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NWB-EV Nr. 11 vom Seite 340

Reparatur einer missglückten Güterstandsschaukel

Zugleich Besprechung des

Dr. Rüdiger Werner

Die Güterstandsschaukel ist ein häufig eingesetztes Instrument, um Vermögen schenkungsteuerfrei auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten zu transferieren. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1378 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich auf eine Geldleistung gerichtet. Vielfach wird der Ausgleichsverpflichtete allerdings nicht hinreichend liquide sein, um diese Forderung tatsächlich in Geld erfüllen zu können. Stattdessen erhält der ausgleichsberechtigte Ehegatte zur Erfüllung seiner Forderung anderweitiges Vermögen. Eine solche Leistung an Erfüllungs statt kann Ertragsteuer auslösen, so dass die Güterstandsschaukel die mit ihr verfolgten Ziele nicht erreicht. Das FG Niedersachsen zeigt in einem jüngst ergangenen Urteil Wege auf, wie die Betroffenen durch Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB diese Übertragung rückabwickeln und so die unerwünschten steuerlichen Folgen vermeiden können.

Kernaussagen
  • Werden dem ausgleichsberechtigten Ehegatten im Rahmen einer Güterstandsschaukel nicht Barmittel sondern sonstige Vermögensgegenstände übertragen, so wird dadurch Ertragsteuer ausgelöst.

  • Eine Güterstandsschaukel, bei der nicht Barmittel sondern sonstige Vermögensgegenstände übertragen werden, kann nicht rechtssicher gestaltet werden. Der ausgleichspflichtige Ehegatte muss daher liquide sein, um eine Güterstandsschaukel durchführen zu können.

  • Eine solche missglückte Güterstandsschaukel kann dadurch repariert werden, dass die Parteien sich darauf berufen, dass die Geschäftsgrundlage ihrer Transaktion entfällt, die zugrunde liegende Vereinbarung daher nichtig und der Vorrang daher rückabzuwickeln sei.

  • Die gemeinsame Fehlvorstellung muss sich für Dritte erkennbar aus in zeitlichem Zusammenhang mit dem Rechtsgeschäft stehenden Quellen ergeben.

I. Begriff der Güterstandsschaukel

Die Güterstandsschaukel ist ein häufig eingesetztes Instrument, um Vermögen schenkungsteuerfrei auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten zu transferieren. Neben diesem steuerlichen Zweck ist in der jüngeren Vergangenheit insbesondere auch die damit unter dem Stichwort Asset Protection eröffnete Möglichkeit ins Visier der Gestaltungspraxis geraten, auf diese Weise Vermögen auf einen weniger haftungsgefährdeten Partner zu übertragen. Unter dem Begriff der Güterstandsschaukel wird gemeinhin eine bewusste lebzeitige Änderung des ehelichen Güterstands mit dem Motiv der Erreichung eines bestimmten zivil- oder steuerrechtlichen Gestaltungsziels verstanden. Üblicherweise wechseln die Eheleute durch Abschluss eines notariell zu beurkundenden Ehevertrags vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütertrennung.

Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen der kleinen und der großen Güterstandsschaukel. Im Fall der kleinen Güterstandsschaukel verbleiben die Ehegatten im neugewählten Güterstand der Gütertrennung. Bei der großen Güterstandsschaukel kehren die Ehegatten nach dem Ablauf einer gewissen Zeit wieder in den Ausgangsgüterstand der Zugewinngemeinschaft zurück. Mit der Aufhebung der Zugewinngemeinschaft entsteht für den Ehegatten, der während des Bestehens der Ehe den geringeren Zugewinn erzielt hat, ein Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1378 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB. Die infolge der Aufhebung der Zugewinngemeinschaft entstehende Ausgleichsforderung nach § 1378 BGB ist gem. § 5 Abs. 2 ErbStG grundsätzlich nicht als erbschaft- bzw. schenkungsteuerpflichtiger Erwerb i. S. der §§ 3, 7 ErbStG einzustufen.

Der Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1378 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich auf eine Geldleistung gerichtet. In vielen Fällen werden die ausgleichsverpflichteten Ehegatten allerdings nicht in hinreichender Höhe über Finanzmittel verfügen, um diese Zugewinnausgleichsforderung tatsächlich in Geld erfüllen zu können. Aus diesem Grund kommt es gelegentlich vor, dass die Ehegatten in den Vertrag, mit dem sie in den Güterstand der Gütertrennung wechseln, eine Vereinbarung aufnehmen, wonach nicht Geld, sondern bestimmte GegenS. 341stände vom Ausgleichsverpflichteten an den ausgleichsberechtigten Ehegatten in Erfüllung der Zugewinngemeinschaft zu übertragen sind. Diese Verpflichtung zur Leistung von Sachwerten anstatt von Barmitteln stellt eine Leistung an Erfüllungs statt dar, da hier ein anderer als der ursprünglich geschuldete Gegenstand hingegeben wird.

Die Übertragung dieser Gegenstände kann unerwünschte ertragsteuerliche Folgen haben. Früher wurde in der Literatur und teilweise auch in der Rechtsprechung zwar angenommen, dass eine Leistung an Erfüllungs statt nicht zu einer ertragsteuerlichen Verpflichtung führt. Im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des BFH und die Position der Finanzverwaltung kann dem nicht mehr gefolgt werden. Nachteilig wirkt sich dies etwa aus, wenn zur Erfüllung der Ausgleichsforderung abgeltungsteuerpflichtige Wertpapiere, Grundstücke oder Kapitalgesellschaftsanteile hingegeben werden bzw. sog. einbringungsgeborene Anteile i. S. des § 21 UmwStG a. F. oder Mitunternehmeranteile übertragen werden. Entsprechendes gilt für die Übertragung von Gegenständen aus dem Betriebsvermögen, da dies Entnahmetatbestände auslöst. Diese Vorgänge erfüllen Veräußerungstatbestände i. S. der §§ 17, 20, oder 23 EStG bzw. § 21 UmwStG a. F. sowie Entnahmetatbestände nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG oder Veräußerungstatbestände gem. §§ 15, 16 EStG.

II. Reparatur einer missglückten Güterstandsschaukel durch Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage