BGH Beschluss v. - 2 StR 524/23

Instanzenzug: Az: 2 StR 524/23 Beschlussvorgehend LG Frankfurt Az: 5/24 KLs 2/23nachgehend Az: 2 StR 524/23 Beschluss

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Beihilfe zum Diebstahl, tateinheitlich begangen mit Beihilfe zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und tateinheitlich begangen mit Beihilfe zur Sachbeschädigung“ unter Einbeziehung „der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Erkelenz vom […] verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei (3) Jahren verurteilt“, die in den Niederlanden erlittene Freiheitsentziehung dergestalt auf die verhängte Strafe angerechnet, dass ein Tag erlittener Freiheitsentziehung in den Niederlanden einem Tag Strafhaft entspricht, und die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung im Strafausspruch. Im Übrigen ist das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Die Überprüfung des Schuldspruchs, der Anrechnungs- sowie der Einziehungsentscheidung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

32. Hingegen hält der Strafausspruch rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Strafkammer hat bei der Zumessung der Einzelstrafen die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Prüfungsreihenfolge bei minder schweren Fällen nicht beachtet. Danach gilt:

4a) In den Fällen, in denen das Gesetz – wie hier – bei einer Straftat einen minder schweren Fall vorsieht und ein oder mehrere gesetzliche Milderungsgründe nach § 49 Abs. 1 StGB gegeben sind, ist bei der Strafrahmenwahl vorrangig zu prüfen, ob ein minder schwerer Fall vorliegt. Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen, sind bei der weitergehenden Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, schrittweise zusätzlich die gesetzlich vertypten Strafmilderungsgründe heranzuziehen. Erst wenn das Tatgericht danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf es seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen der gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgründe gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 17/19, juris Rn. 3; vom – 2 StR 284/21, juris Rn. 5; vom – 2 StR 236/22, juris Rn. 5, jew. mwN).

5b) Diesen Anforderungen wird das angegriffene Urteil nicht gerecht. Es lässt nicht erkennen, dass die Strafkammer bei der Prüfung eines minder schweren Falles die vertypten Strafmilderungsgründe der Beihilfe und der Aufklärungshilfe schrittweise in die Gesamtabwägung eingestellt hat. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer, die – nach doppelter Milderung des Regelstrafrahmens des § 308 Abs. 1 StGB – ihrer Strafzumessung eine Strafrahmenobergrenze von acht Jahren und fünf Monaten zugrunde gelegt hat, unter Berücksichtigung eines oder beider vertypten Strafmilderungsgründe zur Annahme eines minder schweren Falles und damit zu einer für den Angeklagten günstigeren Strafobergrenze gelangt wäre und auf eine mildere Strafe erkannt hätte.

63. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Einzelstrafe von zwei Jahren und elf Monaten. Bereits dies entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage.

74. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass auch die Gesamtfreiheitsstrafe, wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt hat, in mehrfacher Hinsicht rechtlicher Prüfung nicht standhält.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:070524B2STR524.23.1

Fundstelle(n):
TAAAJ-69633