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BGH Beschluss v. - 4 StR 63/25

Instanzenzug: Az: 25 KLs 4/24

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung, Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort, „gewerbsmäßigen“ Handeltreibens mit Cannabis in zehn Fällen und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen unter Einbeziehung von zwei Geldstrafen aus früheren Verurteilungen und Auflösung der aus diesen beiden Geldstrafen gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten (Ziffer 1. der Urteilsformel) sowie wegen „gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Cannabis in nicht geringer Menge in 11 Fällen“, räuberischer Erpressung, Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten (Ziffer 2. der Urteilsformel) verurteilt. Außerdem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen und eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis verhängt. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Die Schuldsprüche bedürfen der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Korrektur.

3a) Das Landgericht hat die Fälle D.1 - D.10 und D.17 - D.27 der Urteilsgründe zutreffend jeweils als Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG bewertet. Dass der Angeklagte bei diesen Taten gewerbsmäßig handelte und sich die Taten D.17 - D.26 zugleich jeweils auf Cannabis in nicht geringer Menge beziehen, erfüllt – wie das Landgericht in den schriftlichen Urteilsgründen zutreffend ausführt – lediglich die Regelbeispiele für einen besonders schweren Fall nach § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 4 KCanG, der im Schuldspruch nicht zum Ausdruck zu bringen ist (vgl.  Rn. 5; Beschluss vom – 4 StR 317/24 Rn. 4).

4Soweit das Landgericht den Angeklagten unter Ziffer 2. der Urteilsformel unter anderem des „gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Cannabis in nicht geringer Menge in 11 Fällen“ schuldig gesprochen und damit scheinbar nicht nur für die Fälle D.17 - D.26, sondern auch für Fall D.27 ein Handeltreiben in nicht geringer Menge angenommen hat, obwohl sich diese Tat nach den Feststellungen nur auf 50g Cannabis mit einem Wirkstoffgehalt von 5 Gramm THC bezog, handelt es sich um ein offensichtliches Verkündungsversehen, das der Senat ebenfalls berichtigt. Der Strafausspruch bleibt hiervon unberührt. Den Erwägungen des Landgerichts zur Strafzumessung ist zu entnehmen, dass die Strafkammer nur in den Fällen D.17 - D.26 neben der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KCanG auch das Regelbeispiel der nicht geringen Menge gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG bejaht hat. Dementsprechend hat die Strafkammer für die tatsächlich auf Cannabis in nicht geringer Menge bezogenen Fälle D.17 - D.26 Geldstrafen von je 120 Tagessätzen, für Fall D.27 hingegen nur eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen festgesetzt. In den Fällen D.1 - D.10, die – wie Fall D.27 – jeweils ein Handeltreiben mit 50 Gramm Cannabis mit einem Wirkstoffgehalt von 5 Gramm THC zum Gegenstand hatten, hat die Strafkammer ebenfalls auf Geldstrafen von je 90 Tagessätzen erkannt.

5b) Der Schuldspruch hält revisionsrechtlicher Prüfung insoweit nicht stand, als das Landgericht in den Fällen G.1 und G.2 der Urteilsgründe von zwei rechtlich selbständigen Taten ausgegangen ist. Tatsächlich handelt es sich bei diesen Fällen nur um eine Tat im Rechtssinne.

6aa) Nach den Feststellungen lagerte der Angeklagte am in dem von ihm genutzten Pkw 794,09 Gramm 3-Chlormethcathinon (3-CMC) mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 552,96 Gramm zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs. Am selben Tag hielt der Angeklagte in seiner Wohnung insgesamt 2,14 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 1,97 Gramm Cocain-HCl zum Eigenkonsum vor.

7Das Landgericht hat dieses Geschehen hinsichtlich der Lagerung des 3-CMC (Fall G.1 der Urteilsgründe) als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG bewertet und hierfür eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ausgesprochen. Das gleichzeitige Vorhalten von Kokain zum Eigenverbrauch (Fall G.2 der Urteilsgründe) hat es als rechtlich selbständige Tat des Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG eingeordnet und hierfür eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10 Euro verhängt.

8bb) Damit ist das Landgericht zwar zutreffend davon ausgegangen, dass beim gleichzeitigen Besitz von Betäubungsmitteln teils zum Eigenkonsum und teils zu Handelszwecken die Eigenbedarfsmenge eine Strafbarkeit wegen Besitzes von Betäubungsmitteln auslöst. Allerdings hat es übersehen, dass zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge Tateinheit besteht (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 3; Rn. 5, NStZ-RR 2015, 174, 175 mwN). Danach hat sich der Angeklagte in den Fällen G.1 und G.2 der Urteilsgründe des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln schuldig gemacht.

9cc) Der Senat kann den Schuldspruch selbst ändern; § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der im Fall G.1 teilgeständige und im Fall G.2 geständige Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung des Einzelstrafausspruchs zu Fall G.2 der Urteilsgründe zur Folge. In Anbetracht der verbleibenden Einzelstrafen von einmal drei Jahren Freiheitsstrafe, zweimal je ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe, zehnmal Geldstrafe von jeweils 120 Tagessätzen und einmal Geldstrafe von 90 Tagessätzen kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses in den Fällen G.1 und G.2 für die unter Ziffer 2. der Urteilsformel abgeurteilten Taten eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe ausgesprochen hätte.

102. Die Entscheidung über die Einziehung der Mobiltelefone und Smartphones ist nicht tragfähig begründet und deshalb aufzuheben; insoweit wird mit Zustimmung des Generalbundesanwalts von einer Einziehung abgesehen. Die Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittel hat hingegen Bestand.

11Nach § 74 Abs. 1 StGB können Gegenstände, die zu der Begehung einer vorsätzlichen Tat gebraucht worden sind (Tatmittel), eingezogen werden. Den Urteilsgründen muss grundsätzlich zu entnehmen sein, dass sich das Tatgericht bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und welche Gründe für die Ausübung des Ermessens gegeben waren (vgl.  Rn. 53 mwN). Daran fehlt es hier. Das Landgericht hat lediglich ausgeführt, dass die Einziehung der Mobiltelefone und Smartphones auf § 74 StGB beruhe, da es sich hierbei um Tatmittel handele. Diese Formulierung des Landgerichts lässt die bei der Einziehung von Tatmitteln nach § 74 Abs. 1 StGB notwendige Ermessensausübung nicht erkennen. Die Einziehungsentscheidung unterliegt daher insoweit der Aufhebung. Aus prozessökonomischen Gründen sieht der Senat gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO auf die als Zustimmung auszulegende Anregung des Generalbundesanwalts von einer Einziehung der Mobiltelefone und Smartphones ab, da die Einziehung neben den übrigen Rechtsfolgen nicht ins Gewicht fällt.

12Zu den in den Fällen G.1 und G.2 der Urteilsgründe sichergestellten Betäubungsmitteln hat das Landgericht zwar ebenfalls nur mitgeteilt, dass sie gemäß § 74 Abs. 2 StGB in Verbindung mit § 33 BtMG eingezogen worden seien. Insoweit ist das Fehlen von Ausführungen zur Ermessensausübung hingegen unschädlich, da nach den Umständen des konkreten Falles eine Ausübung des Ermessens dahin, dass die sichergestellten Betäubungsmittel wieder freigegeben werden, nicht ohne Rechtsfehler möglich ist (vgl. BGHR BtMG § 33 Einziehung, unterbliebene 1; BGHSt 26, 258, 266 mwN; , juris Rn. 5; 2 OLG 3 Ss 156/14, BeckRS 2015, 1637 Rn. 13). 

133. Der geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen. Eine gesonderte Entscheidung über die Auslagen und Kosten, die die Einziehung betreffen, kommt in der Konstellation des § 421 StPO nicht in Betracht (vgl. , juris Rn. 6 mwN).

Quentin                         Sturm                         Maatsch

                Scheuß                         Marks

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:210525B4STR63.25.0

Fundstelle(n):
XAAAJ-96165