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BBK Nr. 13 vom Seite 620

Kein Sofortabzug für Aufwendungen für eine Homepage?

Leserfrage

Wolfgang Eggert

[i]bbk-leserfrage@nwb.deImmer wieder erreichen uns Zuschriften von Lesern mit fachlichen Problemen, die auch für einen breiteren Leserkreis interessant sind. In loser Folge greifen wir die Fragen in dieser Rubrik auf. Haben Sie auch eine fachliche Frage? Bitte richten Sie Ihre Zuschrift per E-Mail an bbk-leserfrage@nwb.de.

Problem

[i]OFD Frankfurt/M., Vfg. v. 22.3.2023 - S 2190 A - 031 - St 214 NWB YAAAJ-41088 Die OFD Frankfurt hat mitgeteilt, dass Aufwendungen für eine Homepage nicht unter den Anwendungsbereich des BMF-Schreibens fallen, in dem die Nutzungsdauer von Computerhard- sowie Betriebs- und Anwendersoftware auf ein Jahr festgelegt wurde. Vielmehr seien die Aufwendungen über eine Nutzungsdauer von drei Jahren abzusetzen.

Frage:

Liegt durch diese Festlegung nicht eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung mit Software vor, wenn sogar deutlich kostenaufwendigere ERP-Software nicht über die Nutzungsdauer abgesetzt werden muss?

Antwort

1. Regelung im EStG

[i]Gesetzlich geregelte AfA über die betriebsgewöhnliche NutzungsdauerBei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, also in Form der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu erfassen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG).

[i]BMF-Schreiben ohne Rechtsgrundlage Die AfA bemisst sich dabei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 1 Satz 2 EStG). Zu Recht schreiben Rätke/Theile hierzu: „Regelmäßig weisen die betroffenen digitalen Wirtschaftsgüter eben keine Nutzungsdauer von nur einem Jahr, sondern eine zum Teil deutlich längere auf.“ Das zitierte BMF-Schreiben ist selbstverständlich begünstigend für die betroffenen Steuerpflichtigen, aber dennoch nach der festen Überzeugung des Autors ohne rechtliche Grundlage und damit rechtswidrig. S. 621

2. Umfang der Begünstigung im BMF-Schreiben

[i]Begünstigte Software detailliert aufgeschlüsseltDas BMF-Schreiben lässt eine Nutzungsdauer von einem Jahr für Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung zu. Dazu zählen auch, weil ausdrücklich genannt, „die nicht technisch physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung, sowie neben Standardanwendungen auch auf den individuellen Nutzer abgestimmte Anwendungen wie ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung“.

[i]Homepage wird nicht genanntNach dieser Festlegung sind sowohl von der Definition als auch der Aufzählung die Kosten für eine Homepage nicht umfasst. Es ist folglich – die Sicht der Finanzverwaltung als richtig unterstellt – zu klären, wie die Kosten einer Homepage nach den allgemeinen Grundsätzen buchhalterisch bzw. bilanziell zu erfassen sind.

3. Behandlung der Kosten für eine Homepage

[i]Klärung 1: Liegt ein Vermögensgegenstand vor?Zunächst ist zu prüfen, ob bei der Homepage überhaupt ein Vermögensgegenstand vorliegt. Da eine Homepage i. d. R. übertragbar und selbständig mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertbar ist, sollte es hieran üblicherweise zwar keinen Zweifel geben. Im Ausnahmefall kann das aber anders sein! Eine Homepage, die beispielsweise nur die Adressdaten eines Unternehmens zeigt, wird für keinen Dritten einen Wert haben. Sie ist nicht übertragbar und stellt deshalb keinen Vermögensgegenstand dar. Deren Kosten sind deshalb als Aufwand zu erfassen.

[i]Klärung 2: Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang?Wird aber – wie üblich – die Vermögensgegenstandseigenschaft bejaht, liegt ein immaterieller Vermögensgegenstand des Anlagevermögens vor. Für die selbst erstellte Homepage gilt in diesem Fall, da definitionsgemäß keine Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immateriellen Vermögensgegenstände vorliegen, dass ein Aktivierungswahlrecht nach § 248 Abs. 2 HGB in der Handelsbilanz und nach § 5 Abs. 2 EStG ein Aktivierungsverbot in der Steuerbilanz besteht. § 5 Abs. 2 EStG stellt eine lex-specialis-Regelung zur ansonsten geltenden Maßgeblichkeit dar (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 EStG).

Wird dagegen ein fremder Dritter mit der Erstellung der Homepage – in Form eines Werkvertrags – beauftragt, d. h. schuldet der Dritte die erfolgreiche Erstellung des Werks Homepage (§ 631 BGB), handelt es sich um einen entgeltlichen Anschaffungsvorgang. Die Aktivierung erfolgt zwingend in der Handels- und der Steuerbilanz gleichermaßen mit den Anschaffungskosten unter „Ähnliche Rechte und Werte“ (Konto 0025 im SKR 03 und Konto 0130 im SKR 04).