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NWB-BB Nr. 11 vom Seite 328

ESG-Anforderungen und Nachhaltigkeitsberichterstattung

Bedeutung der aktuellen Entwicklungen für den Mittelstand

WP/StB Dr. Olaf Clemens, Prof. Dr. Thomas Meuser und WP/StB Thomas Wember

Zugegeben: Die Regularien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sind sehr komplex. Gerade deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig damit zu beschäftigen – dies gilt im Besonderen für den Mittelstand, da hier die Vorarbeiten meist (noch) nicht so weit fortgeschritten sind. Sie erfahren in diesem Beitrag, welche Änderungen wann anstehen – und was jetzt schon getan werden kann. Lassen Sie sich durch die vielen neuen Begriffe und vor allem Akronyme ( CSRD, ESRS, ISSB,...) nicht verwirren; wir werden sie im Folgenden erläutern, so dass sich nachvollziehen lässt, welche Inhalte jeweils damit verbunden sind. Gleichwohl wird erst eine wiederholende Beschäftigung in der betriebswirtschaftlichen Praxis die entsprechende Sicherheit im Umgang mit diesen neuen Aufgaben bringen.

Kernaussagen
  • Mit der „Corporate Sustainability Reporting Directive“ werden die Vorschriften zur „nicht-finanziellen Erklärung“ in naher Zukunft geändert.

  • Dabei wird insbesondere die bisherige Unternehmensgröße deutlich in Richtung des mittelständischen Bereichs korrigiert.

  • Um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten, sind vereinheitlichende Standards für die entsprechenden Angaben innerhalb des Lageberichts vorgesehen.

I. Aktuelle ESG-Entwicklungen

1. Regulatorische Entwicklungen

Die EU-Kommission hat im April 2021 den Entwurf für eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ( Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) vorgelegt. Im Juni 2022 haben sich der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament im weiteren Gesetzgebungsverfahren auf eine geänderte Fassung des CSRD-Entwurfs geeinigt, die am veröffentlicht wurde. Die CSRD wartet nun auf ihre endgültige Verabschiedung und die anschließende Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedsstaaten.

Dabei ist die CSRD ein Element in einer längeren Reihe von Normsetzungen, ausgehend von der UN-Klimarahmenkonvention 1992 ( Rio-Konferenz) und dem Zusatzprotokoll zur Klimarahmenkonvention 1997 ( Kyoto-Protokoll): Um den Schutz von Klima und Umwelt sowie eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft voranzubringen, sollen Unternehmen zum einen ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass Nachhaltigkeitsaspekte mit Risiken für ihre Finanz- und Ertragslage verbunden sein können. Zum anderen sollen sie neben ihrer herkömmlichen finanziellen Berichterstattung auch über Nachhaltigkeitsaspekte ihrer Tätigkeit berichten. Stakeholder und insbesondere Investoren sollen Informationen aus Nachhaltigkeitsberichten in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen. Die Umleitung von Kapitalflüssen in nachhaltige Investitionen ist erklärtes Ziel der Europäischen Kommission.

Die Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen geschieht derzeit auf Basis der Vorschriften zur nichtfinanziellen Erklärung (§§ 289b bis e HGB, §§ 315b f. HGB), die durch die CSR-Richtlinie ( Non Financial Reporting Directive, NFRD) und das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz im Jahr 2018 eingeführt wurden. Nach Überzeugung der EU-Organe sind Änderungen am derzeitigen Rechtsrahmen erforderlich, die sich wie folgt skizzieren lassen:

Die Gegenüberstellung in Übersicht 1 lässt die Motivation zur Änderung des bestehenden Rechtsrahmens und die Zielsetzung der CSRD erkennen: Künftig sollen wesentlich mehr Unternehmen nach festen Vorgaben detailliertere, besser vergleichbare und überprüfte Angaben zu Nachhaltigkeitsaspekten ihrer Tätigkeit machen. Dabei soll (unter Einbeziehung von Lieferketten) die gesamte Wertschöpfungskette der Unternehmen betrachtet werden. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung soll als zweite Säule der Unternehmensberichterstattung neben die Finanzberichterstattung treten.

Download-Tipp

Im Internet steht Ihnen unter https://eur-lex.europa.eu der Entwurf der CSRD-Richtlinie zur Verfügung. S. 329

Gegenüber dem ursprünglichen Kommissions-Entwurf verlegt der geänderte CSRD-Entwurf den Start der Nachhaltigkeitsberichterstattung für die verschiedenen Unternehmenstypen um ein bis drei Jahre. Neu ist die Verpflichtung zur Abgabe konsolidierter Nachhaltigkeitsinformationen für Tochterunternehmen und Niederlassungen von Drittstaaten-Mutterunternehmen.