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Steuerbefreiung von kleineren Photovoltaikanlagen nach § 3 Nr. 72 EStG
Ausgewählte ertragsteuerliche Zweifelsfragen
Durch die Einführung der Ertragsteuerbefreiung für kleinere Photovoltaikanlagen gem. § 3 Nr. 72 EStG hat der Gesetzgeber einen steuerlichen Anreiz für die Anschaffung von Photovoltaikanlagen geschaffen. Hieraus ergeben sich jedoch einige Zweifelsfragen. Diese sollten eigentlich durch ein für das I. Quartal 2023 angekündigtes, bisher aber noch nicht veröffentlichtes BMF-Schreiben geklärt werden. Da bereits die ersten Steuererklärungen für das Jahr 2022 bearbeitet werden, erörtert dieser Beitrag ausgewählte Zweifelsfragen mit praktischer Relevanz.
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I. Steuerbefreiung von kleineren Photovoltaikanlagen
Nach [i]Liebhabereierlass bisheriger Rechtslage unterliegen die Einkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage als gewerbliche Einkünfte i. S. von § 15 EStG in Gänze der Ertragsbesteuerung. Mit dem sog. Liebhabereierlass ermöglicht die Finanzverwaltung auf Antrag eine faktische Steuerfreistellung solcher Einkünfte durch die Unterstellung einer fehlenden Gewinnerzielungsabsicht. Voraussetzung ist jedenfalls, dass alle Photovoltaikanlagen eines Steuerpflichtigen oder einer Mitunternehmerschaft eine installierte Gesamtleistung von nicht mehr als insgesamt 10 kW/p besitzen. Zudem darf der nicht in das Stromnetz eingespeiste Strom nur in zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen verbraucht werden.
Um [i]Einführung des § 3 Nr. 72 EStG den Ausbau erneuerbarer Energien durch Bürokratieabbau und steuerliche Begünstigungen weiter zu beschleunigen, wurde § 3 Nr. 72 EStG durch das JStG 2022 S. 651eingeführt. Diese Regelung ist gem. § 52 Abs. 4 Satz 27 EStG rückwirkend ab dem zwingend und somit ohne Antrag – wie noch bei dem Liebhabereiwahlrecht – anzuwenden. § 3 Nr. 72 EStG sieht eine Steuerfreiheit von Einnahmen und Entnahmen von kleineren Photovoltaikanlagen vor. Dabei wurden die Leistungsgrenzen (Bruttoleistung lt. Marktstammdatenregister) und Standorte der Anlagen wesentlich erweitert. So gilt die Steuerfreiheit für
PV-Anlagen auf, an oder in Einfamilienhäusern oder nicht zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden mit einer Leistung von bis zu 30 kW/p und
PV-Anlagen auf, an oder in sonstigen Gebäuden mit einer Leistung von bis zu 15 kW/p.
Hieraus ergeben sich jedoch eine Vielzahl von Zweifelsfragen.
Zu [i]Grenze der Gesamtleistung: 100 kW/p beachten ist, dass die Gesamtleistung aller Anlagen des Steuerpflichtigen oder der Mitunternehmerschaft die Grenze von 100 kW/p nicht überschreitet. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, entfällt nicht nur die Besteuerung etwaiger Gewinne aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage(n), sondern auch die Gewinnermittlungspflicht nach § 4 Abs. 1 und 3 EStG sowie das Risiko der gewerblichen Abfärbung i. S. von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Neben den ertragsteuerlichen Zweifelsfragen bestehen auch solche betreffend die Umsatzsteuer. Eine Vielzahl derer konnte bereits durch das und der damit einhergehenden Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses beseitigt werden.
II. Zusammenspiel von Liebhaberei-Wahlrecht lt. und Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG
Hinsichtlich [i]Nebeneinander von Liebhabereierlass und § 3 Nr. 72 EStGder Frage, ob das Liebhabereiwahlrecht durch die Einführung von § 3 Nr. 72 EStG obsolet geworden ist, herrscht in der Literatur Uneinigkeit. Der Auffassung, dass der Liebhabereierlass aufgrund der zwingenden Steuerbefreiung des § 3 Nr. 72 EStG als gegenstandlos zu betrachten ist, ist u. E. nicht zu folgen. Vielmehr ist ein Nebeneinander der beiden Regelungen möglich.