BAG Urteil v. - 7 AZR 367/22

Befristung mit Sachgrund - Gemeindepastor - Eigenart der Arbeitsleistung

Leitsatz

1. Die Revision des Klägers ist unbegründet, weil das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag mit Ablauf des 31.12.2020 geendet hat. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist durch die Eigenart der Arbeitsleistung iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass der Anstellung des Klägers als Gemeindepastor Arbeitsverträge zugrunde liegen und der Kläger Arbeitnehmer war.

2. Die Eigenart der Arbeitsleistung eines verkündigungsnah tätigen Arbeitnehmers für eine religiöse Gemeinde kann einen Sachgrund iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG darstellen. Die Arbeitsverhältnisse verkündigungsnah tätiger Arbeitnehmer sind verfassungsrechtlich geprägt. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG erlaubt insofern konfessionellen Einrichtungen Befristungen. Das folgt aus der Notwendigkeit, bei der Auslegung des Begriffs des sachlichen Grundes iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG die für Religionsgemeinschaften durch die Religionsfreiheit gewährleisteten Freiräume bei der Wahl des Arbeitsvertragsinhalts zu berücksichtigen.

3. Das verfassungsrechtlich geschützte Gestaltungsinteresse des Arbeitgebers räumt dem Beklagten die Freiheit ein, seine religiösen Vorstellungen mit dem von ihm dafür als geeignet angesehenen Verkündigungspersonal zu verwirklichen. Das Selbstbestimmungsrecht umfasst danach auch die Definition, ob bestimmte Aufgaben und Funktionen im Rahmen der Glaubensbetätigung überhaupt dauerhaft von derselben Person ausgeübt werden können und sollen.

Gesetze: Art 4 GG, Art 12 Abs 1 S 2 GG, Art 140 GG, Art 137 Abs 3 WRV, § 3 Abs 1 TzBfG, § 14 Abs 1 S 2 Nr 4 TzBfG

Instanzenzug: Az: 17 Ca 12472/20 Teilurteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 1 Sa 681/21 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am geendet hat.

2Der Beklagte pflegt als eingetragener Verein den kirchlichen Dienst für Koreaner und Koreanerinnen im Großraum München. Ausweislich der Präambel seiner Satzung in der letzten Fassung vom ist die gemeinsame Glaubensbasis seiner Mitglieder überdenominationell und reformatorisch. Nach dieser Satzung ist es Ziel des Beklagten, seine Mitglieder pastoral und seelsorgerlich, etwa mit der Durchführung des Gottesdienstes in koreanischer Sprache und von gemeindlicher Kinder- und Jugendarbeit, zu betreuen, sowie die evangelische Religion zu fördern. Oberstes Organ des Beklagten ist die Mitgliederversammlung, die in der Regel vom Gemeinderatsvorsitzenden geleitet wird. Nach § 8 der Satzung ist der Gemeinderat der Vorstand des Vereins; er besteht ua. aus dem Gemeindepastor des Beklagten als dem ersten Vorsitzenden. Der gewählte Gemeindepastor sorgt gemäß § 9 der Satzung für die geistliche und seelsorgerliche Betreuung der Mitglieder. Nach § 9 Nr. 3 der Satzung ist er verpflichtet, die Glaubensgrundlage und denominationelle Unabhängigkeit des Vereins anzuerkennen und nicht eigenwillig zu ändern.

3Mit Anstellungsvertrag vom 11. November/ wurde der Kläger ab dem vom Beklagten befristet für die Dauer von zwei Jahren als Gemeindepastor angestellt. Es erfolgte zunächst eine Verlängerung des Vertrags bis zum . Für die Zeit danach haben die Parteien in einem Anstellungsvertrag vom ua. vereinbart:

4Nach den Anstellungsverträgen umfasste das Aufgabengebiet des Klägers die geistliche und seelsorgerische Betreuung der Gemeindemitglieder. Er war zur Einhaltung der Satzung, der Gemeindeordnung und der Dienstordnung und zur Realisierung der in der Satzung genannten Gründungszwecke verpflichtet. Im Einzelnen hatte der Kläger Gottesdienste in koreanischer Sprache durchzuführen, seelsorgerlich für die Gemeindemitglieder zur Verfügung zu stehen, gemeindliche Kinder- und Jugendarbeit sowie Missionsarbeit mit dem Schwerpunkt unter koreanischen Landsleuten zu leisten, Gemeindeveranstaltungen zu organisieren und das Kirchenblatt der Gemeinde herauszugeben. Als Gemeindepastor vertrat der Kläger die Gemeinde zusammen mit dem Vorstand nach außen und vertrat den Vorstand sowie das Arbeitsgremium der Gemeindehelfer nach innen. Er war verpflichtet, sich in Sachen Gemeindeführungsdienst und pastoraler Administration mit dem Vorstand zu beraten.

5Der Kläger war der einzige Angestellte des Beklagten. Vor dem Hintergrund von Unstimmigkeiten über eine beabsichtigte Kürzung des Gehalts des Klägers wurde ihm mit Schreiben vom mitgeteilt, die Mitgliederversammlung habe die unbefristete Verlängerung seines Arbeitsvertrags einstimmig abgelehnt; das Arbeitsverhältnis werde zum beendet.

6Der Kläger hat sich mit einem dem Beklagten am zugestellten Antrag - im Wege der Erweiterung einer von ihm erhobenen Zahlungsklage - gegen die Befristung zum gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung des zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrags sei unwirksam, denn sie sei sachlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere folge aus seiner Tätigkeit als Gemeindepastor kein Sachgrund. Bei seinen Aufgaben handele es sich um regelhafte Tätigkeiten, die jeder als Seelsorger tätige Arbeitnehmer zu leisten habe. Sie setzten gerade das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses mit den Gemeindemitgliedern voraus und keinen stetigen Wechsel, der dazu führen würde, dass langjährig aufgebaute Beziehungen und Kontakte wegfielen. Auch der Umstand, dass sich Glauben und hieran orientierte Tätigkeiten dem Wandel der Gesellschaft anpassen müssten, rechtfertige es für sich gesehen nicht, das Arbeitsverhältnis mit einem Gemeindepastor mehrfach zu befristen. Das verdeutliche ein Blick auf andere Religionsgemeinschaften. Ebenso liege in seiner Stellung als Leiter der Mitgliederversammlung, Vorsitzender des Vorstands und Gemeinderats sowie Vorsitzender des Arbeitsgremiums der Gemeindehelfer kein Sachgrund für die Befristung. Zu unterscheiden sei zwischen seiner Organstellung bzw. seiner Funktion auf Vereinsebene und dem zugrunde liegenden Arbeitsverhältnis. Jedenfalls seien die zeitlich aufeinanderfolgenden Befristungen seines Arbeitsverhältnisses rechtsmissbräuchlich.

7Der Kläger hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt

8Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Meinung vertreten, das Schreiben vom beinhalte eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum . Da der Kläger nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang des Schreibens Kündigungsschutzklage erhoben habe, sei das Arbeitsverhältnis wirksam mit Ablauf des beendet. Außerdem sei die Befristung durch den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Die besondere Eigenart des Arbeitsverhältnisses ergebe sich aus den Aufgaben des Klägers als Gemeindepastor und Organ der Glaubensgemeinschaft. Die Kirchengemeinde unterliege einem ständigen Wandel. Aufgrund dieses ständigen Wandels müsse zwingend auf ein Auseinanderleben von Gemeindepastor und Kirchengemeinde reagiert werden können. Dies sei nur mit einer Befristung interessengerecht möglich, da der Gemeindepastor erster Ansprechpartner für die Gemeindemitglieder, Seelsorger, Betreuer und engster kirchlicher Vertrauter sowie Missionar im Namen der Glaubensgemeinschaft sei. Es sei üblich und wichtig, durch einen personellen Wechsel neue Ideen oder Einflüsse in eine Gemeinde zu bringen, um eine stetige Weiterentwicklung des Glaubens zu gewährleisten. Insoweit beruft sich der Beklagte auf die verfassungsrechtliche Sonderstellung gemäß Art. 140 GG, Art. 137 WRV. Er sei als rein sozialer und kirchlicher Verein der koreanischen Kirche ein Tendenzbetrieb.

9Das Arbeitsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - den Befristungskontrollantrag des Klägers abgewiesen. Die dagegen vom Kläger erhobene Berufung hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit welcher er seinen Antrag weiterverfolgt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

10Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen die dessen Befristungskontrollantrag abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

11I. Die Revision war allerdings nicht schon deshalb zurückzuweisen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls durch eine in dem Schreiben des Beklagten vom enthaltene Kündigungserklärung wirksam mit Ablauf des aufgelöst worden war. Bei dem Schreiben handelte es sich nicht um eine Kündigung, die der Kläger innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG hätte angreifen müssen, um deren Wirksamwerden nach § 7 KSchG zu verhindern. Bereits das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dem Schreiben könne kein rechtlicher Gestaltungswille im Sinn einer eigenständigen Kündigungserklärung entnommen werden. Der Beklagte verfolgte mit dem Schreiben einzig den Zweck, den Kläger über „das Ergebnis der Abstimmung bei der Mitgliederversammlung vom “ in Bezug auf die Frage der „Verlängerung des Arbeitsvertrags“ zu informieren. Hiergegen hat sich der Beklagte im Rahmen der Revision auch nicht mehr gewandt.

12II. Die Revision des Klägers ist jedoch unbegründet, weil das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag vom mit Ablauf des geendet hat. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist durch die Eigenart der Arbeitsleistung iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt.

131. Die streitbefangene Befristung unterfällt dem Anwendungsbereich des TzBfG. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass der Anstellung des Klägers als Gemeindepastor Arbeitsverträge zugrunde liegen und der Kläger Arbeitnehmer war.

142. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag ist iSd. § 3 Abs. 1 TzBfG befristet. Seine Dauer ist in Ziffer II kalendermäßig bestimmt. Der Vertrag begann am „Stichtag“ und wurde für die Dauer von drei Jahren, mithin nach § 187 Abs. 2 iVm. § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB bis zum Ablauf des geschlossen. Nach Ziffer XI des Vertrags endet das Anstellungsverhältnis zu diesem Zeitpunkt, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

153. Diese Befristung des Arbeitsvertrags vom ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zulässig, denn sie ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn diese durch die Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt ist. Das ist vorliegend der Fall.

16a) In § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG ist nicht näher bestimmt, welche Eigenarten der Arbeitsleistung die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigen. Den Gesetzesmaterialien lässt sich entnehmen, dass mit dem Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG vor allem verfassungsrechtlichen, sich aus der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) und der Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) ergebenden Besonderheiten Rechnung getragen werden soll (BT-Drs. 14/4374 S. 19). Die Regelung kann daher zB geeignet sein, die Befristung von Arbeitsverträgen mit programmgestaltenden Mitarbeitern bei Rundfunkanstalten oder mit Bühnenkünstlern zu rechtfertigen. Der Sachgrund der Eigenart der Arbeitsleistung ist jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf diese Fallgruppen beschränkt, sondern kann auch in anderen Fällen zur Anwendung kommen ( - Rn. 20; - 7 AZR 312/16 - Rn. 15, BAGE 161, 283). Insbesondere Tendenzunternehmen der Presse und der Kunst haben aufgrund der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG ebenfalls die Möglichkeit, befristete Verträge mit sog. Tendenzträgern zu begründen. Aber auch befristete Arbeitsverhältnisse mit wissenschaftlichem Personal an wissenschaftlichen Einrichtungen können von der Befristungsmöglichkeit des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG erfasst sein, die zur Sicherung der Innovationsfähigkeit im Bereich der wissenschaftlichen Tätigkeit auf eine stete Personalfluktuation angewiesen sind (vgl. zur Wissenschaftsfreiheit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG  - Rn. 20; - 7 AZR 533/14 - Rn. 18, BAGE 155, 101). Dabei ergeben sich weder aus dem Gesetz noch aus der Gesetzesbegründung Anhaltspunkte dafür, dass der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG auf verfassungsrechtlich geprägte Arbeitsverhältnisse beschränkt sein soll ( - Rn. 15 mwN, aaO).

17b) Auch die Eigenart der Arbeitsleistung eines verkündigungsnah tätigen Arbeitnehmers für eine religiöse Gemeinde kann einen Sachgrund iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG darstellen. Die Arbeitsverhältnisse verkündigungsnah tätiger Arbeitnehmer sind verfassungsrechtlich geprägt. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG erlaubt insofern konfessionellen Einrichtungen Befristungen (vgl. Bader/Bram/Bader Stand April 2023 § 620 BGB Rn. 173; HaKo-KSchR/Mestwerdt 7. Aufl. TzBfG § 14 Rn. 109; KR/Lipke/Bubach 13. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 303; Staudinger/Temming [2022] BGB § 620 Rn. 89; MüKoBGB/Engshuber 9. Aufl. TzBfG § 14 Rn. 49; aA Ascheid/Preis/Schmidt/Backhaus 7. Aufl. TzBfG § 14 Rn. 342; Däubler/Deinert/Wroblewski KSchR 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 94). Das folgt aus der Notwendigkeit, bei der Auslegung des Begriffs des sachlichen Grundes iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG die für Religionsgemeinschaften durch die Religionsfreiheit gewährleisteten Freiräume bei der Wahl des Arbeitsvertragsinhalts zuberücksichtigen (vgl. zu den für die Rundfunkanstalten durch die Rundfunkfreiheit gewährleisteten Freiräumen  - Rn. 10, BAGE 119, 138). Maßgeblich ist insoweit, ob die verfassungsrechtlich besonders geschützten Ziele den Abschluss befristeter Arbeitsverträge bedingen. Nachgeordnetes Personal, das nicht im Rahmen dieses verfassungsrechtlichen Freiraumes tätig wird, kann nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr.  4 TzBfG befristet werden (vgl. KR/Lipke/Bubach 13. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 303).

18aa) Art. 4 Abs. 1 und 2 GG enthält ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht. Dieses beinhaltet notwendigerweise neben der Freiheit des Einzelnen zum privaten und öffentlichen Bekenntnis seiner Religion oder Weltanschauung auch die Freiheit, sich mit anderen aus gemeinsamem Glauben oder gemeinsamer weltanschaulicher Überzeugung zusammenzuschließen ( - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 83, 341). Die durch den Zusammenschluss gebildete Vereinigung genießt das Recht zu religiöser oder weltanschaulicher Betätigung, zur Verkündigung des Glaubens, zur Verbreitung der Weltanschauung sowie zur Pflege und Förderung des jeweiligen Bekenntnisses (Jarass/Pieroth/Jarass GG 18. Aufl. Art. 4 Rn. 15 f., 19; Korioth in HGR IV § 97 Rn. 14 f., 18; zum unionsrechtlichen und konventionsrechtlichen Schutz der kollektiven Religionsfreiheit vgl. Pechstein/Nowak/Häde Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV/Thiele GRC Art. 10 Rn. 19 und EuArbRK/Schubert 5. Aufl. EMRK Art. 9 Rn. 16). Im Rahmen der korporativen Religionsfreiheit nehmen die Kirchen bei der Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten ihr - nicht durch einfaches Gesetz einschränkbares - Recht als Korporation der Gläubigen wahr (vgl. Brune/Schmitz-Scholemann NZA 2022, 1646, 1649). Bei der Würdigung dessen, was im Einzelfall als korporative Ausübung von Religion und Weltanschauung iSv. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG anzusehen ist, muss der zentralen Bedeutung des Begriffs der „Religionsausübung“ durch eine extensive Auslegung Rechnung getragen werden ( - Rn. 98 ff., BVerfGE 137, 273; - 1 BvR 670/91 - zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 105, 279). Die Formulierung des kirchlichen Propriums ist als elementarer Bestandteil der korporativen Religionsfreiheit durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verfassungsrechtlich geschützt ( - Rn. 101, aaO;  (A) - Rn. 11, BAGE 156, 23).

19bb) Der Staat erkennt die Religionsgemeinschaften als Institutionen mit dem originären Recht der Selbstbestimmung an, die ihrem Wesen nach unabhängig vom Staat sind und ihre Gewalt nicht von ihm herleiten. Dies gilt auch dann, wenn sie sich zur Erfüllung ihres Auftrags und ihrer Sendung privatrechtlicher Formen bedienen und die Tätigkeiten und getroffenen Maßnahmen in den weltlichen Bereich hineinwirken. Die Religionsgemeinschaften können selbst frei und autonom darüber bestimmen, welche Dienste sie in welchen Rechtsformen ausüben wollen und sind nicht auf spezifische Gestaltungsformen beschränkt ( - Rn. 40 unter Bezugnahme auf  - Rn. 95 f., BVerfGE 137, 273). Bedienen sich die Kirchen wie jedermann der Privatautonomie zur Begründung von Arbeitsverhältnissen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. Das ist nach Auffassung des BVerfG „die schlichte Folge einer Rechtswahl“, und zwar auch dann, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers in der Bindung an den übergeordneten Auftrag der Kirche ausgeführt wird ( ua. - zu B II 1 d der Gründe, BVerfGE 70, 138;  (A) - Rn. 11, BAGE 156, 23; - 7 AZR 710/07 - Rn. 26, BAGE 130, 146; - 7 AZR 249/81 - zu I 3 c aa der Gründe, BAGE 45, 250). Zu dem „für alle geltenden Gesetz“ iSd. Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV, unter dessen Vorbehalt die inhaltliche Gestaltungsfreiheit des kirchlichen Arbeitgebers für die auf Vertragsebene begründeten Arbeitsverhältnisse steht (vgl.  - Rn. 106, aaO; - 2 BvL 13/82 ua. - zu C I 2 b der Gründe, BVerfGE 66, 1;  - Rn. 22, BAGE 145, 90), zählen demzufolge die staatlichen Regelungen des TzBfG zur Befristung von Arbeitsverhältnissen, an welche die Kirchen bei der Gestaltung ihrer Arbeitsverträge gebunden sind und von welchen sie nicht durch eigene Arbeitsrechtsregelungen zuungunsten der kirchlichen Arbeitnehmer abweichen dürfen (vgl.  - Rn. 31, 36, aaO; vgl. entsprechend zur Bindung der Kirchen an den gesetzlichen Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 2 KSchG und § 626 BGB  - Rn. 108, aaO; - 2 BvR 1703/83 ua. - zu B II 1 d der Gründe, aaO;  - Rn. 22, aaO). So unterfällt etwa auch das Arbeitsverhältnis eines angestellten Pfarrers dem staatlichen Befristungsrecht (vgl. zum Kündigungsschutzrecht  - Rn. 35; - 2 AZR 154/05 - Rn. 17).

20cc) Die in diesen Vorschriften enthaltenen Generalklauseln bedürfen der Ausfüllung im konkreten Einzelfall. Im Privatrechtsverkehr entfalten die Grundrechte ihre Wirkkraft als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen durch das Medium der Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen, damit vor allem auch durch die zivilrechtlichen Generalklauseln ( - Rn. 109, BVerfGE 137, 273). Den staatlichen Gerichten obliegt es, den grundrechtlichen Schutz im Wege der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts zu gewähren und im Einzelfall zu konkretisieren. Die Einbeziehung kirchlicher Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt deren Zugehörigkeit zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Kirche nicht auf (vgl.  - Rn. 110, aaO; - 2 BvR 208/76 - zu C I 2 d der Gründe, BVerfGE 53, 366;  (A) - Rn. 11, BAGE 156, 23; - 2 AZR 543/10 - Rn. 23, BAGE 139, 144). Sie darf deshalb die verfassungsrechtlich geschützte Eigenart des kirchlichen Dienstes, das spezifisch Kirchliche, das kirchliche Proprium, nicht in Frage stellen. Die Verfassungsgarantie des Selbstbestimmungsrechts bleibt für die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse wesentlich ( ua. - zu B II 1 d der Gründe, BVerfGE 70, 138;  - Rn. 23; - 2 AZR 268/96 - zu II 1 b bb (1) der Gründe). Sind Arbeitnehmerschutzgesetze - wie hier das TzBfG - anzuwenden, sind diese daher einerseits im Lichte der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung zugunsten der kirchlichen Selbstbestimmung auszulegen ( - Rn. 110, aaO;  (A) - Rn. 12, aaO). Andererseits darf dies nicht dazu führen, dass Schutzpflichten des Staates gegenüber den Arbeitnehmern (Art. 12 Abs. 1 GG) vernachlässigt werden ( - Rn. 111, aaO). Die Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts steht der Anwendung der den Bestandsschutz gewährleistenden Gesetze insoweit nicht entgegen, sondern gebietet nur, dass die Besonderheit des kirchlichen Dienstes bei ihrer Auslegung und Anwendung zu beachten ist ( - Rn. 27, BAGE 130, 146).

21dd) Nach all dem bedarf es keiner ausdrücklichen Ausnahmevorschrift zugunsten kirchlicher Arbeitgeber, um die Kirchenautonomie im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eines sachlichen Grundes für die Befristung berücksichtigen zu können (vgl. KR/Lipke/Bubach 13. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 511; Müller-Volbehr NZA 2002, 301, 303). Daher ist es unerheblich, dass das TzBfG - anders als noch der bis zum geltende § 6 Abs. 3 BeschFG für die Regelungen zur Teilzeitarbeit (vgl. dazu BR-Drs. 393/84 S. 27) - keine sog. Kirchenklausel enthält, wonach von den Regelungen über die Befristung von Arbeitsverhältnissen abgewichen werden kann. Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht gilt dies auch vor dem Hintergrund, dass im Betriebsverfassungsrecht mit § 118 Abs. 2 BetrVG für Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen eine explizite Geltungsbereichsausnahme formuliert ist. So ist auch die Berücksichtigung zB des besonderen, aus der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Schutzes im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG für Tendenzträger als Arbeitgeber nicht als „Bereichsausnahme“ der gesetzlichen Befristungsmaßgaben kodifiziert.

22ee) Allein die Möglichkeit, auf konkrete Vertragsverstöße im Wege der Kündigung reagieren zu können, lässt das Gebot, die Religionsfreiheit im Rahmen der Auslegung und Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG zu berücksichtigen, nicht entfallen (aA wohl Ascheid/Preis/Schmidt/Backhaus 7. Aufl. TzBfG § 14 Rn. 342). Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht geht insoweit über die Frage der Definition dessen hinaus, was als Vertragsverstoß zu gelten hat. Es räumt das Recht ein, frei darüber zu bestimmen, in welcher Art und Weise religiöse Ziele erreicht werden sollen. Hierzu gehört die Auswahl des unmittelbar mit der Glaubensverkündigung beauftragten Personals - unabhängig von einem objektiven Maßstab bloßer Vertragspflichterfüllung (vgl. zu diesem Aspekt für den Bereich von Trainern im Spitzensport Meinel/Heyn/Herms/Meinel TzBfG 6. Aufl. § 14 Rn. 172 mwN). Das verfassungsrechtlich geschützte Gestaltungsinteresse des Arbeitgebers räumt dem Beklagten die Freiheit ein, seine religiösen Vorstellungen mit dem von ihm dafür als geeignet angesehenen Verkündigungspersonal zu verwirklichen. Das Selbstbestimmungsrecht umfasst danach auch die Definition, ob bestimmte Aufgaben und Funktionen im Rahmen der Glaubensbetätigung überhaupt dauerhaft von derselben Person ausgeübt werden können und sollen.

23ff) Diese Grundsätze zur Auslegung und Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG entsprechen den Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG und der inkorporierten EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung (vgl. zu den unionsrechtlichen Vorgaben - konkret für den Fall befristeter Arbeitsverträge mit katholische Religion unterrichtenden Lehrkräften an öffentlichen Schulen -  - [MIUR und Ufficio Scolastico Regionale per la Campania] Rn. 69 ff.; zur richtlinienkonformen Auslegung und Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG unter Berücksichtigung von Art. 5 GG vgl.  - Rn. 13 und ausf. - 7 AZR 69/16 - Rn. 14 f.).

24c) Gemessen daran hat das Landesarbeitsgericht die streitbefangene Befristung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG als sachlich gerechtfertigt angesehen.

25aa) Der Begriff des sachlichen Grundes ist ein revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Rechtsbegriff. Ebenso unterliegt es der tatrichterlichen Würdigung des Landesarbeitsgerichts, welche Gesichtspunkte im konkreten Streitfall von Bedeutung sind. Die tatrichterliche Interessenabwägung ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt darauf zu überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht Rechtsbegriffe verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat und ob die vorgenommene Würdigung in sich widerspruchsfrei ist ( - Rn. 18; - 7 AZR 69/16 - Rn. 26; - 7 AZR 495/05 - Rn. 21, BAGE 119, 138; zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des TzBfG vgl.  - zu I 3 a der Gründe, BAGE 83, 60).

26bb) Einer solchen eingeschränkten Überprüfung hält die Berufungsentscheidung stand. Das Landesarbeitsgericht ist von einem zutreffenden Prüfungsmaßstab ausgegangen, indem es die sich aus der korporativen Religionsfreiheit religiöser Einrichtungen ergebenden Besonderheiten als mögliche „Eigenart der Arbeitsleistung“ iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG angesehen und im Rahmen einer Güterabwägung geprüft hat, ob das sich hieraus ergebende Befristungsinteresse des Beklagten das Bestandsschutzinteresse des Klägers überwiegt. Es hat dem Grundrecht des Beklagten insoweit keinen generellen Vorrang eingeräumt, sondern im Einzelnen begründet, warum gerade die konkrete Stellung und Tätigkeit des Klägers im vorliegenden Fall eine Befristung rechtfertigen. Damit hat es inhaltlich die Voraussetzungen eines tendenzbedingten Erfordernisses der Befristung geprüft.

27(1) In diesem Zusammenhang ist zunächst revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags mit dem Kläger als Gemeindepastor dem Schutzbereich der korporativen Religionsfreiheit von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG unterworfen hat, ohne dabei auf das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV abzustellen. Das Berufungsgericht hat wesentlich darauf abgestellt, dass der Beklagte in Ausübung seiner verfassungsrechtlich geschützten Religionsfreiheit bestimmen kann, ob und inwieweit der Gemeindepastor die in Vereinsform organisierte Glaubensgemeinschaft prägt und repräsentiert. Die korporative Religionsausübungsfreiheit umfasst aber gerade (auch) die Glaubensausübung in Form der Gestaltung von Gottesdiensten, von geistlich-seelsorgerlicher Betreuung sowie von Gemeindearbeit und betrifft damit den Tätigkeitsbereich des - satzungsgemäß hierfür zuständigen - Gemeindepastors. Insofern gewährleistet die korporative Religionsfreiheit einen Bereich der organisatorischen Selbstbestimmung. Die Gemeinde der Gläubigen wird durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in ihrer Eigenständigkeit und ihrer Autonomie für die Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten verfassungsrechtlich geschützt (vgl. Leibholz/Rinck/Hesselberger in Leibholz/Rinck GG Stand Oktober 2023 Art. 4 Rn. 72 f.; Mager in v. Münch/Kunig 7. Aufl. Art. 4 Rn. 69; Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 8. Aufl. § 1 Rn. 10; Kokott in Sachs GG 9. Aufl. Art. 4 Rn. 11, 96 f.; vgl. auch Herbolsheimer Arbeitsrecht in kirchlicher Selbstbestimmung S. 122; vgl. auch ErfK/Schmidt 24. Aufl. GG Art. 4 Rn. 29, 31; grundlegend Dürig/Herzog/Scholz/Di Fabio GG Stand Januar 2024 Art. 4 Rn. 53; Mückl in Isensee/Kirchhof Handbuch des Staatsrechts 3. Aufl. § 160 Rn. 35, § 161 Rn. 1 ff.). Dementsprechend bilden die korporative Religionsfreiheit des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und die durch Art. 140 GG inkorporierten Artikel der Weimarer Reichsverfassung ein „organisches Ganzes mit interpretatorischer Wechselwirkung“ (so explizit  - Rn. 83 f., BVerfGE 137, 273; zur Konkretisierung von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG durch Art. 139 WRV  ua. - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 125, 39), wobei nicht von einem „schwächeren“ Schutz der Grundrechtsträger durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gegenüber Religionsgemeinschaften iSv. Art. 137 Abs. 3 WRV auszugehen, sondern vielmehr zu betonen ist, dass Art. 4 Abs. 1 und 2 GG die korporative Religionsfreiheit - im Gegensatz zum Selbstbestimmungsrecht aus Art. 137 Abs. 3 WRV - vorbehaltlos gewährleistet und insofern dem Selbstbestimmungsrecht und dem Selbstverständnis der Religionsgesellschaften besonderes Gewicht zukommt (vgl.  - Rn. 85, aaO). Daher ist die korporative Religionsfreiheit des Beklagten - unabhängig von dessen Status als Religionsgemeinschaft - als besonderer verfassungsrechtlicher Belang im Rahmen der Auslegung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG entsprechend der vorstehenden Grundsätze zu berücksichtigen (vgl. zur Berücksichtigung der religiösen Vereinigungsfreiheit bei der Auslegung und Handhabung des einschlägigen Privatrechts auch  - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 83, 341) und konnte das Landesarbeitsgericht dahinstehen lassen, ob der Beklagte das von Art. 140 GG iVm. Art. 137 WRV gewährleistete Selbstbestimmungsrecht für sich in Anspruch nehmen kann.

28(2) Das Landesarbeitsgericht hat weiter ohne revisiblen Rechtsfehler angenommen, der Kläger sei als Gemeindepastor im verkündigungsnahen Bereich tätig gewesen. Der bei der befristeten Beschäftigung von Arbeitnehmern zugunsten kirchlicher Einrichtungen bestehende Schutz des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ist auf denjenigen Kreis von Mitarbeitern beschränkt, die - bezogen auf die Umstände bei Abschluss des befristeten Vertrags ( - Rn. 13) - arbeitsvertraglich eine verkündigungsnahe Tätigkeit schulden und so an der religiösen Zielsetzung der Einrichtung unmittelbar mitwirken; sie zeichnen sich durch eine Nähe zu den spezifisch religiösen Aufgaben aus und können auf die Verkündigung des Glaubens Einfluss nehmen (vgl. zu einer entsprechenden Differenzierung  - Rn. 151, 159 ff., BVerfGE 137, 273; entsprechend für programmgestaltende Rundfunkmitarbeiter  ua. - zu C II 1 b der Gründe, BVerfGE 59, 231;  - Rn. 12, 20 f.; - 7 AZR 495/05 - Rn. 18, BAGE 119, 138; zum künstlerisch tätigen Personal im Bühnenbereich etwa  - Rn. 48; vgl. auch  - [IR] Rn. 61; - C-414/16 - [Egenberger] Rn. 59; für eine Übertragung dieses Maßstabs auf den kirchlichen Befristungsbereich bei Tendenzträgern KR/Lipke/Bubach 13. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 511). Das Landesarbeitsgericht hat die Stellung des Klägers als einziger Gemeindepastor des Beklagten und damit dessen Eigenschaft als Tendenzträger betont. Es kann dahinstehen, ob die im angefochtenen Urteil formulierte Tendenzträgereigenschaft beim Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG überhaupt maßgeblich sein kann (vgl. insoweit  - Rn. 49, wonach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG an die Eigenart der Arbeitsleistung und nicht an die Tendenzträgereigenschaft anknüpft); jedenfalls drückt sich hierin keine Verkennung des Rechtsbegriffs der Eigenart der Arbeitsleistung aus. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgehoben, dass der Kläger als Gemeindepastor unmittelbar mit dem Abhalten von Gottesdiensten in koreanischer Sprache, mit der gemeindlichen Kinder- und Jugendarbeit sowie der Missionsarbeit und mit geistlichen und seelsorgerlichen Tätigkeiten sowie mit Gemeindearbeit betraut gewesen ist. All dies sind spezifisch kirchliche Aufgaben, mit denen der Kläger in der Gemeinde prägenden Einfluss auf den Inhalt sowie die Art und Weise der Glaubensverkündigung auszuüben vermochte.

29(3) Auch die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Abwägung zwischen den durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Belangen des Beklagten und den durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Interessen des Klägers an einer dauerhaften Beschäftigung ist nicht zu beanstanden.

30(a) Eine solche einzelfallbezogene Abwägung ist im Zusammenhang mit § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG geboten (vgl. - zu Arbeitsverhältnissen programmgestaltender Mitarbeiter von Rundfunkanstalten - ausf.  - Rn. 32) und unterliegt als Teilelement der rechtlichen Prüfung eines sachlichen Grundes nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung ( - Rn. 21, BAGE 119, 138). Der Kläger - zu dessen Gunsten das Landesarbeitsgericht offensichtlich vom Geltungsbereich der für alle Deutschen geltenden Berufs(ausübungs-)freiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ausgegangen ist - hat insoweit keine revisiblen Rechtsfehler aufgezeigt; ein solcher liegt vor allem nicht in der im angefochtenen Urteil zugunsten des Befristungsinteresses betonten Einordnung des Klägers als „Dreh- und Angelpunkt des gemeindlichen Wirkens“. Soweit die Revision beanstandet, aus dem verfassungsrechtlichen Schutz des Beklagten folge kein Erfordernis für die Befristungsmöglichkeit des Arbeitsvertrags mit dem Gemeindepastor, setzt sie lediglich ihre eigene Auffassung an die des Tatsachengerichts. Mit diesem Angriff mag die Möglichkeit einer im Ergebnis anderen tatrichterlichen Interessenabwägung angesprochen sein. Ein revisibler Fehler ist damit nicht aufgezeigt.

31(b) Soweit das Landesarbeitsgericht den in die Abwägung eingestellten Einfluss des Klägers auf das religiöse Wirken des Beklagten nach innen und außen ergänzend mit den satzungsgemäßen Leitungsfunktionen des Gemeindepastors und der Vereinsstruktur begründet - und hieraus ein dem Bestandsschutzinteresse überwiegendes Befristungsinteresse abgeleitet - hat, ist auch dies frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend zwischen Organstellung und Arbeitsverhältnis unterschieden und seine ausnahmsweise Heranziehung der satzungsmäßig verfassten Vereinsleitungs- und Repräsentativfunktionen des Klägers darauf gestützt, dass dessen Beschäftigung als Gemeindepastor diese „zwangsläufig“ bedingen. Dies bildet einen das Befristungsinteresse begründenden und das Bestandschutzinteresse des Klägers überwiegenden Belang im Sinn einer dem Beklagten - jedenfalls für die hier in Rede stehende Zeitspanne - nicht zu verwehrenden Möglichkeit der Vergewisserung, ob sich das Selbstverständnis der Glaubensgemeinschaft im pastoralen Wirken spiegelt. Der in diesem Zusammenhang angebrachte Verweis der Revision auf die Entscheidung des Senats vom (- 7 AZR 151/21 -) verfängt nicht. Er lässt unberücksichtigt, dass sich die herangezogene Entscheidung damit befasst, ob eine geschäftsführerähnliche Stellung „als solche“ geeignet sein kann, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG abzugeben. Demgegenüber hat das Landesarbeitsgericht im vorliegenden Fall die zentrale Stellung und Funktion des Klägers festgestellt und in diesem Kontext dessen Möglichkeit gewertet, die Grundrechtsausübung des Beklagten zu beeinflussen. Der besonderen funktionalen Stellung des Klägers ist damit rechtsfehlerfrei eine wesentliche Bedeutung für die Betroffenheit des Beklagten in seiner verfassungsrechtlich geschützten Autonomie und ein daraus resultierendes - gegenüber dem Bestandsschutzinteresse des Klägers überwiegendes - Interesse an einer zeitlich beschränkten arbeitsvertraglichen Bindung beigemessen.

32d) Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Beklagte nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. hierzu etwa  - Rn. 15, BAGE 159, 125; - 7 AZR 443/09 - Rn. 38, BAGE 142, 308) gehindert, sich auf den Sachgrund der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG zu berufen. Eine derartige Missbrauchsprüfung, bei der unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln ist, ob der Arbeitgeber einen an sich gegebenen Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrags dazu nutzt, einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf zu decken, ist nicht veranlasst, wenn bereits der Sachgrund selbst eine umfassende Interessenabwägung verlangt. So verhält es sich bei dem Sachgrund der Eigenart der Arbeitsleistung in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG ( - Rn. 49, BAGE 160, 133).

33III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2024:070224.U.7AZR367.22.0

Fundstelle(n):
NJW 2024 S. 3173 Nr. 43
AAAAJ-70013