Mehrfache Wahlberechtigung von Führungskräften
Leitsatz
Ist ein Arbeitnehmer in die Organisation mehrerer Betriebe seines Arbeitgebers tatsächlich eingegliedert, ist er in diesen bei der Wahl des Betriebsrats jeweils wahlberechtigt. Das gilt auch für Führungskräfte in Unternehmen mit einer betriebsübergreifenden Matrix-Struktur.
Instanzenzug: Az: 14 BV 112/22 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 3 TaBV 1/24 Beschluss
Gründe
1A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.
2Die Arbeitgeberin erbringt an verschiedenen Standorten Dienstleistungen im Bereich der Informationstechnologie und vertreibt IT-Produkte. Sie beschäftigt ca. 2.600 Arbeitnehmer; aufgrund einer Gesamtbetriebsvereinbarung vom sind fünf Betriebe - ua. der Betrieb Süd - bestimmt.
3Bei der im Sommer 2022 durchgeführten Wahl des Betriebsrats im Betrieb Süd waren in der Wählerliste neben 498 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 128 Führungskräfte angeführt, welche - nach den Angaben in der angefochtenen Entscheidung - auch Arbeitnehmer des Betriebs Süd führen, aber - gleichfalls nach den Angaben in der angefochtenen Entscheidung - einem anderen Betrieb angehören (33 dem Betrieb Zentrale, 23 dem Betrieb Nord-Ost, 19 dem Betrieb West und 53 dem Betrieb Mitte). Die Führungskräfte erfüllen in den Betrieben unterschiedliche Aufgaben und leiten Arbeitnehmer in den Bereichen Business Application & Consulting Services, Corporate Development, Enterprise Platform Services, Sales, Service & Service Delivery sowie HR. Sie haben keine eigenständige Kompetenz zur Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern, zur Erteilung von Abmahnungen, zur Gewährung von Gehaltserhöhungen oder zu Anordnungen neuer Aufgabenzuweisungen. In ihren Arbeitsverträgen ist regelmäßig ein Standort vereinbart; sie sind teilweise im Home-Office tätig, können aber auch in von der Arbeitgeberin an sämtlichen Standorten vorgehaltenen Büroräumlichkeiten arbeiten. Ihre zT im europäischen Ausland und zT im Inland ansässigen Vorgesetzten sind - nach den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts - leitende Angestellte iSd. Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) und auch bei einer Inlandstätigkeit nicht zwangsläufig demselben Betrieb wie die geführte Führungskraft zugeordnet. Aus der - in ihrem Ergebnis am bekanntgegebenen - Wahl ging der zu 2. beteiligte 11-köpfige Betriebsrat hervor. Von 260 gültig abgegebenen Stimmen entfielen 104 Stimmen auf die Liste 1, 62 Stimmen auf die Liste 2 und 94 Stimmen auf die Liste 3.
4Die Arbeitgeberin hat die Wahl mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift angefochten und die Auffassung vertreten, den 128 vom Wahlvorstand als wahlberechtigt angesehenen Führungskräften komme das aktive Wahlrecht im Betrieb Süd nicht zu, weil sie diesem nicht angehörten. Die Führungskräfte seien anderen Betrieben zugeordnet und allein dort wahlberechtigt; es bestehe kein Bedürfnis für deren Mehrfachwahlberechtigung. Zudem bewirke die Annahme einer Eingliederung der Führungskräfte in den Betrieb Süd und deren daraus resultierende Mehrfachwahlberechtigung im Hinblick auf die im Unternehmen etablierte sogenannte Matrix-Struktur keine rechtssichere und handhabbare Praxis. Für die Wahlberechtigung iSv. § 7 Satz 1 BetrVG komme es auch nicht auf die Maßgaben der Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einstellung iSv. § 99 BetrVG an. Beurteilte man die 128 Führungskräfte als in den Betrieb Süd eingegliedert, verringerte sich zum einen das Stimmengewicht der „echten“ betriebszugehörigen Arbeitnehmer und zum anderen wären sie im Gesamtbetriebsrat überrepräsentiert. Das verstoße gegen das Demokratieprinzip.
5Die Arbeitgeberin hat sinngemäß beantragt,
6Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die 128 Führungskräfte - welche neben dem fachlichen Weisungsrecht auch über nicht unerhebliche Teile des disziplinarischen Weisungsrechts verfügten - seien (auch) in den Betrieb Süd eingegliedert und folglich (auch) dort wahlberechtigt. Dem Betriebsverfassungsrecht seien Mehrfachwahlberechtigungen von Arbeitnehmern nicht fremd.
7Die Vorinstanzen haben die Wahl für unwirksam erklärt. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Abweisungsantrag weiter.
8B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte dem Wahlanfechtungsantrag der Arbeitgeberin nicht stattgegeben werden. Ob die Wahl anfechtbar ist, kann der Senat auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist daher zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
9I. Nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG kann ua. der Arbeitgeber die Betriebsratswahl anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Die Wahlanfechtung muss innerhalb von zwei Wochen ab der Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgen.
10II. Die formellen Voraussetzungen einer Wahlanfechtung liegen vor. Die Arbeitgeberin ist zur Wahlanfechtung berechtigt. Der Wahlanfechtungsantrag ist am und damit rechtzeitig iSv. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses beim Arbeitsgericht eingegangen.
11III. Darüber, ob auch die materiellen Voraussetzungen einer Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 1 BetrVG vorliegen, kann der Senat nicht abschließend befinden.
121. Das Landesarbeitsgericht hat - zusammengefasst - angenommen, die Wahl sei anfechtbar, weil die 128 Führungskräfte, deren Arbeitsverträge andere als die vom Betrieb Süd umfassten Standorte auswiesen, als (bei der Arbeitgeberin beschäftigte) Arbeitnehmer nach § 7 Satz 1 BetrVG nicht im Betrieb Süd wahlberechtigt gewesen seien. Zwar dürften sie in diesem Betrieb nach den Kriterien zur Beurteilung der Mitbestimmung des Betriebsrats bei Einstellungen nach § 99 BetrVG eingegliedert sein, was auch dem Rechtsverständnis der Beteiligten entspreche, denn die Arbeitgeberin habe den Betriebsrat zur Einstellung dieser Führungskräfte in den Betrieb Süd angehört. Die nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG maßgeblichen Kriterien seien aber nicht vollumfänglich auf die nach § 7 Satz 1 BetrVG zu beurteilende Wahlberechtigung übertragbar; das folge schon aus den unterschiedlichen Normzwecken. Ausgehend von der Grundvorstellung des BetrVG, dass ein Arbeitnehmer nur einem und nicht mehreren Betrieben angehöre, sowie den weiteren Gesichtspunkten einer Ortsnähe der Interessenvertretung, der Praktikabilität und Rechtssicherheit sowie einer anderenfalls bewirkten Überrepräsentanz sprächen die besseren Gründe dafür, einer Führungskraft, die Arbeitnehmer in mehreren Betrieben führe, nur in ihrem „Stammbetrieb“, nämlich dem Betrieb, dem sie arbeitsvertraglich zur regelmäßigen Arbeitsleistung zugeordnet sei, das Stimmrecht nach § 7 Satz 1 BetrVG zuzuerkennen.
132. Diese Begründung hält einer rechtsbeschwerdegerichtlichen Überprüfung nicht stand.
14a) Allerdings ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass bei der streitbefangenen Betriebsratswahl gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden wäre, wenn den vom Wahlvorstand als wahlberechtigt angesehenen 128 Führungskräften kein aktives Wahlrecht zukäme. Die Vorschrift des § 7 Satz 1 BetrVG zur Wahlberechtigung ist eine wesentliche - weil zentrale und zwingende - Vorschrift über das Wahlrecht iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG (vgl. - zu B 1 der Gründe). Ebenso zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass allein der Eintragung der 128 Führungskräfte in die Wählerliste keine materiell-konstitutive Bedeutung für die Wahlberechtigung dieser Personen(gruppe) zukommt. Das aktive Wahlrecht hängt ausschließlich davon ab, ob die Voraussetzungen des § 7 BetrVG erfüllt sind (vgl. ausf. - Rn. 28, BAGE 158, 256), wobei die in einer Wählerliste ausgedrückte Zulassung von nicht wahlberechtigten Arbeitnehmern - ebenso wie die Nichtzulassung von Wahlberechtigten - zwar zur Anfechtung der Wahl berechtigt, aber regelmäßig nicht geeignet ist, die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zu begründen (vgl. auch - Rn. 33). Auch stünde der Anfechtung der Wahl durch die Arbeitgeberin § 19 Abs. 3 Satz 3 BetrVG in der seit dem geltenden Fassung (BGBl. I S. 1762) nicht entgegen. Nach dieser Regelung ist die Anfechtung einer Betriebsratswahl durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, und - was vorliegend nicht der Fall ist - diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht. Schließlich hat das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung rechtsfehlerfrei zugrunde gelegt, dass - bei der von ihm angenommenen fehlenden Wahlberechtigung der Führungskräfte - angesichts der Stimmenverteilung auf die drei Vorschlagslisten nicht davon ausgegangen werden kann, der Verstoß habe das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst.
15b) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist die Berechtigung von (in einem Unternehmen tätigen) Arbeitnehmern zur Wahl des Betriebsrats aber nicht aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen von vornherein auf ausschließlich einen Betrieb beschränkt. Anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass es im vorliegenden Streitfall um das aktive Wahlrecht von Führungskräften geht, welche - wie im tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses ausgeführt - Arbeitnehmer in den Bereichen Business Application & Consulting Services, Corporate Development, Enterprise Platform Services, Sales, Service & Service Delivery und HR „leiten“ und angesichts dieser Organisationsstruktur im Unternehmen der Arbeitgeberin nach übereinstimmender Diktion des Landesarbeitsgerichts und der Verfahrensbeteiligten auch als Matrix-Führungskräfte bezeichnet werden.
16aa) Nach § 7 Satz 1 BetrVG sind wahlberechtigt alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Das sind Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Betriebs stehen und innerhalb der Betriebsorganisation des Arbeitgebers abhängige Arbeitsleistungen erbringen. Der Normausdruck „des Betriebs“ beschreibt das - bis zur Reform des BetrVG im Jahr 2001 ungeschriebene - Erfordernis der Betriebszugehörigkeit (vgl. dazu zB GK-BetrVG/Raab 12. Aufl. BetrVG § 7 Rn. 11). Mit dieser im Zuge des BetrVerf-Reformgesetzes vom (BetrVerf-ReformG, BGBl. I S. 1852) in Satz 1 von § 7 BetrVG eingefügten Formulierung ist klargestellt, „dass grundsätzlich nur Arbeitnehmer, die zur Belegschaft des Betriebs gehören, zum Betriebsrat wahlberechtigt sind“ (BT-Drs. 14/5741 S. 36).
17bb) Betriebszugehörigkeit setzt voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in die Betriebsorganisation eingegliedert ist. Dafür kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber mit Hilfe des Arbeitnehmers den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs verfolgt (mit Bezug zur Zuständigkeit des Betriebsrats vgl. - Rn. 28 mwN, BAGE 175, 104; vgl. auch - Rn. 22, BAGE 144, 340). Da der Betriebsbegriff nicht ausschließlich räumlich (Betriebsgrundstück), sondern (vorrangig) funktional (Betriebszweck) zu verstehen ist, sind weder individualarbeitsvertragliche Vereinbarungen zu einem Arbeitsort noch überhaupt der Ort der Tätigkeit für sich gesehen ausschlaggebend, wie auch die mit dem BetrVerf-ReformG klarstellend neu gefasste Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zeigt (dazu vgl. Fitting BetrVG 32. Aufl. § 7 Rn. 70; zur rein tatsächlichen Natur der Eingliederung vgl. zB ErfK/Koch 25. Aufl. BetrVG § 5 Rn. 2a). Das gilt ebenso für Arbeitnehmer, die in standortübergreifenden Teams einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck verwirklichen (mit Bezug zur Zuständigkeit des Betriebsrats vgl. - aaO), oder für die Zugehörigkeit von Arbeitnehmern zu aufgrund eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG gebildeten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten, welche nach § 3 Abs. 5 Satz 1 BetrVG als Betrieb gelten.
18cc) Bei der Beurteilung, ob ein Beschäftigter in einen Betrieb eingegliedert ist, steht dem Beschwerdegericht ein Beurteilungsspielraum zu. Dessen Würdigung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf überprüfbar, ob das Gericht den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungs- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat ( - Rn. 29 mwN, BAGE 175, 104).
19dd) Hiervon ausgehend tragen die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts die Annahme des Fehlens der Wahlberechtigung der 128 Matrix-Führungskräfte im Betrieb Süd nicht. Mit ihnen werden das Tatbestandsmerkmal der Betriebszugehörigkeit und der Rechtsbegriff der Eingliederung verkannt.
20(1) Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend - ohne dies im Hinblick auf die auch von den Verfahrensbeteiligten nicht problematisierte Annahme gesondert zu erwähnen - davon aus, dass die Matrix-Führungskräfte als in einem Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin stehende Arbeitnehmer weisungsgebundene Tätigkeiten und abhängige Arbeitsleistungen erbringen. Entsprechend kommt es wegen der arbeitsvertraglichen Beziehungen der Matrix-Führungskräfte mit der Arbeitgeberin, die zugleich Betriebsinhaberin ist, auch nicht streitentscheidend auf die Frage der Zugehörigkeit von Matrix-Managern (oder Matrix-Führungskräften) zu einem vertragsarbeitgeber„fremden“ Betrieb an (zu dieser im Schrifttum bei konzernweiten Matrix-Strukturen und unternehmensübergreifenden fachlichen Weisungsrechten sowie einer „gespaltenen Arbeitgeberstellung“ in erster Linie behandelten Konstellation vgl. zB Bachner NZA 2019, 134, 137; Corzelius/Ganz NZA-RR 2025, 129; ErfK/Koch 25. Aufl. BetrVG § 1 Rn. 16a ff.; Fitting BetrVG 32. Aufl. § 5 Rn. 226a; GK-BetrVG/Raab 12. Aufl. BetrVG § 7 Rn. 54; Kort NZA 2013, 1318, 1323; Maschmann/Sieg/Göpfert Vertragsgestaltung ArbR/Maschmann/Fritz 4. Aufl. Matrixarbeitsverhältnis Rn. 37; MHdB ArbR/Krois 6. Aufl. § 291 Rn. 110; Rech NZA 2025, 223; Richardi BetrVG/Maschmann 17. Aufl. BetrVG § 1 Rn. 101 f.; Schubert NZA 2022, 145; diff. Salamon/Iser NZA 2023, 200; MHdB ArbR/Temming 6. Aufl. § 24 Rn. 58). Bereits die weitere Prämisse des Landesarbeitsgerichts, die Matrix-Führungskräfte gehörten im Hinblick auf den in ihren Arbeitsverträgen „regelmäßig vereinbarten Standort“ (nur) „diesem Stammbetrieb“ an (gemeint ist wohl eher der auf der Grundlage der Gesamtbetriebsvereinbarung festgelegte Betrieb, der diesen Standort umfasst), vernachlässigt jedoch, dass die Betriebszugehörigkeit iSv. § 7 Satz 1 BetrVG durch die Eingliederung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn - mithin durch tatsächliche Umstände und nicht durch einzelvertragliche Festlegung - vermittelt wird. Soweit das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des - 8 AZR 877/11 -) verweist, bezieht sich diese auf einen Betriebsübergang iSv. § 613a BGB und die Frage der Zuordnung eines Arbeitsverhältnisses zum übergegangenen Betrieb oder Betriebsteil, für die es auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien ankommt. Der „Betrieb“ (oder auch „Betriebsteil“) als Bezugspunkt einer Zuordnung von Arbeitnehmern bestimmt sich in der Betriebsverfassung jedoch nach anderen Maßgaben als bei der Beurteilung eines Betriebsübergangs. Für die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung ist die faktische organisatorische Einbindung entscheidend, für welche der tatsächliche Arbeitsort innerhalb einer Gesamtwürdigung der Umstände ein Kriterium bildet, aber nicht zwingend den Ausschlag gibt. Das gilt auch für in einer matrix-verfassten Arbeitsorganisation tätige Führungskräfte. Die - ohnehin eine Vielfalt an möglichen mehrdimensionalen Organisationsformen zusammenfassend benennende - Matrix-Struktur bildet im Rahmen der Betriebsverfassung kein Tatbestandsmerkmal (vgl. BeckOGK/Boemke Stand BetrVG § 7 Rn. 123), zumal (losgelöst von der vorliegenden Fallgestaltung) das Merkmal einer „vertraglichen Zuordnung“ für die bei einem Arbeitgeber beschäftigte Matrix-Führungskraft versagte, wenn es an einer solchen Vereinbarung fehlte. Soweit das Landesarbeitsgericht des Weiteren unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des - 7 ABR 36/03 - zur Betriebszugehörigkeit von Außendienstmitarbeitern) und vom (- 7 ABR 89/89 - zur Betriebszugehörigkeit bei Ausbildung in mehreren Betrieben) davon ausgeht, von dem kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung vorgegebenen „Stammbetrieb“ aus werde „regelmäßig das Direktionsrecht über die ihm zugeordneten Matrix-Führungskräfte ausgeübt“, würden „die auf das Arbeitsverhältnis bezogenen Anweisungen erteilt“ und „dort falle die jedenfalls ganz überwiegende Mehrheit der gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten an“, ist dies schon von den Feststellungen nicht getragen. Die beschwerdegerichtliche Annahme eines das Direktionsrecht ausübenden „Stammbetriebs“ erschließt sich im Übrigen auch deshalb nicht ohne Weiteres, weil im tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses ausgeführt ist, „die Führungskräfte der hier im Streit stehenden 128 Führungskräfte“ seien nicht zwangsläufig demselben Betrieb wie die geführte Führungskraft „zugeordnet“.
21(2) Vor allem aber ist die vom Landesarbeitsgericht gezogene Schlussfolgerung nicht gerechtfertigt, der Zuordnung der Matrix-Führungskräfte zu einem anderen Betrieb stehe deren Zugehörigkeit zu der als Betrieb geltenden Organisationseinheit Süd entgegen. Auch wenn der Vertragsarbeitgeber Inhaber mehrerer Betriebe ist, gibt die tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in die Betriebsorganisation dessen betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung vor. Ist ein Arbeitnehmer in mehrere Betriebe tatsächlich eingegliedert, vermag er mehreren Betrieben anzugehören; die Betriebszugehörigkeit bestimmt sich nicht unter der Negativvoraussetzung, dass keine Zugehörigkeit zu einem anderen Betrieb besteht (ebenso BeckOGK/Boemke Stand BetrVG § 7 Rn. 159). Ebenso ist die aus der Mehrfacheingliederung folgende Mehrfachwahlberechtigung nicht - wie vom Landesarbeitsgericht angenommen - nach den Grundsätzen der Betriebsverfassung ausgeschlossen (so bereits - zu II der Gründe; ferner auch - BAGE 63, 200 [mit der dort ohne nähere Begründung vorausgesetzten Möglichkeit einer Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zu verschiedenen Betrieben eines Unternehmens]; ebenso BeckOGK/Sutterer-Kipping Stand BetrVG § 5 Rn. 24; BeckOK ArbR/Besgen Stand BetrVG § 7 Rn. 23; DKW/Homburg 19. Aufl. § 7 Rn. 19 [konkret für Vorgesetzte, die keine leitende Funktion haben, aber aufgrund einer Matrix-Organisation in mehreren Betrieben eingesetzt werden]; Fitting BetrVG 32. Aufl. § 7 Rn. 83; GK-BetrVG/Raab 12. Aufl. BetrVG § 7 Rn. 40; MHdB ArbR/Temming 6. Aufl. § 24 Rn. 57; Mückl in Gaul Arbeitsrecht der Umstrukturierung 2. Aufl. Rn. 10.164; Müller Homeoffice-HdB/Müller 3. Aufl. Rn. 547; NK-GA/Müller/Kühn 2. Aufl. BetrVG § 7 Rn. 4; Oberthür/Chandna-Hoppe Mobile Work-HdB/Steffan Rn. 329 [„einzelfallabhängig“]; Richardi BetrVG/Thüsing 17. Aufl. BetrVG § 7 Rn. 34 aE; vgl. auch [konkret die mehrfache Eingliederung eines Arbeitnehmers in verschiedene Betriebe seines Vertragsarbeitgebers bei betriebsübergreifender Arbeit in einer Matrix-Organisation bejahend] Witschen RdA 2016, 38, 45). Das belegen die Gesetzesmaterialien unter Berücksichtigung der Gesetzeshistorie sowie Sinn und Zweck der Norm zur Wahlberechtigung.
22(a) Im BetrVG finden sich keine ausdrücklichen Regelungen zum Ausschluss einer Mehrfachwahlberechtigung. Lediglich § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ordnet für die in Heimarbeit Beschäftigten - insoweit aber gesondert - an, dass sich die Betriebszugehörigkeit (und damit Wahlberechtigung) auf den Betrieb beschränkt, für den der Beschäftigte „hauptsächlich“ tätig wird. Allerdings hatte der historische Gesetzgeber einen Ausschluss mehrfacher Wahlberechtigungen eines bei einem Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 2 des Regierungsentwurfs eines Gesetzes über die Neuordnung der Beziehungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Betrieben vom durchaus noch explizit vorgesehen („Ein Arbeitnehmer ist nur in einem Betrieb wahlberechtigt“; vgl. BT-Drs. 1/1546 S. 4) und damit an die Bestimmung zur Wählbarkeit nach § 20 Satz 3 des Betriebsrätegesetzes vom („Kein Arbeitnehmer ist in mehr als einem Betriebe wählbar.“; RGBl. S. 147) anknüpfen wollen. Dem lag die verlautbarte Intention zugrunde, dass „[j]eder Arbeitnehmer … nur in einem Betrieb wählen“ kann, was für „die Grenzfälle“ gilt, „in denen einzelne Arbeitnehmer in mehreren Betrieben (u.U. auch des gleichen Unternehmens) zugleich beschäftigt werden …“ (vgl. BT-Drs. 1/1546 S. 40). Diese Regelung ist während der parlamentarischen Verhandlungen in Wegfall geraten, woraus zu schließen ist, dass sie gerade nicht Gesetz werden sollte (ausf. - zu II der Gründe). In den späteren Reformen des Betriebsverfassungsrechts finden sich keine Anhaltspunkte (mehr) für einen gesetzgeberischen Willen dahingehend, Mehrfachwahlberechtigungen auszuschließen. Im Gegenteil zeigt die Begründung des BetrVerf-ReformG zu § 7 Satz 2 BetrVG in der ab geltenden Fassung, dass mehrfache Wahlberechtigungen möglich sein sollen, denn das mit der Vorschrift eingeräumte aktive Wahlrecht von zur Arbeitsleistung überlassenen Arbeitnehmern eines anderen Arbeitgebers im Einsatzbetrieb lässt deren betriebsverfassungsrechtliche Stellung im „Verleiherbetrieb“ ausdrücklich unberührt (vgl. BT-Drs. 14/5741 S. 28) und hält (auch) ihre Wahlberechtigung im Betrieb des anderen Arbeitgebers offen. Auch das zeigt, dass dem BetrVG ein zwingendes Grundprinzip im Sinn einer „Zugehörigkeit des Arbeitnehmers nur zu einem Betrieb und nicht zu mehreren“ gerade nicht inhärent ist (so aber - mit Bezug zu § 99 BetrVG - Lingemann/Steinhauser NZA 2020, 87; dagegen Engels NZA 2020, 699; wie hier - mit Bezug zu § 7 BetrVG - BeckOGK/Boemke Stand BetrVG § 7 Rn. 159).
23(b) Zudem begegnen der Annahme einer solchen Maxime teleologische Bedenken. Ebenso wie die an die Betriebszugehörigkeit geknüpfte Wahlberechtigung die Legitimation des Betriebsrats bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben sichert (vgl. - Rn. 36), vermittelt die auf einer demokratischen Wahl beruhende Repräsentanz der Belegschaft durch den Betriebsrat dessen Legitimation zur betrieblichen Rechtsetzung durch die Betriebsparteien (vgl. - Rn. 28, BAGE 171, 347). § 7 BetrVG bezweckt demnach (zumindest auch), das Wahlrecht für die Personen festzulegen, für welche die materiellen Beteiligungsrechte des Betriebsrats ausgestaltet sind (vgl. zu §§ 5, 7 und 8 BetrVG - zu B I 2 c der Gründe, BAGE 97, 226). Entsprechend bedürfte es vor dem Hintergrund der auf betriebszugehörige Arbeitnehmer bezogenen Regelungskompetenz des Betriebsrats einer besonderen Rechtfertigung, diesen Arbeitnehmern das Wahlrecht allein deshalb abzusprechen, weil sie auch einem anderen Betrieb des Unternehmens angehören.
24(c) Eine solche ist nicht ersichtlich; insbesondere verfangen die gegen die Wahlberechtigung der Matrix-Führungskräfte in mehreren Betrieben seitens der Arbeitgeberin vorgebrachten Argumente nicht.
25(aa) Das gilt zunächst für ihre Annahme, hierfür bestehe grundsätzlich kein Bedürfnis. Wird ein Arbeitnehmer von der mit seiner Eingliederung in den Betrieb verknüpften betrieblichen Rechtsetzung des Betriebsrats erfasst, besteht ein Repräsentations- und Legitimationsbedürfnis. Vermag die Mitbestimmung des Betriebsrats Einfluss auf das Individualarbeitsverhältnis oder die Rechtsstellung eines Arbeitnehmers zu haben, muss eine Wahlberechtigung gegeben sein (vgl. BeckOGK/Boemke Stand BetrVG § 7 Rn. 159). Auch das vom Landesarbeitsgericht herangezogene - und als gegen die Mehrfachwahlberechtigung sprechend gewertete - Prinzip einer ortsnahen Interessenvertretung (vgl. dazu etwa - Rn. 34, BAGE 175, 104) vermag Repräsentations- und Legitimationsdefizite nicht zu kompensieren.
26(bb) Verwirklicht ein Arbeitnehmer als Vorgesetzter zusammen mit Arbeitnehmern eines anderen Betriebs durch die Wahrnehmung der Führungsaufgabe (auch) den arbeitstechnischen Zweck dieses anderen Betriebs, ist er in die Arbeitsorganisation des anderen Betriebs eingebunden und (auch) dort von mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten betroffen. In Betracht kommt vor allem die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nrn. 1, 6 und 7 BetrVG sowie nach § 99 BetrVG. Dass mitbestimmte Angelegenheiten ggf. auch oder exklusiv in einem anderen Betrieb, dem der Vorgesetzte angehört, anfallen mögen, steht der Mehrfachwahlberechtigung nicht entgegen (tendenziell wohl aA HaKo-BetrVG/Brors 6. Aufl. § 7 Rn. 8 mwN; krit. auch Salamon/Iser NZA 2023, 200, 205). Insoweit hebt die Arbeitgeberin zwar zutreffend darauf ab, dass eine mehrfache Betriebszugehörigkeit weitere Fragen, insbesondere solche zur Abgrenzung im Bereich der materiellen Mitbestimmung, aufwerfen kann. Diese sind aber Folge der Zugehörigkeit eines Arbeitnehmers zu mehreren Betrieben und vermögen nicht - gleichsam in einem „umgekehrten“ Schluss - die Annahme einer Eingliederung in mehr als einen Betrieb von vornherein auszuschließen. Sie sind im Einzelfall durch die Bestimmung des Geltungsbereichs einer Betriebsvereinbarung zu lösen. Zudem ist eine originäre Regelungszuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 BetrVG - anders als bei der auf die „Einstellung in den Betrieb“ bezogenen Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (dazu - Rn. 11) - nicht von vornherein aus materiell-rechtlichen Gründen ausgeschlossen und kann eröffnet sein, wenn sich aus der Organisationsstruktur selbst ergibt, dass eine rein betriebliche Regelungsmöglichkeit erkennbar entfällt (vgl. - für die vergleichbare Konstellation einer Matrix-Organisation im Rahmen der kirchlichen Mitarbeitervertretungsordnung - Ritter NZA 2024, 374, 375; vgl. ferner auch - Rn. 35 mwN, BAGE 167, 43 mit dem Verweis auf die Rspr., dass bei § 102 BetrVG eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in Betracht kommen kann, wenn das Arbeitsverhältnis mehreren Betrieben gleichzeitig zugeordnet ist). Konkret für den vorliegenden Streitfall vermag die Argumentation der Arbeitgeberin zu einer mangelnden mitbestimmungsrechtlichen „Praxistauglichkeit“ bei der Annahme einer Eingliederung der Matrix-Führungskräfte in mehr als einen ihrer Betriebe im Übrigen auch deshalb nicht zu überzeugen, weil gewisse „Friktionen“ auch anderweitig in ihrer matrix-verfassten Organisationsstruktur angelegt sind. Nach dem schriftsätzlichen und von der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommenen Vorbringen des Betriebsrats, dem die Arbeitgeberin nicht entgegengetreten ist, arbeiten in den sechs funktions-, markt- und produktgruppendeterminierten Bereichen Arbeitnehmer nicht nur aus unterschiedlichen Standorten, sondern auch aus unterschiedlichen Betrieben „in Teams“ zusammen, wobei die „Zuordnung der Mitarbeiter in diese Teams … ungeachtet der Betriebszugehörigkeit … erfolgt“. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass für die in einem Team zusammenarbeitenden Arbeitnehmer unterschiedlich ausgestaltete mitbestimmte Regelungen (etwa zur Lage der Arbeitszeit) gelten; entsprechende „Abstimmungsbedarfe“ stellten sich jedenfalls nicht exklusiv nur bezüglich der Matrix-Führungskräfte.
27(cc) Soweit die Arbeitgeberin im Allgemeinen auf weitere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Betriebszugehörigkeit von Matrix-Führungskräften verweist, erschließt sich nicht, inwieweit diese einer mehrfachen Wahlberechtigung entgegenstehen sollen. Die Beurteilung, ob die Voraussetzungen der Wahlberechtigung nach § 7 BetrVG vorliegen, kann ebenso tatsächlich und rechtlich schwierig sein, wenn die Matrix-Führungskraft nur einem Betrieb angehört; in jedem Fall bedarf es einer Rechtsanwendung anhand der für die Betriebszugehörigkeit geltenden Kriterien und Maßgaben. Sollte die Arbeitgeberin darauf abstellen, nur die Zugehörigkeit der Matrix-Führungskräfte zu dem in ihren Arbeitsvertrag jeweils ausgewiesenen Standort - aus dem sich der entsprechende Betrieb ergebe - böte eine auch für den Wahlvorstand praktikable und rechtssichere Handhabe, verkennt sie, dass dies die Rechtsfolgen zwingender betriebsverfassungsrechtlicher Vorgaben in unzulässiger Weise zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien stellte.
28(dd) Schließlich verfängt das gegen die Mehrfachwahlberechtigung vorgebrachte Argument eines Verstoßes gegen das Demokratieprinzip wegen einer dadurch bewirkten gremienbezogenen Überrepräsentanz der Matrix-Führungskräfte nicht. Eine solches „Übergewicht“ bei der betrieblichen Interessenvertretung ist mit der Mehrfachwahlberechtigung aufgrund einer mehrfachen Eingliederung nicht gegeben. Der Betriebsverfassung liegt die Idee der Repräsentation zugrunde. Für den Betriebsrat als Repräsentanten der Arbeitnehmer „des Betriebs“ ist konstitutiv, dass seine Legitimation auf der Wahl durch die zu diesem Zweck rechtlich verfasste Belegschaft gründet (vgl. Richardi BetrVG/Richardi 17. Aufl. BetrVG Einl. Rn. 104). Eine arbeitnehmergruppen-spezifische Repräsentation ist der Betriebsverfassung hingegen nicht (mehr) immanent. Das belegt einerseits die Abschaffung der nach Arbeitern und Angestellten differenzierenden Gruppenwahl im Zuge des BetrVerf-ReformG und andererseits die Fassung von § 15 Abs. 1 BetrVG (Zusammensetzung des Betriebsrats nach Beschäftigungsarten) als bloße Sollvorgabe, die nach dem verlautbarten Willen des Gesetzgebers gerade „nicht zwingend“ ist, sondern (lediglich) „eine Aufforderung dazu, die Wahlvorschläge möglichst so zu gestalten, dass sich der Betriebsrat entsprechend der Organisation des Betriebs und der Struktur der Arbeitnehmerschaft zusammensetzt“ (vgl. BT-Drs. 14/5741 S. 37). Entsprechend sind Matrix-Führungskräfte nicht überproportional stark repräsentiert, wenn sie in allen Betrieben, denen sie angehören und zu deren jeweiliger Belegschaft sie zählen, den jeweiligen Betriebsrat mitwählen. Das gilt ebenso für den nach dem Prinzip der Entsendung von Betriebsratsmitgliedern zu errichtenden Gesamtbetriebsrat (§ 47 BetrVG).
293. Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts bedingt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt. Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - die für die Beurteilung, ob die Matrix-Führungskräfte in den Betrieb Süd eingegliedert sind (oder nicht), maßgeblichen Feststellungen und Wertungen nicht getroffen. Für das fortgesetzte Beschwerdeverfahren sind folgende weitere Hinweise veranlasst:
30a) Ob eine bei dem Betriebsinhaber beschäftigte Führungskraft, die als Vorgesetzte von Arbeitnehmern eines Betriebs tätig ist, dort eingegliedert und damit tatsächlich in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert wird, erfordert eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls. Hierfür gelten - im Sinn einer typologischen Bestimmung (vgl. Rech NZA 2025, 223, 226) - keine anderen Maßgaben als bei der Mitbestimmung des Betriebsrats bei einer Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, welche nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorliegt, wenn eine Person in den Betrieb eingegliedert wird, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen ( - Rn. 19 mwN, BAGE 167, 43). Setzt die Einstellung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG demnach eine (erstmalige) Eingliederung des Arbeitnehmers in die Betriebsorganisation voraus, ist der Arbeitnehmer - sofern sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht ändern - ein solcher „des Betriebs“ iSv. § 7 Satz 1 BetrVG (vgl. auch Daum Der Betrieb als Organisation S. 284 mwN unter Fußnote 1326; Richardi BetrVG/Thüsing 17. Aufl. BetrVG § 7 Rn. 19). Vor diesem Hintergrund verbietet sich eine Differenzierung beim betriebsverfassungsrechtlichen Eingliederungsbegriff, die der Normzweck des § 99 BetrVG ohnehin nicht zwingend vorgibt (aA Salamon/Iser NZA 2023, 200, 205). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einstellung dient zwar vornehmlich den Interessen der schon im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ( - Rn. 25, aaO); gleichwohl sichert es aber auch - wie der Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG zeigt - individuelle Schutzbelange des von der personellen Einzelmaßnahme betroffenen Arbeitnehmers.
31b) Hiervon ausgehend vermag aus der vom Landesarbeitsgericht - in den Gründen des angefochtenen Beschlusses - festgestellten „Anhörung“ des Betriebsrats Süd zu den Einstellungen der Matrix-Führungskräfte in den Betrieb Süd iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durchaus ein gewisser Rückschluss auf deren für die Wahlberechtigung iSv. § 7 Satz 1 BetrVG vorausgesetzte Zugehörigkeit zu dem Betrieb Süd gezogen zu werden. Allerdings ist zum einen zu beachten, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Betriebszugehörigkeit iSv. § 7 Satz 1 BetrVG der Tag der Wahl (und nicht die Einstellung) ist (Richardi BetrVG/Thüsing 17. Aufl. BetrVG § 7 Rn. 26). Zum anderen ist die indizielle Wirkung einer Betriebsratsbeteiligung bei der Einstellung eines Arbeitnehmers für die Annahme dessen Eingliederung in den Betrieb insoweit relativiert, als ein Betriebsrat mitbestimmt hat, dessen Wahl nicht angefochten worden ist. Damit ist auch die Organisationseinheit, für die er errichtet ist, als Betrieb vorgegeben. Für die im vorliegenden Wahlanfechtungsverfahren im Streit stehende Wahlberechtigung der 128 Matrix-Führungskräfte kann demgegenüber nicht außer Betracht bleiben, dass es auf deren Zugehörigkeit zu der auf der Grundlage der Gesamtbetriebsvereinbarung vom (GBV) bestimmten Organisationseinheit „Betrieb Süd“ ankommt. Diese Organisationseinheit gilt nach § 3 Abs. 5 Satz 1 BetrVG nur dann als Betrieb - und vermag damit den Bezugspunkt für die eine Betriebszugehörigkeit vermittelnde tatsächliche Eingliederung zu bilden -, wenn die GBV dies zulässig regelt. Die Möglichkeit einer vom Gesetz abweichenden Ausgestaltung der Repräsentationsstrukturen der Arbeitnehmer in der Betriebsverfassung ist den Betriebsparteien nur in dem durch § 3 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4 (und Nr. 5 bezüglich einer zusätzlichen Vertretung), Abs. 2 BetrVG bestimmten Umfang eröffnet und an die dort näher geregelten Voraussetzungen gebunden. Ob die - bislang nicht zur Gerichtsakte gelangte - GBV dem entspricht, ist bisher weder von den Beteiligten noch von den Vorinstanzen in den Blick genommen worden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör und auf Gewährleistung eines fairen Verfahrens gebietet es in dieser verfahrensrechtlichen Lage, die Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um den Beteiligten im fortgesetzten Beschwerdeverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben. Soweit die Beteiligten im Termin zur Anhörung vor dem Senat übereinstimmend auf den (wohl einzig) in Betracht kommenden Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BetrVG abgehoben haben, beschränkt sich der Senat auf den Hinweis, dass danach für Unternehmen mit mehreren Betrieben (worunter auch Betriebsteile iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG fallen) die Zusammenfassung von Betrieben bestimmt werden kann, wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient. Der Gesetzgeber hatte hier insbesondere die Konstellation vor Augen, dass in einem Unternehmen jeweils mehrere Betriebe zusammengefasst werden, um etwa in einem bundesweiten Filialnetz sogenannte Regionalbetriebsräte zu errichten (vgl. zu dieser Intention auch BT-Drs. 14/5741 S. 34; BeckOGK/Haußmann/Hofer Stand BetrVG § 3 Rn. 33). Hingegen wäre eine mit der GBV geregelte Spaltung des Betriebs oder von Betrieben und/oder Betriebsteilen unzulässig; auf § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BetrVG kann nur die Zusammenfassung von Betrieben gestützt werden, nicht aber deren Aufteilung (GK-BetrVG/Franzen 12. Aufl. BetrVG § 3 Rn. 9; Fitting BetrVG 32. Aufl. § 3 Rn. 36 mwN). Selbst wenn mit der in einer Kollektivvereinbarung festgelegten Bildung von die Arbeitnehmer einer bestimmten räumlichen Region repräsentierenden Betriebsräten deren Ortsnähe zu den vertretenen Arbeitnehmern bezweckt sein sollte, muss dies nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BetrVG auf der „Bündelung“ von Betrieben fußen. Das Prinzip einer ortsnahen Interessenvertretung substituiert diese Voraussetzung nicht.
32c) Sollte die GBV die Organisationseinheit Süd zulässig bestimmen, bedürfte es weiterer Feststellungen für die Wertung, ob die 128 Matrix-Führungskräfte dieser als Betrieb geltenden Organisationseinheit angehören.
33aa) Ist einem Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Bildung betriebsübergreifender Funktions- und Aufgabenbereiche eine Vorgesetztenstellung in Bezug auf Arbeitnehmer anderer Betriebe übertragen, kann eine Eingliederung in den Betrieb, dem diese Arbeitnehmer angehören, gegeben sein. Maßgeblich ist, dass unter Weisung des Betriebsinhabers der arbeitstechnische Zweck des Betriebs mitverfolgt wird. Hierbei können die fachlichen Weisungsbefugnisse der Führungskraft Berücksichtigung finden. Das setzt aber voraus, dass sich aus ihrer Wahrnehmung eine Einbindung bei der Erfüllung der im Betrieb von den dortigen Arbeitnehmern zu erledigenden operativen Aufgaben oder in die dortigen Arbeitsprozesse ergibt. Hierfür bedarf es in der Regel entsprechender Feststellungen, zumal der Begriff des „fachlichen Weisungsrechts“ - ebenso wie der des „disziplinarischen Weisungsrechts“ - kein feststehender Rechtsbegriff ist. Für die die Zugehörigkeit zu einem Betrieb vermittelnde Eingliederung ist jedenfalls nicht entscheidend, wo die Tätigkeit räumlich-örtlich ausgeübt wird. Weder ist zwingend erforderlich, dass die Führungskraft ihre Tätigkeit innerhalb von Betriebsräumen verrichtet, noch muss sie in einem bestimmten zeitlichen Mindestumfang „vor Ort“ sein, noch muss sie einer Bindung an Weisungen einer gleichfalls im Betrieb tätigen - ihr gegenüber vorgesetzten - Person unterliegen (zu all dem mit Bezug zu § 99 BetrVG: - Rn. 23 ff.; - 1 ABR 13/18 - Rn. 19; mit Bezug zur Zuständigkeit des Betriebsrats vgl. - Rn. 43, BAGE 175, 104).
34bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen mag die Beteiligung des Betriebsrats Süd bei der Einstellung der 128 Matrix-Führungskräfte auf deren Betriebszugehörigkeit deuten.
35(1) Das Vorliegen der für deren Eingliederung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sprechenden tatsächlichen Umstände ist allerdings in den Einzelheiten zwischen den Verfahrensbeteiligten umstritten; eine ggf. vorsorgliche und überobligatorische Beteiligung des Betriebsrats Süd hinsichtlich der Matrix-Führungskräfte nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erschiene jedenfalls nicht ausgeschlossen. Der bloße Umstand der Beteiligung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vermag vor diesem Hintergrund die für eine tatsächliche Eingliederung der 128 Matrix-Führungskräfte in den Betrieb Süd notwendigen Feststellungen nicht gänzlich zu ersetzen.
36(2) Insoweit beschränken sich jedoch die Angaben des Landesarbeitsgerichts darauf, dass die 128 Matrix-Führungskräfte auch Arbeitnehmer des Betriebs Süd „führen“ (ohne dies hinsichtlich ihrer Weisungsbefugnisse oder ihrer konkreten Funktionen zu spezifizieren), dass sie Arbeitnehmer in den näher benannten sechs Bereichen (Business Application & Consulting Services, Corporate Development, Enterprise Platform Services, Sales, Service & Service Delivery und HR) „leiten“ (ohne dies durch nähere Angaben zu unterlegen, worin konkret die „Leitung“ und die damit ggf. anzunehmende Verwirklichung des Zwecks des Betriebs Süd bestehen soll), dass ihnen bestimmte Kompetenzen nicht zukommen (etwa zur Erteilung von Abmahnungen) und dass sie „in den Betrieben“ unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen (ohne die der Verwirklichung des Betriebszwecks dienenden Tätigkeiten - mit Bezug zum Betrieb Süd - konkret zu benennen). Hierzu ist eine weitere Sachaufklärung veranlasst, die vor allem die konkreten Weisungsbefugnisse der Matrix-Führungskräfte gegenüber den Arbeitnehmern des Betriebs Süd in den Blick zu nehmen hat und den Gesichtspunkt betrifft, ob sich hieraus - oder auch aus anderen Aufgaben - eine Einbindung der 128 Matrix-Führungskräfte bei der Erfüllung der im Betrieb Süd von den dortigen Arbeitnehmern zu erledigenden operativen Aufgaben oder in die dortigen Arbeitsprozesse ergibt.
37(3) Typischerweise liegt eine Eingliederung der Führungskraft vor, wenn sie zur Durchführung der ihr obliegenden Aufgaben mit den im Betrieb tätigen Arbeitnehmern regelmäßig zusammenarbeiten muss und damit ihre fachlichen Weisungsbefugnisse auch tatsächlich wahrnimmt. Soweit die Arbeitgeberin hierzu in der Rechtsbeschwerdeerwiderung vorgebracht hat, die Matrix-Führungskräfte würden nur „vorübergehend“ bzw. „gelegentlich“ und „per Videokonferenz“ im Betrieb Süd tätig, handelt es sich zwar um neuen Sachvortrag, der nach dem auch im Beschlussverfahren geltenden § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden kann (vgl. - Rn. 38). Dieser ist - bei entsprechender weiterer Spezifizierung - aber nicht ausgeschlossen, weil wegen der mit der Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht wieder eröffneten Beschwerdeinstanz den Beteiligten ohnehin Gelegenheit zum Sachvortrag und zur Stellungnahme zu geben ist (vgl. dazu auch Feskorn in Zöller ZPO 35. Aufl. § 563 ZPO Rn. 3). Wenngleich der zeitliche Umfang einer „Vor-Ort-Präsenz“ der Matrix-Führungskräfte im Betrieb Süd für deren Eingliederung nicht den Ausschlag gibt (und sich quantitative und/oder qualitative Vorgaben für die Würdigung einer Eingliederungsrelevanz ohnehin verbieten), wäre ggf. bei der Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände - in Abhängigkeit von den konkreten, die „Leitung“ und „Führung“ betreffenden Tätigkeiten - zu berücksichtigen, dass nicht jede vereinzelte Vor- oder Zuarbeit für den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs Süd die Eingliederung in diesen auslöst, sondern in erster Linie durch eine regelmäßige Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern des Betriebs Süd vermittelt ist. Andererseits schiene eine Einbindung in die betrieblichen Arbeitsprozesse auch nicht bereits dann ausgeschlossen, wenn eine Führungskraft ein weitgehend selbständig arbeitendes Team leitet und die (fachliche) Führung deshalb im Arbeitsalltag keinen großen Raum einnimmt. Letztlich unterliegt dies der Würdigung der Tatsachengerichte.
38d) Schließlich wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass die Wahl ggf. im Hinblick auf die vom Wahlvorstand beschlossene schriftliche Stimmabgabe (neben der offengehaltenen Urnenwahl) anfechtbar ist.
39aa) Der Wahlvorstand könnte gegen § 24 Abs. 2 WO verstoßen haben, wenn er ohne das Vorliegen der dortigen personen(gruppen)bezogenen Voraussetzungen für alle wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebs Süd die schriftliche Stimmabgabe eröffnet haben sollte (vgl. zu einem solchen Verstoß zuletzt etwa - Rn. 53 ff.; zu § 49 3. WOMitbestG - Rn. 35 ff.).
40bb) Anlass für die weitere Aufklärung zu den konkreten Umständen, insbesondere den Grundlagen für die Anordnung der Briefwahl, gibt insoweit das vom Landesarbeitsgericht ausdrücklich in Bezug genommene - und damit für den Senat verwertbare - Wahlausschreiben vom , in welchem es unter der Überschrift „Schriftliche Stimmabgabe / Briefwahl“ heißt:
41Das deutet darauf, dass die Durchführung der verfahrensgegenständlichen Betriebsratswahl (auch) als Briefwahl „an sämtlichen Standorten“ nicht den Anforderungen von § 24 Abs. 2 WO genügt, welcher als Grundlage für diese „Anordnung“ ausdrücklich genannt wird, und nicht etwa § 24 Abs. 3 WO. Im Gegensatz zu letztgenannter Vorschrift ist § 24 Abs. 2 WO nicht betriebsteilbezogen ausgestaltet, sondern an beschäftigtenbezogene Voraussetzungen gebunden. Die einzigen personen(gruppen)bezogenen Ausführungen „Art der Arbeit …“ beziehen sich gerade nicht auf sämtliche, sondern auf die „meisten“ Beschäftigten. Jedenfalls ergibt sich aus der „Anordnung“ nicht ohne Weiteres, dass tatsächlich die Voraussetzungen von § 24 Abs. 2 WO vorgelegen haben. Das Landesarbeitsgericht wird - sollte es darauf ankommen - den diesbezüglichen Sachverhalt auch insoweit noch weiter aufzuklären und den Beteiligten Gelegenheit zu geben haben, konkret zu den Hintergründen der schriftlichen Stimmabgabe vorzutragen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:220525.B.7ABR28.24.0
Fundstelle(n):
PAAAK-02120