Eingruppierung eines Hilfsgärtners
Leitsatz
Für die Eingruppierung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen im personellen Geltungsbereich des § 11a TVöD-NRW ist nach Nr. 1 der Vorbemerkungen zu allen Entgeltgruppen des Eingruppierungsverzeichnisses im Anhang zu Teil A § 11a TVöD-NRW das Tätigkeitsmerkmal maßgebend, dem die auszuübende Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte entspricht. Damit haben die Tarifvertragsparteien des TVöD-NRW von den ihnen im Anhang zur Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA eingeräumten Regelungskompetenzen Gebrauch gemacht. Die Eingruppierungsbestimmungen der §§ 12, 13 TVöD/VKA sind nicht anzuwenden.
Gesetze: § 12 TVöD, § 13 TVöD, § 38 Abs 5 S 2 TVöD, § 29b Abs 1 S 1 TVÜ-VKA
Instanzenzug: ArbG Essen Az: 2 Ca 8/20 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 12 Sa 859/20 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
2Der Kläger war seit 1993 zunächst auf Grundlage einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei der beklagten Stadt (Beklagte) tätig. In der Zeit vom bis zum nahm er in diesem Rahmen an einer von der damaligen Bundesanstalt für Arbeit geförderten beruflichen Bildungsmaßnahme zum Hilfsgärtner in einer Ausbildungsstätte der Beklagten erfolgreich teil. Nach einem befristeten Arbeitsverhältnis wurde der Kläger mit Arbeitsvertrag vom als „Bestattungsgehilfe und Hilfsgärtner“ eingestellt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags richtet sich das Arbeitsverhältnis „nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge, insbesondere des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G/NRW), in ihrer jeweils geltenden Fassung“, sowie die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben sollen „die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung“ finden.
3Nach einer zwischenzeitlichen Beschäftigung als Krematoriumswärter wird der Kläger seit dem wieder als Bestattungsgehilfe und Hilfsgärtner auf einem Parkfriedhof der Beklagten beschäftigt. Ihm obliegen dabei folgende Tätigkeiten:
4Die Tätigkeit des Klägers wurde zunächst der Lohngruppe 3 Abschn. c des Lohngruppenverzeichnisses zu § 4 Abs. 1 des Bezirks-Zusatztarifvertrags zum BMT-G für den Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen (BZT-G/NRW) und ab dem der Lohngruppe 4 Abschn. e BZT-G/NRW zugeordnet. Nach Inkrafttreten des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) im Jahr 2005 wurde der Kläger in Entgeltgruppe 4 TVöD/VKA übergeleitet und erhielt zuletzt eine Vergütung nach Entgeltgruppe 4 Stufe 6 TVöD/VKA.
5Der Kläger hat mit Schreiben vom , welches der Beklagten bis zum Ende des Jahres 2017 zugegangen ist, eine Höhergruppierung in „Entgeltgruppe 5 TVöD-NRW“ beantragt. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom ab.
6Der Kläger hat geltend gemacht, er übe überwiegend Tätigkeiten als Hilfsgärtner aus. Er hat die Auffassung vertreten, Hilfsgärtner sei ein Anlernberuf. Deshalb sei er auf Grundlage seines Höhergruppierungsantrags nach Inkrafttreten des Eingruppierungsverzeichnisses Anhang zu Teil A § 11a Landesbezirklicher Tarifvertrag vom zum TVöD im Bereich des KAV NW (TVöD-NRW) idF des Zehnten Änderungstarifvertrags vom (Eingruppierungsverzeichnis) nach der Entgeltgruppe 5 TVöD/VKA zu vergüten. Eine dafür erforderliche Werkprüfung gelte als abgelegt, weil er bereits länger als 20 Jahre bei der Beklagten beschäftigt sei.
7Der Kläger hat zuletzt beantragt
8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat zur Begründung vorgetragen, der Kläger werde hauptsächlich als Bestattungsgehilfe und nicht als Hilfsgärtner beschäftigt. Deshalb sei eine Vergütung nach Entgeltgruppe 4 TVöD/VKA zutreffend. Selbst wenn der Kläger die Tätigkeiten eines Hilfsgärtners auszuüben habe, sei eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 TVöD/VKA ausgeschlossen. Anlernberufe seien nur anerkannte Ausbildungsberufe, nicht aber Hilfstätigkeiten.
9Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Gründe
10Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet.
11I. Die Klage ist als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (st. Rspr., etwa - Rn. 12).
12II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger nach Entgeltgruppe 5 TVöD/VKA zu vergüten.
131. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TVöD/VKA, der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) und der TVöD-NRW Anwendung. Der TVöD/VKA hat den BMT-G II am abgelöst und ist damit iSd. Bezugnahmeklausel an dessen Stelle getreten (zur Bezugnahme auf „ersetzende Tarifverträge“ sh. - Rn. 38 mwN). Bei dem TVÜ-VKA handelt es sich um einen weiteren, für den Bereich der Beklagten „in Kraft befindlichen“ Tarifvertrag. Weiterhin hat der TVöD-NRW ab dem den BZT-G/NRW abgelöst. Nach § 11 TVöD-NRW ersetzt dieser Tarifvertrag im Geltungsbereich der Besonderen Teile Verwaltung, Entsorgung und Flughäfen die bisherigen landesbezirklichen Regelungen ua. zum BMT-G.
142. Für die Eingruppierung des Klägers sind seit dem allein die Regelungen des § 11a TVöD-NRW iVm. dem Eingruppierungsverzeichnis maßgebend.
15a) Nach § 11a Satz 2 TVöD-NRW gilt für die Beschäftigten iSd. § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA, die von den Besonderen Teilen Verwaltung, Entsorgung und Flughäfen des TVöD erfasst werden und in einem Arbeitsverhältnis zu einem Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen stehen, das Eingruppierungsverzeichnis im Anhang zu Teil A § 11a TVöD-NRW. Für ihre Überleitung gilt Abschnitt IVb TVÜ-VKA entsprechend (§ 11a Satz 3 TVöD-NRW).
16Der Kläger ist Beschäftigter iSd. § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA, da seine Tätigkeit - unabhängig davon, ob es sich um diejenige eines Bestattungsgehilfen oder eines Hilfsgärtners handelt - vor dem der Rentenversicherung der Arbeiter unterlegen hätte (vgl. § 133 Abs. 2 SGB VI in der bis zum geltenden Fassung). Seine Tätigkeit unterfällt mangels anderweitiger Erfassung durch besondere Teile des TVöD dem Besonderen Teil Verwaltung des TVöD (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 TVöD-BT-V).
17b) Darüber hinaus sind nicht (ergänzend) die Regelungen der §§ 12, 13 TVöD/VKA oder die „Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen)“ zu allen Teilen der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA zu berücksichtigen. Diese gelten - was das Landesarbeitsgericht offengelassen hat - für die Beschäftigten iSd. § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA nach § 11a Satz 1 TVöD-NRW nicht. Die Tarifvertragsparteien des TVöD-NRW haben in zulässiger Weise von der ihnen im Anhang zur Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA eingeräumten umfassenden Regelungskompetenz Gebrauch gemacht. Dies ergibt die Auslegung der tariflichen Regelungen (zu den Auslegungsgrundsätzen etwa - Rn. 35 mwN, BAGE 164, 326).
18aa) Die maßgebenden Vorschriften im Anhang zur Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA lauten:
19bb) Bereits dem Wortlaut des Abs. 5 Unterabs. 2 Regelungskompetenzen der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA (Regelungskompetenzen) nach gelten - in Abweichung von dessen Unterabs. 1 - für die Beschäftigten nach § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA ausdrücklich die Regelungen und Oberbegriffe nach dem TVöD-NRW. Im Zusammenhang mit diesen Beschäftigten finden - anders als in der allgemeineren Regelung in Abs. 5 Unterabs. 1 Regelungskompetenzen - weder §§ 12, 13 TVöD/VKA noch die „Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen)“ Erwähnung.
20cc) Die Aufteilung des Abs. 5 Regelungskompetenzen in zwei Unterabsätze verdeutlicht deren unterschiedlichen Regelungsgehalt. Die Tarifvertragsparteien für den Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen erhalten zunächst in Abs. 5 Unterabs. 1 Regelungskompetenzen die Möglichkeit, für alle Beschäftigten der Entgeltgruppen 2 bis 9a ergänzende Regelungen zu treffen, allerdings nur unter Beachtung der Maßgaben der §§ 12, 13 TVöD/VKA und der grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen). Für einen Teil dieser Beschäftigten - denjenigen, die § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA unterfallen - bestehen nach Abs. 5 Unterabs. 2 Regelungskompetenzen erweiterte Befugnisse. Auf die Beachtung der Maßgaben des TVöD/VKA wird verzichtet und ausschließlich auf den TVöD-NRW Bezug genommen.
21dd) Damit können die Tarifvertragsparteien für den Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen Regelungen treffen, nach denen für die Eingruppierung abweichend von § 12 TVöD/VKA für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit nicht Arbeitsvorgänge zu bestimmen sind, sondern die überwiegende Tätigkeit maßgebend ist. Das ermöglicht die Fortführung der vor Einführung des TVöD/VKA geltenden Eingruppierungsgrundsätze für diesen Beschäftigtenkreis. Die Eingruppierung von Arbeitern und damit Beschäftigten iSd. § 38 Abs. 5 Satz 2 TVöD/VKA erfolgte zuvor nach dem BMT-G II und dem BZT-G/NRW ebenfalls nur nach der überwiegenden Tätigkeit und nicht anhand der Bestimmung von Arbeitsvorgängen (vgl. zB - Rn. 11 f. mwN).
22c) Die Eingruppierung des Klägers bestimmt sich, da er einen Antrag nach § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt hat, nach § 11a Satz 2 TVöD-NRW iVm. dem Eingruppierungsverzeichnis.
23aa) Nach § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gelten für die in den TVöD-NRW übergeleiteten Beschäftigten sowie für die zwischen dem Inkrafttreten des TVöD-NRW und dem neu eingestellten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis über den hinaus fortbesteht, ab dem für (Neu-)Eingruppierungen § 11a TVöD-NRW iVm. dem Eingruppierungsverzeichnis. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung anhand dieser Vorschriften fand jedoch anlässlich der Überleitung in die Entgeltordnung nicht statt (§ 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA). Vielmehr erfolgte die Überleitung zum gemäß § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe. Dies ist nach der Protokollerklärung zu § 29a Abs. 1 TVÜ-VKA diejenige, die nach Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA in der bis zum geltenden Fassung der Lohngruppe des BMT-G II, deren tarifliche Anforderungen die Tätigkeit erfüllte, zugeordnet war (vgl. - Rn. 16; - 4 AZR 354/21 - Rn. 14). Bei unveränderter Tätigkeit kommt eine Eingruppierung nach § 11a TVöD-NRW nur in Betracht, wenn sich nach dem Eingruppierungsverzeichnis eine höhere Entgeltgruppe als in der Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA vorgesehen ergibt, und der Beschäftigte bis zum eine dementsprechende Eingruppierung beantragt hat.
24bb) Der Kläger wird zwar seit dem unverändert als Bestattungsgehilfe und Hilfsgärtner beschäftigt. Er hat aber im Hinblick auf die seit dem geltenden neuen Tätigkeitsmerkmale fristgemäß einen Antrag nach § 11a Satz 3 TVöD-NRW iVm. § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt.
25cc) Nach den Tätigkeitsmerkmalen des TVöD-NRW ergibt sich auch - bei deren Vorliegen - für den Kläger mit Entgeltgruppe 5 TVöD/VKA eine höhere Eingruppierung. Er war zunächst in Lohngruppe 3 Abschn. c BZT-G/NRW und ab dem nach entsprechender Bewährung in Lohngruppe 4 Abschn. e BZT-G/NRW eingruppiert. In Anwendung der Anlage 1 TVÜ-VKA in der bis zum geltenden Fassung wurde er zum lediglich in Entgeltgruppe 4 TVöD/VKA übergeleitet.
263. Die maßgebenden Eingruppierungsvorschriften lauten wie folgt:
274. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt kein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis.
28a) Nach Nr. 1 der Vorbemerkungen zu allen Entgeltgruppen des Eingruppierungsverzeichnisses sind die Beschäftigten in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die von ihnen nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte entspricht. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Satz 1 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses. Maßgeblich ist danach zunächst, ob die Tätigkeit sich als einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit darstellt oder ob es sich um mehrere getrennt zu bewertende Teiltätigkeiten handelt (vgl. zum TVLohngrV - Rn. 22; grds. -). Vorliegend kann mit dem Landesarbeitsgericht zugunsten des Klägers unterstellt werden, er übe seinem Vortrag entsprechend überwiegend eine Tätigkeit als „Hilfsgärtner“ aus.
29b) Die Tätigkeit eines Hilfsgärtners erfüllt kein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis.
30aa) Eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis kommt vorliegend nicht in Betracht, da es sich bei der Tätigkeit als Hilfsgärtner nicht um diejenige eines anerkannten Ausbildungsberufs (Lehr- oder Anlernberufs) iSd. Vorschrift handelt. Es kann daher dahinstehen, ob zugunsten des Klägers eine Werkprüfung nach Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 4 Satz 5 zur Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis als abgelegt gilt.
31(1) Nach Nr. 6 Satz 1 der Vorbemerkungen zu allen Entgeltgruppen des Eingruppierungsverzeichnisses sind anerkannte Ausbildungsberufe staatlich anerkannte oder als staatlich anerkannt geltende Ausbildungsberufe, die auf der Grundlage des Berufsbildungsgesetzes oder der Handwerksordnung geregelt sind. Ebenfalls erfasst sind nach dessen Satz 2 Ausbildungsberufe, welche als Vorgängerberufe gemäß dem Verzeichnis anerkannter Ausbildungsberufe, veröffentlicht vom Bundesinstitut für Berufsbildung, zwischenzeitlich modernisierter bzw. aufgehobener Berufe gelten. Die Tarifvertragsparteien haben damit erkennbar und entgegen der Auffassung der Revision mangels anderweitiger Anhaltspunkte ohne Einschränkung für alle Tätigkeitsmerkmale auf die Regelungen des BBiG Bezug genommen. Ausbildungsberufe iSd. Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis können daher nur solche iSd. BBiG sein.
32(a) Nach § 4 Abs. 1 BBiG kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie oder das sonst zuständige Fachministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch Rechtsverordnung als Grundlage für eine geordnete und einheitliche Berufsausbildung Ausbildungsberufe staatlich anerkennen und hierfür Ausbildungsordnungen nach § 5 BBiG erlassen. Für einen anerkannten Ausbildungsberuf darf nach § 4 Abs. 2 BBiG nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden.
33(b) Vor Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes vom am unterschied man zwischen Lehrlingen und Anlernlingen. Lehrlinge waren Arbeitnehmer, die systematisch in einem anerkannten Lehrberuf ausgebildet wurden. Anlernlinge erhielten dagegen in einem engeren Fachgebiet eine planmäßige Spezialausbildung. Sie unterschieden sich von den Lehrlingen durch die kürzere Dauer der Ausbildung, die geringeren persönlichen Bindungen an den Ausbilder und die begrenzte Ausbildung auf einem Spezialgebiet. Bestimmte Anlernberufe wurden staatlich anerkannt ( - zu II 5 a der Gründe, BAGE 79, 21; - 4 AZR 572/85 -; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 19. Aufl. § 15 Rn. 2). Die Ausbildungsdauer der anerkannten Anlernberufe betrug regelmäßig zwei Jahre ( - zu II 5 b der Gründe mwN, aaO). Auch wenn seit dem keine Ausbildung in Anlernberufen mehr erfolgt, gelten gemäß § 103 Abs. 1 BBiG (bis zum gemäß § 108 BBiG 1969) die vor dem anerkannten Lehrberufe und Anlernberufe oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberufe als Ausbildungsberufe iSd. § 4 BBiG. Obwohl diese Regelung nur als Übergangsregelung gedacht war, findet sie heute noch Anwendung (ausf. Pepping in Wohlgemuth/Pepping BBiG 2. Aufl. § 103 Rn. 3).
34(2) Für ein Verständnis des „Ausbildungsberufs“ als eines solchen iSd. BBiG spricht auch die Systematik der tariflichen Vorschriften.
35(a) In Entgeltgruppe 4 Eingruppierungsverzeichnis sind ua. „angelernte Beschäftigte“ eingruppiert. Bereits die im Vergleich zu Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis unterschiedliche Wortwahl („angelernte Beschäftigte“ und „Anlernberuf“) zeigt, dass die Tarifvertragsparteien für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 4 oder 5 Eingruppierungsverzeichnis unterschiedliche Tätigkeiten voraussetzen und nicht nur danach differenzieren, ob der jeweilige Beschäftigte einen Berufsabschluss erworben hat oder ein solcher als erworben gilt. Folglich wird nicht jeder angelernte Beschäftigte zugleich in einem Anlernberuf tätig.
36(b) Anlernen bedeutet nach allgemeinem Sprachverständnis, sich in eine bestimmte berufliche Tätigkeit - die keine Berufsausbildung voraussetzt - einzuarbeiten oder sich etwas durch Übung anzueignen (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „anlernen“) und erfasst sowohl praktische als auch theoretische Elemente (so zum Einarbeiten - Rn. 32). Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis erfasst dagegen grundsätzlich Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von weniger als drei Jahren, die in ihrem oder einem diesem verwandten Beruf beschäftigt werden. In Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis wird hiervon lediglich bei erfolgreicher Ablegung einer Werkprüfung, wobei diese nach Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 4 Satz 5 zur Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis bei einer im Betrieb verbrachten gleichartigen Tätigkeit von mindestens neun Jahren als abgelegt gilt, abgewichen. Die Vorschrift lässt eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis daher nur bei Nachweis einer besonderen Qualifikation zu, der durch ein reines „Anlernen“ nicht erworben wird.
37(c) Zudem kann eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 5 Abschn. b Eingruppierungsverzeichnis nach der dortigen Aufzählung erfolgen, wenn die Fähigkeit zur Ausübung der Tätigkeit durch die erfolgreiche Ablegung einer Werkprüfung nachgewiesen ist (vgl. zB Hallenwarte in Mehrzweckhallen: Eingruppierung in die Entgeltgruppe 4 Abschn. a Nr. 14 und bei erfolgreicher Ablegung einer Werkprüfung in die Entgeltgruppe 5 Abschn. b Nr. 14) oder wenn neben der erfolgreichen Ablegung einer Werkprüfung weitere - konkret bezeichnete - Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. zB Ankleider bei Theatern und Bühnen: Eingruppierung in die Entgeltgruppe 4 Abschn. a Nr. 1 und für Ankleider an Theatern und Bühnen, die mindestens zu 25 Prozent ihrer Gesamttätigkeit schwierige Reparatur- und Änderungsarbeiten durchführen bei erfolgreicher Ablegung einer Werkprüfung in die Entgeltgruppe 5 Abschn. b Nr. 1). Dieser ausdrücklichen Benennung der Werkprüfung und der weiteren Voraussetzungen bedürfte es nicht, wenn die in Entgeltgruppe 4 Abschn. a Nr. 1 bis 43 Eingruppierungsverzeichnis genannten Tätigkeiten Ausbildungsberufe iSd. Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis darstellen würden.
38(3) Entgegen der Auffassung des Klägers, kann dem Begriff des „Anlernberufs“ auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats in der Entscheidung vom (- 4 ABR 73/16 -) kein anderes Verständnis zugrunde gelegt werden. Der „Anlernberuf“ war dort kein Tarifmerkmal; eine Abgrenzung zwischen einem Anlernberuf und der tariflichen Anforderung des „Anlernens“ ist nicht Gegenstand der Entscheidung.
39(4) Nach diesen Grundsätzen ist die Tätigkeit eines Hilfsgärtners nicht die eines „Anlernberufs“.
40(a) Das vom Bundesinstitut für Berufsbildung gemäß seiner gesetzlichen Verpflichtung (§ 90 Abs. 3 Nr. 3 BBiG) geführte und veröffentlichte Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe nennt in der Berufshauptgruppe 12: Gartenbauberufe und Floristik den Beruf „Gärtner/ Gärtnerin“ und unter der Berufsgattung 12132 den Beruf „Gärtner/ Gärtnerin Ausbildung in Fachrichtung: - Friedhofsgärtnerei“. Der Ausbildungsgang ist in der Verordnung über die Berufsausbildung zum Gärtner/zur Gärtnerin vom (BGBl. I S. 376; iF GärtnerAusbV) mit dem zugehörigen Ausbildungsrahmenplan geregelt. Demgegenüber wird der Hilfsgärtner weder im Verzeichnis erwähnt noch existiert eine diesbezügliche Ausbildungsordnung. Auch in dem vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Verzeichnis der in der Bundesrepublik Deutschland anerkannten Lehr- und Anlernberufe - Stand - wird die Tätigkeit des Hilfsgärtners nicht erwähnt. In der Datenbank BERUFENET der Bundesagentur für Arbeit wird die Tätigkeit „Helfer/in - Gartenbau“ als Helfertätigkeit - nicht aber als Anlernberuf - genannt (https://berufenet.arbeitsagentur.de, Stichwort: Helfer/in - Gartenbau, zuletzt abgerufen am ).
41(b) Die Teilnahme des Klägers an der beruflichen Bildungsmaßnahme zum Hilfsgärtner vom bis zum führt zu keiner anderen Bewertung. Die Bildungsmaßnahme mit einer Dauer von weniger als drei Monaten stellt keine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf dar.
42(c) Ebenso kann aus der Nennung des Hilfsgärtners in Entgeltgruppe 4 Abschn. a Nr. 16 Eingruppierungsverzeichnis nicht gefolgert werden, es handele sich um eine Tätigkeit in einem Anlernberuf. Die in Entgeltgruppe 4 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis genannten Tätigkeiten sind - wie gezeigt (Rn. 35) - nicht mit denjenigen eines Anlernberufs gleichzusetzen.
43bb) Die Tätigkeit des Klägers ist auch nicht den Oberbegriffen der Entgeltgruppe 5 Eingruppierungsverzeichnis zuzuordnen.
44(1) Nach Nr. 3 Satz 1 und Satz 2 der Vorbemerkungen zu allen Entgeltgruppen des Eingruppierungsverzeichnisses sind die in den jeweiligen Entgeltgruppen in Fettdruck vorangestellten Überschriften allgemeine Tätigkeitsmerkmale, auf die eine Eingruppierung mit Ausnahme der Entgeltgruppen 2, 8 und 9a Eingruppierungsverzeichnis gestützt werden kann, sofern sie nicht ohnehin von einem bereits aufgeführten Merkmal erfasst sind. Sie beschreiben daneben als Oberbegriffe das von den Tarifvertragsparteien vorgegebene systematische Wertgefüge für die einzelnen Tätigkeitsmerkmale. Danach kann, wenn - wie vorliegend - eine Tätigkeit von einem Tätigkeitsbeispiel - hier Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis - nicht oder nicht voll erfasst wird, auf die Oberbegriffe zurückgegriffen werden (vgl. zu einer solchen Regelung ausf. - Rn. 17 mwN, BAGE 167, 78).
45(2) Der Kläger ist kein Beschäftigter mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildung von weniger als drei Jahren, der in diesem oder einem diesem verwandten Beruf beschäftigt wird. Der Kläger verfügt nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1 Eingruppierungsverzeichnis scheidet daher aus.
46(3) Die Tätigkeit des Klägers erfüllt ferner keines der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 2 Eingruppierungsverzeichnis. Die zugunsten des Klägers vom Landesarbeitsgericht unterstellte Tätigkeit als Hilfsgärtner stellt keine dar, für die eine Werkprüfung vorgesehen ist.
47c) Der Kläger ist nicht aufgrund einer Tätigkeit als Gärtner in Entgeltgruppe 5 Abschn. a Eingruppierungsverzeichnis eingruppiert. Er behauptet selbst nicht, über die Tätigkeiten eines Hilfsgärtners hinaus solche eines ausgebildeten Gärtners auszuüben.
48III. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2022:301122.U.4AZR422.21.0
Fundstelle(n):
BB 2023 S. 883 Nr. 16
PAAAJ-36724