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NWB Nr. 42 vom Seite 2976

Auswirkungen von Krisen auf die erbschaftsteuerliche Begünstigung und die Wohlverhaltensregelungen

Praktische Gestaltungsempfehlungen vor und nach der Vermögensübertragung

Justus Dedden und Daniel Denker

[i]Krause/Grootens, Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs und Berechnung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer, Grundlagen, NWB UAAAE-64192 Es steht zu befürchten, dass übertragene Unternehmen aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie wie dem Wegfall von Arbeitsplätzen, der Zahlung von Kurzarbeitergeld oder einer erzwungenen Veräußerung bzw. Aufgabe des Betriebs (Insolvenz) sowohl die Lohnsummenregelung als auch die Behaltensfrist nicht werden erfüllen können. Der Verstoß würde einen (anteiligen) Wegfall der Verschonung implizieren. Aktuell kommen die erhöhten Energiepreise für Gas und Strom mit den daraus resultierenden mittelbaren negativen Effekten hinzu. Auch hier besteht die Gefahr, dass viele mittelständische Unternehmen, die sich noch in der Wohlverhaltensphase befinden, entweder verkauft oder aufgegeben werden müssen, weil sie die hohen Kosten und Belastungen nicht mehr tragen können. Nachfolgend werden die Auswirkungen von Krisen auf die erbschaftsteuerliche Begünstigung dargestellt. Dabei werden einzelne Aspekte aufgegriffen, die im Rahmen der Vermögensübertragung – vor oder nach der Übertragung – zwingend beachtet werden sollten.

I. Problemstellung

[i]Corona-Pandemie und EnergiekriseAusgangspunkt der Überlegung sind die derzeit herrschenden Krisen. Zum einen die Corona-Pandemie, die die deutsche Wirtschaft weiterhin stark trifft, und zum anderen die Energiekrise mit den anhaltend steigenden Preisen.

[i]Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die UnternehmensnachfolgeDurch Einschränkungen im internationalen Personen- und Warenverkehr sowie dem Stillstand des öffentlichen Lebens über mehrere Wochen mussten vor allem mittelständische Unternehmen mit Umsatzeinbußen zurechtkommen. Dabei stand und steht während der Corona-Pandemie bei vielen Betrieben aufgrund mangelnder Umsätze und nicht vorhandener liquider Mittel der Erhalt des Unternehmens im Vordergrund. Im Gegensatz zur Finanzkrise 2008 betrifft die Corona-Krise nicht ausS. 2977schließlich Banken, sondern im Großteil die Realwirtschaft (vgl. Rinker, BC 2020 S. 173). Befürchtungen und Vermutungen, dass die Corona-Pandemie auch die Unternehmensnachfolge betreffen würde, wurden zahlreich geäußert (vgl. Hannes/Reich, ZEV 2020 S. 345; Hannes/Lorenz, ZEV 2020 S. 385; Wagner/Farinato, COVuR 2020 S. 286; Thonemann-Micker/Naus, DB 2020 S. 856). Verfasser von Fachbeiträgen und die Politik fordern die Bundesregierung auf, sich der negativen Auswirkungen für die Unternehmensnachfolge anzunehmen.

[i]Auswirkungen der EnergiekriseEbenfalls stark betroffen sind die mittelständischen Betriebe von den erhöhten Energiepreisen für Gas und Strom sowie den hieraus resultierenden mittelbaren negativen Effekten (z. B. Lieferengpässe, Materialmangel, Preissteigerungen und Konsumrückgängen). Auch hier besteht die Gefahr, dass Unternehmen, die sich noch in der Wohlverhaltensphase befinden, entweder verkauft oder aufgegeben werden müssen, weil sie die hohen Kosten und Belastungen nicht mehr tragen können.

Nachfolgend werden die Auswirkungen von Krisen auf die erbschaftsteuerliche Begünstigung aufgezeigt.

II. Lohnsummenregelung i. S. des § 13a Abs. 3 ErbStG

[i]Gesetzliche Berücksichtigung von Konjunkturschwankungen in der Lohnsummenregelung ...In einer Stellungnahme der Bundesregierung „Merkel IV“ wurde mitgeteilt, dass unverhältnismäßige Nachteile für Unternehmen und die Unternehmensnachfolge aufgrund der Corona-Pandemie vermieden werden sollen. Dennoch wurde gleichzeitig festgehalten, dass hinsichtlich der Lohnsummenregelung keine Änderung der Rechtslage zu erwarten sei, da die Vorschrift derart gestaltet wurde, dass Konjunkturschwankungen bereits eingeplant worden seien (vgl. BT-Drucks. 19/19763 S. 5).

[i]... kann nicht die extremen wirtschaftlichen Schwankungen aufgrund der Corona- und Energiekrise berücksichtigenDas Argument, dass die Lohnsummenregelung bereits wirtschaftliche Schwankungen berücksichtige, ist nicht abzustreiten. Trotzdem wird deutlich, dass die Corona-Pandemie eine immer noch so extreme und unvorhersehbare Schwankung darstellt, die bei der Gesetzgebung nicht mitberücksichtigt werden konnte. Hinzu kommt nun die (unerwartete) Explosion der Energiepreise. Auch die Auffassung der Finanzverwaltung, dass das von der Bundesagentur für Arbeit erstattete Kurzarbeitergeld aufgrund des Saldierungsverbots nach § 246 Abs. 2 HGB die Lohnsummenregelung nicht negativ beeinflusse (vgl. R E 13a.5 Satz 4 ErbStR), ist nicht als ausreichend zu werten, da das Kurzarbeitergeld nur einen Teil des Gehalts darstellt. Es besteht somit eine Differenz zu dem bisher üblichen Lohn, die sich auf die Mindestlohnsumme auswirkt (vgl. Wagner/Farinato, COVuR 2020 S. 286, 290).