BGH Beschluss v. - 6 StR 299/24

Instanzenzug: LG Neubrandenburg Az: 23 KLs 40/23vorgehend Az: 6 StR 160/23 Urteilvorgehend LG Neubrandenburg Az: 22 KLs 12/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten im zweiten Rechtsgang auf Grundlage des nach der Senatsentscheidung vom rechtskräftig gewordenen Schuldspruchs wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Das auf die allgemeine Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den Feststellungen lagerte der Angeklagte in einer Garage in der Wo.                              in W.         2,983 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffanteil von 441 Gramm THC und in einer im D.                   gelegenen Garage 2,98 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffanteil von 243,04 Gramm THC. Das Marihuana stammte aus zwei Lieferungen und war zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Ferner hielt der Angeklagte in der letztgenannten Garage 420 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffanteil von 14,72 Gramm THC für seinen Eigenkonsum vorrätig. Einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG hat die Strafkammer jeweils verneint.

32. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 i.V.m. § 354a StPO trotz dessen Rechtskraft (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 153/24, Rn. 4; vom – 6 StR 117/24, Rn. 9), weil am das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG, BGBl. I Nr. 109) in Kraft getreten ist, das den Umgang mit Konsumcannabis abschließend regelt (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 130) und gemäß § 354a StPO bei der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen ist; dieses erweist sich bei der nach § 2 Abs. 3 StGB gebotenen konkreten Betrachtung (vgl. , BGHSt 20, 74, 75 mwN) als das mildere Gesetz.

4Handeltreiben mit Cannabis ist nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbewehrt. Diese Vorschrift sieht – anders als § 29a Abs. 1 BtMG – nicht mehr eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe, sondern Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor. Auch mit Rücksicht darauf, dass der Gesetzgeber in § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG das Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge als Regelbeispiel eines besonders schweren Falls mit einem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren ausgestaltet hat, ist diese Vorschrift das im Vergleich zu § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG mildere Gesetz. Entsprechendes gilt in Bezug auf den tateinheitlich verwirklichten Besitz von Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 3 Nr. 4 KCanG).

5Der Angeklagte hat sich danach des Handeltreibens mit Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG in zwei Fällen schuldig gemacht. Da es sich bei § 34 Abs. 3 KCanG – anders als bei § 29a BtMG – um eine Strafzumessungsregel handelt, ist trotz der Überschreitung des Grenzwertes von 7,5 Gramm THC (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 106/24; vom – 5 StR 153/24; vom – 6 StR 536/23; vom – 4 StR 5/24) das Handeltreiben mit einer nicht geringen Menge nicht in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. , Rn. 3; KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 260 Rn. 31).

6Zum Handeltreiben mit Cannabis aus dem Lager im D.                     tritt tateinheitlich der verbotene Besitz des für den Eigenkonsum bestimmten Cannabis hinzu (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG). Die Tathandlungen nach § 34 Abs. 1 KCanG hat der Gesetzgeber an die Begrifflichkeiten des BtMG angelehnt (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 93 f.; , Rn. 7; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321, 322). Da offengeblieben ist, auf welche Weise der Angeklagte die Verfügungsmacht über das zum Eigenkonsum bestimmte Marihuana erlangte, kam nur eine tateinheitliche Verurteilung wegen verbotenen Besitzes in Betracht (vgl. , NStZ 1994, 548; Patzak in Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 892). An der konkurrenzrechtlichen Bewertung hat sich nichts geändert (vgl. , Rn. 5).

73. Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer aufgrund des milderen Strafrahmens des Handeltreibens mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 4 KCanG) auf niedrigere Freiheitsstrafen erkannt hätte. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bleiben aufrechterhalten (§ 353 Abs. 2 StPO) und können um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.

8Sollte das neue Tatgericht beim Schuldumfang die tateinheitliche Verwirklichung des verbotenen Besitzes und dabei auch die Wirkstoffmenge in die Abwägung einstellen (§ 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG; vgl. , Rn. 24 mwN), wird es die für die verfahrensgegenständliche Umgangsform bestimmte Menge in dem Umfang außer Acht lassen müssen, in dem ihr Besitz nicht strafbar ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 50/24, Rn. 12; vom – 6 StR 536/23, Rn. 27; Patzak in Patzak/Fabricius, aaO, § 34 KCanG Rn. 17). Demgegenüber ist dem Umstand, dass es sich bei Cannabis um eine „weiche Droge“ handelt, unter dem KCanG keine strafmildernde Bedeutung beizumessen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 6 StR 536/23, Rn. 17; vom – 6 StR 132/24, Rn. 5).

94. Von der Anordnung der Einziehung des zum Eigenkonsum bestimmten Marihuanas hat der Senat aus prozessökonomischen Gründen nach § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO abgesehen, soweit es die von dem Angeklagten außerhalb seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts gelagerte Umgangsmenge von 25 Gramm betrifft.

Feilcke                        Tiemann                        Fritsche

           von Schmettau                   Arnoldi

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:021024B6STR299.24.0

Fundstelle(n):
WAAAJ-78114