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Verschonungskonzepte für Betriebsvermögen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Die Verschonungsbedarfsprüfung im Praxistest
Erwerbe von Todes wegen sowie Schenkungen unter Lebenden unterliegen in Deutschland regelmäßig der Besteuerung. Im Jahr 2023 haben die Finanzverwaltungen in Deutschland Vermögensübertragungen durch Erbschaften und Schenkungen i. H. von ca. 121,5 Mrd. € veranlagt – was einen neuen Höchststand markierte.
Dieser Aufsatz stellt die für Zwecke der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer vorherrschenden Verschonungskonzepte für Betriebsvermögen in aller Kürze vor und geht dabei generisch auch auf etwaige Erfordernisse und Fristen ein. Anschließend wird die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG im Detail erörtert. Dem folgt ein abschließendes Fazit. Sämtliche nachstehenden Ausführungen werden von praxisrelevanten Überlegungen und Hinweisen ergänzt.
Die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG kommt ab einem Erwerb von begünstigtem Vermögen i. H. von mind. 26 Mio. € in Betracht.
Für einen Erlass der Steuer im Rahmen der Verschonungsbedarfsprüfung ist das Vorliegen von sog. verfügbarem Vermögen Dreh- und Angelpunkt.
Um den Fortbestand des Steuererlasses sicherzustellen, sind im Nachgang zum Erwerb eine Reihe von Anforderungen einzuhalten, bei deren Verstoß der Steuererlass wegfällt.
I. Einführung
Bei genauer Betrachtung der öffentlichen Statistik wird deutlich, dass insbesondere Betriebsvermögensübertragungen im Vorjahresvergleich deutlich zugenommen haben (+81,3 %). Darunter erhöhte sich das übertragene Betriebsvermögen im Wert von über 26 Mio. € (sog. Großerwerbe) im Jahr 2023 um 257,3 % auf ca. 17,1 Mrd. €. Der Zuwachs allokiert sich dabei jedoch nicht gleichmäßig auf Erbschaften und Schenkungen. Während es bei den Erwerben von Betriebsvermögen von Todes wegen zu einem Anstieg von ca. 22,3 % kam, hat sich das verschenkte Betriebsvermögen im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt.
Analog den vorstehenden Statistikdaten und der derzeitigen medialen Berichterstattung betreffend die Vermögensflucht aus Deutschland bestätigen auch die Beobachtungen in der Beratungspraxis einen deutlichen Anstieg von geplanten (Betriebs-)Vermögensübertragungen. Die Hintergründe sind dabei mannigfaltig und beruhen nicht selten auf unklaren respektive unvorteilhaften Standortfaktoren in der Bundesrepublik Deutschland. Insbesondere Familienunternehmer mit entsprechenden Vermögenswerten übertragen diese z. B. für Zwecke der sog. Asset Protection im Rahmen von Schenkungen vermehrt an verselbständigte Rechtsträger im Ausland.
Soweit es sich bei dem übertragenen Vermögen um Betriebsvermögen handelt, hat der deutsche Gesetzgeber ein komplexes Verschonungssystem entwickelt, um die Übertragung von (aktivem) Betriebsvermögen zu begünstigen. Im Fokus stand dabei, etwaige Erben und die übertragenen Betriebe zu begünstigen, so dass diese infolge hoher Steuerlasten nicht zu Verkäufen o. Ä. gezwungen sind. Hierdurch sollen auch Arbeitsplätze gesichert werden.
Die einschlägigen Verschonungsmöglichkeiten knüpfen dabei an eine Vielzahl von Voraussetzungen an und orientieren sich an dem übertragenen Wert. Für Großerwerbe ist im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2016 erstmalig die Verschonungsbedarfsprüfung als neues Begünstigungsinstrument in Kraft getreten.