflichtet, das Patent nicht anzufechten und nicht in den betreffenden Markt einzutreten, eine Einschränkung des Wettbewerbs bewirken können, da in Sektoren, in denen ausschließliche Rechte an Technologien bestehen, die Anfechtung der Gültigkeit und Tragweite eines Patents zum normalen Wettbewerb gehört (Urteile Generics [UK], Rn. 81, und vom , Servier u.a./Kommission, C‑201/19 P, EU:C:2024:552, Rn. 293).

62 Ein Generikahersteller kann nämlich nach Einschätzung seiner Erfolgsaussichten in dem Rechtsstreit zwischen ihm und dem Hersteller des betreffenden Originalpräparats durchaus beschließen, vom Eintritt in den betreffenden Markt abzusehen und mit dem Hersteller des Originalpräparats einen Vergleich zu schließen (Urteil vom , Servier u.a./Kommission, C‑201/19 P, EU:C:2024:552, Rn. 163 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63 Eine solche Vereinbarung kann nicht generell als bezweckte Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV angesehen werden. Dass im Rahmen der Vereinbarung Werte vom Hersteller des Originalpräparats auf den Generikahersteller übertragen werden, genügt nicht, um eine solche Einstufung der Vereinbarung vorzunehmen. Derartige Wertübertragungen können nämlich durchaus gerechtfertigt sein. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Generikahersteller vom Hersteller des Originalpräparats Beträge erhält, mit denen tatsächlich Kosten oder Unannehmlichkeiten im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit zwischen ihnen ausgeglichen werden oder mit denen die tatsächliche Lieferung von Waren oder Dienstleistungen an den Hersteller des Originalpräparats vergütet wird (Urteil vom , Servier u.a./Kommission, C‑201/19 P, EU:C:2024:552, Rn. 163 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64 Gehen mit einem zwischen einem Generikahersteller und dem Hersteller des Originalpräparats und Inhaber eines Patents geschlossenen Vergleich zur gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits über die Gültigkeit des Patents Wertübertragungen durch den Hersteller des Originalpräparats an den Generikahersteller einher, ist demnach in einem ersten Schritt zu prüfen, ob, wie oben in den Rn. 62 und 63 ausgeführt, der positive Nettosaldo der Wertübertragungen in vollem Umfang durch die Notwendigkeit des Ausgleichs der Kosten oder Unannehmlichkeiten im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit – wie etwa die Auslagen und Vergütungen der Rechtsanwälte des Generikaherstellers – oder die Notwendigkeit der Vergütung von Waren oder Dienstleistungen, die der Generikahersteller nachweislich tatsächlich an den Hersteller des Originalpräparats geliefert bzw. ihm gegenüber erbracht hat, gerechtfertigt sein kann. Bei einem Vergleich zur gütlichen Beilegung eines solchen Rechtsstreits erkennt der Generikahersteller nämlich zwangsläufig die Gültigkeit des betreffenden Patents an, weil er darauf verzichtet, es anzugreifen. Als sogenannte „umgekehrte“ Zahlung des Herstellers des Originalpräparats an den Generikahersteller kann mithin allein die Übernahme solcher Kosten oder die Vergütung solcher gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen als im Hinblick auf die Anerkennung der Gültigkeit des Patents nachvollziehbar und damit wettbewerbsrechtlich gerechtfertigt angesehen werden (Urteil vom , Servier u.a./Kommission, C‑201/19 P, EU:C:2024:552, Rn. 164 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65 Ist der positive Nettosaldo der Wertübertragungen nicht in vollem Umfang durch eine solche Notwendigkeit gerechtfertigt, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich die Wertübertragungen mangels einer solchen Rechtfertigung allein durch das geschäftliche Interesse dieser Arzneimittelhersteller an der Vermeidung von Leistungswettbewerb erklären lassen. Hierzu ist zu klären, ob der positive Nettosaldo – einschließlich etwaiger gerechtfertigter Kosten – hoch genug ist, um den Generikahersteller tatsächlich dazu bewegen zu können, von einem Eintritt in den betreffenden Markt abzusehen, wobei der positive Nettosaldo nicht unbedingt höher sein muss als die Gewinne, die der Generikahersteller erzielt hätte, wenn er im Patentrechtsstreit obsiegt hätte (Urteil vom , Servier u.a./Kommission, C‑201/19 P, EU:C:2024:552, Rn. 165 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66 Wie der Generalanwalt in Nr. 45 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann folglich eine Einstufung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung nur dann vorgenommen werden, wenn die Wettbewerbsbeschränkungen, die sich aus den in den Vergleichsvereinbarungen vorgesehenen Wettbewerbsverbots- und Nichtanfechtungsklauseln ergeben, nicht auf einer Anerkennung der Gültigkeit der Patente des Herstellers des Originalpräparats beruhen, sondern auf einer Wertübertragung durch ihn an den betreffenden Generikahersteller, die für Letzteren einen Anreiz zur Vermeidung von Leistungswettbewerb darstellt.

67 Somit sind Vergleichsvereinbarungen wie die hier in Rede stehende als bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen einzustufen, wenn ihre Prüfung ergibt, dass sich die Wertübertragungen des Herstellers des Originalpräparats an den Generikahersteller letztlich allein durch das geschäftliche Interesse dieser Wirtschaftsteilnehmer an der Vermeidung eines Leistungswettbewerbs erklären lassen (vgl. in diesem Sinne Urteile Generics [UK], Rn. 87, und vom , Lundbeck/Kommission, C‑591/16 P, EU:C:2021:243, Rn. 114).

68 Um zu klären, ob eine Vereinbarung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden kann, sind folglich ihre einzelnen Klauseln nicht gesondert zu prüfen, sondern es ist zu bestimmen, in welchem Maß die Vereinbarung insgesamt betrachtet das reibungslose Funktionieren des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt wirtschaftlich beeinträchtigt (Urteil vom , Servier u.a./Kommission, C‑201/19 P, EU:C:2024:552, Rn. 294).

69 Angesichts dieser Erwägungen ist erstens zu bestimmen, ob das Gericht im Rahmen der Prüfung, ob die Vergleichsvereinbarung als „bezweckte Wettbewerbsbeschränkung“ einzustufen ist, in Rn. 46 des angefochtenen Urteils zu Recht ausgeführt hat, dass, um festzustellen, ob die einzige plausible Erklärung für jede einzelne der in dieser Vereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktionen darin bestanden habe, dass sie Teva veranlassen sollte, die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln zu akzeptieren und damit vom Leistungswettbewerb mit Cephalon abzusehen, oder ob diese Transaktionen unter normalen Marktbedingungen in jedem Fall vereinbart worden wären, zu prüfen gewesen sei, ob die in der Vereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktionen tatsächlich vorgenommen worden wären oder ob sie ohne die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln zu denselben Bedingungen vorgenommen worden wären.

70 Insoweit ist, wenn sich der positive Nettosaldo der Wertübertragungen nicht vollständig mit der Notwendigkeit rechtfertigen lässt, mit dem Rechtsstreit über die Gültigkeit eines Patents zwischen einem Generikahersteller und einem Hersteller des Originalpräparats verbundene Kosten oder Unannehmlichkeiten auszugleichen, nach dem in der Rechtsprechung herangezogenen rechtlichen Kriterium für die Einstufung einer Vergleichsvereinbarung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung zu prüfen, ob die einzige Gegenleistung für die Wertübertragung, die der Generikahersteller vom Hersteller des Originalpräparats erhalten hat, groß genug ist, um den Generikahersteller tatsächlich zum Verzicht auf den Eintritt in den betreffenden Markt zu veranlassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Servier u.a./Kommission, C‑201/19 P, EU:C:2024:552, Rn. 164 und 165 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

71 Unter diesen Umständen werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht zu Unrecht vor, seine Prüfung auf die in der Vergleichsvereinbarung enthaltenen Wettbewerbsverbots- und Nichtanfechtungsklauseln konzentriert zu haben, wobei Letztere im Wesentlichen in einem Verzicht auf den Markteintritt bestünden.

72 Zwar könnte, wie der Generalanwalt in Nr. 71 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, eine isolierte Betrachtung der Rn. 45 und 46 des angefochtenen Urteils darauf hindeuten, dass das Gericht eine abstrakte Analyse der wettbewerbsbeschränkenden Klauseln in Form der Prüfung eines hypothetischen Szenarios vorgenommen hat, beruhend auf einem Vergleich der „tatsächlichen Vorgänge mit denen …, die ohne die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln stattgefunden hätten“.

73 Wie sich jedoch aus den Rn. 43 bis 46 und 61 bis 162 des angefochtenen Urteils ergibt, ist das Gericht nach einer eingehenden Analyse und einer Gesamtwürdigung der Vergleichsvereinbarung zu dem Ergebnis gelangt, dass die von Cephalon mittels geschäftlicher Transaktionen vorgenommene Wertübertragung auf Teva die Gegenleistung für die Aufnahme wettbewerbsbeschränkender Klauseln in die Vergleichsvereinbarung und damit für die Verpflichtung von Teva dargestellt habe, auf einen unabhängigen Eintritt in den Generikamarkt zu verzichten.

74 Im Einzelnen hat das Gericht zunächst in den Rn. 43 bis 46 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass es auf der Grundlage eines hypothetischen Szenarios feststellen wolle, ob die geschäftlichen Transaktionen zwischen den Rechtsmittelführerinnen von den normalen Marktbedingungen abwichen, wobei es insbesondere auf die Ziele sowie den wirtschaftlichen und rechtlichen Kontext dieser Transaktionen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vergleichsvereinbarung abstellte, um den Anreizeffekt der in der Vereinbarung vorgesehenen Wertübertragungen zu ermitteln.

75 Nichts verbietet jedoch die Berücksichtigung kontrafaktischer Gesichtspunkte bei der Feststellung einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Budapest Bank u.a., C‑228/18, EU:C:2020:265, Rn. 82 und 83).

76 Die vom Gericht in Rn. 46 des angefochtenen Urteils angesprochene Analyse, die darin besteht, die in der Vergleichsvereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktionen ohne wettbewerbsbeschränkende Klauseln zu prüfen, impliziert zwar, wie es in den Rn. 47 bis 50 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, die Berücksichtigung einer hypothetischen Situation, doch darf diese Analyse nicht mit der sogenannten „kontrafaktischen“ Methode verwechselt werden.

77 Während Letztere aus einem Vergleich der Wettbewerbssituation, die sich aus der betreffenden Vereinbarung ergibt, mit derjenigen besteht, die ohne die Vereinbarung bestünde, um das Vorliegen wettbewerbswidriger Wirkungen einer Vereinbarung zwischen Unternehmen zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Kommission/KRKA, C‑151/19 P, EU:C:2024:546, Rn. 316 und die dort angeführte Rechtsprechung), sollte mit der vom Gericht im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung vorgenommenen Analyse, wie sich aus den Rn. 43 bis 50 und 61 des angefochtenen Urteils ergibt, zur Bestimmung der objektiven Schwere der betreffenden Verhaltensweise ermittelt werden, ob diese Klauseln für Teva einen Anreiz darstellten, auf einen Leistungswettbewerb mit Cephalon zu verzichten, und sie diente nicht zur Beurteilung des Vorliegens wettbewerbswidriger Auswirkungen der Vergleichsvereinbarung. Diese wurde in den Rn. 221 bis 223 und 230 bis 254 des angefochtenen Urteils vorgenommen.

78 Folglich verlangt das vom Gericht bestätigte Kriterium entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nicht, für jede geschäftliche Transaktion zu beurteilen, ob sie ohne die Vergleichsvereinbarung als Ganzes ebenfalls oder zu den gleichen Bedingungen vereinbart worden wäre. Mit diesem Kriterium soll vielmehr geklärt werden, ob sich die Wertübertragungen, wie es die oben in Rn. 67 angeführte Rechtsprechung verlangt, letztlich allein mit dem geschäftlichen Interesse der betreffenden Wirtschaftsteilnehmer an der Vermeidung von Leistungswettbewerb erklären lassen.

79 Überdies hat das Gericht in Anbetracht der Erläuterungen in den Rn. 47 bis 50 des angefochtenen Urteils, wobei die Rn. 48 bis 50 von den Rechtsmittelführerinnen nicht beanstandet werden, zum Unterschied zwischen der im Rahmen der Feststellung des Vorliegens einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung vorgenommenen Analyse und der nur im Rahmen der Beurteilung der wettbewerbswidrigen Wirkungen einer Vereinbarung anzuwendenden kontrafaktischen Methode entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen sehr wohl erläutert, weshalb diese Analyse nicht dieser kontrafaktischen Methode entspricht.

80 Zweitens ist zu prüfen, ob das Gericht in Rn. 46 des angefochtenen Urteils von der auf das Urteil Generics (UK) zurückgehenden Rechtsprechung abgewichen ist, als es ausgeführt hat, dass die Kommission, um festzustellen, ob die einzige plausible Erklärung für jede einzelne der geschäftlichen Transaktionen darin bestehe, dass sie Teva veranlassen sollte, die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln zu akzeptieren und damit vom Leistungswettbewerb mit Cephalon abzusehen, oder ob diese Transaktionen unter normalen Marktbedingungen in jedem Fall vereinbart worden wären, die tatsächlichen Vorgänge mit denen habe vergleichen müssen, die ohne die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln stattgefunden hätten.

81 Mit dieser Rüge wollen die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen dartun, dass das vom Gericht genannte Kriterium dem entspreche, das im Urteil Generics (UK) zur Prüfung des Vorliegens einer bewirkten Wettbewerbsbeschränkung aufgestellt worden sei, so dass seine Heranziehung zum Nachweis des Vorliegens einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung einen Rechtsfehler darstelle.

82 Wie sich aus Rn. 43 des angefochtenen Urteils ergibt, wollte das Gericht aber eine umfassende Beurteilung der Interessen und Anreize der betreffenden Parteien vornehmen, um zu prüfen, ob es für die in der Vergleichsvereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktionen andere Erklärungen geben konnte als das geschäftliche Interesse der Rechtsmittelführerinnen, untereinander keinen Leistungswettbewerb zu betreiben.

83 Eine solche Prüfung muss, wie das Gericht in den Rn. 50 und 56 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, auf einer gemeinsamen Analyse der geschäftlichen Transaktionen und der Vergleichsvereinbarung beruhen, wenn die Transaktionen und die Vereinbarung Teil eines einzigen Vertragspakets sind.

84 Wie der Gerichtshof klargestellt hat, ist es nämlich für die Klärung der Frage, ob eine Vereinbarung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden kann, insbesondere wegen des engen Zusammenhangs zwischen den Klauseln über die Nichtanfechtung, das Nichtinverkehrbringen und den Alleinbezug in einer Vergleichsvereinbarung geboten, nicht jede der wettbewerbsbeschränkenden Klauseln gesondert zu prüfen, sondern zu klären, ob die Vereinbarung insgesamt betrachtet das reibungslose Funktionieren des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt in einem Maß wirtschaftlich beeinträchtigt, das eine solche Einstufung rechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Servier u.a./Kommission, C‑201/19 P, EU:C:2024:552, Rn. 294).

85 Wie der Generalanwalt in Nr. 57 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, gilt dies umso mehr, wenn das Ziel dieser Prüfung wie im vorliegenden Fall darin besteht, die potenzielle Anreizwirkung der Wertübertragungen zu ermitteln und festzustellen, ob die Aufnahme der wettbewerbsbeschränkenden Klauseln in die Vergleichsvereinbarung die Gegenleistung für die von Cephalon vorgenommenen Wertübertragungen in Form der von der Vergleichsvereinbarung erfassten geschäftlichen Transaktionen darstellte.

86 Stellt sich heraus, dass die Parteien ohne die in der Vergleichsvereinbarung enthaltenen wettbewerbsbeschränkenden Klauseln die in dieser Vereinbarung vorgesehenen geschäftlichen Transaktionen nicht vereinbart hätten, lässt sich daraus nämlich ableiten, dass sich die Transaktionen nur mit der in der Vereinbarung vereinbarten Wettbewerbsbeschränkung erklären lassen.

87 Überdies gibt es im angefochtenen Urteil entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Gericht keine solche Prüfung vorgenommen hätte, denn dessen Rn. 61 und 162 zeugen vom Gegenteil, oder dass es den Nachweis verlangt hätte, was ohne die Vergleichsvereinbarung in ihrer Gesamtheit geschehen wäre.

88 Somit kann die vorliegende Rüge keinen Erfolg haben, da sie auf einem Fehlverständnis des angefochtenen Urteils beruht.

89 Desgleichen ist die von den Rechtsmittelführerinnen erhobene Rüge einer Verfälschung des in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten und in Rn. 53 des vorliegenden Urteils genannten Kriteriums und der nach dieser Rechtsprechung erforderlichen Umkehr der Beweislast zurückzuweisen.

90 Das Gericht hat in Rn. 45 des angefochtenen Urteils fehlerfrei festgestellt, dass die Kommission prüfen musste, ob die von der Vergleichsvereinbarung erfassten geschäftlichen Transaktionen auch ohne die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln zu ebenso günstigen Bedingungen hätten vereinbart werden können.

91 Wie aus der von den Rechtsmittelführerinnen nicht beanstandeten Rn. 53 des angefochtenen Urteils hervorgeht, hat das Gericht unter Bezugnahme auf die Rn. 83 und 87 des Urteils Generics (UK) darauf hingewiesen, dass der Kommission der Nachweis obliege, dass die im Rahmen der Vergleichsvereinbarung festgelegten Wettbewerbsverbots- und Nichtanfechtungsklauseln im relevanten Kontext zu einer ihrem Zweck nach wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung geführt hätten, und somit darzutun, dass die Prüfung dieser Vereinbarung ergebe, dass die darin vorgesehenen Wertübertragungen ausschließlich durch das wirtschaftliche Interesse sowohl des Inhabers des fraglichen Patents als auch des der Verletzung dieses Patents beschuldigten Unternehmens, untereinander keinen Leistungswettbewerb zu betreiben, zu erklären seien.

92 Vor dem Gericht hatten die Rechtsmittelführerinnen geltend gemacht, dass es für jede der in der Vergleichsvereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktionen eine andere plausible Erklärung gebe als die, ausschließlich als Gegenleistung für die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln zu dienen. Das Gericht hat daher, wie sich aus Rn. 61 des angefochtenen Urteils ergibt, für jede einzelne der in dieser Vereinbarung vorgesehenen geschäftlichen Transaktionen geprüft, ob die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen hatte, als sie zu dem Ergebnis gelangte, dass der Zweck dieser Transaktionen darin bestanden habe, Werte von Cephalon auf Teva als Gegenleistung für deren Verpflichtung zu übertragen, nicht unabhängig in die Generikamärkte einzutreten und bei Modafinil nicht mit Cephalon zu konkurrieren.

93 Nach einer Analyse des streitigen Beschlusses und jeder in der Vergleichsvereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktion ist das Gericht in Rn. 162 des angefochtenen Urteils zu dem von den Rechtsmittelführerinnen nicht beanstandeten Schluss gelangt, dass die Kommission das richtige rechtliche Kriterium angewandt habe, als sie festgestellt habe, dass jede der in der Vergleichsvereinbarung vorgesehenen geschäftlichen Transaktionen keinen anderen Zweck gehabt habe, als den Umfang der insgesamt durch die Vergleichsvereinbarung zugunsten von Teva bewirkten Wertübertragung zu erhöhen, um Teva zu veranlassen, die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln zu akzeptieren.

94 Das Gericht hat daher entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen keinen Rechtsfehler begangen, als es entschieden hat, dass die Kommission im Einklang mit der auf Rn. 87 des Urteils Generics (UK) zurückgehenden Rechtsprechung ordnungsgemäß nachgewiesen habe, dass die Wertübertragungen im Rahmen der in der Vergleichsvereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktionen ausschließlich mit dem geschäftlichen Interesse von Teva und Cephalon zu erklären seien, untereinander keinen Leistungswettbewerb zu betreiben.

95 Drittens ist zu prüfen, ob das Gericht, wie die Rechtsmittelführerinnen geltend machen, im Widerspruch zu der auf das Urteil Generics (UK) zurückgehenden Rechtsprechung tatsächlich ein von den Parteien nicht erfüllbares Kriterium angewandt hat und ob es das von ihm selbst in Rn. 43 des angefochtenen Urteils herangezogene Kriterium richtig angewandt hat, als es geprüft hat, ob die in einer Vergleichsvereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktionen andere Erklärungen haben konnten als das geschäftliche Interesse sowohl des Patentinhabers als auch des der Patentverletzung beschuldigten Unternehmens, keinen Leistungswettbewerb zu betreiben.

96 Zunächst ist diese Rüge zurückzuweisen, soweit sie auf dem bereits oben in den Rn. 83 bis 87 geprüften Argument beruht, dass das Gericht die geschäftlichen Transaktionen „ohne die Vergleichsvereinbarung“ habe prüfen wollen.

97 Sodann ist auch das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zurückzuweisen, wonach sich die vom Gericht vorgenommene Gesamtwürdigung entgegen den Ausführungen in Rn. 43 des angefochtenen Urteils auf die Frage bezogen habe, ob die Rechtsmittelführerinnen unabhängig von der Vergleichsvereinbarung eine geschäftliche Transaktion vereinbart hätten.

98 Es gibt nämlich im angefochtenen Urteil keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Gericht nicht, wie in Rn. 43 des angefochtenen Urteils ausgeführt, geprüft hätte, ob die in der Vergleichsvereinbarung enthaltenen geschäftlichen Transaktionen andere Erklärungen als das geschäftliche Interesse der Rechtsmittelführerinnen an der Vermeidung von Leistungswettbewerb haben konnten. Wie sich insbesondere aus den Rn. 61 und 162 des angefochtenen Urteils ergibt, hat das Gericht genau diese Analyse vorgenommen.

99 Schließlich geht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor, dass das Gericht die Möglichkeit der gleichzeitigen Vereinbarung geschäftlicher Transaktionen und eines Vergleichs ausgeschlossen hat. Die Rn. 56, 61 und 162 des angefochtenen Urteils zeigen vielmehr, dass das Gericht eine solche Möglichkeit durch die Prüfung sämtlicher von den Parteien im Rahmen der gütlichen Beilegung ihrer Rechtsstreitigkeiten vereinbarten geschäftlichen Transaktionen anerkannt hat.

100 Somit besteht, wie der Generalanwalt im Wesentlichen in Nr. 71 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die im vorliegenden Fall für die Feststellung einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung relevante Frage darin, ob sich die im Rahmen einer Vergleichsvereinbarung vereinbarten geschäftlichen Transaktionen plausibel damit erklären lassen, dass ihr Zweck nicht darin besteht, den Wettbewerb auf dem Markt einzuschränken oder zu verfälschen, indem sie einem potenziellen Wettbewerber einen Anreiz bieten, als Gegenleistung für eine Wertübertragung, die nicht durch die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, mit dem Rechtsstreit zwischen den Parteien der Vereinbarung verbundene Kosten oder Unannehmlichkeiten auszugleichen, auf einen Markteintritt zu verzichten.

101 Daher kann dem Gericht nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass es eine solche Analyse vorgenommen hat, wie sich aus den Rn. 61 und 162 des angefochtenen Urteils ergibt.

102 Der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: fehlerhafte Anwendung des zweiten Teils des im Urteil Generics (UK) aufgestellten rechtlichen Kriteriums

  • Vorbringen der Parteien

103 Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, die Rn. 182 und 183 des angefochtenen Urteils seien mit einem Rechtsfehler behaftet, da die darin enthaltene Begründung unzureichend und widersprüchlich sei.

104 Hierzu führen sie aus, nach den Erkenntnissen, die sich aus Rn. 111 des Urteils Generics (UK) ergäben, könnten Vergleichsvereinbarungen mit nachweislich wettbewerbsfördernden Auswirkungen, die begründete Zweifel daran aufkommen ließen, dass sie den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigten, keine bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen darstellen. Nach dieser Rechtsprechung müssten die Auswirkungen erwiesen, relevant und allein auf die betreffende Vereinbarung zurückzuführen sowie hinreichend erheblich sein, um begründete Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass der betreffende Vergleich den Wettbewerb hinreichend beeinträchtige und daher eine bezweckte Beschränkung darstelle.

105 Im Fusionskontrollbeschluss habe die Kommission angegeben, dass die Vergleichsvereinbarung, da sie die Hindernisse im Bereich des geistigen Eigentums beseitigt habe, aufgrund deren der kurzfristige Markteintritt anderer Generikahersteller äußerst ungewiss erschienen sei, es Teva ermöglicht habe, der wichtigste Wettbewerber von Cephalon auf dem Markt für Modafinil zu werden.

106 Aufgrund des von Teva auf Cephalon ausgeübten Wettbewerbsdrucks habe die Kommission von Teva verlangt, ihre Rechte für die Herstellung und den Verkauf ihres Modafinil-Produkts zu veräußern, damit die Überschneidung der Tätigkeitsfelder der Parteien des Zusammenschlusses beseitigt werde.

107 Im Licht dieser Gesichtspunkte werfen die Rechtsmittelführerinnen dem Gericht zum einen vor, es habe auf ihr erstinstanzliches Vorbringen hin, dass die wettbewerbsfördernden Wirkungen der Vergleichsvereinbarung klar aus dem Fusionskontrollbeschluss hervorgingen, nicht dargelegt, aus welchen Gründen die in der Vergleichsvereinbarung enthaltenen Wettbewerbsbeschränkungen größeres Gewicht hätten als ihre evidenten wettbewerbsfördernden Auswirkungen. Außerdem habe das Gericht nicht angegeben, weshalb der Unterschied zwischen den Prüfungsrahmen des streitigen Beschlusses und des Fusionskontrollbeschlusses zur Folge haben solle, dass sich aus der Vergleichsvereinbarung keine wettbewerbsfördernden Wirkungen ergäben.

108 Zum anderen sei aus der Begründung des angefochtenen Urteils nicht ersichtlich, wie das Gericht in dessen Rn. 183 zu dem widersprüchlichen Ergebnis gelangt sei, wonach die von der Kommission im Fusionskontrollbeschluss getroffene Feststellung, dass von Teva auch nach und trotz der Unterzeichnung der Vergleichsvereinbarung der wahrscheinlichste Wettbewerbsdruck auf Cephalon ausgehen werde, nicht bedeute, dass sie die Generikarechte von Teva als wettbewerbsfördernd angesehen habe.

109 Insbesondere lasse sich anhand dieser Begründung nicht nachvollziehen, aus welchen Gründen der Fusionskontrollbeschluss keine begründeten Zweifel daran aufkommen lasse, dass die Vergleichsvereinbarung den Wettbewerb hinreichend beeinträchtige.

110 Die Kommission ist der Ansicht, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen in ihrer Erwiderung zur Widersprüchlichkeit der Ausführungen des Gerichts in den Rn. 182 und 183 des angefochtenen Urteils neues Vorbringen darstelle, das als unzulässig zurückzuweisen sei. Sie hält den zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes jedenfalls für unbegründet.

  • Würdigung durch den Gerichtshof

111 Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass die Rn. 182 und 183 des angefochtenen Urteils mit einem Rechtsfehler in Form einer unzureichenden und widersprüchlichen Begründung behaftet seien.

112 Die Kommission macht zunächst geltend, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen in ihrer Erwiderung zur Widersprüchlichkeit der Ausführungen des Gerichts als neues Vorbringen für unzulässig zu erklären sei.

113 Hierzu ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen lediglich in der Überschrift des zweiten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes und in einer Randnummer ihrer Rechtsmittelschrift die Widersprüchlichkeit der Erwägungen des Gerichts erwähnt haben, ohne dies näher zu erläutern oder durch Argumente zu untermauern. Erst die Erwiderung enthält Ausführungen zu dem gerügten Widerspruch, die nur Rn. 183 des angefochtenen Urteils betreffen.

114 Da das auf eine widersprüchliche Begründung gestützte Argument in der Klageschrift nicht untermauert und erstmals in der Erwiderung in Bezug auf Rn. 183 des angefochtenen Urteils konkretisiert worden ist, ohne dass es auf Gesichtspunkte gestützt wird, die nach Klageerhebung zutage getreten sind, oder eine Erweiterung eines in der Klageschrift vorgetragenen Klagegrundes darstellt, ist es gemäß Art. 127 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 190 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, unzulässig.

115 Außerdem ist hervorzuheben, dass die Rechtsmittelführerinnen nicht die gesamte Begründung des Gerichts für die Zurückweisung des dritten Teils ihres ersten Klagegrundes in Frage stellen. Genauer gesagt wenden sie sich nur gegen die Begründung des Gerichts in den Rn. 182 und 183 des angefochtenen Urteils für die Zurückweisung ihres Vorbringens zum Nachweis dafür, dass die wettbewerbsfördernden Wirkungen der Vergleichsvereinbarung klar aus dem Fusionskontrollbeschluss hervorgegangen seien.

116 Selbst wenn die Begründung in den Rn. 182 und 183 des angefochtenen Urteils unzulänglich und damit rechtsfehlerhaft sein sollte, könnte ein solcher Fehler aber nicht zur Aufhebung dieses Urteils führen.

117 Die Rechtsmittelführerinnen haben nämlich im Rahmen des zweiten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes nur ein Element der Erwägungen beanstandet, auf die das Gericht die Zurückweisung des dritten Teils ihres ersten Klagegrundes gestützt hat.

118 Insoweit geht zum einen aus den Rn. 178 bis 180 des angefochtenen Urteils hervor, dass das Gericht das Vorbringen zum hauptsächlich wettbewerbsfördernden Charakter der Vergleichsvereinbarung geprüft und mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass der Eintritt von Teva in die Märkte für Modafinil als „verzögerter, kontrollierter und begrenzter Eintritt in diese Märkte einzustufen ist und nicht als vorzeitiger Eintritt“, wie die Rechtsmittelführerinnen geltend gemacht hatten. Zum anderen hat es in den Rn. 186 bis 190 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Feststellung des Vorliegens einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung nicht deshalb ausgeschlossen werden könne, weil es sich bei den wettbewerbsbeschränkenden Klauseln um bloße Nebenabreden handeln solle.

119 Folglich ist der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als teils unzulässig und teils ins Leere gehend zurückzuweisen.

120 Unter diesen Umständen ist der erste Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Beurteilung des Vorliegens einer bewirkten Beschränkung im Sinne von Art. 101 AEUV

121 Zur Stützung ihres zweiten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen geltend, das Gericht habe bei der Prüfung der wettbewerbswidrigen Wirkungen der Vergleichsvereinbarung mehrere Rechtsfehler begangen.

122 Insoweit geht aus der Rechtsprechung hervor, dass der wettbewerbswidrige Zweck und die wettbewerbswidrige Wirkung einer Vereinbarung keine kumulativen, sondern alternative Voraussetzungen für die Anwendung des in Art. 101 Abs. 1 AEUV aufgestellten Verbots sind. Die Wirkungen einer Vereinbarung brauchen daher nicht geprüft zu werden, wenn feststeht, dass sie einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , GlaxoSmithKline Services u.a./Kommission u.a., C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, EU:C:2009:610, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

123 Da die Prüfung des ersten Rechtsmittelgrundes, der die vom Gericht im Rahmen der Feststellung des Vorliegens einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung vorgenommenen Beurteilungen betrifft, keinen Rechtsfehler ergeben hat, braucht der die wettbewerbswidrigen Wirkungen der Vergleichsvereinbarung betreffende zweite Rechtsmittelgrund nicht geprüft zu werden.

124 Unter diesen Umständen ist das vorliegende Rechtsmittel zurückzuweisen.

Kosten

125 Gemäß Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

126 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

127 Da die Rechtsmittelführerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem dahin gehenden Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.

Die Teva Pharmaceutical Industries Ltd. und die Cephalon Inc. tragen die Kosten.

ECLI Nummer:
ECLI:EU:C:2025:825

Fundstelle(n):
LAAAK-04220