„Kompromisse in der Unternehmensbewertung: Brücken bauen in einer komplexen Welt“
Liebe Leserinnen und Leser,
in einer zunehmend komplexen und vielschichtigen Welt sind Kompromisse zu einem unverzichtbaren Instrument geworden. Sie sind das Ergebnis des Dialogs zwischen unterschiedlichen Standpunkten, das Bemühen um Verständigung und die Suche nach Lösungen, die für alle Beteiligten tragbar sind.
Doch wie gelingt es, in schwierigen Situationen einen echten Konsens zu finden, ohne die eigenen Prinzipien aufzugeben?
Ein aktuelles Beispiel aus der Welt der Unternehmensbewertung zeigt, wie schwierig und zugleich notwendig Kompromisse sein können. Der langjährige Streit um die Relevanz von Börsenkursen bei der Ermittlung aktienrechtlicher Ausgleichs- und Abfindungswerte hat in den letzten Jahren für kontroverse Diskussionen gesorgt. Während der Bundesgerichtshof (BGH) seine Rechtsauffassung dahingehend geändert hat, dass Börsenkurse künftig eine größere Bedeutung erhalten, blieb das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) zunächst bei seiner ablehnenden Haltung. Dieser Dissens führte zu Unsicherheiten in der Praxis.
Doch im Mai 2025 folgte eine bemerkenswerte Wende: Mit dem Entwurf IDW ES 17 legt der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) einen pragmatischen Lösungsvorschlag vor, der den Konflikt entschärfen soll.
Prof. Dr. Michael Währisch befasst sich in seinem Beitrag ab mit dem Entwurf des IDW ES 17 und zeigt, wie der neue Standard durch ein praxisnahes Ampelsystem mit sechs Indikatoren die Funktionsfähigkeit des relevanten Kapitalmarkts beurteilt und so graduelle Abstufungen der Markteffizienz ermöglicht. Auf diese Weise wird der Rechtsprechung des BGH Rechnung getragen, ohne die Bewertungsmaßstäbe des IDW aufzugeben.
Dieses Beispiel zeigt, wie Kompromisse in der Praxis aussehen können: Sie sind kein Aufgeben eigener Überzeugungen, sondern vielmehr ein Mittel, um unterschiedliche Perspektiven zu verbinden und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln. Gerade in der Unternehmensbewertung, die stets mit Unsicherheiten und vielfältigen Einflussfaktoren konfrontiert ist, sind solche Ansätze essenziell.
Ich lade Sie ein, in diesem Heft die vielfältigen Facetten des Kompromissfindens zu entdecken!
Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen
Natalie Klimsa
Fundstelle(n):
WP Praxis 9/2025 Seite 277
QAAAJ-98052