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EU-Entgelttransparenzrichtlinie: Zwischen Bürokratie und Gerechtigkeit
Handlungsempfehlungen für die Praxis
Im Dezember 2022 haben sich das EU-Parlament und der Ministerrat auf neue Vorschriften zur Lohntransparenz geeinigt, die die EU-Kommission zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles vorgeschlagen hatte. Die dreijährige Umsetzungsfrist der EU-Entgelttransparenzrichtlinie (EUPTD) begann im Juni 2023 und endet im Juni 2026. In Deutschland hat eine entsprechende Kommission im Juli 2025 die Arbeit aufgenommen. Aufgrund der umfassenden neuen Vorgaben sollten sich Unternehmen frühzeitig auf die neuen Transparenz- und Offenlegungspflichten vorbereiten.
Die Entgelttransparenzrichtlinie der EU ist bis zum in nationales Recht der Mitgliedstaaten umzusetzen. Es bestehen deutliche Unterschiede zum aktuellen deutschen Entgelttransparenzgesetz.
Kerninhalte der Richtlinie sind ein individueller Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer zur durchschnittlichen Entgelthöhe, Berichtspflichten über das Lohngefälle sowie die Bereitstellung von Gehaltsinformationen vor einem Vorstellungsgespräch. Zudem ist in der Richtlinie ein umfassender Schadensersatzanspruch verankert.
Die Berichtspflichten zum Lohngefälle sind gestaffelt nach Unternehmensgröße. Während die Pflicht zur Berichterstattung frühestens im Jahr 2027 für das Geschäftsjahr 2026 greift, besteht der individuelle Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer bereits ab dem und das unabhängig von der Unternehmensgröße.
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I. Kernpunkte der EUPTD
1. Das europäische Lohngefälle
[i]Grundsatz der EntgeltgleichheitDer Grundsatz der Gleichheit zwischen Männern und Frauen, einschließlich der Entgeltgleichheit, ist ein zentraler Wert der Europäischen Union und als Grundrecht in S. 966der EU-Grundrechtecharta verankert (Art. 23). In diesem Sinne zielte die Richtlinie 2006/54/EG vom zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen u. a. darauf ab, die Transparenz von Entgeltsystemen zu erhöhen und Diskriminierungen abzubauen. Das Recht auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit konnte in der Praxis bisher jedoch nur unzureichend um- bzw. durchgesetzt werden, sodass Diskriminierungen von Frauen bspw. das Entgelt betreffend weiterhin bestehen. Abgeleitet wird dies aus dem Lohngefälle (Gender-Pay-Gap) in der Europäischen Union.
[i]Unbereinigter Gender-Pay-Gap von 12 % in der EUDer unbereinigte Gender-Pay-Gap betrug auf europäischer Ebene im Jahr 2023 noch 12,0 % (vs. 14,4 % im Jahr 2018 und 16,0 % im Jahr 2013), Deutschland lag im selben Jahr mit 17,6 % (vs. 20,1 % im Jahr 2018 und 22,1 % im Jahr 2013) sogar über dem europäischen Schnitt. Das unbereinigte Lohngefälle gibt die durchschnittliche Differenz im Bruttostundenverdienst zwischen Männern und Frauen an, ohne dabei strukturelle Faktoren wie Berufserfahrung, Arbeitszeit oder die Branche zu berücksichtigen. Der bereinigte Gender-Pay-Gap wiederum bezeichnet die Lohnlücke, bei der strukturelle Merkmale berücksichtigt wurden. Er zeigt also den unterschiedlichen Verdienst von Männern und Frauen bei vergleichbarer Qualifikation, Tätigkeit und Erwerbsbiografie. Im Jahr 2024 betrug der bereinigte Gender-Pay-Gap in Deutschland 6 %. Dieser Gap lässt sich nicht durch objektive Kriterien erklären und stellt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar.
[i]EUPTD soll bestehende Diskriminierungen wirksam bekämpfenEin zentrales Hindernis bei der Beseitigung des geschlechtsspezifischen Lohnunterschieds ist fehlende Transparenz bei der Entlohnung. Die europäischen Co-Gesetzgeber Kommission, Rat und Parlament haben folglich die Richtlinie (EU) 2023/970 zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles auf den Weg gebracht, die EU-Entgelttransparenzrichtlinie. Die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt erfolgte am , die vorgesehene dreijährige Umsetzungsfrist der European Pay Transparency Directive, kurz EUPTD, in nationales Recht der Mitgliedstaaten begann 20 Tage später und endet am . Die Richtlinie enthält verschiedene Bestimmungen, die einerseits die Transparenz der Entgeltsysteme erhöhen und andererseits die Befähigung der Beschäftigten stärken soll, ihr Recht auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen. Beide Dimensionen werden nachfolgend überblicksartig dargestellt.