Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Dozenten und Lehrern
Insbesondere bei Statusanfragen und bei Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) werden immer wieder Fragen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung bestimmter Mitarbeiter aufgeworfen. So geht es in der Praxis auch häufig um die Klärung der Frage, in welchen Fällen die im Unternehmen eingesetzten Lehrer und Dozenten als abhängig Beschäftigte der Sozialversicherungspflicht unterliegen oder wann diese als selbständig Tätige gelten.
Tatsächlich sind beide Fallgestaltungen in der Praxis anzutreffen und diese können auch jeweils rechtlich korrekt sein. Es kommt – wie immer in der Sozialversicherung – auf den Einzelfall an. Der erste Fall wird als sog. Scheinselbständigkeit bezeichnet und stellt für die auftraggebenden Unternehmen oft ein gravierendes Problem dar. Der folgende Beitrag stellt die rechtliche Lage im Überblick dar und zeigt auf, welche Auswirkungen sich ergeben können.
.
I. Allgemeiner rechtlicher Überblick
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV wird der Begriff „Beschäftigung“ wie folgt definiert: „Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.“
[i]Beschäftigter ist vom Arbeitgeber abhängigDas Bundessozialgericht hat in seiner ständigen Rechtsprechung klargestellt, dass eine Beschäftigung vorliegt, wenn der Beschäftigte persönlich vom Arbeitgeber abhängig ist. Dies ist der Fall, wenn der Beschäftigte seine Arbeit nicht eigenständig gestalten kann, sondern in die Arbeitsabläufe des Arbeitgebers eingebunden ist und dabei einem umfassenden Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeit unterliegt. In einigen Fällen kann diese Weisungsgebundenheit, insbesondere bei S. 1070hochqualifizierten Dienstleistungen, eingeschränkt sein, um eine „funktionsgerechte Teilhabe am Arbeitsprozess“ zu gewährleisten.
[i]Unternehmerrisiko bei selbständiger Tätigkeit Im Gegensatz dazu zeichnet sich eine selbständige Tätigkeit vor allem durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Kontrolle über die eigene Arbeitskraft sowie die weitgehend selbstbestimmte Tätigkeit und Arbeitszeit aus.
Die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Das Gesamtbild der Arbeitsleistung ist dabei ausschlaggebend.
1. Kriterium der Eingliederung
[i]Betriebliche Eingliederung als Kriterium für StatusbeurteilungIn den letzten Jahren hat das Bundessozialgericht das Kriterium der betrieblichen Eingliederung in seiner Rechtsprechung präzisiert und die herausragende Bedeutung dieses Kriteriums für die Statusbeurteilung betont. In verschiedenen Urteilen, darunter Entscheidungen zu Berufsgruppen wie Honorarärzten, Pflegekräften, Notärzten im Rettungsdienst, Buchführungshelfern und Fahrkartenkontrolleuren mit eigenen Detekteien, wurde ein Beschäftigungsverhältnis festgestellt. Dies geschah aufgrund des Ausmaßes der betrieblichen Eingliederung und der daraus resultierenden Begrenzung der üblicherweise selbständigen Gestaltung der Erwerbstätigkeit.
[i]Vertragliche Ausgestaltung bzw. tatsächliche Umsetzung Der (für die Annahme einer Beschäftigung) ausreichende Grad der persönlichen Abhängigkeit manifestiert sich nicht nur durch die Unterwerfung unter das Weisungsrecht des Vertragspartners, das Aspekte wie Inhalt, Umsetzung, Zeit, Dauer, Ort und sonstige Modalitäten der auszuführenden Tätigkeit umfassen kann. Er kann auch aus einer detaillierten vertraglichen Ausgestaltung oder der tatsächlichen Umsetzung des Vertrags resultieren, die den Spielraum für die Erbringung der vereinbarten Leistung erheblich beschränken.
Der Grad der persönlichen Abhängigkeit wird zusätzlich durch die spezifischen Merkmale der jeweiligen Tätigkeit und deren Organisationsstruktur bestimmt. Selbst bei Tätigkeiten von hochqualifizierten Fachleuten oder Personen mit besonderen Führungsaufgaben kann eine gewisse Abhängigkeit in abgeschwächter Form ausreichen, um von einer Beschäftigung zu sprechen und die Weisungsgebundenheit kann zur Sicherstellung einer funktionsgerechten Integration in den Arbeitsprozess weiter verfeinert sein.
[i]Abhängigkeit durch Integration in betriebliche Abläufe Wichtig ist, dass die Weisungsgebundenheit und betriebliche Eingliederung nicht zwingend in einem hierarchischen Verhältnis zueinanderstehen oder gleichzeitig vorliegen müssen. Die persönliche Abhängigkeit kann auch dann gegeben sein, wenn sie allein durch die Integration in die betrieblichen Abläufe gekennzeichnet ist.
Insbesondere bei hochqualifizierten Fachleuten oder Spezialisten kann das Weisungsrecht zwar eingeschränkt sein, aber die Dienstleistung bleibt dennoch von der betrieblichen Ordnung geprägt, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird.S. 1071