Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Entzug des gesetzlichen Richters durch Verletzung der Vorlagepflicht betr § 184b Abs 3 StGB
Gesetze: Art 100 Abs 1 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 103 Abs 2 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 184b Abs 3 StGB vom
Instanzenzug: Bayerisches Oberstes Landesgericht Az: 206 StRR 87/24 Beschlussvorgehend LG Traunstein Az: 3 NBs 310 Js 28256/21 Urteilvorgehend AG Mühldorf Az: 5 Ls 310 Js 28256/21 Urteilvorgehend Az: 2 BvR 618/24 Einstweilige Anordnungvorgehend Az: 2 BvR 618/24 Einstweilige Anordnungvorgehend Az: 2 BvR 618/24 Einstweilige Anordnung
Gründe
I.
1Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten wegen des Besitzes kinderpornographischer Inhalte. Mittelbar greift der Beschwerdeführer zudem die Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Strafnorm des § 184b Abs. 3 StGB an. § 184b Abs. 3 StGB wurde in den vergangenen Jahren mehrfach geändert und hatte folgende Fassungen:
§ 184b Abs. 3 StGB in der bis geltenden Fassung (im Folgenden a.F.):
(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen, oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
§ 184b Abs. 3 StGB in der vom bis geltenden Fassung (im Folgenden: hier angewandte Fassung):
(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
§ 184b Abs. 3 StGB in der ab geltenden Fassung (im Folgenden: n.F.):
(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
2Die deutliche Verschärfung des Strafrahmens des § 184b Abs. 3 StGB a.F., die mit der Änderung im Jahr 2021 einherging, sollte unter anderem berücksichtigen, dass der Täter, der kinderpornographische Inhalte besitze oder sich einen solchen Besitz verschaffe, durch seine Nachfrage den Markt für Kinderpornographie befeuere und sich damit an dem Missbrauch kindlicher Opfer letztlich mitschuldig mache (vgl. BTDrucks 19/23707, S. 41). Mit der Änderung des § 184b Abs. 3 StGB im Jahr 2024 wurde die Strafrahmenuntergrenze herabgesetzt. Dem lag der Gedanke zugrunde, dass es Fallgruppen gebe, in denen der Unrechtsgehalt geringer ausgeprägt sei als im Regelfall, sodass eine Einstellung des Strafverfahrens sinnvoll erscheine. Gedacht wurde etwa an Eltern oder Lehrkräfte, die im Fall von unbedarft handelnden Minderjährigen auf Gefahren oder Fehlentwicklungen hinwiesen (vgl. BTDrucks 20/10540, S. 1 f.).
3Im vorliegenden Verfahren kam die Fassung zur Anwendung, die vom bis zum galt (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren).
41. Mit hier angegriffenem Urteil vom verurteilte das Amtsgericht Mühldorf am Inn den Beschwerdeführer wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe setzte das Amtsgericht nicht zur Bewährung aus, da dem Beschwerdeführer im Hinblick auf eine einschlägige Vorstrafe eine günstige Legalprognose nicht mehr habe gestellt werden können.
52. Mit hier angegriffenem Urteil vom verwarf das Landgericht Traunstein die Berufung des Beschwerdeführers und verurteilte ihn auf die Berufung der Staatsanwaltschaft zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten.
6Die Strafkammer stellte fest, dass am morgens die Wohnräume des Beschwerdeführers durchsucht und dabei unter anderem sein Mobiltelefon und ein in seinem Eigentum stehender USB-Stick sichergestellt worden waren. Auf den Geräten hätten sich, wie der Angeklagte gewusst habe, insgesamt sechs Bilddateien mit kinderpornographischem Inhalt befunden. Wie der Angeklagte aufgrund der Physiognomie der abgebildeten Kinder erkannt habe oder wovon er ausgegangen sei, hatten die abgebildeten Kinder noch nicht das 14. Lebensjahr erreicht.
7Die Kammer traf zudem Feststellungen zu dem jeweiligen Medium, auf dem die einzelnen Bilder gefunden worden seien, zum letzten Zugriff (soweit bekannt) sowie hinsichtlich des USB-Sticks zum Dateienpfad. Sie beschrieb die sechs Bilder anhand der jeweiligen Extraktionsberichte.Nach den Urteilsgründen zeigten die Bilderein etwa fünfjähriges Mädchen nur mit Unterhose bekleidet, seitlich auf einem Bett liegend und die Beine aufgespreizt, ein etwa fünfjähriges Mädchen, nur mit Unterhose bekleidet, auf einem Bett sitzend, Beine angewinkelt und weit gespreizt, ein etwa zehnjähriges Mädchen, nur mit Bikinihose bekleidet, auf einem Handtuch liegend, Beine aufgespreizt, Fokus auf Genitale gerichtet, ein etwa siebenjähriges Mädchen im Gymnastikanzug, Beine stark aufgespreizt, ein etwa zehnjähriges Mädchen im Ballettkleid, stehend, den Rock nach oben angehoben sowie ein etwa zehnjähriges Mädchen, in roter Unterwäsche und Absatzschuhen, auf dem Boden sitzend mit gespreizten Beinen, Fokus auf Genitale.
8Auf der Grundlage dieser Feststellungen befand auch das Landgericht den Beschwerdeführer des Besitzes kinderpornographischer Inhalte für schuldig und legte seiner Strafzumessung den damals geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 3 StGB in der hier angewandten Fassung (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren) zugrunde. Zugunsten des Beschwerdeführers berücksichtigte es sein Geständnis sowie, dass sich die Bilder als Posingbilder im unteren Bereich der Strafbarkeit befänden. Es seien aber mehrere Bilder gefunden worden, auf denen teils sehr junge Kinder abgebildet gewesen seien. Ins Gewicht falle auch, dass der Beschwerdeführer bereits wegen einer gleichartigen Tat verurteilt worden sei. Es könne daher nicht bei der vom Amtsgericht verhängten Mindeststrafe bleiben. Tat- und schuldangemessen sei eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Die Kammer schloss ihre Ausführungen zur Strafzumessung mit folgender Anmerkung: "Die derzeitige Diskussion über das Erfordernis einer Anpassung des Strafrahmens des § 184 b StGB für besondere Fallkonstellationen (vgl. hierzu: Bundesministerium der Justiz: Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches - Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte, Stand ) führt vorliegend nicht zu einer anderen Bewertung."
9Für eine Strafaussetzung zur Bewährung sah die Kammer bereits mangels einer günstigen Legal- und Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB keinen Raum. Sie stützte dies im Wesentlichen auf die frühere Verurteilung wegen einer einschlägigen Tat zu einer Bewährungsstrafe, die den Beschwerdeführer offenbar nicht nachhaltig beeindruckt habe, und auf seine fehlende Anstrengung trotz einer entsprechenden Bewährungsauflage, sein früheres Fehlverhalten zu bearbeiten. Engmaschige Kontrolle durch seine Ehefrau und kein neuerliches Fehlverhalten führten nicht zu einer anderen Einschätzung der Kammer.
103. a) Der Beschwerdeführer legte über seinen Verteidiger fristgemäß Revision ein und beantragte, das Urteil des Landgerichts mitsamt den zugehörigen Feststellungen aufzuheben sowie die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Es bestünden bereits erhebliche Bedenken, dass die streitgegenständlichen Bilder den Tatbestand erfüllt hätten. Jedenfalls aber erweise sich die verhängte Strafe als nicht tat- und schuldangemessen. Neben anderen Mängeln der Strafzumessung berief sich der Beschwerdeführer insbesondere darauf, dass die Überschreitung der noch geltenden Mindeststrafe (eine Absenkung sei bereits absehbar) um sieben Monate keinesfalls angemessen sei, wenn man die Art der Darstellungen bedenke. Zudem sei die Prognose im Rahmen der ablehnenden Bewährungsentscheidung fehlerhaft.
11b) Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragte in ihrer Stellungnahme vom , die Revision als unbegründet zu verwerfen. Gemessen an revisionsrechtlichen Maßstäben halte die Strafzumessung rechtlicher Nachprüfung stand.Das Landgericht habe insbesondere die anzustellende Gesamtabwägung aller für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Umstände vorgenommen und die bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkte erörtert.
12Die Generalstaatsanwaltschaft verwies zudem auf einen "Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches […], Stand " der Bundesregierung und führte insoweit aus, dass die Tat des Beschwerdeführers auch nach einer Herabsetzung der Mindeststrafe von einem Jahr auf sechs Monate nicht in einem milderen Licht erscheinen würde. Hintergrund für die geplante Gesetzesänderung sei, dass die Verhältnismäßigkeit der Mindeststrafe dann fraglich sei, wenn die beschuldigte Person offensichtlich nicht aus einem eigenen sexuellen Interesse an kinderpornographischen Inhalten gehandelt habe, wie dies beispielsweise bei Eltern oder Lehrkräften der Fall sei, wenn diese auf einen Missstand aufmerksam machen wollten. Zudem solle die Gesetzesänderung den Umgang mit zum Teil aus Unbedarftheit handelnden jugendlichen Tätern flexibler gestalten. Beide Alternativen seien hier offensichtlich nicht gegeben, zumal sich die hier verhängte Strafe auch nicht am untersten Rand der Mindeststrafe bewege, sodass ausgeschlossen werden könne, dass das Landgericht bei Absenkung der Mindeststrafe auf eine mildere Strafe erkannt hätte, zumal es die geplante Gesetzesänderung im Blick gehabt habe.
13c) In seiner Gegenerklärung vom wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen seinen Revisionsvortrag.
144. Mit angegriffenem Beschluss vom verwarf das Bayerische Oberste Landesgericht die Revision als unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils habe keine Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers ergeben. Zur Begründung verwies es zunächst auf die zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft, die auch durch die weiteren Ausführungen der Revision in der Gegenerklärung nicht entkräftet werde. Sodann heißt es in dem Beschluss (zu § 184b Abs. 3 StGB in der hier angewandten Fassung, bezeichnet als § 184b Abs. 3 n.F.):
Allerdings ist § 184b Abs. 3 Alt. 3 n.F. StGB auch nach Überzeugung des Senates mit der für den Besitz kinderpornographischer Inhalte angedrohten Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr ohne Vorsehung eines minder schweren Falls mit dem aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleiteten Schuldgrundsatz (Übermaßverbot) unvereinbar und somit verfassungswidrig (vgl. im Einzelnen AG Buchen, Vorlagebeschluss vom , 1 Ls 1 Js 6298/21, zitiert nach juris, dort Rdn. 48ff.; Senatsurteil vom , 207 StRR 20/24, n. v.). Die damit an sich gebotene Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG ist im vorliegenden Fall jedoch nicht veranlasst, weil es auf die Gültigkeit der vorgenannten Norm bei der Entscheidung des Senates über die Revision im Ergebnis nicht ankommt. Angesichts der insgesamt nachvollziehbaren Strafzumessungsgründe, insbesondere der einschlägigen Vorstrafe des Angeklagten, kann der Senat ausnahmsweise ausschließen, dass die Kammer bei Zugrundelegung einer geringeren Mindeststrafe eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte (vgl. auch UA S. 5). Die Entscheidung des Senats würde in Tenor und Gründen bei Ungültigkeit der Norm demnach nicht anders ausfallen als bei ihrer Gültigkeit (vgl. Dederer in: von Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, 102. EL, Art. 100 Rdn. 155ff.).
155. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom teilte der Beschwerdeführer, der zwischenzeitlich Verfassungsbeschwerde erhoben hatte, mit, dass er zum Haftantritt bis spätestens geladen worden sei. Die Vollstreckung der mit der Revisionsverwerfung rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe wurde durch einstweilige Anordnung der Kammer vom , verlängert durch Beschlüsse vom und vom , ausgesetzt.
II.
161. Mit seiner fristgemäß eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Urteile des Amtsgerichts Mühlheim am Inn, des Landgerichts Traunstein sowie gegen den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts und mittelbar gegen § 184b Abs. 3 StGB, soweit dieser für den Besitz kinderpornographischer Schriften in jedem Falle eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der Annahme eines minder schweren Falls vorsehe. Er rügt eine Verletzung des Übermaßverbots, des Art. 2 Abs. 2 Satz 2, des Art. 103 Abs. 2 GG, des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) und des Begründungsgebots und beantragt Anordnung der Auslagenerstattung.
17Im Kern macht er Folgendes geltend: Seine Verurteilung beruhe auf einer verfassungswidrigen Norm, da § 184b Abs. 3 StGB in der von den Fachgerichten angewandten Fassung gegen das Übermaßverbot verstoße. Die Fachgerichte hätten die Erfüllung des Tatbestandes des § 184b Abs. 3 StGB vorschnell und ohne Bewusstsein für die verfassungsrechtliche Tragweite ihrer Entscheidung angenommen, sodass das Grundrecht des Beschwerdeführers auf persönliche Freiheit und der Grundsatz "keine Strafe ohne Gesetz" verletzt seien.
182. Zudem bringt er vor, dass das Bayerische Oberste Landesgericht durch das Unterlassen einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt habe. Nach seinen eigenen Worten sei es von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt gewesen. Es hätte daher eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeiführen müssen, da es auf die Verfassungswidrigkeit der Norm angekommen sei. Auch bei identischem Tenor des Strafurteils mache es einen Unterschied, ob der Beschwerdeführer wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens verurteilt werde. Zudem habe das Bayerische Oberste Landesgericht keine eigene Strafzumessungsentscheidung treffen dürfen. Es habe unterstellt, wie das Landgericht entschieden haben würde, hätte es den alten Strafrahmen angewandt und damit "unter einem hypothetischen Gesetz eine Strafzumessung betrieben". Das Landgericht wäre ohne Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG gehindert gewesen, eine solche Strafzumessungsentscheidung zu treffen. Denn ein Instanzgericht könne ein Gesetz nicht einfach wegen Verfassungswidrigkeit ignorieren und stattdessen eine hypothetische alternative Rechtslage heranziehen.
III.
191. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat von einer Stellungnahme abgesehen. Der Generalbundesanwalt hat mit Schreiben vom Stellung genommen und hält die Verfassungsbeschwerde weitgehend für zulässig, aber unbegründet.
20a) Hinsichtlich der angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts und des Bayerischen Obersten Landesgerichts bestehe insbesondere das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers ungeachtet der mittlerweile erfolgten Herabsetzung der Mindeststrafe gemäß § 184b Abs. 3 StGB fort. Seine Verurteilung auf der Grundlage des § 184b Abs. 3 StGB in der Fassung vom sei rechtskräftig. Eine Regelung hinsichtlich bereits rechtskräftig Verurteilter habe der Gesetzgeber im Gesetz zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches - Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte vom (BGBl 2024 I Nr. 213) nicht getroffen. Der Beschwerdeführer sei mithin weiterhin beschwert.
21b) Die Verfassungsbeschwerde sei aber unbegründet. Dies gilt nach Auffassung des Generalbundesanwalts auch, soweit der Beschwerdeführer sich darauf berufe, in seinem grundrechtsgleichen Recht auf den gesetzlichen Richter dadurch verletzt worden zu sein, dass das Bayerische Oberste Landesgericht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Wege der konkreten Normenkontrolle nicht herbeigeführt hat.
22Nach den zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 100 Abs. 1 GG entwickelten Maßstäben habe das Bayerische Oberste Landesgericht mangels Entscheidungserheblichkeit zu Recht von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht abgesehen. Es habe angenommen, dass es auch im vorliegenden Fall auf den Tenor der Entscheidung ankomme und es sich nicht auswirke, dass einzelne nachrangige Wirkungen der Entscheidung trotz identischen Tenors unterschiedlich ausfielen.
23Das Bayerische Oberste Landesgericht habe auch keine eigene Strafmaßentscheidung gemäß § 354 Abs. 1a StPO getroffen. Es habe die Strafzumessungsentscheidung des Landgerichts nachvollzogen und lediglich gemäß § 337 Abs. 1 StPO ausgeschlossen, dass das Landgericht ohne die Geltung der in § 184b Abs. 3 StGB in der Fassung vom enthaltenen Strafuntergrenze eine andere Rechtsfolge verhängt hätte. Diese Annahme sei trotz des grundsätzlich erheblichen Einflusses auch der Strafuntergrenze auf die Bestimmung des Strafmaßes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Aufrechterhaltung der ausgeurteilten Strafe durch das Revisionsgericht sei selbst bei einer Änderung der rechtlichen Bewertung erlaubt, wenn anzunehmen sei, dass der Tatrichter auf diese Strafe erkannt hätte. Die Ausführungen des Landgerichts würden deutlich zeigen, dass es eine Absenkung der Mindeststrafe nur für die Ausnahmefälle, wie sie in dem von ihm in Bezug genommenen Gesetzentwurf genannt worden seien, für relevant gehalten habe. Eine Auswirkung auf die Strafzumessung hinsichtlich anderer Fälle − wie dem des Beschwerdeführers − habe das Landgericht ausdrücklich ausgeschlossen. Auf dieser Grundlage sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bayerische Oberste Landesgericht ein Beruhen des landgerichtlichen Urteils auf der von ihm für verfassungswidrig gehaltenen Strafrahmenuntergrenze ausgeschlossen und deshalb mangels Entscheidungserheblichkeit von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht abgesehen habe.
242. Der Beschwerdeführer hat auf die Stellungnahme des Generalbundesanwalts erwidert.
253. Die Akten des Ausgangsverfahrens (2 Bände) haben der Kammer vorgelegen.
IV.
26Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom wendet, nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b, § 93b Satz 1 BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt.
27Danach ist die Verfassungsbeschwerde insoweit zulässig und offensichtlich begründet. Im Übrigen wird sie nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist.
281. Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde soweit sie sich gegen das Urteil des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom und gegen die Verurteilung durch das Landgericht Traunstein vom wendet. Soweit der Beschwerdeführer die amtsgerichtliche Entscheidung angreift, ist diese durch das Berufungsurteil prozessual überholt (vgl. BVerfGK 10, 134 <138>; 13, 231 <233>). Die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein genügt den Begründungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG weder im Hinblick auf die Rechtsgrundlage noch im Hinblick auf die Rechtsanwendung in den angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen. Einen Verfassungsverstoß zeigt der Beschwerdeführer nicht auf.
292. Zulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit der Beschwerdeführer sich gegen den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom wendet und eine Verletzung der Vorlagepflicht und damit seines Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) geltend macht. Insoweit wurde die Verfassungsbeschwerde fristgemäß erhoben und stützt sich auch auf die zur Bewertung des Falles erforderlichen Unterlagen. Der Beschwerdeführer hat insbesondere dargelegt, dass das Bayerische Oberste Landesgericht von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt war (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1765/09 -, Rn. 39) und sich mit der Entscheidungserheblichkeit der Gültigkeit der Norm auseinandergesetzt hat. Er hat damit die Möglichkeit aufgezeigt, durch die angegriffene Entscheidung in einem verfassungsbeschwerdefähigen Recht verletzt zu sein (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>; 125, 39 <73>).
30a) Dem steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer zunächst wohl selbst davon ausging, § 184b Abs. 3 StGB in der hier angewandten Fassung sei verfassungsgemäß (vgl. BVerfGE 138, 64 <85 Rn. 63>). Ein Beschwerdeführer kann vielmehr in zulässiger Weise allein eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) dadurch rügen, dass sich das Revisionsgericht auf der Grundlage seiner eigenen Überzeugung von der ansonsten gegebenen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht unter Missachtung des Art. 100 Abs. 1 GG durch eine fehlerhafte verfassungskonforme Auslegung entzogen hat (vgl. BVerfGE 138, 64 <85 Rn. 62>) oder - wie hier - durch eine fehlerhafte Annahme mangelnder Entscheidungserheblichkeit.
31b) Die Beschwer ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Gesetzgeber § 184b Abs. 3 StGB hinsichtlich der Rechtsfolge inzwischen geändert hat, denn die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers auf der Grundlage des § 184b Abs. 3 StGB in der hier angewandten Fassung und damit die Möglichkeit der Rechtsverletzung bestehen fort.
323. Soweit sie zulässig ist, ist die Verfassungsbeschwerde auch begründet. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat das Recht des Beschwerdeführers auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt, indem es trotz seiner Überzeugung davon, dass die Vorschrift des § 184b Abs. 3 StGB in der hier angewandten Fassung verfassungswidrig ist, eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht aus nicht nachvollziehbaren Gründen unterlassen hat.
33a) Der Schutzbereich der Gewährleistung des gesetzlichen Richters kann auch dann betroffen sein, wenn ein Fachgericht seiner Verpflichtung zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht entgegen Art. 100 Abs. 1 GG nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfGE 117, 330 <356>; 138, 64 <86 Rn. 66>).
34aa) Das Verfassungsgebot des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf, dient der Sicherung der Rechtsstaatlichkeit im gerichtlichen Verfahren schlechthin. Er gibt nicht nur den einzelnen Rechtsuchenden ein subjektives Recht, sondern enthält auch objektives Verfassungsrecht (vgl. BVerfGE 40, 356 <360 f.>). Es müssen daher von Verfassungs wegen allgemeine Regelungen darüber bestehen, welches Gericht, welcher Spruchkörper und welche Richter zur Entscheidung des Einzelfalls berufen sind. An diese Regelungen sind die Gerichte durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gebunden (vgl. BVerfGE 138, 64 <86 Rn. 67>). Sie dürfen sich nicht über sie hinwegsetzen, sondern haben von sich aus über deren Einhaltung zu wachen (vgl. BVerfGE 40, 356 <361>; 138, 64 <86 Rn. 67>).
35Zu den Rechtssätzen, die den zur Entscheidung berufenen Richter bestimmen, zählen auch Vorschriften, die ein Gericht zur Vorlage einer Sache an ein anderes Gericht verpflichten (vgl. BVerfGE 13, 132 <143>; 73, 339 <367>). Dabei können sich Vorlagepflichten nicht nur aus Regelungen des einfachen Gesetzesrechts ergeben, sondern erst recht auch aus verfassungsrechtlichen Bestimmungen wie der hier einschlägigen Vorlagepflicht im Fall der konkreten Normenkontrolle durch das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 117, 330 <356>; 138, 64 <87 Rn. 68>).
36bb) Für die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wegen unterlassener Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG reicht aber nicht jede irrtümliche Überschreitung der den Fachgerichten gezogenen Grenzen aus (vgl. BVerfGE 87, 282 <284 f.> m.w.N.; 126, 286 <315>). Durch einen schlichten error in procedendo wird niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen (vgl. BVerfGE 3, 359 <365>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des 2. Senats vom - 2 BvR 107/21 -, Rn. 21). Ob die Maßnahme oder Entscheidung eines Gerichts auf Willkür beruht, lässt sich nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls feststellen (vgl. BVerfGE 29, 45 <49>).
37Eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters kommt danach in Betracht, wenn das Fachgericht Bedeutung und Tragweite der Gewährleistungen aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; 87, 282 <284 f.>; 131, 268 <312>; zu Zuständigkeitsnormen vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1440/23 -, Rn. 40) oder wenn die - fehlerhafte - Auslegung und Anwendung einfachen Rechts willkürlich ist (vgl. BVerfGE 3, 359 <364 f.>; 87, 282 <284 f.>; stRspr), also bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheint (vgl. BVerfGE 19, 38 <43>; 29, 45 <49>; 58, 1 <45>; 82, 286 <299>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 890/20 -, Rn. 15). Ferner hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Fachgericht die Garantie des gesetzlichen Richters insbesondere dann verletzt, wenn es die Vorlage einer Norm, von deren Verfassungswidrigkeit es ansonsten überzeugt wäre, unterlässt, weil es in nicht vertretbarer Weise die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung des betreffenden Gesetzes annimmt (vgl. BVerfGE 138, 64 <88 Rn. 71>).
38cc) Bei der Beurteilung, ob der Entzug des gesetzlichen Richters auf einer Verletzung der Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG beruht, kann daher zwar nicht schon jeder Fehler des Fachgerichts bei der Anwendung einer Zuständigkeitsnorm die Annahme eines Verfassungsverstoßes rechtfertigen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es bei Art. 100 Abs. 1 GG um die Beachtung einer Vorlageverpflichtung geht, die nicht nur − wie sonst üblich − aus dem einfachen Gesetzesrecht folgt, sondern die im Rang einer Verfassungsnorm steht. Zudem entscheidet die Beachtung der Vorlagepflicht über den Zugang zur verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle. Dies verlangt nach einer strengeren verfassungsrechtlichen Prüfung im Vergleich zu Fällen, in denen lediglich einfachrechtliche Verpflichtungen zur Vorlage an ein anderes Gericht bestehen; es bleibt hier deutlich weniger Raum für die Annahme eines bloßen Rechtsirrtums ohne verfassungsrechtliche Relevanz (vgl. BVerfGE 138, 64 <90 Rn. 77> m.w.N.; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1440/23 -, Rn. 40). Die Bedeutung der mit der Vorlageverpflichtung verfolgten Verfassungsziele rechtfertigt es, bei Verletzung einer unmittelbar dem Schutz dieser Grundsätze dienenden verfassungsrechtlichen Verfahrensvorschrift wie Art. 100 Abs. 1 GG im Regelfall nicht von einem bloßen Rechtsanwendungsfehler, sondern von einem Entzug des gesetzlichen Richters auszugehen. Ein besonders schwerer Fehler des Fachgerichts muss nicht vorliegen. Entscheidend ist, ob die Rechtsanwendung im konkreten Fall sachlich vertretbar ist (vgl. BVerfGE 138, 64 <91 Rn. 79>).
39b) Nach diesen Maßstäben hat das Bayerische Oberste Landesgericht die Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Denn das für die Revisionsentscheidung zuständige Gericht war von der Verfassungswidrigkeit der der Verurteilung des Beschwerdeführers zugrunde liegenden Norm überzeugt (aa).Durch die Annahme, die Gültigkeit der Norm sei im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich, hat es die Grenzen der vertretbaren Rechtsanwendung mit der Folge überschritten, dass der Beschwerdeführer entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG seinem gesetzlichen Richter entzogen wurde(bb).
40aa) Das Revisionsgericht hatte die Überzeugung der Verfassungswidrigkeit der Norm gewonnen. In dem angegriffenen Beschluss führt das Bayerische Oberste Landesgericht insoweit aus, dass § 184b Abs. 3 StGB in der hier angewandten Fassung nach Überzeugung des Senats mit der für den Besitz kinderpornographischer Inhalte angedrohten Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr ohne Vorsehung eines minder schweren Falls mit dem Schuldgrundsatz (Übermaßverbot) unvereinbar und somit verfassungswidrig sei.Ob diese Überzeugung zutreffend ist, muss für die Prüfung einer Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG dahinstehen. Nicht nur für die Zulässigkeit einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (vgl. dazu BVerfGE 68, 337 <343>; 135, 1 <10 f. Rn. 28>), sondern auch für das Entstehen der Verpflichtung, ein Gesetz zum Verfahren der konkreten Normenkontrolle dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, ist im Grundsatz auf die Überzeugung des Fachgerichts von der Verfassungswidrigkeit dieses Gesetzes abzustellen. Dies folgt aus der Vorgabe, dass sich jedes Fachgericht zunächst eine eigene Überzeugung von der Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit einer Norm zu bilden hat (vgl. BVerfGE 138, 64 <93 Rn. 84> m.w.N.).
41bb) Die Annahme des Bayerischen Obersten Landesgerichts, auf die Gültigkeit der Norm käme es im konkreten Fall nicht an, sodass trotz seiner Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG nicht veranlasst sei, überschreitet die Grenzen der vertretbaren Rechtsanwendung.Das Bayerische Oberste Landesgericht stützt diese Annahme (nur) darauf, dass angesichts der insgesamt nachvollziehbaren Strafzumessungsgründe auszuschließen sei, dass die Berufungskammer bei Zugrundelegung einer niedrigeren Mindeststrafe eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte.Auch unter Berücksichtigung der einfach-rechtlich rechtsfehlerfreien Strafzumessung durch die Berufungskammer (1), lässt sich damit nicht die fehlende Entscheidungserheblichkeit der Gültigkeit der Norm begründen. Vielmehr hat das Revisionsgericht, indem es mit derart knapper Begründung das Beruhen des landgerichtlichen Urteils auf dem von ihm für verfassungswidrig gehaltenen unteren Strafrahmen ausschloss, sich von den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Strafzumessung entfernt. Es hat die Entscheidungserheblichkeit der Gültigkeit des § 184b Abs. 3 StGB in der hier angewandten Fassung in nicht vertretbarer Weise verneint (2).
42(1) Weder die Generalstaatsanwaltschaft noch das Revisionsgericht haben die Strafzumessung der Berufungskammer beanstandet. Das Landgericht Traunstein hat den Beschwerdeführer im Berufungsverfahren wegen des Besitzes kinderpornographischer Inhalte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt. Nachdem die Abbildungen der Kinder nach Auffassung der Berufungskammer die Voraussetzungen des Tatbestandes des § 184b Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz b) StGB erfüllten, hat sie den Strafrahmen §§ 184b Abs. 1 Nr. 1 b, Abs. 3 StGB entnommen und - wie sich dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München entnehmen lässt - innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens, der von einem Jahr bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reichte, die Strafe unter Einbeziehung der wesentlichen Strafzumessungserwägungen gefunden. Der Senat hat sich diese Auffassung zu Eigen gemacht.
43(2) Die Annahme, ein Beruhen des landgerichtlichen Urteils auf der vom Senat für verfassungswidrig gehaltenen Strafrahmenuntergrenze ausschließen zu können und so zur mangelnden Entscheidungserheblichkeit der Gültigkeit der Norm zu kommen, ist nicht nachvollziehbar. Der gesetzliche Strafrahmen ist Ausgangspunkt der Strafzumessungsentscheidung (a). Diesem Grundsatz wird das Bayerische Oberste Landesgericht nicht gerecht (b).
44(a) Für Straftatbestand und Strafandrohung gilt jeweils das in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltene Gebot der Gesetzesbestimmtheit, wobei die Strafandrohung für die Charakterisierung, Bewertung und Auslegung des Straftatbestandes von entscheidender Bedeutung ist (vgl. BVerfGE 25, 269 <285 f.>). Der gesetzlich bestimmte herkömmliche Strafrahmen vermittelt einen verbindlichen Eindruck des Unwertgehalts, den der Gesetzgeber mit einem unter Strafe gestellten Verhalten verbunden hat. Er gibt dem Richter eine normative Orientierung und definiert überdies den abgegrenzten Bereich, aus dem dieser mit Blick auf die konkrete Tat und den in ihr zum Ausdruck gekommenen individuellen Unrechts- und Schuldgehalt unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungskriterien nach § 46 StGB die konkrete Strafe entnehmen kann (vgl. BVerfGE 105, 135 <164>).
45Diesen Maßstäben entsprechend ist der gesetzlich vorgegebene Strafrahmen Ausgangspunkt jeder Strafzumessungsentscheidung (vgl. BVerfGK 18, 222 <237>). Uferlose Strafrahmen würden die Gefahr bergen, das normative Verhältnis zwischen Unrecht und Schuld einerseits und Sanktion andererseits im Unklaren zu belassen und die Bestimmung der konkreten Strafe zu einem unberechenbaren Akt richterlicher Entscheidung zu machen (vgl. BVerfGE 105, 135 <156>).Bestimmtheitsgrundsatz und Schuldprinzip gebieten es, dass sich der Gesetzgeber bei den Strafandrohungen in den einzelnen Straftatbeständen des Besonderen Teils auf Strafrahmen festlegt, denen sich grundsätzlich das Mindestmaß einer Strafe ebenso wie die Sanktionsobergrenze entnehmen lassen(vgl. BVerfGE 105, 135 <156>; Maier, in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl. 2020, § 46 Rn. 23). Der gesetzliche Strafrahmen gibt damit eine generelle Vorbewertung des für den einzelnen Tatbestand typischen Handlungsunrechts durch den Gesetzgeber, an die der Richter gebunden ist und an der er sich zu orientieren hat (vgl. BVerfGE 105, 135 <164>).
46(b) Diesen Grundsätzen wird der angegriffene Beschluss nicht gerecht.Das Bayerische Oberste Landesgericht war davon überzeugt, dass der gesetzlich bestimmte Strafrahmen, den die Berufungskammer zur Anwendung brachte, verfassungswidrig sei. Damit, die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ohne eingehende Begründung mangels Entscheidungserheblichkeit für entbehrlich zu halten, entfernt sich das Bayerische Oberste Landesgericht von dem Grundsatz, dass der gesetzlich vorgegebene Strafrahmen als Orientierungsrahmen für die richterliche Abwägung nach Tatunrecht und Schuldmaß dient.Diese Orientierungsfunktion schließt zwar nicht zwingend von vornherein aus, dass ein Tatgericht auch bei unterschiedlichen Strafrahmen in einem zweiten Schritt der Strafzumessung, bei dem eine erneute Gesamtbewertung aller strafzumessungserheblichen Umstände stattfindet, dazu kommt, dieselbe Strafe zu verhängen. Vorliegend geht es jedoch nicht um eine Strafzumessungsentscheidung des Tatgerichts. Gegenstand des angegriffenen Beschlusses ist die Überprüfung dieser Entscheidung durch das Revisionsgericht. Dieses hatte eine eigene Sachentscheidung nach § 354 Abs. 1a StPO mit der Möglichkeit, trotz Vorliegens eines Rechtsfehlers von der Aufhebung der angemessenen Rechtsfolgenentscheidung abzusehen, nicht zu treffen. Es hatte keinen Rechtsfehler des Berufungsurteils zu beanstanden, sondern war von der Verfassungswidrigkeit der der Verurteilung zugrunde liegenden Norm überzeugt. Wie der Senat in diesem Fall ausschließen konnte, dass die Einordnung der konkreten Tat in einen Strafrahmen mit einer anderen Untergrenze durch das Tatgericht − hier durch die Berufungskammer − nicht zu einer anderen Entscheidung führen würde, ist nicht nachvollziehbar. Es ergibt sich auch nicht aus den Gründen des angegriffenen Beschlusses.
47Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Ausführungen lediglich als alternative Erwägungen eines Fachgerichts zwischen der Verfassungswidrigkeit und der Gültigkeit eines Gesetzes zu verstehen sein könnten, welche nicht schlechthin die Vorlagepflicht auslösen würden (vgl. BVerfGE 47, 146 <165>; 63, 1 <24>). Denn das Bayerische Oberste Landesgericht war von der Verfassungswidrigkeit überzeugt. Es hat nur zum Ausdruck gebracht, dass es das Berufungsurteil trotz Verfassungswidrigkeit der dem Urteil zugrunde liegenden Strafnorm für rechtsfehlerfrei hält. Mit der Möglichkeit, dass das Landgericht auf der Grundlage einer gültigen Norm entschieden haben könnte, hat es sich nicht auseinandergesetzt.
48Ebenso wenig ergibt sich aus der ergänzenden Bemerkung des Senats in dem angegriffenen Beschluss, dass (nur) aufgezeigt werden sollte, dass sich eine Verfassungswidrigkeit des § 184b Abs. 3 StGB in der hier angewandten Fassung auf den Fall des Beschwerdeführers nicht auswirke, weil die angedrohte Mindeststrafe in diesem nicht von vornherein gegen das Übermaßverbot verstoße. Zwar verweist der Generalbundesanwalt zurecht darauf, dass dem Revisionsgericht auch bei einer Änderung der rechtlichen Bewertung die Aufrechterhaltung der ausgeurteilten Strafe unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt sei. Zudem kann die Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 GG davon abhängen, dass das vorlegende Gericht darstellt, warum der Tatbestand einer Norm schuldhaft erfüllt ist, warum eine Sanktion überhaupt für geboten erachtet wird und weshalb eine Sanktion unterhalb des Rahmens angemessen ist (vgl. BVerfGE 35, 303 <306>). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass das Bayerische Oberste Landesgericht lediglich in den Blick genommen hätte, dass die vom Landgericht bei seiner Strafzumessung ausdrücklich bedachte, geplante Herabsetzung der Mindeststrafe im Bereich des § 184b StGB nur die schuldangemessene Behandlung von Ausnahmefällen bezweckt habe und nicht den Beschwerdeführer betreffe. Zum einen nimmt das landgerichtliche Urteil insoweit nur auf einen Entwurf Bezug, ohne dazu weiter auszuführen. Zum anderen hätte für diese Überlegungen − dies zeigt das landgerichtliche Urteil − nicht die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift erörtert werden müssen; zumal weder die Berufungskammer noch der Revisionsführer oder die Generalstaatsanwaltschaft in ihren jeweiligen Stellungnahmen im Revisionsverfahren die Gültigkeit der Norm in Zweifel gezogen hatte.
49Darüber hinaus ist anhand der Ausführungen des Senats nicht erkennbar, auf welche "geringere Mindeststrafe", mithin auf welchen unteren Strafrahmen, sich die Erwägungen des Senats beziehen. Aus dem angegriffenen Beschluss ergibt sich nicht, dass das Revisionsgericht davon ausgegangen wäre, bei Verfassungswidrigkeit des § 184b Abs. 3 StGB in der hier angewandten Fassung käme der Strafrahmen des § 184b Abs. 3 StGB a.F. (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren) zur Anwendung. Ebenso wenig lässt sich der Anmerkung des Senats ein anderer konkreter Strafrahmen entnehmen. Das Berufungsurteil hatte auf einen Entwurf Bezug genommen, mit dem der untere Strafrahmen des § 184b Abs. 3 StGB auf eine Freiheitsstrafe von drei Monaten angepasst werden sollte. Die Generalstaatsanwaltschaft führte aus, dass die Tat des Beschwerdeführers auch nach einer Herabsetzung der Mindeststrafe von einem Jahr auf sechs Monate nicht in einem milderen Licht erscheinen würde. Dass die "geringere Mindeststrafe", auf die das Revisionsgericht abstellt, sich an den von der Kammer oder der Generalstaatsanwaltschaft in den Blick genommenen unteren Strafrahmen orientiert, erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen.
50(c) Letztlich lassen die Gründe des angegriffenen Beschlusses also offen, aufgrund welcher geringeren Mindeststrafe die Berufungskammer die gleiche Freiheitsstrafe verhängt hätte und bleibt damit unklar, auf welcher Grundlage das Revisionsgericht dazu kommt, dass die Entscheidung des Senats in Tenor und Gründen bei Verfassungswidrigkeit der Norm nicht anders ausfallen würde als bei ihrer Gültigkeit. Dem liegt nicht lediglich "unsorgfältiges" Arbeiten (vgl. BVerfGE 87, 282 <286>) oder ein Irrtum über die richterlichen Zuständigkeiten zugrunde. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Möglichkeit der Vorlage erkannt. Die Annahme, die Frage der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des § 184b Abs. 3 StGB mit ihrer hohen Mindeststrafe sei nicht entscheidungserheblich, entbehrt mangels jeglichen Bezugspunkts vielmehr einer sachlichen Grundlage.
51c) Vor dem Hintergrund der festgestellten Rechtsverletzung kann dahinstehen, ob durch die angegriffene Entscheidung weitere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzt werden (vgl. BVerfGE 42, 64 <78 f.>). Darauf kommt es für den Erfolg der Verfassungsbeschwerde nicht an.
V.
521. Es war festzustellen, dass der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 verletzt (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Der Beschluss war aufzuheben und die Sache an das Bayerische Oberste Landesgericht zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).
532. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung im Verfassungsbeschwerdeverfahren beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Dem Beschwerdeführer sind seine notwendigen Auslagen danach zur Hälfte zu erstatten. Eine volle Auslagenerstattung wäre trotz des Erfolgs des Beschwerdeführers unbillig. Die der Verfassungsbeschwerde anhaftenden Zulässigkeitsmängel sind nach Umfang und Gewicht nicht von lediglich untergeordneter Bedeutung (vgl. BVerfGE 32, 1 <39>).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:rk20250725.2bvr061824
Fundstelle(n):
KAAAJ-97484