Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
BBK Nr. 10 vom Seite 453

Unternehmenskauf: Ein Überblick über Möglichkeiten, Prozess und Besteuerung

Stufen des Kaufprozesses und steuerliche Aspekte

Dr. Johannes Riepolt

Die unternehmerischen Motive für einen Unternehmenskauf sind vielfältig. So kann z. B. die Verbesserung der eigenen Marktposition, eine Kapazitätserweiterung, die Diversifikation des Leistungsangebots, die Nutzung von Synergiepotenzialen, die Erlangung von Unabhängigkeit gegenüber Lieferanten und Kunden sowie die Sanierung krisenbehafteter Unternehmen angestrebt werden. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht bestehen für die Durchführung eines Unternehmenskaufs mit dem asset deal und dem share deal zwei alternative Möglichkeiten. Diese sind insbesondere für die steuerliche Behandlung von Bedeutung (Ertragsteuern und Verkehrsteuern).

Im vorliegenden Beitrag werden daher zunächst die beiden Möglichkeiten zur Durchführung eines Unternehmenskaufs vorgestellt, bevor auf die unterschiedlichen Stufen des Kaufprozesses eingegangen wird. Abschließend erfolgt eine Darstellung der wesentlichen steuerlichen Aspekte, wobei zwischen den Durchführungsmöglichkeiten sowie den am Kauf beteiligten Personen (Käufer/Verkäufer) differenziert wird. Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da Unternehmenstransaktionen in der Praxis äußerst heterogen und mit hoher Komplexität verbunden sind. Dennoch wird ein Überblick über die wesentlichen Prozessschritte und steuerlichen Aspekte vermittelt.

I. Möglichkeiten des Unternehmenskaufs

1. Asset Deal

[i]Unternehmenskauf durch EinzelrechtsnachfolgeIm Rahmen eines asset deal erfolgt der Unternehmenskauf durch Einzelrechtsnachfolge, was zivilrechtlich einen Kaufvertrag über jede übertragene Vermögens- und Schuldposition des Zielunternehmens darstellt. In der Praxis ist das betreffende Vertragswerk zumeist als einheitliches Dokument ausgestaltet, das um eine Anlage mit den übertragenen Positionen ergänzt wird.

Aufgrund des Bestimmtheitsgrundsatzes ist bei der Vertragsgestaltung auf eine möglichst umfassende und präzise Umschreibung des zu übertragenden Vermögens zu S. 454achten. Befinden sich im Zielunternehmen Immobilien, gelten die allgemeinen Formanforderungen an die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags.

Aufgrund [i]Im Unternehmen begründete Risken können dort belassen werdender Möglichkeit, die übergehenden Vermögens- und Schuldenpositionen zu selektieren, können im Unternehmen begründete Risiken bei einem asset deal im Restunternehmen belassen werden. Zudem kann sich der Käufer auf einen Teil des Vermögens beschränken.

Das nach einem asset deal verbleibende (Rest-)Unternehmen, das regelmäßig nur noch aus liquiden Mitteln besteht, wird zumeist aufgelöst und liquidiert (rechtliche Hülle).

2. Share Deal

Handelt [i]Mittelbarer Unternehmenskauf...es sich beim Zielunternehmen um eine Gesellschaft, besteht eine alternative Möglichkeit des Unternehmenskaufs im Erwerb aller Gesellschaftsanteile (mittelbarer Unternehmenskauf), der zivilrechtlich als Rechtskauf einzustufen ist. Eine Auflistung der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden ist nicht erforderlich, womit ein deutlich geringerer Aufwand verbunden ist. [i]... auch aller Schulden und RisikenIndes gehen sämtliche Schulden und Risiken mittelbar – über die Gesellschaftsanteile – auf den Käufer über.

Erfolgt der Erwerb von Anteilen an einer GmbH, ist die notarielle Beurkundung der Geschäftsanteilsabtretung und -annahme zu beachten. Der Erwerb von Anteilen an einer Personengesellschaft unterliegt hingegen nur dann der Beurkundungspflicht, wenn sich im Betriebsvermögen der Gesellschaft Immobilien befinden.

II. Prozess des Unternehmenskaufs

Der Prozess eines Unternehmenskaufs beginnt mit der Suche geeigneter Zielunternehmen und führt über Vertragsverhandlung und Vertragsabschluss bis zum Vollzug. Besonderes Augenmerk ist auf die Prüfung des Zielunternehmens zu richten (due diligence). Für den gesamten Prozess sollten sich Käufer und Verkäufer im Vorfeld einen klaren Aktions- und Zeitplan zugrunde legen.

1. Identifikation

Der [i]Prüfung anhand allgemein verfügbarer Datenerste Prozessschritt besteht in der Prüfung, welche Unternehmen angesichts der wirtschaftlichen Zielsetzung des Käufers als Zielunternehmen in Frage kommen. Dies kann z. B. in einer Analyse der Unternehmen der entsprechenden Branche oder in der gewünschten Region bestehen. In diesem Zuge beurteilt der Käufer auf Basis allgemein verfügbarer Daten (z. B. Jahresabschlüsse, Geschäftsberichte, Datenbanken), ob die mit dem Erwerb verfolgten Ziele mit dem Zielunternehmen erreichbar sind. Zudem können bereits erste Gespräche zur Klärung der generellen Verkaufsbereitschaft mit dem potenziellen Veräußerer geführt werden.

2. Sondierung

In [i]Darlegung der Ernsthaftigkeitdiesem Prozessschritt beabsichtigen Käufer und Verkäufer, die Ernsthaftigkeit ihrer Erwerbs- bzw. Veräußerungsabsicht darzulegen, bevor in die zeit- und kostenintensive Prüfung übergegangen wird. Unnötige Kosten für Analysen, Gutachten, Zwischenabschlüsse o. ä. sollen somit vermieden werden.

Die [i]Letter of intentSondierungsphase endet regelmäßig mit dem Verfassen eines letter of intent (loi), einer rechtsunverbindlichen Absichtserklärung, in der eine Seite das ernsthafte Interesse an einer Unternehmenstransaktion bekundet. Dies ist aus verhandlungspsychologischer Sicht für den weiteren Verlauf der Verhandlung von erheblicher Bedeutung. Sofern ein Abbruch der Verhandlungen für beide Seiten jederzeit, ohne Vertragsstrafen oder Schadensersatz, ermöglicht werden soll, wird dies als „weicher“ loi bezeichnet. Bei S. 455einer Aufnahme erster Schutz- oder Ersatzpflichten sowie verbindlicher Nebenabreden ist die Bezeichnung als „harter“ loi gebräuchlich.

Ein [i]Memorandum of understanding letter of intent kann insbesondere Aussagen zu Vertragsparteien, Transaktionszielen, Zeitplan, Geheimhaltungspflichten, Hinweise auf rechtliche Unverbindlichkeit oder Schadensersatzregelungen enthalten. Wird die Absichtserklärung durch mehrere Verhandlungspartner abgegeben, wird dies als memorandum of understanding bezeichnet.