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NWB-EV Nr. 10 vom Seite 299

Steueroptimierte Vermögensnachfolge in Bezug auf Immobilien

Teil 2: Steuerliche Gestaltungen – Optimierte Wege der Vermögensübertragung

Felix Becker und Luca Cornelius

Auf der Basis des Teil 1 erfolgt eine Betrachtung von steuerlichen Gestaltungen, welche einen groben Überblick über die steuerlichen Implementierungen des tatsächlichen Umsetzungs- und Gestaltungswillens des Unternehmers liefern sollen. Hierbei werden Gedanken abgedeckt, welche sich zwingend im Rahmen der praktischen steuerlichen Betrachtung des Status Quo ergeben. Mit Praxishinweisen werden relevante und zu betrachtende Punkte anhand eines Ausgangssachverhalts und entsprechende Sachverhaltsabwandlungen näher erläutert.

Kernaussagen
  • Die Vermögensnachfolge in Form einer Immobiliengesellschaft gemeinsam mit den Kindern sollte in den meisten Fällen entgeltlich gestaltet werden, wenn neues Abschreibungsvolumen gebildet werden soll, oder unentgeltlich, wenn ein steuerfreier Verkauf nicht möglich ist.

  • Eine Familienstiftung ist aufgrund des hohen Stiftungsstocks nur bei einem hohen Immobilienvermögen oder im Zusammenhang mit weiterem Vermögen sinnvoll und bildet bei dem Willen einer langfristigen Asset Protection gegenüber den anderen Gesellschaftsformen die bestmögliche Lösung. Familienstiftungen sollten darüber hinaus nicht rein aus steuerlichen Gründen herangezogen werden.

  • Hinsichtlich der Thesaurierung und dem damit verbundenen gewonnenen Investitionsvolumen kann eine vermögensverwaltende GmbH alleine – oder verbunden mit einer Holdinggesellschaft – ein auf die Zukunft gerichtetes langfristiges Modell der Immobilienverwaltung sein.

I. Übertragung im Wege des Vorbehaltsnießbrauchs

Sollte die übertragende Person des Grundstücks nicht bereits finanziell abgesichert sein, bietet die Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch eine geeignete Gestaltung, um die Immobilien zu übertragen, eine Versorgung zu verschaffen und den Wert der Schenkung zu mindern. Der Vorbehaltsnießbrauch ist demnach eine Gestaltungsoption, welche in der Praxis häufig gewählt wird. Dies hat neben steuerlichen auch außersteuerliche Gründe. Häufig wird im Mittelstand ein Immobilienbestand aufgebaut, um im Rentenalter einen gewissen Cashflow generieren und die fehlende oder zu geringe Rente ausgleichen zu können. Aus steuerlichen Gründen ist jedoch eine frühzeitige Planung und ggf. Übertragung sinnvoll. Dies führt häufig zu einem Konflikt: Soll Vermögen übertragen werden, damit eine mögliche Erbschaftsteuer vermieden wird oder sollen die Immobilien ihrem ursprünglichen Zweck dienen und die Versorgung im Rentenalter sichern? Hier schafft der Vorbehaltsnießbrauch Abhilfe. Bei der Übertragung gegen Vorbehaltsnießbrauch werden Eigentum und Früchteziehung voneinander getrennt. Konkret bedeutet dies, das Eigentum geht im Rahmen eines Verkaufs oder – wie in der Regel – durch eine Schenkung über, die Früchte (Einnahmen) bleiben jedoch bei der übertragenden Person. Dieses Recht wird im Grundbuch eingetragen, so dass es gegenüber Dritten ersichtlich ist. Dadurch ist die Erreichung beider Ziele möglich.

Neben der geplanten Vermögensnachfolge bietet der Vorbehaltsnießbrauch einen weiteren Vorteil. Die Tatsache, dass eine andere Person als der Eigentümer die Früchte ziehen kann, die Einnahmen erhält oder die Immobilie selbst bewohnen kann, führt zu einer Minderung des Immobilienwertes. Die Minderung berechnet sich aus den jährlichen Früchten und einem Vervielfältiger, welcher sich an der noch zu erwartenden Lebensdauer der übertragenden Person orientiert. Gemäß § 16 BewG können jedoch maximal 1/18,6 des gesamten Wertes als Grundlage herangezogen werden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass der maximale Vervielfältiger 18,6 beträgt und durch den Vorbehaltsnießbrauch kein negativer Vermögenswert entstehen kann. Zu beachten ist jedoch, dass der Nießbrauch nach der Übertragung für eine gewisse Zeit bestehen muss. Dies normiert § 14 Abs. 2 BewG, anderenfalls würde die Wertminderung rückgängig gemacht werden. S. 300Hintergrund dieser Vorschrift ist, dass eine Übertragung am Sterbebett nicht missbräuchlich steueroptimiert erfolgen soll.

Durch die Eintragung ins Grundbuch sichert sich die übertragende Generation auch gegen einen möglichen Verkauf der Immobilie ab. Auf der einen Seite wird ein Verkauf durch die fehlenden Einnahmen für Käufer weniger interessant, auf der anderen Seite hätte die übertragende Generation weiterhin sämtliche Rechte der Früchteziehung.

Der Vorbehaltsnießbrauch bietet jedoch nicht nur Vorteile. Eine ertragsteuerliche Optimierung ist in diesem Zusammenhang schwieriger, da die Einkünfte bei dem Nießbrauchberechtigten verbleiben und sich keine Änderungen ergeben. Zudem kann es bei der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen zu Problemen kommen. Mangels Einkunftserzielungsabsicht kann der Eigentümer anfallende Aufwendungen nicht steuerlich geltend machen.

Anstatt eine unentgeltliche Übertragung vorweg zu gestalten oder einen Nießbrauch bei der Übertragung einzuräumen, können die beteiligten Personen auch darüber nachdenken, die Immobilie als Eltern in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG zu überführen und anschließend die Anteile an der KG unter Vorbehaltsnießbrauch an die Kinder übertragen. Dies bietet den Vorteil, dass der AfA-Step-Up (Hebung des Abschreibungsvolumens) durch die Einbringung oder Einlage der Immobilie in das Gesamthandsvermögen gehoben werden kann, gleichzeitig jedoch die Eltern unter Minderung der Schenkungsteuer die Anteile an ihre Kinder übertragen können. Die Kinder treten in die steuerliche Rechtsstellung der Eltern hinsichtlich der AfA ein und führen diese erhöhte AfA fort. Aus ertragsteuerlicher Sicht ergibt sich der Anwendungsfall des § 6 Abs. 3 EStG.