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BBK Nr. 15 vom Seite 688

Das „Altkassen-Urteil“ des BFH – eine Einordnung

Analyse, technische Betrachtung und Hinweise für Streitfälle

Jens Reckendorf

Das BFH-Urteil X R 3/22 ist ein weiterer Schritt in Richtung einer realistischen Beurteilung der Manipulationsmöglichkeiten von elektronischen Registrierkassen und ihrer Auswirkungen. In diesem Urteil haben sich der BFH und das FG Niedersachsen als Vorinstanz ausführlicher als jemals zuvor mit den technischen Aspekten elektronischer Kassensysteme befasst – wenn auch mit einem System, das vor fast 40 Jahren auf den Markt kam. Hat sich dieser Aufwand gelohnt? Wie gut lassen sich die Feststellungen auf andere Fälle und auf neuere Kassensysteme übertragen? Erscheinen bisherige Finanzgerichtsurteile jetzt in einem anderen Licht? Und weiß man jetzt endlich, wie Programmierprotokolle funktionieren sollen?

I. Das Urteil

[i]BFH, Urteil v. 28.11.2023 - X R 3/22, BStBl 2024 II S. 329 NWB FAAAJ-64785 Das BFH-Urteil X R 3/22 behandelt einen Fall, in dem ein Restaurantbetreiber in den Jahren 2011 bis 2014 eine einfache elektronische Registrierkasse, die keine Einzelaufzeichnungen speichern konnte, einsetzte. Das Finanzamt nahm eine Vollschätzung der Einnahmen vor, da es die Aufzeichnungen als nicht ordnungsmäßig ansah. Der Steuerpflichtige klagte gegen die auf dieser Basis erlassenen Bescheide.

Das FG Niedersachen befasste sich in der Vorinstanz mit Urteil 12 K 93/18 ausführlich mit vielen Details, u. a. wurde ein Sachverständiger mit der Begutachtung der Registrierkasse beauftragt. Auf Basis dieses Gutachtens bewertete das Finanzgericht die Kasse als „objektiv manipulierbar“, auch wenn eine tatsächliche Manipulation der Kasse nicht nachgewiesen werden konnte. Das Finanzgericht reduzierte die Schätzung, bestätigte im Wesentlichen jedoch die Position des Finanzamtes. S. 689

Die Richter des BFH hoben die Entscheidung auf und verwiesen die Sache zurück an das Finanzgericht. Ein Schwerpunkt in der Begründung war die Bewertung der Manipulierbarkeit der Registrierkasse und das Gewicht dieses Mangels.

Praxishinweis:

Die [i]Betrachtung des Gesamtbildes ausführliche Darstellung des Sachverhalts durch das Finanzgericht und den BFH zeichnet ein Gesamtbild mit vielen Buchführungsmängeln. Es handelt sich also nicht nur um ein (potenzielles) Problem mit der Registrierkasse. Dieses Gesamtbild muss immer berücksichtigt werden, bevor Aussagen zu Einzelthemen aus dem Zusammenhang gelöst und als „absolute Wahrheit“ dargestellt werden. Das passiert leider immer wieder – mal im Sinne der Steuerpflichtigen, mal im Sinne der Finanzverwaltung. Dieses Thema wird im Folgenden noch detaillierter behandelt.

II. Juristische Bewertung

Die juristischen Aspekte der BFH-Entscheidung sind bereits kommentiert worden, u. a. von Nöcker und Rätke. Rätke weist dabei auf zwei wesentliche Schwachstellen hin: