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Unternehmensbewertung: Neufassung des IDW S 1
Überblick über die wesentlichen Änderungen
Für den zentralen Bewertungsstandard IDW S 1, der seit 2008 die Grundlage aller Unternehmensbewertungen durch Wirtschaftsprüfer bildet, liegt ein Entwurf für eine Überarbeitung vor (nachfolgend IDW ES 1). Am hat der zuständige Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW einen Entwurf für die Neufassung des IDW S 1 verabschiedet. Hatte die letzte Änderung im Jahr 2016 im Wesentlichen redaktionelle und steuerliche Gründe, sind mit dem IDW ES 1 auch konzeptionelle Änderungen verbunden. Nachfolgend werden die wesentlichen Änderungen des IDW ES 1 gegenüber dem aktuell noch anzuwendenden IDW S 1 dargestellt und eingeordnet. Eine vorzeitige Anwendung des IDW ES 1 hat der FAUB ausgeschlossen.
IDW ES 1 bleibt grundsätzlich konzeptionell auf der Linie seines Vorgängers IDW S 1, erweitert aber die Funktionen des Wirtschaftsprüfers und die Wertkonzeptionen, um der Vielfalt in der Praxis der Unternehmensbewertung Rechnung zu tragen.
Das Ermessen und die Eigenverantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers sollen grundsätzlich gestärkt werden. So wird bspw. die strikte Trennung in echte und unechte Synergien aufgegeben und die Einbeziehung von Synergien stärker in das Ermessen des Bewerters gestellt; die Prognose der Zukunftserfolge liegt in der Verantwortung des Bewerters und wird von der Management-Planung abgekoppelt.
Für die Praxis hält IDW ES 1 Vereinfachungen bereit. In bestimmten Konstellationen kann bspw. mit einem einheitlichen Kapitalisierungszins über alle Perioden der Detailplanungsphase gearbeitet werden oder auf eine Ermittlung der Effekte aus der persönlichen Ertragsteuer auf der Ebene des Anteilseigners verzichtet werden.
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S. 696
I. Der Prozess zur Überarbeitung des IDW S 1
[i]Grundlegende ÜberarbeitungDer in der Praxis bewährte Standard zur Unternehmensbewertung IDW S 1 ist seit 2008 nahezu unverändert. Der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW hat sich zum Ziel gesetzt, den Standard grundlegend zu überarbeiten, um den verschiedenen Veränderungen in den Rahmenbedingungen der Bewertung, den Anforderungen aus verschiedenen Bewertungsperspektiven sowie der Rechtsprechung Rechnung zu tragen.
Am hat der FAUB einen Entwurf für die Neufassung des IDW S 1 (nachfolgend IDW ES 1) verabschiedet. Der Hauptfachausschuss (HFA) und der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) haben am respektive am den Entwurf billigend zur Kenntnis genommen. Der FAUB hat eine vorzeitige Anwendung ausgeschlossen, um dem Berufsstand und der interessierten Öffentlichkeit auf Grundlage des veröffentlichten Entwurfs vor einer erstmaligen Anwendung die Gelegenheit zur Kommentierung zu geben. Die Kommentierungsfrist ist am abgelaufen.
[i]Stellungnahmen zum EntwurfBis zum Ende der Kommentierungsfrist sind unmittelbar beim IDW 19 Stellungnahmen eingegangen, die auf der Homepage des IDW veröffentlicht wurden. Es ist davon auszugehen, dass diese Stellungnahmen beim FAUB sorgfältig ausgewertet und abgewogen werden. Ob daraus ein neuer Entwurf entsteht, in dem nochmals konzeptionelle Änderungen enthalten sind, bleibt abzuwarten.
II. Weiterentwicklung von Bewertungskonzepten
1. Der objektivierte Unternehmenswert mit präzisierter Typisierung des Bewertungssubjekts
[i]Typisierung des Bewertungssubjekts Das bereits in IDW S 1 verankerte Bewertungskonzept des objektivierten Unternehmenswerts wird in IDW ES 1 weiterentwickelt und präzisiert. Der objektivierte Unternehmenswert ist grundsätzlich ein intersubjektiv nachvollziehbarer Zukunftserfolgswert, bei dem ein typisierter Eigenkapitalgeber das Bewertungssubjekt bildet (vgl. IDW ES 1, Rz. 16). Die Typisierung des Bewertungssubjekts wird in IDW ES 1 dahingehend konkretisiert, dass der Anteilseigner
umfassend informiert ist,
rein finanzielle Ziele verfolgt und
keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik besitzt.
Durch [i]Inhaltliche Neuausrichtung diese inhaltliche Neuausrichtung unterscheidet sich der objektivierte Unternehmenswert des IDW ES 1 inhaltlich von seinem Pendant in IDW S 1, obwohl weiterhin der gleiche Begriff gewählt wird. Im IDW ES 1 bleibt allerdings unklar, was konkret umfassend informiert bedeutet und wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen der Anteilseigner offensichtlich einen Einfluss auf die Geschäftspolitik ausübt. Ferner ist fraglich, ob ein Anteilseigner ohne Einfluss auf die Geschäftspolitik in der Praxis überhaupt umfassend informiert sein kann.
2. Plausibilisierte Entscheidungswerte als neues Bewertungskonzept
[i]Plausibilisierter Entscheidungswert Neu eingeführt durch IDW ES 1 wird das Bewertungskonzept des plausibilisierten Entscheidungswerts als Bewertung aus der Perspektive eines individuellen Bewertungssubjekts. Dieser tritt als zusätzliches Wertkonzept neben den objektivierten UnterS. 697nehmenswert und den Schiedswert. Der plausibilisierte Entscheidungswert ist der Unternehmenswert als Ausdruck der „finanziellen Leistungsfähigkeit“ des Unternehmens für einen konkreten Eigenkapitalgeber (vgl. IDW ES 1, Rz. 20). Dabei können anstelle eines konkreten Eigenkapitalgebers bzw. einer Gruppe von Eigenkapitalgebern Entscheidungsträger als deren Stellvertreter berücksichtigt werden, um damit bspw. auch Entscheidungssituationen zum Unternehmenswert im Rahmen der Bilanzierung zu erfassen.