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Feierkosten und Lohnsteuer
Aktuelles aus der Rechtsprechung
[i]Merx in Kanzler/ Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, Einkommensteuergesetz Kommentar, 9. Aufl. 2024, § 19, Rz. 401 ff., NWB YAAAJ-52156 Die Übernahme von Kosten für Betriebsfeiern durch Arbeitgeber zugunsten von Arbeitnehmern löst seit jeher die Frage nach der Erfassung eines steuerpflichtigen geldwerten Vorteils aus. Hieran hat auch die 2015 in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG eingefügte gesetzliche Definition der Betriebsveranstaltung nichts geändert. Eine Betriebsveranstaltung liegt nach Auffassung des BFH ab 2015 selbst dann vor, wenn die Teilnahme nicht sämtlichen Mitarbeitern offensteht. Dies ermöglicht eine Lohnsteuerpauschalierung des geldwerten Vorteils, wenngleich für die nicht allen offenstehende Veranstaltung ohne Berücksichtigung des 110 €-Freibetrags abzurechnen ist. Die Pauschalierung darf nach Auffassung des Bundessozialgerichts aber nicht in einem späteren Entgeltzeitraum nachgeholt werden, um die Sozialversicherungsfreiheit des pauschalierten Vorteils nicht zu verlieren. Feiern für einzelne Mitarbeiter sind in der Regel keine Betriebsveranstaltungen. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung kann eine Mitarbeiterehrung mit Kosten über 110 € als betriebliche Feier einzuordnen sein, so dass nur die Kosten für die teilnehmenden Privatpersonen als steuerpflichtiger geldwerter Vorteil anzusetzen sind.
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I. Allgemeines
[i]Langenkämper, Betriebsveranstaltungen, Grundlagen, NWB YAAAE-61363 Die Veranstaltungsdurchführung gehört genauso zum Unternehmensalltag wie die steuerliche Beurteilung der in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten. Die steuerlichen Fragen sind vielfältig, insbesondere gilt es zu klären:
Können die Veranstaltungskosten als Betriebsausgaben geltend gemacht werden?
Besteht ein [i]BetriebausgabenVorsteuerabzug aus den Veranstaltungskosten?
Löst [i]Vorsteuerabzugdie Übernahme von Feierkosten durch den Arbeitgeber steuerpflichtige geldwerte Vorteile aus, die eventuell pauschal besteuert werden können? [i]LohnsteuerpauschalierungBei Anwendung einer Lohnsteuerpauschalierung gilt es zudem zu prüfen, ob hierdurch eine Sozialversicherungsfreiheit ausgelöst wird.
[i]Verdeckte GewinnausschüttungLöst die Übernahme von Feierkosten durch den Arbeitgeber bei einem (beherrschenden) Gesellschafter/Geschäftsführer eine verdeckte Gewinnausschüttung aus?
Haben die zur Feier eingeladenen Personen aus der Teilnahme an den Feierlichkeiten eigene einkommensteuerpflichtige Einnahmen zu versteuern und kann der Einladende diese Besteuerung durch eine Pauschalierung zu seinen Lasten nach § 37b Abs. 1 EStG verhindern?
Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Einordnung von Betriebsveranstaltungen, Firmenfeiern anlässlich eines runden Firmenjubiläums und Feiern S. 2245anlässlich der Ehrung einzelner Mitarbeiter (z. B. im Zusammenhang mit der Verabschiedung und/oder Diensteinführung neuer – zumeist leitender – Mitarbeiter) zu.
II. Betriebsveranstaltungen
[i]Reaktion auf BFH-RechtsprechungZum hat der Gesetzgeber als Reaktion auf unliebsame BFH-Rechtsprechung (s. unten Hinweis) in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG (Einfügung durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. , BGBl 2014 I S. 2417) eine Regelung zur Behandlung von Aufwendungen für eine Betriebsveranstaltung aufgenommen.
Nach der BFH-Rechtsprechung hatte der Wertvorteil des an der Betriebsveranstaltung teilnehmenden Partners keinen geldwerten Vorteil ausgelöst (, BStBl 2015 II S. 189). Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung (Mietkosten, Organisationskosten) waren nicht in die Betriebsveranstaltungskosten einzubeziehen. Nur konsumierbare Kosten lösten geldwerte Vorteile aus (, BStBl 2015 II S. 186). Durch das ab 2015 geltende o. g. Nichtanwendungsgesetz ist diese BFH-Rechtsprechung sowohl lohn- als auch umsatzsteuerrechtlich überholt (, BStBl 2023 II S. 1023; Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 UStAE).
[i]LegaldefinitionGeldwerte Vorteile aus einer Betriebsveranstaltung können nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG zu (steuerfreiem oder steuerpflichtigem) Arbeitslohn führen. Im Wesentlichen wird Folgendes bestimmt: Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG
„ 1Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung). ... 3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 € [Anm.: eine im Rahmen des Wachstumschancengesetzes geforderte Erhöhung des lohnsteuerlichen Freibetrags von 110 € auf 150 € wurde nicht beschlossen] je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. 4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.“
[i]BegleitpersonenWertvorteile von Begleitpersonen des Mitarbeiters sind dem Mitarbeiter selbst zuzurechnen; dies bestimmt § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG. Diese rechnerische Zurechnung soll selbst dann erfolgen, wenn es sich bei den Begleitpersonen um minderjährige Kinder handelt. Eine Billigkeitsregelung bei nicht schulpflichtigen Kindern, die z. B. an einem Sommerfest der Firma teilnehmen, dürfte geboten sein.
[i]FreibetragDer Betrag von 110 € versteht sich lohnsteuerlich seit 2015 als Freibetrag, so dass nur der übersteigende Betrag steuerpflichtig ist und nur dieser (wahlweise) der Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zu unterwerfen ist.
Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG pauschal mit 25 % erheben. Durch eine „zeitnahe“ Pauschalierung wird eine Zurechnung zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt verhindert (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. mit Satz 2 SvEV).S. 2246
[i]BMF-SchreibenDie Finanzverwaltung hat mit (BStBl 2015 I S. 832) und v. (NWB HAAAF-88065) sowie v. ( NWB GAAAG-48559) zur Anwendung dieser Regelung Stellung genommen.
III. Kosten für Feier zu Ehren eines Mitarbeiters (Betriebsfeiern)
[i]Nicht zu Arbeitslohn führende BetriebsveranstaltungVon den zu (steuerfreiem oder steuerpflichtigem) Arbeitslohn führenden Betriebsveranstaltungen sind andere Betriebsfeiern abzugrenzen, deren Kosten unter Einhaltung bestimmter Freigrenzen keinen Arbeitslohn auslösen. Keinen Arbeitslohn lösen nach R 19.3 Abs. 2 Nr. 3 LStR 2023 aus:
„übliche Sachleistungen des Arbeitgebers aus Anlass der Diensteinführung, eines Amts- oder Funktionswechsels, eines runden Arbeitnehmerjubiläums oder der Verabschiedung eines Arbeitnehmers; betragen die Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer mehr als 110 € je teilnehmender Person, sind die Aufwendungen dem Arbeitslohn des Arbeitnehmers hinzuzurechnen; auch Geschenke bis zu einem Gesamtwert von 60 € sind in die 110 €-Grenze einzubeziehen.“
[i]„Runde“ ArbeitnehmerjubiläenWas unter einem „runden Arbeitnehmerjubiläum“ zu verstehen ist, beschreiben die LStR 2023 nicht. Nach dem (BStBl 2015 I S. 832, Tz. 4, b) ist das 10-, 20-, 25-, 30-, 40-, 50-, 60-jährige Arbeitnehmerjubiläum als „rundes“ Jubiläum einzuordnen.
[i]Zeitlicher ZusammenhangDer zeitliche Zusammenhang zu dem in R 19.3 Abs. 2 Nr. 3 LStR 2023 genannten Anlass dürfte zumindest dann eingehalten werden, wenn die Veranstaltung drei Monate vor oder nach diesem Anlass stattfindet. Bei Feiern zum 40-, 50- oder 60-jährigen Arbeitnehmerjubiläum lässt es die Finanzverwaltung sogar zu, wenn die Feier höchstens fünf Jahre vor dem Jubiläum stattfindet ( BStBl 2015 I S. 832, Tz. 4, b).
Die Bruttokosten für eine Feier aus Anlass eines Dienstjubiläums betragen 3.750 €. An der Veranstaltung nehmen 30 ausgewählte Mitarbeiter teil. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind bei dem Mitarbeiter, zu dessen Gunsten gefeiert wird, 3.750 € als Arbeitslohn zu versteuern. Die Üblichkeitsgrenze von 110 € (Freigrenze) wird überschritten. Eine individuelle Besteuerung kann bislang insbesondere durch eine Pauschalierung nach § 37b Abs. 2 EStG verhindert werden.
Wie Beispiel 1, allerdings betragen die Kosten 3.000 € (brutto). Die Üblichkeitsgrenze von 110 € (Freigrenze) je teilnehmender Person ist nicht überschritten. Es ist kein Arbeitslohn zu erfassen; Vorsteuer dürfte nach den allgemeinen Regelungen des UStG ebenso geltend zu machen sein.
Nicht als Arbeitslohn sind nach R 19.3 Abs. 2 Nr. 4 LStR 2023 darüber hinaus anzusehen:
„übliche Sachleistungen bei einem Empfang anlässlich eines runden Geburtstags eines Arbeitnehmers, wenn es sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles um ein Fest des Arbeitgebers (betriebliche Veranstaltung) handelt. Die anteiligen Aufwendungen des Arbeitgebers, die auf den Arbeitnehmer selbst, seine Familienangehörigen sowie private Gäste des Arbeitnehmers entfallen, gehören jedoch zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers S. 2247mehr als 110 € je teilnehmender Person betragen; auch Geschenke bis zu einem Gesamtwert von 60 € sind in die 110 €-Grenze einzubeziehen,“
[i]Privater Anlass kann durch betriebliche Veranstaltung überlagert werdenHintergrund für diese Regelung in R 19.3 Abs. 2 Nr. 4 LStR 2023 ist die BFH-Rechtsprechung v. - VI R 48/99 (BStBl 2003 II S. 724). Der private Anlass „Arbeitnehmer-Geburtstag“ kann danach durch eine betriebliche Veranstaltung überlagert werden. Die Überlagerungsrechtsprechung wendet die Finanzverwaltung allerdings nicht bei den in R 19.3 Abs. 2 Nr. 3 LStR 2023 genannten Anlässen für Feierlichkeiten an.
Die Bruttokosten für eine Feier aus Anlass eines runden Arbeitnehmerjubiläums betragen 3.750 €. Es handelt sich um eine betriebliche Feier u. a., weil der Arbeitgeber als Einladender auftritt und die Gästeliste mit überwiegend geschäftlichen Gästen bestimmt hat. An der Veranstaltung nehmen 30 Gäste teil. Neben dem Jubilar nimmt noch dessen Ehefrau teil.
Nur die vom Arbeitgeber getragenen Kosten für den Jubilar und dessen Ehefrau lösen Arbeitslohn in Höhe von (3.750 € : 30 = 125 € x 2 =) 250 € aus. Eine individuelle Besteuerung kann bislang insbesondere durch eine Pauschalierung nach § 37b Abs. 2 EStG verhindert werden.