BFH zum Fall eines Feuerwehrmanns
Erste Tätigkeitsstätte bei Bereitschaftsdienst
Die erste Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 4 EStG ist „Dreh- und Angelpunkt“ des lohn- und einkommensteuerlichen Mobilitätsrechts. Ist ein Arbeitnehmer an einer solchen beschäftigt, greift vor allem die Abzugsbegrenzung durch die Entfernungspauschale. An dieser Stätte oder zudem bei einem Sammelpunkt oder einem fest definierten weiträumigen Tätigkeitsgebiet kann sich der Steuerpflichtige auf die immer gleichen Wege einstellen. Zumindest in gewisser Weise rechtfertigt dies die Einschränkung des Aufwandsansatzes. Ist die Anforderung „ortsfeste betriebliche Einrichtung“ erfüllt, kann der Ort auf zwei Wegen zur ersten Tätigkeitsstätte werden: Durch dauerhafte Zuordnung oder das Erfüllen der quantitativen Kriterien des Satzes 4 der Norm. Im BFH-Fall zu Arbeitsbereitschafts- und Bereitschaftsruhezeiten eines Feuerwehrmanns war vor allem die Zuordnung fraglich. Das Finanzgericht hatte die Sache zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden. Der BFH indes hob diese Entscheidung mit Urteil v. auf und verwies die Sache zurück, da die Feststellungen der Tatsacheninstanz zu einer etwaigen Zuordnungsentscheidung nicht ausreichten. Der BFH wies darauf hin, dass Dienstplänen allenfalls indizielle Wirkung zukomme. Ferner könne nicht ohne Weiteres auf die Rechtsprechung des Senats zurückgegriffen werden, wonach es regelmäßig der Lebenswirklichkeit entspricht, dass der Mitarbeiter der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll. Wenn aber eine Zuordnung gegeben war, dann sind – so die Hervorhebung des BFH – bei einem Angehörigen der Betriebs-/Werksfeuerwehr auch die Arbeitsbereitschafts- und Bereitschaftsruhezeiten an der fraglichen Stätte Tätigkeiten i. S. des § 9 Abs. 4 EStG.
Gerade der letztgenannte Punkt ist – neben den erhellenden Urteilsausführungen zur Zuordnung – ein weiterer Mosaikstein in der sich mehr und mehr formenden Rechtsprechung zur ersten Tätigkeitsstätte. Bei der früher maßgeblichen regelmäßigen Arbeitsstätte fehlte eine steuergesetzliche Definition. Eine solche zur ersten Tätigkeitsstätte zu geben, war ein zentraler Punkt der Reform zum Jahr 2014, um in der Praxis für mehr Rechtssicherheit und Beständigkeit zu sorgen (vgl. – mit Stellungnahme – Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Reisekosten Rz. 18 f.). Insofern ist es denn auch wichtig, dass der Begriff und seine einzelnen Tatbestandsmerkmale durch höchstrichterliche Rechtsprechung immer schärfere Konturen erhalten.
Die Zuordnung (s. Kreutzer/Lerbs, NWB 1/2022 S. 22) ist vor allem deshalb oftmals so entscheidend, da es mit ihr zwar erforderlich, aber eben auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer an der fraglichen Stätte zumindest in geringem Ausmaß Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zum von ihm ausgeübten Berufsbild gehören – was nach Sicht des BFH bei dortiger Ableistung von Bereitschaftsdienst erfüllt wäre. Erst wenn es an einer Zuordnung fehlt, bedarf es zur Prüfung der quantitativen Kriterien einer weiter vertieften Auseinandersetzung mit dem Umfang der an der Stätte zu leistenden Arbeit. Eine solche hat der BFH dem Finanzgericht denn auch abschließend aufgetragen, sollte es im zweiten Rechtsgang eine dienstrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte nicht feststellen können.
Lukas Hilbert
Fundstelle(n):
NWB 2023 Seite 801
NWB TAAAJ-36069