Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
StuB Nr. 20 vom Seite 813

Gewinnerzielungsabsicht und Gestaltungsmissbrauch bei gezielter Herbeiführung von Veräußerungsverlusten nach § 17 EStG

Anmerkungen zum

StB/vBP Prof. Dr. Hans Ott

Mit Urteil vom hat der BFH ein in der Praxis angewandtes Gestaltungsmodell anerkannt, bei dem gezielt ein Verlust i. S. von § 17 EStG durch die Veräußerung eines GmbH-Geschäftsanteils herbeigeführt wurde, dessen Anschaffungskosten aufgrund eines zuvor im Rahmen einer Kapitalerhöhung gezahlten Aufgelds (sog. Überpari-Emission) seinen Verkehrswert überstiegen. Der BFH hat sich in diesen Zusammenhang mit der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht und mit der Frage des Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO auseinandergesetzt. Während die Gewinnerzielungsabsicht beteiligungsbezogen zu prüfen ist, wird der Verlust aus der Anteilsveräußerung nach Ansicht des BFH anteilsbezogen ermittelt. Die gezielte Herbeiführung eines Veräußerungsverlusts ist nach Ansicht des BFH auch nicht ohne Weiteres rechtmissbräuchlich. Die Entscheidung vom betrifft allerdings die Rechtslage für Anteilsveräußerungen bis zum . Denn nach der Einfügung des § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG ist das dem Urteilsfall zugrunde liegende Gestaltungsmodell nicht mehr umsetzbar. Das das über den Urteilsfall hinaus für die Beratungspraxis interessante Hinweise enthält, wird nachfolgend erörtert.

Kernfragen
  • Welche Aspekte hat der behandelt?

  • Wie prüft der BFH die Gewinnerzielungsabsicht bzw. den Verlust aus der Anteilsveräußerung?

  • Liegt ein Gestaltungsmissbrauch i. S. des § 42 AO vor?

I. Urteilssachverhalt

[i]Strahl, Anerkennung von Veräußerungsverlusten i. S. des § 17 EStG, NWB 33/2023 S. 2272, NWB NAAAJ-46209 Deutschländer, Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG, Grundlagen, NWB JAAAG-42489 Die Klägerin war als Alleingesellschafterin an einer im November 2015 gegründeten GmbH beteiligt, deren Stammkapital in 25.000 Geschäftsanteile im Nennbetrag von jeweils 1 € (Geschäftsanteile Nr. 1 bis 25.000) eingeteilt war. Mitte Dezember 2015 erhöhte die GmbH ihr Kapital um 1.000 € und schuf zu diesem Zweck einen weiteren Geschäftsanteil (Nr. 25.001) im Nennbetrag von 1.000 €. Die Klägerin übernahm auch diesen Geschäftsanteil und zahlte neben der Einlage von 1.000 € ein Aufgeld i. H. von 500.000 € in die (freie) Kapitalrücklage der GmbH gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB. Am veräußerte die Klägerin 300 Geschäftsanteile (Nr. 24.701 bis 25.000) sowie den neuen Geschäftsanteil (Nr. 25.001) zum Kaufpreis von insgesamt 26.300 € an ihren Ehemann, der anschließend mit 5 % an der GmbH beteiligt war. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2015 wurde aus der Veräußerung der GmbH-Geschäftsanteile folgender Veräußerungsverlust gem. § 17 EStG erklärt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Veräußerungspreis abzgl. Anschaffungskosten
26.300 €
Geschäftsanteile 24.701 bis 25.000
300 €
Geschäftsanteil 25.001
1.000 €
Aufgeld für Geschäftsanteil 25.001
500.000 €
./. 501.300 €
Veräußerungsverlust
475.000 €
Anzusetzen im Teileinkünfteverfahren zu 60 %
285.000 €