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StuB Nr. 3 vom Seite 135

Art. 15 DSGVO versus Mandatsgeheimnis – Umfang und Grenzen des Auskunftsanspruchs

Datenschutzrecht in der Beratungspraxis

RA/WP/StB/FAStR Alexander Kirchner, M.A. und RAin Lena Hilgemann

Im Rahmen von berufsrechtlichen Verfahren sind die Autoren in der beruflichen Praxis immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob der Mandant eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts neben vertraglichen Informationsansprüchen zusätzliche Auskunftsansprüche aus Art. 15 DSGVO haben kann. Dieselbe Frage stellt sich, wenn Dritte, d. h. ehemalige oder gar Nicht-Mandanten, sich hierauf berufen, obschon bereits keine vertraglichen Beziehungen (mehr) bestehen. Eine Sonderkonstellation kann sich ferner bei der Beratung einer Gesellschaft ergeben, wenn z. B. der Kommanditist einer KG bei einem Steuerberater, der nur die KG steuerlich berät, Auskünfte begehrt. Hier entstehen Konflikte mit der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht, dem Strafrecht und berufsrechtlichen Normen.

Kernfragen
  • Wie ist der Auskunftsanspruch allgemein zu charakterisieren?

  • Welche Konflikte können entstehen?

  • Inwieweit stellt Art. 15 DSGVO eine geeignete Rechtsgrundlage für tatsächlich inhaltliche Auskunftsansprüche dar?

I. Hintergrundinformationen

[i]Hamminger, Akteneinsichtsrecht gegenüber dem Finanzamt auf Grundlage datenschutzrechtlicher Regelungen?, NWB 25/2022 S. 1787, NWB BAAAJ-15611 Die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs gegenüber einem Berater kann diesen in der Praxis vor diverse Fragestellungen stellen. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO wird zunehmend – so stellen wir in der Praxis fest – auch im Mandatsverhältnis von Mandanten gegen Steuerberater, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer herangezogen, z. B. wenn es Streit um die anwaltlichen Abrechnungen gibt und der Mandant mögliche Regressforderungen prüfen möchte. Das Verhältnis zwischen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Mandatsgeheimnis ist wie folgt einzuordnen: Die DSGVO ist als unionsrechtliche Verordnung unmittelbar anwendbar, ohne dass es einer Umsetzung in nationales Recht bedarf. Es besteht ein Vorrangverhältnis der DSGVO gegenüber dem nationalen Recht der EU-Mitgliedstaaten. Das Europarecht ist bei der Kollision mit berufsrechtlichen Regelungen des nationalen Rechts grds. vorrangig. Und mangels entsprechender Bereichsausnahme findet die DSGVO ebenso auf Berufsgeheimnisträger Anwendung, wie sie auch von allen anderen Stellen und Unternehmen anzuwenden ist, die personenbezogene Daten verarbeiten. Allerdings gilt die DSGVO parallel zu den berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten und wird durch das neugefasste Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ergänzt. Um den Verschwiegenheitspflichten Rechnung zu tragen, sind in der DSGVO Ausnahmetatbestände vorgesehen, die Berufsgeheimnisträger bei der Erfüllung von bestimmten datenschutzrechtlichen Pflichten privilegieren.