Keine Abzweigung von Kindergeld an ein volljähriges Kind nach § 74 EStG bei mangelnder Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes
Leitsatz
1. Kindergeld, das für ein volljähriges Kind zugunsten eines Elternteils festgesetzt worden ist, kann nicht an das Kind ausgezahlt werden, wenn das Kind aufgrund eigener Einkünfte oder Bezüge nicht unterhaltsbedürftig ist.
2. Eine analoge Anwendung des § 74 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes kommt bei fehlender Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes mangels planwidriger Gesetzeslücke nicht in Betracht.
Gesetze: EStG § 74 Abs. 1 Satz 1 und 3; BGB § 1602; BGB § 1612b; SGB I § 48 Abs. 1 und Abs. 2
Instanzenzug:
Tatbestand
I.
1 Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Abzweigung des Kindergeldes an den Beigeladenen (D), den Sohn der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin).
2 Die Klägerin erhielt für ihre drei Kinder, unter anderem für ihren im Februar 2000 geborenen Sohn D, fortlaufend Kindergeld. Mit Antrag vom beantragte D die Auszahlung des Kindergeldes an sich selbst. Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) entsprach dem Antrag mit Bescheid vom . Das Kindergeld wurde ab dem an D ausgezahlt.
3 Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch. Zur Begründung trug sie unter anderem vor, D erhalte im Rahmen seines dualen Studiums eine monatliche Bruttovergütung von xx € sowie ein monatliches steuerfreies Stipendium in Höhe von xx €. Des Weiteren verfüge D über ein zweckgebundenes Vermögen in Höhe von xx €, das ihm für Ausbildungszwecke zur Verfügung gestellt worden sei.
4 Die Familienkasse wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom ).
5 Die anschließend erhobene Klage hatte mit den in der Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (FamRZ) 2024, 1538 veröffentlichten Gründen keinen Erfolg.
6 Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
7 Die Klägerin beantragt,
das und den Abzweigungsbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.
8 Die Familienkasse beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
9 Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Gründe
II.
10 Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Stattgabe der Klage. Der Senat entscheidet in der Sache selbst und hebt den rechtswidrigen Abzweigungsbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom auf (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
11 1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die Auszahlung des Kindergeldes an den Beigeladenen nicht auf eine unmittelbare Anwendung des § 74 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. vom (EStG) gestützt werden kann.
12 a) Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 und 3 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte diesem gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt, mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld.
13 b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
14 aa) Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin dem Beigeladenen gegenüber nicht unterhaltspflichtig ist und insoweit eine Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht vorliegt. Die fehlende Unterhaltspflicht resultiert nicht aus der mangelnden Leistungsfähigkeit der Klägerin, sondern aus der fehlenden Unterhaltsbedürftigkeit des Beigeladenen.
15 Gemäß § 1602 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist unterhaltsberechtigt nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Nach den den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) des FG war der Beigeladene aufgrund seiner Ausbildungsvergütung in Höhe von monatlich xx € und des Stipendiums in Höhe von monatlich xx € nicht unterhaltsbedürftig. Die fehlende Unterhaltsbedürftigkeit ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Eine Verletzung der Unterhaltspflicht der Klägerin ist damit nicht gegeben.
16 bb) Es liegt auch kein (unmittelbarer) Fall des § 74 Abs. 1 Satz 3 Alternative 2 EStG vor. Hiernach kann eine Abzweigung auch dann erfolgen, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld. Nach dem Gesetzeswortlaut werden das auf das betreffende Kind entfallende Kindergeld und die rechtlich bestehende Unterhaltsverpflichtung gegenübergestellt (Reuß in Bordewin/Brandt, § 74 EStG Rz 16). Damit setzt auch diese Alternative grundsätzlich eine Unterhaltsverpflichtung voraus, die nur wegen fehlender voller oder teilweiser Leistungsfähigkeit des Kindergeldberechtigten nicht erfüllt werden kann. Die unmittelbare Anwendung der Vorschrift erfordert daher nach ihrem Wortlaut, dass die Unterhaltsverpflichtung „mangels Leistungsfähigkeit“ nicht besteht; sie ist daher nicht anwendbar, wenn eine Unterhaltsverpflichtung aus anderen Gründen, insbesondere mangels Bedürftigkeit des Kindes, entfällt (, FamRZ 2016, 1893, Rz 17; vgl. , BFHE 199, 105, BStBl II 2002, 575, unter 1.; Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 74 EStG Rz 5).
17 2. Die Abzweigung des Kindergeldes an den Beigeladenen kann entgegen der Ansicht des FG auch nicht aus einer analogen Anwendung des § 74 Abs. 1 EStG abgeleitet werden. Es fehlt an einer für einen Analogieschluss erforderlichen planwidrigen Gesetzeslücke.
18 a) Sowohl die Analogie als auch die teleologische Extension einer Norm setzen eine Regelungslücke voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter Sachverhalt zwar gesetzlich geregelt ist, jedoch keine Vorschrift für Fälle enthält, die nach dem Grundgedanken und dem System des Gesetzes hätten mitgeregelt werden müssen (, BFHE 281, 514, BStBl II 2024, 43, Rz 32, m.w.N.). Die Norm —gemessen an ihrem Zweck— muss zum einen unvollständig, das heißt ergänzungsbedürftig, sein und ihre Ergänzung darf nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widersprechen (Senatsurteil vom - III R 18/21, BFHE 273, 542, BStBl II 2022, 117, Rz 13, m.w.N.).
19 Zum anderen muss die Regelungslücke planwidrig sein (, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 16). Dies erfordert die Feststellung, dass der in Frage stehende Sachverhalt vom Gesetzgeber nur versehentlich nicht geregelt worden ist (, BFHE 271, 370, BStBl II 2021, 675, Rz 34, m.w.N.). Keine (planwidrigen) Regelungslücken sind rechtspolitische Unvollständigkeiten („rechtspolitische Fehler“), bei denen die Ergänzung aus lediglich rechtspolitischen Gründen wünschenswert wäre (u.a. , BFHE 158, 45, BStBl II 1989, 891, unter 2.a; vom - IX R 19/21, BFHE 281, 514, BStBl II 2024, 43, Rz 33). Es bedarf daher des sicheren Nachweises, dass sich die Regelungsabsicht des Gesetzgebers im Normtext nicht niedergeschlagen hat (Senatsurteil vom - III R 36/23, BStBl II 2024, 597, Rz 33), weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers —und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will— als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte (, BSGE 123, 205, Rz 25; , Monatsschrift für Deutsches Recht 2021, 1417, Rz 22).
20 Schließlich erfordert eine Analogie, dass zwischen dem gesetzlich geregelten Tatbestand und dem nicht geregelten Sachverhalt eine vergleichbare Interessenlage besteht (, BFHE 249, 159, BStBl II 2015, 545, Rz 68). Eine richterliche Rechtsfortbildung, zu der auch der Analogieschluss zählt, darf aber nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen (, BVerfGE 168, 1, Rz 130).
21 b) Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf § 74 Abs. 1 EStG nicht erfüllt. Eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes lässt sich nicht sicher feststellen. Insbesondere deuten weder die Gesetzesmaterialien oder die Gesetzessystematik noch der Zweck der Vorschrift darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Regelung der Abzweigung in § 74 Abs. 1 EStG die Auszahlung des Kindergeldes an das Kind auch bei fehlender Bedürftigkeit des Kindes ermöglichen wollte.
22 aa) Entgegen der Ansicht des FG lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass die Abzweigung zugunsten des Kindes in § 74 Abs. 1 EStG auch dann geregelt werden sollte, wenn aufgrund der fehlenden Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes eine Verletzung der Unterhaltspflicht nicht in Betracht kommt.
23 (1) Aus den Materialien zu § 74 Abs. 1 EStG (BTDrucks 13/1558, S. 162) ergibt sich, dass die Regelung des § 74 Abs. 1 EStG „die Auszahlung des Kindergeldes bei Verletzung der Unterhaltspflicht“ regeln soll (Satz 1 der Begründung zu § 74 Abs. 1 EStG). Soweit im nachfolgenden Satz 2 der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen wird, dass die Regelung dem § 48 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) entspreche, kann dies zunächst nur im Zusammenhang mit dem ersten Satz gesehen werden. Bei Verletzung der Unterhaltspflicht entspricht die Regelung des § 74 Abs. 1 EStG der Regelung des § 48 Abs. 1 SGB I. Hingegen wurde in § 74 EStG keine dem § 48 Abs. 2 SGB I vergleichbare Regelung aufgenommen, die einen Auszahlungsanspruch auch dann begründet, wenn der Leistungsberechtigte mangels Bedürftigkeit des Kindes kraft Gesetzes nicht unterhaltspflichtig ist.
24 (2) Insoweit ist zu beachten, dass § 74 Abs. 1 EStG auf der Neuregelung der einkommensteuerrechtlichen Kindergeldvorschriften durch das Jahressteuergesetz 1996 beruht. Die Aufnahme einer dem § 48 Abs. 2 SGB I vergleichbaren Regelung war zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich, da ein Kindergeldanspruch zunächst nur bestand, wenn das volljährige Kind nicht über eigene zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmte oder geeignete Einkünfte und Bezüge verfügte, die den in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. geregelten Jahresgrenzbetrag überschritten. Bei Überschreitung des Jahresgrenzbetrags war das Existenzminimum des Kindes durch eigene Einkünfte und Bezüge gesichert.
25 Entsprechend entstammt auch das (BFHE 199, 105, BStBl II 2002, 575) einer Zeit, in der der Anspruch auf Kindergeld schon dem Grunde nach die Bedürftigkeit des volljährigen Kindes voraussetzte (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F.). Kern des Rechtsstreits war die Frage, ob die fehlende zivilrechtliche Pflicht der Eltern, dem Kind während einer Zweitausbildung Unterhalt zu gewähren, einer Abzweigung des Kindergeldes an das Kind entgegenstand. Im Gegensatz zum vorliegenden Fall war im damals zu entscheidenden Fall das Existenzminimum des Kindes nicht durch eigene Einkünfte und Bezüge gedeckt.
26 Des Weiteren sah der Gesetzgeber nach der Abschaffung der Grenzbetragsregelung durch das Steuervereinfachungsgesetz vom (BGBl I 2011, 2131) keinen Anlass, § 74 EStG zu ändern, obwohl er in anderen Bereichen notwendige Folgeänderungen vornahm (z.B. § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG und § 70 Abs. 4 EStG; vgl. BTDrucks 17/5125, S. 42 und 47). Dies spricht ebenfalls dafür, dass er an der Grundkonzeption, eine Abzweigung des Kindergeldes an das volljährige Kind nur für den Fall der Unterhaltsbedürftigkeit vorzusehen, auch nach dem Wegfall der Grenzbetragsregelung festhalten wollte. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die volljährigen nicht unterhaltsbedürftigen Kinder schlichtweg „vergessen“ haben könnte, sieht der Senat nicht. Vielmehr war dem Gesetzgeber bewusst, dass er mit dem Verzicht auf die Grenzbetragsregelung die Begünstigungsfälle bei in Erstausbildung befindlichen Kindern (in einem nicht ins Gewicht fallenden Umfang) ausweitet (BTDrucks 17/5125, S. 41).
27 (3) Letztlich hätte es der Tatbestandsvoraussetzung der Verletzung der Unterhaltspflicht in § 74 Abs. 1 EStG gar nicht bedurft, wenn bei mangelnden Unterhaltszahlungen stets eine Abzweigung in Betracht käme (Schürmann, juris PraxisReport Familienrecht —jurisPR-FamR— 21/2024 Anm. 2).
28 bb) § 74 Abs. 1 EStG ist auch gemessen an seinem Zweck nicht ergänzungsbedürftig.
29 (1) § 74 EStG lässt die Anspruchsberechtigung des Kindergeldberechtigten grundsätzlich unberührt (, BFHE 231, 520, BStBl II 2013, 583; vom - III R 16/09, BFH/NV 2012, 720), bestimmt aber in Sonderfällen einen abweichenden Auszahlungsempfänger. Der darin liegende Eingriff in den Rechtsanspruch des Kindergeldberechtigten (Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, § 74 EStG Rz 3) ist gerechtfertigt, weil das Kindergeld vorrangig zur Sicherung des Existenzminimums des Kindes zu verwenden ist (vgl. § 31 Satz 1 EStG). Kommt der Kindergeldberechtigte seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Kind nicht nach, sondern verwendet er das Kindergeld für andere Zwecke, ermöglicht § 74 Abs. 1 EStG unter Vermeidung zivilgerichtlicher Verfahren die Auszahlung an das unterhaltsberechtigte und -bedürftige Kind oder an eine andere Person, die dem Kind Unterhalt gewährt (§ 74 Abs. 1 Satz 4 EStG). Ist hingegen das Existenzminimum des Kindes —wie im vorliegenden Fall— durch dessen eigene Einkünfte und Bezüge ausreichend gesichert, ist eine Abweichung von der grundsätzlichen gesetzlichen Zuordnungsentscheidung, das Kindergeld beim Anspruchsinhaber (Kindergeldberechtigten) zu belassen, nicht zwingend erforderlich. Der in der Sicherung des Kinderexistenzminimums liegende Zweck tritt mithin bei einem nicht unterhaltsbedürftigen Kind in den Hintergrund. Entscheidend ist dann nach den gesetzlichen Wertungen der weitere ausdrücklich normierte Zweck, die Familie zu fördern (§ 31 Satz 2 EStG). Das Kindergeld kann in diesem Fall bei dem gemäß §§ 31, 64 EStG vorrangig berechtigten Elternteil verbleiben und für andere aus der Elternpflicht hervorgehende Kosten (zum Beispiel für die Ausübung des Umgangsrechts, Besuche, Geschenke oder sonstige besondere Ausgaben) eingesetzt werden (vgl. , Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2007, 1747, unter II.4.a). Daher lässt sich bei einem eindeutig fehlenden Unterhaltsbedarf des Kindes keine planwidrige Regelungslücke in § 74 Abs. 1 EStG feststellen (so auch Reuß in Bordewin/Brandt, § 74 EStG Rz 19; vgl. , FamRZ 2016, 1893; a.A. (Kg), juris, jedenfalls für den Fall eines nicht unterhaltsbedürftigen Kindes wegen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 des Strafgesetzbuches).
30 (2) Ein Vergleich mit den sozial- und zivilrechtlichen Zuordnungsentscheidungen in Bezug auf das Kindergeld bestätigt, dass es dem Willen des Gesetzgebers nicht zuwiderläuft, das Kindergeld dem Kindergeldberechtigten (hier der Mutter) zu belassen.
31 Das Sozialrecht geht in vergleichbaren Fällen ebenfalls von einer Verwendung des Kindergeldes für den elterlichen Lebensbedarf aus. Das Kindergeld ist als Einkommen des Kindergeldberechtigten anzusehen, soweit es nicht zur Deckung des Kindesbedarfs erforderlich ist (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, § 82 Abs. 1 Satz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, § 94 Abs. 3 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch; vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom - L 6 AS 415/14, FamRZ 2016, 1814; vgl. , BSGE 126, 70).
32 Auch im Zivilrecht wird das Kindergeld als Einkommen des Beziehers angesehen, soweit es nicht zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts (Existenzminimum) des Kindes benötigt wird (vgl. , NJW 2017, 962, Rz 7 ff.). Ferner wird bei fehlender Bedürftigkeit des Kindes in der zivilrechtlichen Rechtsprechung teilweise ein unterhaltsrechtlicher Anspruch auf Auskehrung des von den Eltern bezogenen Kindergeldes verneint (Oberlandesgericht —OLG— Braunschweig, Urteil vom - 1 UF 13/23, NJW 2023, 3026; Schürmann, jurisPR-FamR 17/2023 Anm. 3; a.A. , FamRZ 2017, 709; mit kritischer Anmerkung Schürmann, jurisPR-FamR 12/2017 Anm. 1 und FamRZ 2017, 710). Wenn der Unterhaltsbedarf des Kindes bereits durch eigenes Einkommen vollständig gedeckt wird, so ist die Verwendung des Kindergeldes nach § 1612b Abs. 1 BGB für dessen Bedarf nicht erforderlich (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom - 1 UF 13/23, NJW 2023, 3026, Rz 21).
33 3. Da das FG seiner Entscheidung eine abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt und die Abzweigungsentscheidung der Familienkasse deshalb zu Unrecht für rechtmäßig befunden hat, waren das Urteil und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
34 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet (§ 139 Abs. 4 FGO).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2025:U.200225.IIIR10.24.0
Fundstelle(n):
HAAAJ-89816