BGH Beschluss v. - 4 StR 181/24

Instanzenzug: Az: 20 KLs 10/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und mehrere Einziehungsentscheidungen getroffen. Die Revision, mit der der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den Feststellungen erklärte sich der Angeklagte gegen Zahlung eines Entgelts dazu bereit, Betäubungsmittel aus den Niederlanden abzuholen und von dort nach Deutschland zu verbringen. Ihm wurde hierfür ein Pkw (Citroën Jumpy) zur Verfügung gestellt, der über ein präpariertes Versteck verfügte. Der Angeklagte fuhr hiermit nach V.   (Niederlande) und überließ das Fahrzeug am vorübergehend unbekannt gebliebenen Dritten, die in dem Versteck 149,667 kg 3-Chlormethcathinon (3-CMC), in denen 110,1 kg 3-CMC-Base enthalten waren, verstauten. Sie versteckten dort darüber hinaus 94,72 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 6,68 g THC, die – anders als das Betäubungsmittel 3-CMC – nicht für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war. Sodann übergaben die Dritten das Fahrzeug wieder dem Angeklagten, der – in Kenntnis der versteckten Substanzen – hiermit als Alleinfahrer von V.   aus in die Bundesrepublik Deutschland fuhr. Ihm war hierbei bewusst, dass das in dem Versteck nach Deutschland verbrachte 3-CMC gewinnbringend weiterverkauft werden sollte. In der Nähe der Autobahnabfahrt F.                    wurden die eingeführten Drogen schließlich anlässlich einer Fahrzeugkontrolle durch Zollbeamte aufgefunden und sichergestellt.

32. Der Senat sieht aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom mit dessen Zustimmung gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO aus prozessökonomischen Gründen von der Einziehung des in der Beschlussformel bezeichneten Fahrzeugs ab und lässt diese entsprechend § 354 Abs. 1 StPO entfallen.

43. Die auf die Revision des Angeklagten veranlasste Nachprüfung des Urteils führt zu der durch das Inkrafttreten des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. I 2024, Nr. 109 – Cannabisgesetz) erforderlich gewordenen Neufassung des Schuldspruchs.

5a) Soweit der Angeklagte mit dem Fahrzeug – neben dem zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel 3-CMC – auch 94,72 g Marihuana nach Deutschland eingeführt hat, hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO die – hier milderen – Vorschriften des am in Kraft getretenen Konsumcannabisgesetzes anzuwenden (vgl. Rn. 14; Beschluss vom – 4 StR 5/24 Rn. 6; Beschluss vom – 5 StR 153/24 Rn. 4; Beschluss vom – 1 StR 106/24 Rn. 4). Das vom Landgericht festgestellte Tatgeschehen stellt sich daher als Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) in Tateinheit mit Einfuhr von Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 5 KCanG) und mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 StGB) dar.

6b) Die von der Strafkammer in Bezug auf § 30 Abs. 1 Nr. 4, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zugrunde gelegte Annahme, eine nicht geringe Menge 3-CMC liege ab einem Grenzwert von 25 g der wirkungsbestimmenden Base vor, beschwert den Angeklagten jedenfalls nicht. Das Landgericht stützt sich hierbei auf das in den Urteilsgründen ausführlich dargestellte Gutachten der Sachverständigen F.       , wonach der Grenzwert – mangels ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Dosierung, Wirkungseffekte, -stärke und -dauer von 3-CMC – nur anhand eines Vergleichs mit strukturverwandten Cathinonen (vgl. allgemein hierzu Rn. 10; Urteil vom – 3 StR 462/22 Rn. 7; Urteil vom – 4 StR 124/14 Rn. 14; jeweils mwN) bemessen werden könne. Die auf diese Weise von der Strafkammer bestimmte Grenzmenge von 25 g steht überdies im Einklang mit dem von der Sachverständigen F.        in ihrem Gutachten bereits angeführten (damals aber noch nicht veröffentlichten) Vorschlag einer Projektgruppe aus Vertretern kriminaltechnischer Institute von Bund und Ländern (Bork/Dahlenburg u.a., Toxichem Krimtech 2024, Sonderheft, 65, 68).

7c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst. Die Vorschrift des § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der – weitgehend geständige – Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

84. Der Strafausspruch bleibt von der Schuldspruchänderung unberührt.

9Die Strafe ist unverändert aus dem von der Strafkammer zur Anwendung gebrachten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG zu entnehmen (vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB). Der Senat schließt aus, dass das Landgericht allein infolge der mit dem KCanG vom Gesetzgeber verbundenen geänderten Bewertung zu einer milderen Strafe gekommen wäre. Die Strafkammer hat die – im Verhältnis zum Betäubungsmittel 3-CMC – sehr geringe Menge Marihuana ausdrücklich nicht strafschärfend berücksichtigt.

105. Im Übrigen hat die revisionsrechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

116. Der geringfügige Teilerfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:020724B4STR181.24.0

Fundstelle(n):
KAAAJ-73021