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BFH Urteil v. - V R 129/78 BStBl 1987 II S. 652

Gesetze: UStG 1967 § 14 Abs. 3

Der Tatbestand des § 14 Abs. 3 UStG setzt nicht voraus, daß der Rechnungsaussteller die umsatzsteuerliche Bedeutung der Rechnung erkennt

Leitsatz

Der gesetzliche Tatbestand des § 14 Abs. 3 UStG 1967 erfordert weder die Kenntnis des Rechnungsausstellers darüber, daß die in der Rechnung bezeichnete Lieferung oder sonstige Leistung nicht erbracht wird oder nicht erbracht werden soll, noch darüber, daß die Rechnung durch den Rechnungsempfänger mißbräuchlich verwendet wird oder verwendet werden soll.

1. a) Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 - 1. Alternative - des Umsatzsteuergesetzes 1967 (UStG 1967) sind erfüllt, wenn ein Abrechnungspapier mit gesondertem Steuerausweis erstellt worden ist, das, nachdem es als Rechnung in den Verkehr gebracht (begeben) ist, geeignet ist, im Rahmen des Vorsteuerabzugs beim Rechnungsempfänger wie eine Rechnung i.S. des § 14 Abs. 1 UStG 1967 verwendet zu werden (, BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283, Abschn. 1a der Urteilsgründe) und der Rechnungsaussteller die in der Rechnung beschriebene Leistung nicht ausführt. Der Senat hat in dem bezeichneten Urteil den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 - 1. Alternative - UStG 1967 allerdings dahingehend eingeschränkt, daß sie nicht eingreift, wenn der Aussteller des Abrechnungspapiers bei dessen Begebung nachweisbar willens und in der Lage ist, die in diesem Papier beschriebene Leistung aufgrund eingegangener Verpflichtung alsbald zu erbringen und der Aussteller der Rechnung belegen kann, daß diese Voraussetzungen tatbestandsmäßiger Einschränkung erfüllt sind. Kann der Rechnungsaussteller diesen Nachweis dagegen nicht führen, dann ist der insoweit entscheidende Teil des Tatbestands von § 14 Abs. 3 - 1. Alternative - UStG 1967, Nichterbringung einer Lieferung oder sonstigen Leistung, erfüllt (Urteil in BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283, Abschn. 1b der Urteilsgründe). § 14 Abs. 3 - 1. Alternative - UStG 1967 ist danach mit der oben genannten Einschränkung stets anzuwenden, wenn die in der Rechnung bezeichnete Leistung tatsächlich nicht erbracht wird (vgl. zu den sog. Vorausrechnungen , BFHE 130, 122, BStBl II 1980, 287; zur Frage sachlicher Unbilligkeit bei rechtzeitigen Maßnahmen des Rechnungsausstellers zur Beseitigung der Gefahrenlage s. Urteil in BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283, Abschn. 4 der Urteilsgründe). Insbesondere erfordert der gesetzliche Tatbestand weder die Kenntnis des Rechnungsausstellers darüber, daß die bezeichnete Leistung nicht erbracht wird oder erbracht werden soll, noch darüber, daß die Rechnung durch den Rechnungsempfänger mißbräuchlich verwendet wird oder werden soll; ebensowenig ist eine dahingehende Absicht erforderlich.

Diesem Verständnis entsprechen auch die Ausführungen des Senats im Urteil vom V R 3/75 (BFHE 135, 107, BStBl II 1982, 229), daß der Zielsetzung des als Gefährdungstatbestand konstruierten § 14 Abs. 3 UStG 1967 nur dann Rechnung getragen werde, wenn die Geltendmachung einer auf diese Vorschrift gestützten Forderung vom Nachweis eines Verschuldens des Rechnungsausstellers gelöst werde. § 14 Abs. 3 UStG 1967 stelle deshalb nach seiner Konzeption auf vorwerfbares Verhalten nicht ab.

b) Zu Recht hat das Finanzgericht (FG) hiernach die Voraussetzung des § 14 Abs. 3 - 1. Alternative - UStG 1967 als erfüllt angesehen. Die GmbH hat für die Lieferung von Antriebsmotoren an die Firma N in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausgewiesen, diese Lieferung aber nicht ausgeführt. Entgegen der Auffassung der Revision ist es ohne Belang, ob die GmbH in Form der Schrottmotoren eine Lieferung erbracht hat. Soweit mit dem FG davon auszugehen wäre, daß die GmbH überhaupt ein Umsatzgeschäft gemäß § 3 Abs. 2 UStG 1967 über die Schrottmotoren abgeschlossen hat, käme dem für die Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG 1967 auf die abgerechnete Lieferung keine Bedeutung zu, weil die Lieferung der Schrottmotoren weder der Art noch dem Wesen nach der abgerechneten Lieferung entsprach; die Lieferung der Schrottmotoren war nicht Gegenstand der abgerechneten Lieferung.

Ohne Belang ist auch - wie oben dargelegt -, ob der Vertreter der GmbH, der Prokurist X, wußte, daß die Antriebsmotoren nicht geliefert werden sollten, und ob er vorsätzlich an dem Geschäft mitwirkte; das FG hat deshalb zu Recht von einer Beweisaufnahme hierüber abgesehen. Den Feststellungen des FG über die Ausstellung und die Verwendung des maßgeblichen Abrechnungspapiers ist weiter zu entnehmen, daß dieses als Rechnung i.S. des § 14 Abs. 3 UStG 1967 in den Verkehr gebracht (begeben) worden ist. Anhaltspunkte dafür, daß dem Prokuristen, der das Abrechnungspapier ausstellen ließ, die Bedeutung einer Rechnung im Rechtsverkehr nicht bekannt gewesen sei, oder daß er das Abrechnungspapier nicht als Rechnung i.S. des § 14 Abs. 3 UStG 1967 habe begeben wollen (vgl. Urteil in BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283, Abschn. 1a und c), sind nicht ersichtlich.

c) Die Auffassung der Revision, bei § 14 Abs. 3 UStG 1967 handle es sich um eine Norm mit Strafcharakter im Sinne des Strafrechts, ist durch das Urteil des Senats vom V R 3/75 (BFHE 135, 107, BStBl II 1982, 229) widerlegt. Die Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG 1967 verstößt auch nicht gegen das Übermaßverbot, weil der Fiskus gegen mehrere an der fingierten Lieferkette Beteiligte nach § 14 Abs. 3 UStG 1967 vorgegangen sei und somit letztlich mehr Steuern einnehme als Schaden entstanden sei. Diese Argumentation der Revision verkennt zum einen, daß die Anwendung der Vorschrift nicht davon abhängt, daß ein Schaden entsteht; bereits die Begebung der Rechnung begründet die Steuerschuld (Urteile in BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283, und in BFHE 135, 107, BStBl II 1982, 229). Zum anderen wird übersehen, daß zwar ein und derselbe Gegenstand innerhalb der Lieferkette "geliefert" wurde, daß aber jede der eingeschalteten Personen für sich den Gefährdungstatbestand des § 14 Abs. 3 UStG 1967 verwirklicht hat; die Identität des "gelieferten" Gegenstands ändert nichts daran, daß mehrere selbständige "Lieferungen" vorlagen.

2. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i.d.F. des Gesetzes vom (BGBl I 1985, 1274, BStBl I 1985, 496) ohne Angabe von Gründen. Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind unterrichtet und gehört worden.

Fundstelle(n):
BStBl 1987 II Seite 652
OAAAA-92391

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