Instanzenzug: Az: 524 KLs 8/18
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagten A. , F. und G. wegen Steuerhinterziehung in 150 Fällen, davon in zwei Fällen wegen Versuchs, den Angeklagten Ge. wegen Steuerhinterziehung in 82 Fällen und den Angeklagten Y. wegen Steuerhinterziehung in 39 Fällen, davon in zwei Fällen wegen Versuchs, schuldig gesprochen und gegen sie Gesamtfreiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und sechs Monaten und acht Jahren verhängt. Darüber hinaus hat das Landgericht Einziehungs- und Kompensationsentscheidungen getroffen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten, die sie mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründen, haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Hinsichtlich eines Teilbetrages von 3.366.249 Euro hat der Senat in den Fällen 142 bis 148 der Urteilsgründe nach § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts aus prozessökonomischen Gründen von einer Einziehung abgesehen.
32. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen.
43. Die Kompensationsentscheidung des Landgerichts hält hingegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5a) Das Landgericht hat eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im Ermittlungsverfahren von fünf Jahren festgestellt und daher bei den Angeklagten „abgestuft nach der Höhe der gegen sie jeweils verhängen Freiheitsstrafen“ einen Teil der Strafen für vollstreckt erklärt (UA S. 159). Dabei hat es von der gegen den Angeklagten A. verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren als Kompensation neun Monate für vollstreckt erklärt; bei dem Angeklagten F. sieben Monate von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten für vollstreckt erklärt; bei dem Angeklagten G. sechs Monate von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten für vollstreckt erklärt und bei den Angeklagten Ge. und Y. , die es zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt hat, jeweils vier Monate.
6b) Mit der ausdrücklichen Verknüpfung der gewährten Kompensation mit der Höhe der verhängten Strafe hat das Landgericht einen rechtsfehlerhaften Ansatz gewählt. Die im Wege des sogenannten Vollstreckungsmodells vorzunehmende Kompensation koppelt den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht von Fragen des Tatunrechts, der Schuld und der Strafhöhe ab. Der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafe dar (st. Rspr.; vgl. nur Rn. 11 mwN).
7c) Zur Vermeidung einer weiteren Verfahrensverzögerung und um jede Beschwer der Angeklagten auszuschließen, trifft der Senat die Kompensationsentscheidung selbst, wozu er in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1a StPO berechtigt ist (vgl. Rn. 10 mwN). Er stellt fest, dass von den verhängten Gesamtfreiheitsstrafen jeweils neun Monate als Entschädigung für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Dabei orientiert er sich an der in diesem Verfahren vom Landgericht gewährten höchsten Kompensation von neun Monaten Freiheitsstrafe für den Angeklagten A. .
84. Die Einziehungsentscheidung bedarf lediglich im Hinblick auf die gegen den Angeklagten Ge. angeordnete Einziehung einer Korrektur. Wie das Landgericht selbst in den Urteilsgründen dargelegt hat, hat es den Einziehungsbetrag im Urteilstenor aufgrund eines Additionsfehlers irrtümlich auf 13.516,13 Euro festgesetzt. Tatsächlich war dem Angeklagten Ge. jedoch nur eine Entlohnung in Höhe von insgesamt 13.016 Euro gewährt worden (UA S. 166). Da das Landgericht diesen Fehler nicht mehr eigenständig durch die schriftlichen Urteilsgründe wirksam korrigieren konnte, hat der Senat die Einziehungsentscheidung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO geändert.
95. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 4 StPO; angesichts des nur geringfügigen Erfolgs der Revisionen ist es nicht unbillig, die Angeklagten mit den gesamten Kosten und Auslagen ihrer Rechtsmittel zu belasten (zur Einheitlichkeit der Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO bei vollständigem oder teilweisem Absehen von der Einziehungsentscheidung nach § 421 Abs. 1 StPO vgl. Rn. 3 ff. mwN). Dies gilt auch für die im Revisionsverfahren des Angeklagten Ge. betreffend die Einziehung entstandenen Kosten, denn das Rechtsmittel hat auch insoweit nur einen geringen Erfolg (vgl. Rn. 29).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:120723B1STR457.22.0
Fundstelle(n):
UAAAJ-45667