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BFH Urteil v. - XI R 1/23

Zur Umsatzsteuerbefreiung von Assistenzleistungen für Menschen mit Behinderung, die aus dem „Persönlichen Budget“ bestritten werden

Leitsatz

1. NV: Eine Leistung ist nicht bereits dann in die Berechnung der Sozialgrenze des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k und l des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der in den Jahren 2012 bis 2015 geltenden Fassung (jetzt: § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. n UStG) einzubeziehen, wenn die Gegenleistung aus dem Persönlichen Budget (§ 17 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch —SGB IX— a.F., jetzt: § 29 SGB IX) bezahlt worden ist.

2. NV: Eine Leistung ist jedoch in die Berechnung der Sozialgrenze des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k und l UStG in der in den Jahren 2012 bis 2015 geltenden Fassung (jetzt: § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. n UStG) einzubeziehen, wenn ein Budgetnehmer mit einem in der Vorschrift genannten Kostenträger als Budgetgeber eine individuelle Zielvereinbarung abgeschlossen hat sowie ein Gesamtplan des Budgetgebers vorliegt, in denen jeweils der Leistungserbringer namentlich genannt wird (Anschluss an das , zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).

Gesetze: UStG a.F. § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k und l; UStG § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. n; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. g; SGB IX a.F. § 17; SGB IX § 29; GG Art. 3 Abs. 1 und 3

Instanzenzug:

Tatbestand

I.

1 Die Beteiligten streiten darüber, ob Assistenzleistungen, die der Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Jahren 2012 bis 2015 (Streitjahre) an schwerbehinderte Auftraggeber erbracht hat, nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k und l des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung (a.F.) von der Umsatzsteuer befreit sind, weil die Zahlungen aus dem Persönlichen Budget (in den Streitjahren § 17 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch —SGB IX— a.F.; jetzt: § 29 SGB IX) der Auftraggeber stammen.

2 Der Kläger leistete zunächst selbständigen Unternehmern (zum Beispiel kleinen Handwerksbetrieben) verschiedener Branchen Hilfestellung. Seit 2008 übernahm er auch die Begleitung und Beratung von Menschen mit Behinderung (Klienten) im Arbeitgebermodell „Persönliches Budget“ (Budgetassistenz). Die Budgetassistenz bildete in den Streitjahren den Schwerpunkt seiner Tätigkeit.

3 In den Streitjahren begleitete das Unternehmen des Klägers über 100 Menschen mit Behinderung durch Assistenten in der ganzen Bundesrepublik Deutschland. Nur für einen Teil der Klienten legte der Kläger Unterlagen zu seinen Budgetassistenzleistungen vor. Zum Teil wurde in dem zwischen dem Kläger und den jeweiligen Klienten geschlossenen zivilrechtlichen „Klienten-Vertrag“ ein monatliches Pauschalhonorar und zum Teil eine Abrechnung nach angefallenen Stunden vereinbart. In keinem Fall wurde er aufgrund eines Vertrages mit einem gesetzlichen Sozialversicherungsträger tätig.

4 Der Kläger wurde außerdem in der Regel vom Klienten (oder dessen Betreuer oder Vertreter) bevollmächtigt, ihn im Bereich des Persönlichen Budgets sowie in Fragen des Schwerbehindertenrechts und des Sozialrechts zu den zuständigen Stellen zu begleiten und die erforderlichen Vorgänge einzuleiten. Rechtsdienstleistungen wurden an rechtsdienstleistungsbefugte Personen übertragen. Der Kläger fertigte in Absprache mit den Klienten Aufstellungen zum Persönlichen Budget zur Budgetbeantragung bei dem jeweiligen Leistungsträger (Budgetgeber) an und reichte diese für die Klienten beim jeweiligen Budgetgeber ein. Die jährlichen Kosten für die Budgetassistenz des Klägers wurden in den jeweiligen Aufstellungen zur Ermittlung der Gesamtkosten (Budgetbedarf) als Teil der Gesamtkosten gesondert aufgeführt. Die Klienten bezahlten die Leistungen des Klägers mit Mitteln aus ihrem Persönlichen Budget.

5 Das an die Klienten ausgezahlte Persönliche Budget enthielt zumindest teilweise einen für die Budgetassistenz einkalkulierten Betrag. In welcher Höhe die Klienten die Mittel aus ihrem Persönlichen Budget verwendeten, um die vom Kläger in Rechnung gestellten Beträge zu begleichen, hing von der Höhe des für die Budgetassistenz tatsächlich bewilligten Etats und von der persönlichen Einkommens- und Vermögenslage der Klienten ab. Die Klienten (Budgetnehmer) schlossen mit den Leistungsträgern (Budgetgebern) Zielvereinbarungen ab. Die tatsächliche Verwendung des Persönlichen Budgets mussten die Klienten den Budgetgebern anschließend als Nachweis und zur Kontrolle mitteilen. Die Klienten waren verpflichtet, gegenüber den Budgetgebern die tatsächlich angefallenen Kosten durchgehend nachzuweisen. Hierzu erstellte der Kläger regelmäßig Endabrechnungen für seine Klienten, die von ihm unmittelbar an den jeweiligen Budgetgeber versandt wurden. Die Endabrechnungen waren keine Rechnungen im Sinne des § 14 UStG, sondern Abrechnungspapiere, mit denen die laufende Buchhaltung und die Einzelnachweise der angefallenen Kosten übersandt wurden.

6 Die Stadt A bestätigte dem Kläger 2016, dass er für verschiedene Personen, denen durch die Stadt A auf Antrag ein Persönliches Budget bewilligt wurde, Budgetassistenz geleistet habe. In dem Schreiben hieß es weiter: „Sofern der Budgetnehmer (m/w) kostenpflichtige Budgetberatung durch Anbieter in Anspruch nimmt und/oder Kosten für den Verwaltungs- und/oder Regiebedarf bei der Umsetzung des Persönlichen Budgets und den damit verbundenen Maßnahmen anfallen ., sind diese Aufwendungen aus den Geldleistungen des Persönlichen Budgets zu finanzieren (§ 17 Abs. 3 Satz 3 SGB IX). Die jeweils angemessenen Kosten der Budgetassistenz, die sich nach dem Ausmaß und Umfang des Unterstützungsbedarfs und der Unterstützungsleistung im Einzelfall ausrichten, können bei der Bemessung eines Persönlichen Budgets berücksichtigt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Kosten des Gesamtbudgets, hier einschließlich der Kosten für die Budgetassistenz, die zur Deckung eines in einem mit dem Hilfebedürftigen (m/w) in einem Hilfebedarfsfeststellungsverfahren festgestellten zu deckenden Hilfebedarfs und zur Erreichung der erörterten und vereinbarten Eingliederungsziele erforderlich ist, in einem Kostenvergleich zu Leistungsanbietern, mit denen die Stadt . [A] gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII Vergütungsvereinbarungen abgeschlossen hat, nicht übersteigen.“

7 Für einen Teil der Klienten war ein Abgleich der Zielvereinbarungen mit den vom Kläger eingereichten Aufstellungen zum Persönlichen Budget nicht möglich, weil weder die den Kostenträgern übermittelten Aufstellungen noch die Anträge zur Bewilligung des Persönlichen Budgets vorgelegt wurden. Außerdem wurden zumindest teilweise die vom Kläger erstellten Aufstellungen zum Persönlichen Budget vom Budgetgeber gekürzt, ohne dass ersichtlich ist, welche genaue Position gekürzt wurde. Zum Teil wich die Höhe der tatsächlich vom Budgetgeber gezahlten Leistungen von der Zielvereinbarung und von der Antragskalkulation ab, ohne dass der Budgetgeber Rückforderungsansprüche gegenüber dem Kläger geltend machte.

8 Der Kläger wies in seinen Rechnungen an die Klienten keine Umsatzsteuer aus. In seinen Umsatzsteuererklärungen gab der Kläger als Art des Unternehmens „Pflegedienst“ (2012 bis 2013) beziehungsweise „Pflege“ (2014 bis 2015) an und erklärte zum weit überwiegenden Teil steuerfreie Umsätze (§ 4 Nr. 16 bzw. Nr. 14 UStG).

9 Im Jahr 2016 führte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) beim Kläger eine Lohnsteuer-Außenprüfung (Prüfungszeitraum bis ) durch. Die Prüferin stellte dabei unter anderem fest, dass der Kläger die private Kfz-Nutzung von Arbeitnehmern nicht der Umsatzsteuer unterworfen hatte. Mit Änderungsbescheiden vom setzte das FA die Umsatzsteuer für die Jahre 2013 und 2014 entsprechend höher fest; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Gegen diese Änderungsbescheide legte der Kläger Einspruch ein. Ein Antrag des Klägers auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2012 vom , mit dem er die Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen aus Kfz-Leasing-Verträgen begehrte, wurde mit Bescheid vom abgelehnt.

10 Am erließ das FA auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung gestützte Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für die Streitjahre und wendete auf sämtliche Umsätze des Klägers den Regelsteuersatz an, ohne die Umsatzsteuer aus den als steuerfrei erklärten Umsätzen herauszurechnen. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Der Kläger legte auch gegen die Änderungsbescheide Einspruch ein.

11 Mit Einspruchsentscheidung vom setzte das FA die Umsatzsteuer für 2012, 2013, 2014 und 2015 herab. Das FA rechnete aus den bisher als steuerfrei erklärten Umsätzen die Umsatzsteuer heraus beziehungsweise schätzte die Umsatzsteuer für 2015 anhand der eingereichten Gewinn- und Verlustrechnung. Des Weiteren wurden abziehbare Vorsteuerbeträge in geschätzter Höhe steuermindernd berücksichtigt. Das FA führte weiter aus, dass der Einspruch im Übrigen unbegründet sei. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 UStG sei vorliegend nicht anzuwenden. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, seit wann sich die Tätigkeit in erster Linie auf die Organisation und Verwaltung des Persönlichen Budgets erstreckt habe. Darüber hinaus habe der Kläger nicht nachgewiesen, ob und für welche Versorgungsleistungen an Kunden in mindestens 40 % der Fälle (bis ) beziehungsweise in mindestens 25 % der Fälle (ab ) von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe Leistungen erbracht worden seien. Entsprechende Aufzeichnungen seien nicht vorgelegt worden. Der Kläger trage insoweit die Feststellungslast. Soweit im Jahr 2015 Leistungen gemäß § 37 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (häusliche Krankenpflege) erbracht worden seien, habe der Kläger keine Unterlagen oder Erläuterungen vorgelegt. Die weitere Prüfung der Einwendungen gegen die Umsatzsteuerbescheide für 2013 und 2014 (Einsprüche vom ) erübrige sich.

12 Das FG wies die Klage, mit der der Kläger begehrte, die Budgetassistenzleistungen steuerfrei zu belassen und den vom FA gewährten Vorsteuerabzug rückgängig zu machen, ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2023, 1170 veröffentlicht.

13 Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die Erweiterung des Einleitungssatzes des § 4 Nr. 16 UStG im Jahr 2020 sei gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MehrwertsteuersystemrichtlinieMwStSystRL—) bereits in den Streitjahren zu berücksichtigen. Er, der Kläger, erbringe unstreitig eng mit der Betreuung und Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundene Leistungen. Leistungen, die aus dem Persönlichen Budget bestritten werden, seien in die Sozialquote einzubeziehen. Eine andere Auslegung sei verfassungswidrig (Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—), da der Kläger schlechter gestellt werde als zum Beispiel Pflegedienste, deren Leistungen nicht aus dem Persönlichen Budget bestritten werden. Das Persönliche Budget sei eine vom Gesetzgeber gewollte Alternative zu Sachleistungen. Die Leistungen seien daher umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln, um zu vermeiden, dass Menschen mit Behinderungen faktisch dazu gezwungen werden, Sachleistungen in Anspruch zu nehmen. Außerdem dienten die Leistungen des Klägers dem Gemeinwohl. Eine Umsatzsteuerpflicht sei nicht mit § 29 SGB IX in Einklang zu bringen. Die Bemessung des Persönlichen Budgets erfolge nach dem festgestellten Bedarf (§ 29 Abs. 2 Satz 6 SGB IX). Das Persönliche Budget solle nicht die Kosten aller bisher individuell festgestellten Leistungen überschreiten (§ 29 Abs. 2 Satz 7 SGB IX). Würde man Leistungen, die aus dem Persönlichen Budget finanziert werden, höher besteuern als Sachleistungen, könne diese Vorgabe nicht erfüllt werden. Es komme zu einer Mehrbelastung für die Pflegekassen (und gegebenenfalls zu einer Freiheitsbeschränkung der Klienten).

14 Außerdem verstoße die Auslegung des FG gegen Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Selbst wenn die Sozialquote unionsrechtskonform sei, was bezweifelt werde, verstoße die Ausklammerung von Leistungen, die aus dem Persönlichen Budget finanziert werden, gegen Unionsrecht. Nach Art. 4 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) vom , die die Bundesrepublik Deutschland am ratifiziert hat, seien die Vertragsstaaten verpflichtet, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Es seien alle geeigneten Maßnahmen (einschließlich gesetzgeberischer Maßnahmen zur Änderung oder Aufhebung bestehender Gesetze, Verordnungen, Gepflogenheiten und Praktiken) zu treffen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellen, und alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung aufgrund von Behinderung durch Personen, Organisationen oder private Unternehmen zu ergreifen. Soweit das FG angenommen habe, dass der Kläger nicht unmittelbar von der UN-Behindertenrechtskonvention betroffen sei, ändere dies nichts daran, dass die Auslegung des FG unionsrechtswidrig sei.

15 Außerdem weiche die Vorentscheidung vom (BFH/NV 2021, 1158) ab. Danach reiche im Falle der mittelbaren Kostentragung eine explizite Entscheidung der Pflegekasse oder die Möglichkeit zum Abschluss eines Vertrages mit dem Kostenträger aus. Wenn dem Kostenträger der leistende Unternehmer bekannt sei und er in Kenntnis dessen das Persönliche Budget bewillige, sei der dem Kostenträger bekannte leistende Unternehmer vom betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt. Bei zweckwidriger Verwendung der Mittel würden diese zurückgefordert und gegebenenfalls zusätzlich der Budgetnehmer sanktioniert. Überschüsse seien an den Kostenträger zurückzuzahlen.

16 Ergänzend beruft sich der Kläger auf das (EFG 2024, 425). Im Falle der Zuerkennung einer Pflegestufe könne eine Kostentragung durch den Sozialversicherungsträger unterstellt werden.

17 Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass die Budgetassistenzleistungen steuerfrei belassen und die gewährten Vorsteuerbeträge nicht mehr berücksichtigt werden,

hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung zu ersuchen,

weiter hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen.

18 Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe

II.

19 Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FG hat nicht hinreichend beachtet, dass im Falle einer expliziten Entscheidung eine mittelbare Kostentragung für eine Anerkennung ausreichen kann. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.

20 1. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Steuerbefreiung und der Möglichkeit, dass es im Rahmen des Persönlichen Budgets zu einer mittelbaren Anerkennung durch eine explizite Entscheidung der Behörde kommt, verweist der Senat auf sein Urteil vom gleichen Tag - XI R 25/24.

21 2. Entgegen der Auffassung des FG sind danach auch aus dem Persönlichen Budget (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F., nunmehr § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB IX n.F.) bestrittene Leistungen für die Bemessung der Mindestvergütungsquote des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k, l, m oder n UStG zu berücksichtigen, wenn eine explizite Entscheidung auch in Bezug auf die Person des Leistungserbringers durch einen in dieser Vorschrift genannten Träger (zum Beispiel gesetzlicher Träger der Sozialversicherung, Träger der Sozialhilfe, Träger der Eingliederungsbeihilfe nach § 94 SGB IX) vorliegt. Der Senat verweist ergänzend zur Vermeidung von Wiederholungen auch auf das (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.

22 Der Einwand des FA, dass die Wahlfreiheit des Budgetnehmers trotz der Zielvereinbarung fortbestehe, was das Vorliegen einer expliziten Entscheidung ausschließe, erachtet der Senat nicht für durchgreifend. Die Wahlfreiheit des Budgetnehmers ist auch gewahrt, wenn ein Budgetnehmer in einem ersten Schritt den Kläger als gewünschten Leistungserbringer auswählt und der Budgetgeber ihn in einem zweiten Schritt aufgrund der Wahl durch eine explizite Entscheidung als befreite Einrichtung anerkennt.

23 3. Die Sache ist nicht spruchreif.

24 a) Das FG hat —aus seiner Sicht konsequenterweise— nicht festgestellt, ob für eine hinreichende Zahl von Umsätzen, die zum Überschreiten der Sozialquote führt, eine explizite Entscheidung des zuständigen Trägers zur Gewährung eines Persönlichen Budgets vorliegt, die in Kenntnis des Umstands getroffen worden ist, dass der Kläger die im Persönlichen Budget enthaltene Leistung erbringen wird. Aus dem bisher vom FG gegenüber dem Verwaltungsverfahren weiter aufgeklärten Sachverhalt ergibt sich aufgrund des Umstands, dass nur exemplarisch Unterlagen vorgelegt wurden, bisher nur, dass dies teilweise der Fall sein dürfte. Das FG wird dazu unter Mitwirkung des Klägers (§ 76 Abs. 1 Satz 2 FGO) weitere tatsächliche Feststellungen treffen müssen.

25 b) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen erscheint es trotz des Vortrags des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass alle Unterlagen noch vorhanden seien und das Persönliche Budget der Budgetnehmer teilweise sogar direkt an ihn ausgezahlt worden sei, möglich, dass für einen Teil der Umsätze nicht nachweisbar sein könnte, ob eine explizite Entscheidung der in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k oder l UStG a.F. genannten Personen vorliegt. Sollte insoweit eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht mehr möglich sein, geht dies zu Lasten des Klägers, der insoweit die Feststellungs- und Beweislast trägt (vgl. , BFHE 185, 543, BStBl II 1998, 632, unter II.2.; , BFH/NV 2017, 631, Rz 9). Hierbei wird das FG zu beachten haben, dass eine fehlende Kommunikation mit dem jeweiligen Träger dagegen spricht, dass der jeweilige Träger das Persönliche Budget in Kenntnis des Umstands, wer Leistender sein wird, bewilligt hat.

26 c) Der Senat weist, da der Kläger möglicherweise noch andere Umsätze ausgeführt hat, ferner darauf hin, dass sich die vom FG zu ermittelnde Sozialgrenze nicht auf den Gesamtumsatz des Unternehmers, sondern nur auf die in § 4 Nr. 16 UStG bezeichneten Umsätze bezieht (vgl. , BFHE 217, 48, BStBl II 2008, 31, unter II.3.).

27 4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2025:U.300425.XIR1.23.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-99914