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PiR Nr. 10 vom Seite 316

Anhangangaben zum (obligatorischen) impairment test bei Geschäfts- und Firmenwerten

Empirische Analyse von Parametern und weiteren Anhangangaben in den Konzernabschlüssen des DAX40

Dr. Jens Reinke

Sowohl der US Financial Accounting Standards Board (FASB) als auch der International Accounting Standards Board (IASB) haben sich jüngst dazu entschieden, am impairment only-Ansatz festzuhalten. Für Abschlussadressaten und auch Abschlussersteller sind einerseits die Basis des erzielbaren Betrags sowie andererseits die diesem bei der Ermittlung zugrunde gelegten Parameter von Bedeutung, da sowohl beim Nutzungswert ausschließlich als auch beim Nettoveräußerungswert regelmäßig auf ein Barwertkalkül zurückgegriffen wird. Für die Abschlussadressaten ist zudem auch die Betrachtung der Sensitivität eine wichtige Angabe zur Risikoeinschätzung. Der Beitrag gibt im Rahmen einer empirischen Analyse einen Überblick zu den von den berücksichtigten DAX40-Unternehmen herangezogenen Parametern zur Ermittlung des erzielbaren Betrags beim impairment test für den Geschäfts- oder Firmenwert (GFW) sowie zu den Angaben zur Sensitivität(sanalyse) – ergänzt um Beispiele und best practices aus den Konzernabschlüssen der berücksichtigten DAX40-Unternehmen.

Kernaussagen
  • Die Angaben zur Basis des erzielbaren Betrags beim GFW impairment test – Nutzungs- und/oder Nettoveräußerungswert – haben sich weiterhin verbessert.

  • Die Diskontierungszinssätze spiegeln den allgemeinen Anstieg der Zinsen wider und sind zwischen 2020 und 2022 vor Steuern um 2,67 %-Punkte im Durchschnitt (auf 11,57 %) und 2,60 %-Punkte beim Median (auf 10,75 %) sowie nach Steuern um 2,28 %-Punkte im Durchschnitt (auf 10,03 %) und 2,25 %-Punkte beim Median (auf 9,00 %) angestiegen.

  • Die Länge der Detailplanungsphase und die Höhe der Wachstumsrate in der Fortschreibungsphase sind zwischen 2020 und 2022 relativ konstant. Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine und auch die Covid-19-Pandemie scheinen sich hier nicht wesentlich niederzuschlagen.

  • Eine Angabe zur Sensitivität einer (Gruppe von) ZMGE wird im Jahr 2022 fast durchgängig – wenn auch mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad – vorgenommen.

I. Einleitung

Trotz der Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine im Jahr 2022 und der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 hat sich die Summe der Geschäfts- oder Firmenwerte (GFW) der berücksichtigten DAX40-Unternehmen zum jeweiligen Abschlussstichtag und damit nach Wertminderungen um rund 57 Mrd. € auf jetzt fast 349 Mrd. € erhöht. Dabei wurden im Jahr 2022 trotz gestiegenen Zinsen und Ukraine-Krieg lediglich Wertminderungen auf die GFW in Höhe von 2,5 Mrd. € vorgenommen, was 0,7 % des bilanzierten GFW entspricht und damit eine Nutzungsdauer von mehr als 140 Jahren impliziert.

Die nach der Svensson-Methode geschätzte Zinsstrukturkurve für börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von 30 Jahren lag am und am jeweils bei rund 0 % (: -0,14 %; : +0,12 %) und ist im Jahr 2022 um gut 2,2 %-Punkte auf 2,36 % zum angestiegen. Vor diesen Hintergründen erscheint es interessant, detaillierter in die Analyse der dem GFW impairment test zugrunde gelegten Parameter und den Angaben zur Sensitivität(sanalyse) einzusteigen – und sich diese in den Konzernabschlüssen der Unternehmen des DAX40 anzuschauen.

Zudem haben sich die internationalen Standardsetzer – sowohl der US Financial Accounting Standards Board (FASB) als auch der International Accounting Standards Board (IASB) – dazu entschieden, am impairment only-Ansatz festzuhalten. Im Juni 2022 hat der FASB festgelegt, die Folgebewertung des GFW nicht mehr zu priorisieren und von der technischen Agenda zu nehmen, da beim versuchsweise entwickelten Ansatz der planmäßigen Abschreibung Vorteile und Kosten nicht in einem vorteilhaften Verhältnis zueinander stünden. Im November 2022 hat auch der IASB die vorläufige Entscheidung getroffen, den impairment only-Ansatz beizubehalten S. 317und damit die vorläufigen Ansichten aus DP/2020/1 weiterzuverfolgen. Es haben sich bisher keine ausreichenden Nachweise für die weitere Untersuchung zur Wiedereinführung der planmäßigen Abschreibung des GFW ergeben – weder würden sich die Informationen für die Abschlussadressaten verbessern noch würden sich die Kosten oder die Komplexität reduzieren. Grundsätzlich gäbe es zusätzliche Einmalkosten für den Übergang auf die planmäßige Abschreibung des GFW sowie fortlaufende Kosten aus der dann vorherrschenden Divergenz zu den US-GAAP.

II. Ermittlung des erzielbaren Betrags im Rahmen des impairment test nach IAS 36

Ein Vermögenswert bzw. eine zahlungsmittelgenerierende Einheit (ZMGE) sind wertgemindert, wenn der Buchwert über dem erzielbaren Betrag liegt, wobei Letzterer der höhere der beiden Beträge aus Nutzungs- und Nettoveräußerungswert ist (IAS 36.1).

  • Nutzungswert: Abbildung der internen Unternehmensperspektive basierend auf vernünftigen und vertretbaren Annahmen des Managements.

  • Nettoveräußerungswert: Orientierung an externen Marktteilnehmern basierend auf dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Abgangskosten.

IAS 36 beinhaltet für die Ermittlung des Nutzungswerts umfangreiche Regelungen, wonach dieser stets mit einem Barwertkalkül – also einem kapitalwertorientierten Verfahren – zu ermitteln ist. Auch beim Nettoveräußerungswert wird die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts aufgrund regelmäßig nicht vorhandener aktiver Märkte und vergleichbarer Transaktionen für das Bewertungsobjekt häufig mit einem Barwertkalkül erfolgen.

IAS 36 beinhaltet für die Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts nur wenige Hinweise. Hierfür ist auf IFRS 13 zurückzugreifen, wonach das Barwertkalkül eines von mehreren gleichwertigen Bewertungsverfahren ist, aber aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von Marktpreisen und Level-1-Inputfaktoren häufig zum Einsatz kommt. Im Vergleich zum Nutzungswert ist beim beizulegenden Zeitwert des Nettoveräußerungswerts die Objektivierung durch Marktdaten und die Berücksichtigung der Erwartungen des Markts entscheidend (IFRS 13.B10; IAS 36.53A).

Folglich sind nicht die subjektiven Einschätzungen des Managements, sondern die Erwartungen des Markts über die zukünftig erwarteten Cashflows und das damit verbundene Risiko zu berücksichtigen.

Die Ermittlung des Nutzungswerts bzw. Nettoveräußerungswerts mit einem Barwertkalkül erfolgt in zwei Schritten:

  • Zuerst sind die zukünftig erwarteten Cashflows aus der fortgesetzten Nutzung und dem Abgang am Ende der Nutzungsdauer zu ermitteln.

  • Danach sind die zukünftig erwarteten Cashflows mit einem angemessenen Zinssatz zu diskontieren.

In den zukünftig erwarteten Cashflow aus der Nutzung sind folgende Zahlungsmittelzu- und -abflüsse zu berücksichtigen:

  • Zahlungsmittelzuflüsse aus der fortgesetzten Nutzung,

  • Zahlungsmittelabflüsse, die zur Erzielung der Cashflows aus der fortgesetzten Nutzung notwendig sind und die direkt oder auf einer vernünftigen und stetigen Basis zugeordnet werden können,

  • Zahlungsmittelzu- und -abflüsse aus dem Abgang.

Im Rahmen der Ermittlung des Nutzungswerts ist die Detailplanungsphase für die Cashflows nach IAS 36.33 (b) auf maximal fünf Jahre beschränkt, sofern kein längerer Zeitraum gerechtfertigt werden kann. Eine entsprechende Begrenzung zur Berücksichtigung detaillierter Cashflows findet sich für den Nettoveräußerungswert weder in IAS 36 noch in IFRS 13. Für den Zeitraum nach der Detailplanungsphase werden die Cashflows aus der Detailplanung mit einer angemessenen Wachstumsrate extrapoliert (Fortschreibungsphase). Beim Nutzungswert ist die Wachstumsrate maximal gleichbleibend oder aber sinkend (IAS 36.36).

Die Länge des Planungszeitraums der Cashflows wird durch die wirtschaftliche Nutzungsdauer bzw. die verbleibende Restnutzungsdauer des Bewertungsobjekts begrenzt.

In den folgenden Produkten ist das Dokument enthalten:

PiR - Internationale Rechnungslegung