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BGH Urteil v. - VIII ZR 287/23

Instanzenzug: Az: 66 S 18/23vorgehend AG Berlin-Kreuzberg Az: 15 C 66/22

Tatbestand

1Der Beklagte mietete mit Vertrag vom eine Wohnung der Klägerin in Berlin. Die monatliche Nettokaltmiete betrug zuletzt 666,42 €. Der Beklagte befand sich seit April 2019 mit der Zahlung der Miete wiederholt in Verzug und wurde von der Klägerin mehrfach gemahnt.

2Da der Beklagte die Mieten für die Monate Dezember 2020 und Februar 2021 nicht zahlte, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Der Beklagte zahlte die ausstehende Miete kurze Zeit später an die Klägerin.

3Das Amtsgericht hat der Räumungsklage der Klägerin stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Räumungsklage abgewiesen.

4Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

5Die Revision hat Erfolg.

I.

6Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

7Es sei aus Rechtsgründen daran festzuhalten, dass eine rechtzeitige Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB neben einer etwaigen - hier nicht erklärten - außerordentlichen Kündigung (§ 543 BGB) auch eine fristgemäß erklärte ordentliche Kündigung (§ 573 BGB) heile, sofern diese auf denselben (ausgeglichenen) Zahlungsrückstand gestützt werde. Das Amtsgericht habe deshalb zu Unrecht angenommen, dass trotz der unstreitig erfolgten Schonfristzahlung ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe gegen den Beklagten gegeben sei.

8Zur Begründung werde zunächst auf das Urteil des Berufungsgerichts vom (66 S 200/21) verwiesen. Die Annahme bindenden Gesetzesrechts, die der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom (VIII ZR 91/20) und vom (VIII ZR 307/21) befürwortet habe, sei zur Frage der Wirkungen einer Schonfristzahlung nicht begründbar. Dies habe das Berufungsgericht auch in seinem Urteil vom (66 S 149/22) ausführlich begründet.

II.

9Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

10Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein auf die im Schreiben vom erklärte ordentliche Kündigung gestützter Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Räumung und Herausgabe der von diesem angemieteten Wohnung nach § 546 Abs. 1, § 985 BGB nicht verneint werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist diese auf die ausgebliebenen Mietzahlungen des Beklagten gestützte Kündigung nicht infolge der Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB unwirksam geworden. Eine solche Zahlung hat (lediglich) Folgen für eine - vorliegend von der Klägerin nicht ausgesprochene - fristlose Kündigung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB); eine auf den zum Kündigungszeitpunkt bestehenden Mietrückstand gestützte ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB - deren Voraussetzungen im Übrigen (vgl. hierzu Senatsurteil vom  - VIII ZR 107/12, BGHZ 195, 64 Rn. 18 ff.) zugunsten der Klägerin im Revisionsverfahren mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts zu unterstellen sind - bleibt von der Schonfristzahlung unberührt. Die entsprechende Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB ist hierauf weder unmittelbar noch analog anwendbar.

11Der Senat hat über Urteile des Berufungsgerichts, deren Argumentation zur Erstreckung der Schonfristzahlung auf eine fristgemäße ordentliche Kündigung mit derjenigen in dem vorliegend angefochtenen Urteil übereinstimmt, bereits mehrfach, zuletzt mit seinem Urteil vom (VIII ZR 145/24, juris Rn. 10 ff. mwN) entschieden. Da das hier in Rede stehende Berufungsurteil neue Gesichtspunkte nicht enthält, wird zur näheren Begründung auf die Ausführungen im vorgenannten Senatsurteil - sowie auf die dort in Bezug genommenen zahlreichen Entscheidungen des Senats - vollumfänglich verwiesen.

III.

12Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

Dr. Bünger                                Kosziol                                Dr. Liebert

                        Dr. Schmidt                        Dr. Reichelt

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:230725UVIIIZR287.23.0

Fundstelle(n):
MAAAJ-96630