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BBK Nr. 14 vom Seite 636

Die neue Gewinn- und Verlustrechnung nach IFRS 18

Worauf sich IFRS-Anwender einstellen müssen

Prof. Dr. Carsten Theile

IAS 1, der erste Standard (Erstfassung 1975!) der IFRS-Welt – ist auch sehr bedeutend: Er hat zahlreiche GoB zum Gegenstand, regelt (z. T. rudimentär) die Gliederung von Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Eigenkapitalspiegel und enthält einige Anhangangabepflichten. Doch IAS 1 hat ausgedient. Mit Wirkung für Geschäftsjahre, die am oder nach dem beginnen, wird er ersetzt durch den am veröffentlichten IFRS 18. Einen neuen Standard zu bauen mit einem solch umfangreichen Regelungsgegenstand ist keine Kleinigkeit. Freilich: Es werden nicht alle Inhalte des IAS 1 durch IFRS 18 von links auf rechts gedreht, sondern viele auch übernommen. Der Schwerpunkt der Neufassung liegt in der neuen Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung mit dem Ziel einer besseren Performance-Messung und der Schaffung besserer zwischenunternehmerischer Vergleichbarkeit. Der Beitrag erläutert, worauf sich die Praxis wird einstellen müssen – und dass man mit Umstellungsmaßnahmen besser früher als später beginnen sollte.

I. Das Problem: Warum ein neuer Standard?

[i]Es stehen sich zwei Ansätze gegenüberIn der Regulierung der Finanzmarktkommunikation stehen sich im Wesentlichen zwei Ansätze gegenüber: (1) Nur ein Mindestmaß an Regulierung insoweit, dass nach außen so berichtet werden muss, wie auch intern an das Management berichtet wird. Im IFRS-Regelwerk kommt dieser Management Approach am deutlichsten durch IFRS 8 Geschäftssegmente zum Ausdruck: In der Segmentberichterstattung können die Informationen über die Segmente dem internen Rechnungswesen entnommen werden, um die Steuerungs- und Entscheidungsstrukturen auch nach außen transparent zu machen. (2) Auf dem Gegenpol findet sich ein hohes Maß an Regulierung, die das Management zwingt, beobachtbare Lebenssachverhalte nach einheitlichen Kriterien unter ein vorgeS. 637gebenes Korsett zu subsumieren. Deutlich wird dieser Ansatz, wenn etwa einheitliche Gliederungsvorgaben der Berichtsinstrumente Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz, Eigenkapitalspiegel und Kapitalflussrechnung formuliert werden. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt in der besseren – zumindest formalen – Vergleichbarkeit der Abschlussdaten verschiedener Unternehmen.

[i]IFRS schwankte bisher zwischen diesen beiden AnsätzenDas IFRS-Regelwerk schwankt bisher zwischen beiden Polen: Auf der einen Seite die schon genannte Segmentberichterstattung, auf der anderen Seite ist etwa die Bilanzgliederung im Ergebnis eindeutig vorgegeben. Weniger starke Gliederungsvorgaben bestehen für die Gewinn- und Verlustrechnung, bei der bspw. die Tiefe der Aufgliederung operativer Aufwendungen den Unternehmen überlassen bleibt; Vorgaben für Zwischensummen fehlen gänzlich (IAS 1.82). In der Gliederung des Eigenkapitalspiegels finden sich durchaus hohe Freiheitsgrade, und IAS 7 zur Kapitalflussrechnung enthält unterhalb der obersten Gliederungsebene (laufende Geschäftstätigkeit, Investitions- und Finanzierungstätigkeit) keine verbindlichen Gliederungsvorgaben. In vielen Bereichen der Berichtsinstrumente besteht hinsichtlich der Vergleichbarkeit also Luft nach oben.

[i]Mangelnde Vergleichbarkeit wurde seit Jahren kritisiertNach Aussage des IASB ist die mangelnde zwischenunternehmerische Vergleichbarkeit vor allem hinsichtlich der Beurteilungsmöglichkeiten der Ertragskraft insbesondere von Finanzanalysten schon seit Jahren kritisiert worden. Insgesamt regen diese an:

  1. Angabe klar definierter Zwischensummen in der Gewinn- und Verlustrechnung,

  2. deutlichere Vorgaben zur Aggregation und Disaggregation von Informationen (z. B. Aufgliederung bestimmter Posten) und

  3. die Pflicht, von den Unternehmen im Abschluss verwendete Kennzahlen zu definieren und anzugeben, warum sie verwendet und wie sie berechnet werden.

[i]Löst IFRS 18 das Problem?Der IASB hat sich seit 2016 dem Problem angenommen und dazu im Dezember 2019 den Standardentwurf ED/2019/7 General Presentation and Disclosures veröffentlicht. Nach weiteren jahrelangen Diskussionen und Anhörungen ist mit dem am veröffentlichten IFRS 18 Presentation and Disclosure in Financial Statements das Projekt abgeschlossen. IFRS 18 hat die Darstellung von Finanzinformationen zum Gegenstand, nicht aber – wie auch bislang IAS 1 nicht – Ansatz- und Bewertungsfragen. Gelingt nun mit IFRS 18 die bessere zwischenunternehmerische Vergleichbarkeit insbesondere bei der Gewinn- und Verlustrechnung? Und was kommt auf die Unternehmen bei der Umsetzung des IFRS 18 zu? Eine Bestandsaufnahme.

II. Die Lösung, formal: Der neue IFRS 18

1. Beachtlicher Umfang

Der Regelungsumfang des IFRS 18 kommt auf 72 Seiten daher. Hinzu kommen 105 Seiten (Folge-)Änderungen an anderen – praktisch allen – Standards und Interpretationen. Umfangreiche Änderungen werden vor allem an IAS 8 vorgenommen, aber auch IAS 7 ist materiell betroffen.

Hinweis:

[i]Hinweis zum Aufbau des BeitragsNeue Standards oder Standardänderungen haben für Anwender immer einen gewissen Lästigkeitswert auf mehreren Stufen: Im Detail muss geschaut werden, ob die Änderungen nur formal oder auch materiell sind, und wenn letzteres S. 638der Fall ist, wie es um die eigene Betroffenheit steht. Sollte Betroffenheit bestehen, müssen in den Unternehmen und Konzernen entsprechende Maßnahmen zur betrieblichen Umsetzung eingeleitet werden. Damit das in einem ersten Aufschlag besser beurteilt werden kann, habe ich die wesentlichen materiellen Änderungen in Abschnitt III und IV aufgenommen, und Abschnitt V enthält einige Hinweise zur praktischen Umsetzung.

Wenn Standards neu aufgelegt oder geändert werden, wird das vom IASB auch ausführlich begründet. Hier nehmen die Basis for Conclusions, die zum Verständnis der Standards oft sehr hilfreich sind, einen Umfang von 178 Seiten ein. Da kommen die weiteren 88 Seiten Illustrative Examples – ebenfalls hilfreich – vergleichsweise schmal daher!

Die 443 Seiten, die hier insgesamt dazukommen, sind mehr als das Doppelte dessen, was mit IAS 1 wegfällt. Vielleicht sollte der IASB bei der Abfassung seiner Regelungen künftig auch auf Formulierungen achten, gemäß dem Motto „in der Kürze liegt die Würze“.