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BBK Nr. 13 vom Seite 611

Auswirkungen der europäischen Lieferkettengesetzgebung

Herausforderungen, Risiken und Potenziale für KMU

Dr. Daniel Welker

Die Einführung der europäischen Lieferkettengesetzgebung markiert einen bedeutenden Schritt in der Verantwortungsübernahme von Unternehmen für ihre Lieferketten weltweit. Dieser Gesetzesrahmen zielt darauf ab, Menschenrechtsverletzungen sowie Umweltzerstörungen entlang globaler Lieferketten zu bekämpfen. Doch während die Absichten lobenswert sind, ergeben sich aus der Umsetzung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowohl Herausforderungen als auch Chancen.

KMU bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und sind oft in globalen Lieferketten als Zulieferer oder Abnehmer involviert. Die neue Gesetzgebung erfordert von Unternehmen die Einhaltung von menschenrechtlichen und ökologischen Standards nicht nur in den eigenen Betrieben, sondern entlang der gesamten Lieferkette. Dies bedeutet für KMU zusätzliche bürokratische Hürden, die sie möglicherweise vor neue finanzielle und organisatorische Herausforderungen stellen.

I. Hintergrund und Entwicklung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes

1. Anwendungsbereich des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes

[i]Einführung und Gewährleistung von Mindeststandards durch das LkSG Das am durch den Bundestag verabschiedete Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist am in Kraft getreten. Ziel des LkSG ist es, in Deutschland ansässige Unternehmen von bestimmter Größe durch die Einführung und Gewährleistung von Mindeststandards dazu zu verpflichten, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken im eigenen Geschäftsbereich und in der nachfolgenden Lieferkette zu identifizieren sowie Verletzungen von Menschen- und Umweltrechten entlang ihrer Lieferkette zu unterbinden. Das LkSG stellt insoweit ein Novum im deutschen Recht dar, als es den verpflichteten Unternehmen erstmals menschenrechtliche sowie umweltbezogene Sorgfaltspflichten im eigenen Geschäftsbereich als auch gegenüber unmittelbaren S. 612Zulieferern sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch gegenüber ihren mittelbaren Zulieferern auferlegt.

[i]Anwendungsbereich: Schwellenwert 1.000 ArbeitnehmerVerpflichtet, die Sorgfaltspflichten des LkSG einzuhalten, sind gemäß § 1 LkSG bereits seit dem zunächst Unternehmen, die ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz in Deutschland haben, zu denen auch ins Ausland entsendete Arbeitnehmer zählen, oder eine Zweigniederlassung im Inland haben und in der Regel 3.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen. Seit dem ist der Schwellenwert auf 1.000 Arbeitnehmer abgesenkt worden. Das LkSG gilt branchenunabhängig. Abzustellen ist allein auf die Größe eines Unternehmens, gemessen an der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer im Inland, sodass auch (familiengeführte) KMU damit unmittelbar dem LkSG unterfallen können.

2. Schutzzweck des LkSG

[i]Einhaltung bereits bestehender Vereinbarungen zum Menschenrechts- und UmweltschutzDas LkSG dient dem Schutz konkreter menschen- und umweltbezogener Rechtspositionen und Rechtsgüter. Das Gesetz selbst schafft allerdings keine neuen Menschenrechte oder Umweltstandards, sondern dient der Einhaltung bereits bestehender, internationaler Vereinbarungen, um die menschenrechts- und umweltbezogene Situation entlang der Lieferkette zu verbessern. Dazu wird gemäß § 2 Abs. 1 LkSG mit abschließender Wirkung auf die in der Anlage gelisteten internationalen Übereinkommen zum Menschenrechts- und Umweltschutz verwiesen.

[i]Menschenrechtliches RisikoUnternehmen werden erst durch die Verbote aus § 2 Abs. 2 und Abs. 3 LkSG verpflichtet, indem zwölf menschenrechtliche sowie acht umweltbezogene Risiken konkretisiert werden und diese zugleich abschließend sind. Ein menschenrechtliches Risiko ist nach § 2 Abs. 2 LkSG ein Zustand, bei dem aufgrund tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Verstoß gegen die dort gelisteten Verbote droht, welche in drei Kategorien wie folgt zu unterteilen sind:

  • Arbeitnehmerschutz (Nr. 1-8),

  • Schutz der Lebensgrundlagen (Nr. 9 und 10) und

  • Schutz vor dem Einsatz von Sicherheitskräften (Nr. 11).

Hinzu tritt der Auffangtatbestand nach § 2 Abs. 2 Nr. 12 LkSG, der eng auszulegen ist, um eine unverhältnismäßige Ausweitung der Sorgfaltspflichten zulasten der Unternehmen zu vermeiden.