Steuerrechtliche Behandlung sog. Familiengenossenschaften – Aufwendungen zur Finanzierung der privaten Lebensführung der Mitglieder
1. Ausgangslage
Derzeit sind vermehrt Gründungen sog. Familiengenossenschaften zu beobachten. Hierbei handelt es sich um Genossenschaften, deren Mitglieder zumindest im Kern nur aus Angehörigen einer Familie bestehen.
Diese Genossenschaften fallen dadurch auf, dass sie in nicht unerheblichem Maße und in vielfältigster Weise Aufwendungen tätigen, die der privaten Lebensführung eines oder mehrerer ihrer Mitglieder zuzurechnen sind. Hierunter fallen beispielsweise Aufwendungen für Fahrzeuge, Wochenendausflüge, Thermenbesuche, Urlaubsreisen, Restaurantbesuche, maßgeschneiderte Kleidung, Haustiere (Futter, Tierarzt), Fahrschulkurse, Sportboote, Supermarkteinkäufe, bis hin zum Bau von Garagen, Saunen oder Swimming-Pools auf oder in Grundstücken/Gebäuden der Mitglieder.
Nach Auffassung der Steuerpflichtigen soll dies zulässig sein und zu abziehbaren Betriebsausgaben führen, weil dadurch – wie in § 1 Abs. 1 GenG gefordert – "der Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange" gefördert würden. Da die Aufwendungen der Förderung der Mitglieder und damit dem Unternehmen und seinem Unternehmensgegenstand dienten, sei auch die Vorsteuer in voller Höhe abzugsfähig.
2. Rechtliche Würdigung
2.1 Körperschaftsteuer
Vorbehaltlich der stets notwendigen Prüfung im Einzelfall ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Aufwendungen für die private Lebensführung der Mitglieder verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen (vgl. , JURIS, NZB anhängig unter I B 3/25; Erlass des Ministeriums der Finanzen Sachsen-Anhalt vom , 42-S 2702-3, JURIS).
Die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung gelten auch bei Genossenschaften; es besteht keine Notwendigkeit, speziell für Genossenschaften eine eigenständige Definition der verdeckten Gewinnausschüttung zu entwickeln. Danach ist die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG regelmäßig auch bei einer Genossenschaft gerechtfertigt, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Genossenschaft den beanstandeten Vermögensvorteil dem Mitglied der Genossenschaft nicht zugewendet hätte (, BStBl II 1993, 376, Rz. 11).
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 GenG hat die Förderung der Mitglieder "durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb" zu erfolgen. Die schlichte Zuwendung von Vermögensvorteilen an Mitglieder, die bei der Genossenschaft zu Vermögensminderungen/verhinderten Vermögensmehrungen im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG führen, ist nicht Ausfluss "gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs", selbst wenn sie der Satzung der Genossenschaft entspricht. Mit dem Aufgabenbild eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft sind derartige Zuwendungen nicht vereinbar.
2.2 Umsatzsteuer
Die umsatzsteuerliche Beurteilung der Vorsteuerabzugsberechtigung sog. Familiengenossenschaften erfolgt ausschließlich nach umsatzsteuerlichen Grundsätzen. Unbeachtlich ist hingegen die Definition des Gegenstands des Unternehmens laut Satzung der Genossenschaft oder auch die genossenschaftsrechtliche Definition einer wirtschaftlichen Tätigkeit.
Ein Unternehmer ist nach § 15 Abs. 1 UStG grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG und damit für seine unternehmerischen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt (vgl. , BStBl 2012 II S. 68; Abschn. 15.2b Abs. 2 UStAE).
Der Vorsteuerabzug ist hingegen ausgeschlossen, soweit Leistungen nicht für eine unternehmerische Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG, sondern für unternehmensfremde Tätigkeiten wie private Zwecke der Gesellschafter bezogen werden (vgl. , BStBl 2012 II S. 74 und vom , XI R 9/08, BStBl 2012 II S. 58; Abschn. 2.3 Abs. 1a UStAE).
Aufwendungen von Familiengenossenschaften, die zur privaten Förderung ihrer Mitglieder getätigt werden, sind umsatzsteuerlich dem unternehmensfremden Bereich zuzuordnen. Ein Vorsteuerabzug hieraus ist folglich ausgeschlossen.
Bayerisches Landesamt für
Steuern v. - S
7300.2.1-228/10 St33
Fundstelle(n):
MAAAJ-91400