Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
NWB-BB Nr. 1 vom Seite 20

Das Modell der 4-Tage-Woche: Ein Trumpf in Zeiten des Fachkräftemangels?

Ausgestaltung und arbeitsrechtliche Regelungen

StB Dr. Christian Sielaff und RA Julian Stinauer

Die 4-Tage-Woche erfreut sich wachsender Beliebtheit. Sowohl in der politischen Diskussion als auch in der Tagespresse finden sich regelmäßig entsprechende Forderungen. Während im Ausland diverse Pilotprojekte, mal in größerem, mal in kleinerem Rahmen durchgeführt wurden, haben auch verschiedene deutsche Unternehmen unterschiedlicher Größe das Konzept der 4-Tage-Woche bereits erfolgreich eingeführt. Der vorliegende Beitrag geht auf mögliche Ausgestaltungsformen sowie auf arbeitsrechtliche Fragen und Fallstricke ein. Diese zu kennen ist auch für den Berater relevant, kann die 4-Tage-Woche doch im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Beratung ein sinnvolles Instrument innerhalb der Mandantschaft sein. Denn durch dieses Modell lassen sich sowohl betriebswirtschaftliche als auch personalpolitische Vorteile für den Mandanten generieren. Klingt die Einführung zunächst einfach, steckt auch hier der Teufel im Detail, was gerade bei mittleren und größeren Unternehmen, die einer Mitbestimmung durch einen Betriebsrat unterliegen, viele Fragen aufwerfen kann.

Kernaussagen
  • Insbesondere in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels kann die 4-Tage-Woche die Mitarbeiterzufriedenheit und Arbeitgeberattraktivität deutlich steigern.

  • Aus Sicht der Unternehmensorganisation sollte die Einführung gut durchdacht und geplant werden; der betriebswirtschaftliche Berater kann dabei ein guter Ansprechpartner sein.

  • Zahlreiche arbeitsrechtliche Regelungen, wie z. B. die Einbindung des Betriebsrates und arbeitsrechtliche Schutzvorschriften, sind auf das neue Arbeitszeitmodell abzustimmen.

I. Das Konzept der 4-Tage-Woche

Für die meisten Arbeitnehmer scheint der Wunsch klar zu sein: Laut aktueller HDI Berufe-Studie 2022 plädieren rund 76 % der Beschäftigten für die Einführung einer 4-Tage-Woche (vgl. https://go.nwb.de/ygt80). In der Industrie sind dies sogar 86 %, wovon ein Viertel auch bereit wäre, dafür einen Lohnverzicht in Kauf zu nehmen.

1. Vorteile des Modells

Aber auch für den Arbeitgeber kann die Einführung einer 4-Tage-Woche vorteilhaft sein. Gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels und mit dem Wissen, dass es den Wunsch nach einer 4-Tage-Woche bei einem Großteil der Arbeitnehmer gibt, kann auf diese Weise die Arbeitgeberattraktivität nachhaltig gesteigert werden. Bereits vorhandenes Personal wird so an das Unternehmen gebunden und die Akquise neuer Mitarbeitenden wird erleichtert. Dieser Vorteil ist dabei natürlich so lange am größten, wie noch wenige Unternehmen ein solches Modell anbieten.

Auch stellt die Einführung eines solchen Modells eine Alternative zu Gehaltserhöhungen dar, was besonders für Unternehmen interessant ist, die z. B. aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage bereits angelegte Gehaltsanpassungen bei ihrer Belegschaft nicht finanzieren können. Zwar ist hier Augenmaß gefordert, bei welchem Mitarbeitenden wie zu verfahren ist; dennoch kann die Zufriedenheit und damit die Bindung an das Unternehmen auch durch ein solches Mittel ohne zusätzliche Gehaltskosten gesteigert werden. Ob das ganze durch eine reine Umverteilung der aktuellen Arbeitszeit auf 4 Tage oder durch Reduktion dieser bei gleichem Gehalt und (soweit möglich) gesteigerter Produktivität umgesetzt wird, muss im Vorfeld gut durchdacht werden. Dazu werden im Folgenden mögliche Modellvarianten aufgezeigt.

Literatur-Tipp

Eine weitere Alternative zu Gehaltserhöhungen können Mitarbeiter-Benefits und Firmenkreditkarten sein. Vgl. hierzu ausführlich Schneider/Sielaff, Mitarbeiter-Benefits und Firmenkreditkarten – Steuerliche Vorteile nutzen als Alternative zu Gehaltserhöhungen, NWB-BB 12/2022 S. 354, NWB QAAAJ-26713. S. 21