Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten. Er betreibt als Arzt eine Praxis; sie ist Sprechstundenhilfe. In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre (1990 bis 1992) hatte der Kläger folgende Zinsen für ein Darlehen als Betriebsausgaben geltend gemacht:
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1990 7 647,50 DM und 2 000,00 DM als Damnum 1991 7 191,75 DM und 1992 5 017,50 DM. |
Das Darlehen in Höhe von 100 000 DM wurde dem Kläger am mit Wertstellung zum auf dem betrieblichen Kontokorrentkonto bei der Sparkasse X gutgeschrieben. Der Kläger unterhielt daneben noch ein privates Girokonto bei dieser Sparkasse, das er in der Einkommensteuererklärung als Bankverbindung angegeben hatte. Das betriebliche Girokonto wies zum einen Minussaldo von 15 113,28 DM auf. Am waren 96 378,10 DM an Einkommensteuer und Kirchensteuer fällig. Diese Steuerschuld beglich der Kläger vom betrieblichen Konto am mit 51 345,10 DM und am mit 45 024 DM.
Nach einer Betriebsprüfung berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) im Einkommensteuerbescheid 1990 die geltend gemachten Finanzierungskosten nur in Höhe von 16 %, weil das Darlehen nur insoweit dem Ausgleich des Minussaldos von 15 113,28 DM im Zeitpunkt seiner Wertstellung gedient habe. In diesem Umfang wurden auch die für die Veranlagungszeiträume 1991 und 1992 geltend gemachten Schuldzinsen als Betriebsausgaben anerkannt. Im Übrigen sah das FA die Darlehenskosten als durch die Tilgung der Steuerschulden veranlasst an. Der Kläger meinte demgegenüber, die Schuldzinsen seien zu 45,5 % (später im Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision: zu 56,56 %) betrieblich veranlasst, weil die Darlehensauszahlung "rein zufällig" mit der Einkommensteuerzahlung zusammengefallen sei. Zwischen dem Zeitpunkt der Wertstellung und der Auszahlung des Darlehens seien noch weitere Betriebsausgaben entstanden, die -- wegen der vorrangigen Tilgung der privaten Schulden dank ebenfalls angefallener Betriebseinnahmen -- durch das Darlehen finanziert worden seien.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Mit ihrer dagegen gerichteten, vom Senat zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1990 bis 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des FA vom weitere Betriebsausgaben in Höhe von 2 749,54 DM, 2 049,56 DM und 1 429,98 DM für die Veranlagungszeiträume 1990 bis 1992 zu berücksichtigen sowie die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Es ist der Auffassung, aus dem engen zeitlichen Zusammenhang der Wertstellung der Darlehensmittel und der Zahlung der Einkommensteuerschulden sowie aus der weitgehenden Übereinstimmung des Darlehensbetrags mit den Steuerschulden folge zwingend, dass der Kredit durch die Zahlung der Einkommensteuer veranlasst gewesen sei.
Gründe
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht -- FG -- (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Das angefochtene Urteil verletzt § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG); in welchem Umfang Zinsen als Betriebsausgaben abziehbar sind, läßt sich jedoch auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen.
1. Die für den Betriebsausgabenabzug gemäß § 4 Abs. 4 EStG erforderliche betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen ist dann gegeben, wenn die Zinsen für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlasst ist. Maßgeblich ist die tatsächliche Verwendung des Darlehens. Unbeachtlich ist, ob der Steuerpflichtige mit Darlehen finanzierte Aufwendungen auch durch Eigenmittel hätte bestreiten können, wie auch die Art der für das Darlehen eingeräumten Sicherheiten unbeachtlich ist. Der betriebliche Charakter von Schulden ist auch dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige dem Betrieb zunächst Barmittel entnimmt und im Anschluss hieran betriebliche Aufwendungen durch Darlehen finanziert. Diese Gestaltung ist weder missbräuchlich noch verstößt ihre steuerrechtliche Anerkennung gegen Art. 3 des Grundgesetzes -- GG -- (vgl. Beschluss des großen Senats des , BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, insbesondere unter B. I. 5., und Senatsurteil vom IV R 110/94, BFHE 186, 57, BStBl II 1998, 513).
In gleicher Weise ist bei einem gemischten Kontokorrentkonto, über welches privater und betrieblicher Zahlungsverkehr abgewickelt wird, der privat und der betrieblich veranlasste Teil der Kontokorrentzinsen abzugrenzen. Die für das gemischte Kontokorrentkonto entrichteten Schuldzinsen sind daher entsprechend dem Verhältnis der privat und der betrieblich veranlassten Zahlungen grundsätzlich nach der sog. Zinszahlenstaffelmethode oder durch Schätzung zu ermitteln (Kontokorrentkontobeschluss des Großen Senats des , BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 5. c der Gründe).
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze konnte das FG nicht allein auf den Schuldsaldo des betrieblichen Kontos im Zeitpunkt der Wertstellung des Darlehens von 100 000 DM abheben; ebenso wenig konnte es aus dem zeitlichen Zusammenhang der Wertstellung der Darlehensmittel und der Zahlung der Einkommensteuerschulden sowie aus der Vergleichbarkeit der Beträge folgern, dass der Kredit durch die Zahlung der Einkommensteuer veranlasst gewesen sei. Denn im Streitfall herrscht die Besonderheit, dass der Kläger zwar ein Darlehen aufgenommen, dieses aber nicht einem einzigen betrieblichen oder privaten Zweck zugeführt hat; der Darlehensbetrag wurde vielmehr dem betrieblichen Kontokorrentkonto gutgeschrieben, über welches in der Folgezeit sowohl betriebliche als auch private Verbindlichkeiten getilgt wurden. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem dem Senatsurteil vom IV R 46/86 (BFHE 163, 551, BStBl II 1991, 514) zugrunde liegenden Sachverhalt. Im Streitfall gleicht die Verwendung der Darlehensvaluta daher der Inanspruchnahme eines gemischten Kontokorrentkontos, bei dem die dafür entrichteten Schuldzinsen entsprechend dem Verhältnis der privat und der betrieblich veranlassten Zahlungen zu ermitteln sind. Das FG hätte daher der tatsächlichen Verwendung der Darlehensvaluta bis zu ihrem vollständigen Verbrauch nachgehen und auch berücksichtigen müssen, dass dem Konto in diesem Zeitraum auch Betriebseinnahmen gutgeschrieben wurden. Dabei kann unterstellt werden, dass durch diese laufenden Geldeingänge vorrangig die privaten Schuldenteile getilgt wurden (vgl. Beschluss des Großen Senats in BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B. I. 3. unter Hinweis auf seinen Kontokorrentkontobeschluss und das Senatsurteil vom IV R 97/82, BFHE 162, 557, BStBl II 1991, 226).
Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG hat, von seinem Standpunkt aus zu Recht, keine Feststellungen zum Umfang der kreditfinanzierten Betriebsausgaben und der gutgeschriebenen Betriebseinnahmen getroffen, die das Konto außer den Einkommensteuerzahlungen und sonstigen Privatentnahmen berührt haben. Die Sache war daher an das FG zurückzuverweisen.
3. Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist daher das Gericht des ersten Rechtszuges, im Streitfall das , BFHE 90, 150, BStBl II 1968, 56).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 902
BFH/NV 2001 S. 902 Nr. 7
DStRE 2001 S. 841 Nr. 16
UAAAA-97084