Ermittlung des Grundsteuerwerts für ein Wohnungseigentum mit Tiefgaragenstellplatz in Sachsen nach den Regelungen des BewG
in der Fassung des Grundsteuer-Reformgesetzes vom nicht verfassungswidrig
Beweislast des Steuerpflichtigen für erheblich niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks
Leitsatz
1. Die Berechnung des Grundsteuerwerts für ein Mietwohngrundstücks in Sachsen ist nicht deswegen verfassungswidrig, weil nicht
von der tatsächlich erzielte Miete, sondern von einer durchschnittlichen Miete auf statistischer Grundlage (Mikrozensus des
Statistischen Bundesamtes) ausgegangen wird, oder weil keine Differenzierung danach vorgenommen wird, ob das jeweilige Objekt
vom Eigentümer eigengenutzt oder vermietet wird.
2. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass gemäß Anlage 39 zum BewG auch Garagenstellplätze (Einzelgarage/Tiefgarage) in die
Berechnung des Rohertrags des Grundstücks unabhängig von Gebäudeart, Baujahr, Wohnfläche und Bundesland sowie unabhängig davon
mit eingerechnet werden, ob an dem Garagenstellplatz alleiniges Eigentum, Sondereigentum oder lediglich ein Sondernutzungsrecht
besteht.
3. Der Gesetzgeber hatte beim Grundsteuer-Reformgesetz einen weiten Gestaltungsspielraum und durfte die erforderliche Bewertung
der Grundstücke möglichst einfach und praktikabel gestalten und hierbei individuelle Bewertungsfaktoren unberücksichtigt lassen.
Eine weitere Differenzierung nach konkreten Ausstattungsmerkmalen würde die vom Gesetzgeber beabsichtigte Typisierung und
Vereinfachung des Verfahrens erheblich erschweren.
4. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Bodenwerte von Gutachterausschüsssen – in Sachsen nach der Sächsischen Gutachterausschussverordnung
(SächsGAVO) – ermittelt werden. Die Bewertungen des Gutachterausschusses sind auch nicht deswegen angreifbar, weil sich aus
der Institution des Ausschusses und den gesetzlichen Vorgaben für seine Zusammensetzung ergibt, dass Mitarbeiter der Finanzämter
mitwirken.
5. Die Festsetzung des Grundsteuerwerts ist nicht unter dem Gesichtpunkt rechtswidrig, dass die Kompetenz zur Festlegung des
Grundsteuerhebesatzes bei der Gemeinden liegt, die Gemeinde den ab gültigen Hebesatz noch nicht festgelegt hat und
die zukünftige Steuerlast daher noch nicht verlässlich bestimmbar ist.
6. Die Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG in der Fassung des Grundsteuer-Reformgesetzes vom sind verfassungskonform
dahin auszulegen, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen)
Werts erfolgen kann (Anschluss an ). Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich,
dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte
Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist. Als „extrem über das normale Maß hinausgehend” hat es der BFH
in mehreren Entscheidungen angesehen, wenn der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert
um 40 % oder mehr übersteigt.
7. In welcher Form Nachweis zu erbringen ist, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert
derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist (siehe 6.),
richtet sich dabei nach den allgemein für das Steuerverfahrensrecht geltenden Regelungen. Dies bedeutet insbesondere, dass
Steuerpflichtige den Nachweis auch ohne die formalisierten Nachweispflichten des § 198 BewG führen können. Der Nachweis ist
auch durch ein Wertgutachten (so z. B. ), aber alternativ auch in anderer geeigneter
Art und Form möglich (Anschluss an ).
8. Der Steuerpflichtige hat den Nachweis für einen geringeren gemeinen Wert zu erbringen. Das Gericht ist daher nicht im Wege
der Amtsermittlungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO gehalten, den gemeinen Wert des Grundstücks zu ermitteln.
Fundstelle(n): BB 2024 S. 2646 Nr. 46 VAAAJ-79134
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