BGH Beschluss v. - 2 StR 10/24

Instanzenzug: LG Meiningen Az: 1 KLs 494 Js 19805/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen unter Auflösung einer nachträglich gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe und unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es ein sichergestelltes Mobiltelefon eingezogen und die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 96.200 Euro sowie die „erweiterte Einziehung von Taterträgen“ in Höhe von 58.368,87 Euro angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die erhobene Verfahrensrüge ist unzulässig, weil sie nicht entsprechend den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt ist.

32. Die sachlich-rechtliche Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben. Sie gibt jedoch Anlass zu einer Abänderung und Neufassung der Einziehungsentscheidungen sowie teilweise zu deren Aufhebung und Zurückverweisung.

4a) Betreffend das eingezogene Mobiltelefon hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:

„Soweit das Landgericht ein sichergestelltes Mobiltelefon der Marke W.   als Tatmittel (§ 74 Abs. 1 StGB) eingezogen hat (UA S. 28), erscheint es aus prozessökonomischen Gründen sachgerecht, das Verfahren gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO auf die übrigen Rechtsfolgen zu beschränken. Die Urteilsgründe lassen nämlich nicht erkennen, ob sich die Strafkammer bewusst war, dass sie insoweit eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 157/22, juris Rn. 2; vom - 3 StR 128/22, juris Rn. 4).“

5Dem verschließt sich der Senat nicht, verfährt jedoch nicht nach § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO, sondern verweist die Sache zu neuer Entscheidung an das Landgericht zurück, woran er durch die vom Generalbundesanwalt erteilte Zustimmung zu einer Absehensentscheidung nicht gehindert ist.

6b) Betreffend die angeordnete „Einziehung von Wertersatz“ in Höhe von 96.200 Euro hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:

„Hinsichtlich der aus den urteilsgegenständlichen Taten erzielten Verkaufserlöse in Höhe von insgesamt 96.200 Euro hat das Landgericht im Grundsatz rechtsfehlerfrei die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c Satz 1 StGB angeordnet (UA S. 28).

Eine originäre Einziehung der betreffenden Vermögenswerte ist nicht möglich. …

Indes lässt sich anhand der Urteilsfeststellungen nicht gänzlich ausschließen, dass das in der Wohnung des Angeklagten sichergestellte, der erweiterten Einziehung unterworfene Bargeld in Höhe von 1.560 Euro … aus einer der abgeurteilten Taten in den Fällen 1.a bis 1.d der Urteilsgründe herrührt. Um eine doppelte Abschöpfung auszuschließen, ist diese Summe bei der Bestimmung des Wertersatzbetrages in Abzug zu bringen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 328/23, juris Rn. 10; vom - 3 StR 419/22, juris Rn. 3). Damit ist die Wertersatzeinziehung nur noch in Höhe von 94.640 Euro anzuordnen. …“

7Dem folgt der Senat und ändert die Einziehungsentscheidung entsprechend.

8c) Soweit der Generalbundesanwalt darüber hinaus beantragt, die von dem Landgericht angeordnete „erweiterte Einziehung von Taterträgen“ in Höhe von 58.368,87 Euro dahin zu korrigieren, dass in dieser Höhe die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

9Zwar trifft es zu, dass hinsichtlich des in der Wohnung des Angeklagten in dieser Sache sichergestellten Teilbetrags von 1.560 Euro die Voraussetzungen der erweiterten Einziehung des Wertes von Taterträgen erfüllt sind, weil das Bargeld infolge der Einzahlung auf ein Justizkonto nicht mehr in seiner ursprünglichen Form eingezogen werden kann (vgl. , juris Rn. 31). Von der alternativ bestehenden Möglichkeit, den gegen die Staatskasse gerichteten Auszahlungsanspruch des Angeklagten als Surrogat einzuziehen (vgl. , NStZ 2022, 405 mit Anm. Bittmann) hat das Landgericht keinen Gebrauch gemacht. Der Senat ändert hinsichtlich dieses Teilbetrags die Einziehungsanordnung antragsgemäß.

10Was die bereits von dem Landgericht Meiningen mit Urteil vom angeordnete Einziehung von Taterträgen in Höhe von 56.808,87 Euro anbelangt, führt der Generalbundesanwalt zutreffend aus:

„Wird in einem früheren Urteil die (erweiterte) Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet und liegen auch in Bezug auf das gegenständliche Urteil die Voraussetzungen des § 73c Satz 1 StGB vor, ist eine einheitliche Einziehungsentscheidung zu treffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 6 StR 497/23, juris Rn. 7; vom - 6 StR 31/22, juris). Dem steht nicht entgegen, dass im Urteil vom die „Einziehung von Taterträgen in Höhe von 56.808,87 Euro“ angeordnet wurde (UA S. 4). Der Sache nach hat das Gericht nämlich die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. So ergibt sich aus den im Wortlaut wiedergegebenen Urteilsgründen, dass das am bei dem Angeklagten sichergestellte Bargeld in Höhe von 56.808,87 Euro aus nicht näher aufklärbaren rechtswidrigen Taten stammt und nach der Sicherstellung auf ein Justizkonto eingezahlt wurde (UA S. 5). Darüber hinaus lassen die betreffenden Urteilsausführungen erkennen, dass auch das damals entscheidende Tatgericht nicht den Auszahlungsanspruch des Angeklagten einziehen wollte und stattdessen die erweiterte Wertersatzeinziehung angeordnet hat. Dementsprechend hat die nunmehr entscheidende Strafkammer beide Wertersatzbeträge addiert.“

11Allerdings ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, ob die Einziehungsanordnung aus dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Meiningen vom nicht bereits durch Vollstreckung erledigt ist und damit für eine einheitliche Einziehungsanordnung nicht mehr zur Verfügung steht (zu entsprechenden Prüfungs- und Darlegungsanforderungen vgl. , juris Rn. 6). Ob dem 6. Strafsenat uneingeschränkt dahin zu folgen wäre, dass ein Tatrichter bei der nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe stets zu prüfen und darzulegen hat, ob und inwieweit eine frühere Einziehungsanordnung bereits erledigt ist, braucht hier nicht entschieden zu werden (vgl. auch Beschluss vom – 2 StR 392/23). Vorliegend bestanden jedenfalls durch die Einzahlung der sichergestellten Gelder auf ein Justizkonto konkrete Anhaltspunkte, die dazu drängten, eine mittlerweile eingetretene Erledigung der rechtskräftigen Einziehungsanordnung – etwa durch eine erfolgte Umbuchung innerhalb der Justizkasse – zu erwägen.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:260324B2STR10.24.0

Fundstelle(n):
MAAAJ-67781