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StuB Nr. 21 vom Seite 807

Handelsrechtliche Bewertung von Unternehmensanteilen bei Bestehen eines EAVs

Einzelfragen unterschiedlicher Vertragskonstellationen in mehrstufigen Konzernen

StB Dr. Katharina Philippsen und WP/StB Dr. Ahmad Sultana

Die Bewertung von Anteilen an verbundenen Unternehmen, mit denen ein Ergebnisabführungsvertrag besteht, wirft in der Praxis häufig Zweifelsfragen auf. Soweit ersichtlich hat sich das handelsrechtliche Schrifttum bislang vornehmlich auf einstufige Konstellationen konzentriert. Insbesondere dann, wenn in mehrstufigen Konzernen der Ergebnisabführungsvertrag nicht zwischen dem Tochterunternehmen und seinem direkten Mutterunternehmen, sondern mit anderen Konzernunternehmen geschlossen wurde (z. B. sog. „Bananen-“ oder „Stern-EAV“), finden sich hinsichtlich der Anteilsbewertung aktuell nur wenige Hilfestellungen. Der vorliegende Beitrag möchte diese Lücke schließen.

Utz/Frank, Anteile an verbundenen Unternehmen (HGB), infoCenter, NWB MAAAE-52632

Kernfragen
  • Wie werden Anteile an verbundenen Unternehmen bewertet?

  • Was ist bei der Bewertung ertragsschwacher Unternehmen zu beachten?

  • Welche Besonderheiten ergeben sich bei der Bewertung von Anteilen an Unternehmen, mit denen ein Ergebnisabführungsvertrag besteht?

I. Einleitung und Problemstellung

[i]Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 14. Aufl. 2022, NWB AAAAJ-19369 In Konzernen werden – nicht zuletzt, um Aufstellungs- und/oder Offenlegungserleichterungen gem. § 264 Abs. 3 HGB in Anspruch nehmen zu können – häufig Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge i. S. von § 291 AktG (nachfolgend kurz: Ergebnisabführungsverträge oder EAV) zwischen dem Mutterunternehmen als herrschendem Unternehmen und seinen direkten Tochterunternehmen, aber auch zwischen dem obersten Konzernmutterunternehmen und den darunter liegenden direkten und indirekten Tochterunternehmen als abhängige Unternehmen abgeschlossen. Nach den aktienrechtlichen Regelungen ist das Tochterunternehmen verpflichtet, einen Jahresüberschuss vor Ergebnisabführung, korrigiert um die im Gesetz genannten Positionen, an das Mutterunternehmen abzuführen (§ 301 AktG). Umgekehrt ist das Mutterunternehmen verpflichtet, einen Jahresfehlbetrag des Tochterunternehmens vor Ergebnisabführung in voller Höhe auszugleichen (§ 302 AktG), soweit dieser nicht durch die Entnahme von Beträgen aus während der Vertragsdauer gebildeten Gewinnrücklagen ausgeglichen wird. Auch Unternehmen, die nicht unmittelbar dem Aktiengesetz unterliegen, vereinbaren regelmäßig dieses Vorgehen innerhalb ihrer EAV.

In der Rechnungslegung des Tochterunternehmens wird die Gewinnabführung an das Mutterunternehmen als Aufwand und die Verlustübernahme durch das Mutterunternehmen als Ertrag bilanziert (§ 277 Abs. 3 Satz 2 HGB), so dass die Gewinn- und Verlustrechnung des Tochterunternehmens grds. mit einem Jahresergebnis von 0 € endet.

Aus Sicht des unmittelbaren Mutterunternehmens stellt sich die Frage, ob der Ausweis eines Jahresergebnisses von 0 € infolge des bestehenden EAVs Auswirkungen auf die Bewertung der Anteile an dem Tochterunternehmen hat. Zur Beantwortung dieser Frage werden zunächst die klassischen Bewertungsverfahren für Anteile an verbundenen Unternehmen im Überblick vorgestellt, um darauf aufbauend ggf. bestehende Besonderheiten bei der Bewertung von Anteilen an Unternehmen, mit denen ein EAV geschlossen wurde, herauszuarbeiten. Aus Vereinfachungsgründen werden bei den nachfolgenden Ausführungen dauerhaft gehaltene AnS. 808teile an Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH betrachtet, die erwerbswirtschaftlich tätig sind.