Finanzbehörde Hamburg - S 2221 - 2023/002

§ 10 EStG - Versagung des Sonderausgabenabzugs bei steuerfreien Drittstaateneinkünften

Fach-Info 2/2023

Bezug:

Information zum BFH-Urteil, X R 25/21 vom (zur Veröffentlichung im BStBl vorgesehen)

Streitig ist die Versagung des Sonderausgabenabzugs bei steuerfreien Drittstaateneinkünften.

Die Klägerin zu 1. wurde im Streitjahr mit ihrem verstorbenen Ehemann (Ehemann) zusammen im Streitjahr 2016 zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Ehemann war als Arbeitnehmer von seinem inländischen Arbeitgeber zeitlich befristet in die Volksrepublik China (China) entsandt worden. Den inländischen Wohnsitz behielten die Klägerin zu 1. und der Ehemann bei.

Nach Maßgabe von Art. 15 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom --DBA China-- (BGBl 2016 II S. 1005, BStBl 2016 I S. 1144) besteuerte das FA den Arbeitslohn des Ehemannes als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Umfang des inländischen Tätigkeitsanteils (12,28 %). Im Übrigen stellte das FA die Einkünfte unter Progressionsvorbehalt gemäß § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei.

Die Klägerin zu 1. und der Ehemann erklärten für das Streitjahr als Altersvorsorgeaufwendungen Beiträge des Ehemannes zur inländischen gesetzlichen Rentenversicherung, wobei dessen Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge geleistet hatte. Zudem erklärten sie eigene Beiträge des Ehemannes zur Versicherung gegen Arbeitslosigkeit.

Das FA erkannte im Einkommensteuerbescheid Altersvorsorgeaufwendungen an. Hierbei bezog es nur 12,28 % der geleisteten Beiträge in die Berechnung ein, berücksichtigte nach den Vorgaben in § 10 Abs. 3 Sätze 4 und 6 EStG 82 % jener Beiträge und zog schließlich nach S. 5 der Vorschrift 12,28 % der vom Arbeitgeber geleisteten Beiträge ab. Auch die Aufwendungen zur Versicherung gegen Arbeitslosigkeit erkannte das FA nur zu 12,28 % als Sonderausgaben an. Zur Begründung führte es an, dass Vorsorgeaufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stünden, nicht als Sonderausgaben abziehbar seien.

Der BFH bestätigt mit o. g. Urteil die Auffassung des FA, dass die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Buchst. a sowie Nr. 3a EStG grundsätzlich als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie zur Versicherung gegen Arbeitslosigkeit im Umfang desjenigen Teils des Arbeitslohns, der im Streitjahr auf die Tätigkeit des Ehemannes in China entfiel, einem Abzugsverbot unterliegen.

§ 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG schließt den Abzug der dort genannten und auch vorliegend betroffenen Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben aus, wenn diese in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Durch diese Regelung soll ein ansonsten eintretender doppelter steuerlicher Vorteil vermieden werden.

Dieses Abzugsverbot trat im Streitfall ein. Dem steht nach Auffassung des BFH nicht entgegen, dass die späteren Renteneinnahmen im Inland steuerpflichtig nach § 22 Nr. 1 S. 3 EStG sind. Maßgebend für die Abzugsfähigkeit der Vorsorgeaufwendungen sei der wirtschaftliche Zusammenhang mit den Einnahmen, aus denen diese Vorsorgeaufwendungen stammen.

Für die Versagung der Abzugsfähigkeit der Vorsorgeaufwendungen komme es auch nicht darauf an, ob diese in dem Drittstaat, dem die Besteuerung nach dem DBA zustünde, abzugsfähig seien. Weder für die Abzugsfähigkeit der Kosten für die Arbeitslosenversicherung noch für diejenigen zur gesetzlichen Rentenversicherung bestünde von Verfassungswegen darauf ein Anspruch.

Der BFH hält hierbei seine zuvor geäußerten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für den Fall, in dem der Steuerpflichtige bei einer grenzüberschreitenden Tätigkeit auch im Tätigkeitsstaat keinen steuerlichen Abzug für Vorsorgeaufwendungen geltend machen kann, nicht mehr aufrecht. Schließlich sei eine Abzugsfähigkeit der Vorsorgeaufwendungen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zur Wahrung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nur im EU-/EWR-Raum sowie im Verhältnis zur Schweiz zwingend geboten. In den übrigen Drittstaatenfällen gebiete das subjektive Nettoprinzip nur, eine durch existenznotwendige Aufwendungen verminderte Leistungsfähigkeit abzubilden.

Finanzbehörde Hamburg v. - S 2221 - 2023/002

Fundstelle(n):
TAAAJ-65051