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StuB Nr. 16 vom Seite 667

Keine Wegzugsbesteuerung bei tatsächlicher Rückkehr

Anmerkungen zum

StBin/Syndikus-RAin Anna Peterich und StB Niclas Remus

Die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG greift, wenn ein in Deutschland unbeschränkt Einkommensteuerpflichtiger eine wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft hält und ins Ausland verzieht. Besonders ärgerlich wirkt sich in diesen Fällen aus, dass eine Besteuerung erfolgt, obwohl keine tatsächliche Veräußerung stattgefunden hat und der Stpfl. somit auch keinen Veräußerungserlös erhalten hat, aus welchem er die Steuer begleichen könnte. Eine Erleichterung kann dabei die sog. „Rückkehrregelung“ bringen, die unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Stundung der Steuer und einem rückwirkenden Entfallen der Steuer führen kann. Insbesondere muss dafür die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Stpfl. beruhen. Die Finanzverwaltung fordert für das Erfüllen des Merkmals der „nur vorübergehenden Abwesenheit“, dass bereits im Zeitpunkt des Wegzugs die „Rückkehrabsicht“ bestehen muss und dies auch darzulegen ist. Dieser Auffassung hat der BFH nunmehr eine Absage erteilt. Laut BFH ist das Tatbestandsmerkmal der „nur vorübergehenden Abwesenheit“ erfüllt, wenn der Stpfl. tatsächlich innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitrahmens von fünf bzw. sieben Jahren nach dem Wegzug wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird. Auf eine Rückkehrabsicht bereits im Zeitpunkt des Wegzugs komme es dagegen nicht an.

Kernaussagen
  • Die entscheidende Frage im zugrunde liegenden Fall war, ob die begünstigende Rückkehrregelung bereits dann erfüllt ist, wenn objektiv eine „nur vorübergehende Abwesenheit“ vorliegt, da der Wegzügler innerhalb des maßgeblichen Zeitraums tatsächlich zurückkehrt (sog. objektive Theorie) oder ob der Wegzügler im Wegzugszeitpunkt eine Rückkehrabsicht haben und glaubhaft machen muss (sog. subjektive Theorie).

  • Der BFH hat sich zugunsten des Stpfl. der objektiven Theorie angeschlossen. Daher sei für das Entfallen der Wegzugsbesteuerung die fristgemäße Rückkehr des Stpfl. in den Fällen ausreichend, in denen die Rückkehr innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitrahmens erfolgt.

  • Das Urteil ist zu begrüßen. Um Diskussionen mit dem FA zu vermeiden, sollte aber weiterhin eine ausreichende Dokumentation vorgehalten werden.

I. Hintergrund

[i]Schneider/Keeve, Wegzugsbesteuerung: Rückkehrabsicht bei nur vorübergehender Abwesenheit, IWB 11/2023 S. 452, NWB OAAAJ-41463 Fuhrmann, AStG, § 6 Rz. 120, NWB HAAAJ-31579 Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AStG gelten bei Wegzug einer im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Person ins Ausland die Anteile als fiktiv veräußert und führen zu einer Besteuerung nach § 17 EStG (sog. Wegzugsbesteuerung). Daneben kann die Wegzugsbesteuerung auch bei einem gleichgestellten Ereignis ausgelöst werden (d. h. im Fall einer unentgeltlichen Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AStG und – vorbehaltlich der Nr. 1 und 2 – beim Ausschluss oder der Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AStG).