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BBK Nr. 21 vom Seite 1001

Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten bei Auslandseinsätzen

Jörg Romanowski

Zunehmend kommt es in der Praxis eines Unternehmens vor, dass Mitarbeiter auch im Ausland eingesetzt werden. Sei es wegen einer Montagetätigkeit auf einer größeren Baustelle bei einem Kunden in Österreich oder ein kurzer Reparatureinsatz bei einem Auftraggeber in Tschechien oder auch nur die eintägige Dienstbesprechung bei der Konzernmutter in Frankreich. Im Normalfall arbeiten diese Mitarbeiter in einem Unternehmen mit Sitz in Deutschland und leben auch in Deutschland. Wenn es dann zu einem Auslandseinsatz kommt, stellt sich die Frage: In welchem Land müssen die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden? Viele werden sagen: In Deutschland natürlich! Doch so einfach ist es nicht und – wie immer – der Teufel steckt im Detail. Der folgende Beitrag gibt einen kompakten Überblick über die Rechtslage und häufige Praxisprobleme.

I. Rechtliche Ausgangslage

§ 3 Nr. 1 SGB IV regelt die Rechtsgrundlage: „Die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder selbständig tätig sind.“

In [i]Grundsätzlich Beschäftigungsstaatsprinzipder Sozialversicherung gilt damit (und auch weltweit) grundsätzlich das Beschäftigungsstaatsprinzip. Das bedeutet, dass eine Beschäftigung, die z. B. in Frankreich ausgeübt wird, nach französischem Sozialversicherungsrecht abgerechnet werden muss. Dabei spielt erst einmal der Wohnort des Arbeitnehmers und der Firmensitz seines Arbeitgebers keine Rolle. S. 1002

Eine Besonderheit ist in § 4 Abs. 1 SGB IV (Ausstrahlung) geregelt: „Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist.“

§ 6 [i]Entsendung oder gewöhnliche Erwerbstätigkeit in verschiedenen EU-MitgliedstaatenSGB IV verweist dann auf überstaatliches Recht: „Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.“ Damit ist innerhalb der EU konkret die EG-Verordnung 883/2004 gemeint. In der Praxis muss unterschieden werden zwischen

  • einer Entsendung in einen anderen EU-Mitgliedstaat nach Art. 12 VO (EG) 883/2004 und

  • einer gewöhnlichen Erwerbstätigkeit in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten nach Art. 13 VO (EG) 883/2004.

Entscheidend [i]Dauer der Tätigkeit ist hierbei die Dauer der Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat (dauerhaft, kurzfristig oder vorübergehender Art) und die Definition des Arbeitsorts im Arbeitsvertrag (Art. 14 Abs. 7 VO (EG) 987/2009). Welche Rechtsvorschriften zur Anwendung kommen, regeln insbesondere die Art. 11-13 und 16 der Verordnung (EG) 883/2004. Einzelheiten zur Durchführung des Verfahrens ergeben sich aus Art. 14, 16 und 18-21 der Verordnung (EG) 987/2009.