NWB Nr. 40 vom Seite 2801

Inflationsausgleichsgesetz vorgelegt

Professor Dr. Frank Hechtner | Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Start zum Steuerentlastungsrennen

Das [i] Entwurf eines Inflationsausgleichsgesetzes, BT-Drucks. 20/4496 Kabinett hatte am den Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Inflationsausgleichsgesetz) gebilligt. Damit können nun die parlamentarischen Beratungen beginnen. Erneut ist parlamentarische Eile geboten, damit die Entlastungen zu Beginn des Jahres 2023 wirken können. So sind die Beratungen in Bundestag und Bundesrat sehr gestrafft: Die 1. Lesung im Bundestag fand am (Koalitionsinitiative) statt bzw. ist für den (Regierungsentwurf), die 2./3. Lesung für den vorgesehen, so dass der Bundesrat am final beraten kann.

Bereits im Vorfeld kursierte ein nicht veröffentlichter Referentenentwurf unter dem Namen Faires Tarifentlastungsgesetz. Die Beratungen zum Entlastungspaket III hatten allerdings weitere steuerliche Entlastungen ergeben, die noch in ein Gesetz gegossen werden mussten. Dies betraf insbesondere die Erhöhung des Kindergeldes (für das erste bis dritte Kind nun einheitlich 237 €). Im Übrigen stehen Tarifanpassungen für die Jahre 2023 und 2024 im Vordergrund, um die Effekte aus der kalten Progression ausgleichen zu können. Aus dem Fairen Tarifentlastungsgesetz wurde dann medial das Inflationsausgleichsgesetz, hatte doch der Finanzminister in der Presse medienwirksam immer darauf gedrungen, dass der Abbau der kalten Progression für ihn ein wichtiges Anliegen sei. Dies kann nicht verwundern, da in Krisenzeiten wie derzeit der finanzielle Handlungsspielraum für einen Finanzminister eher kleiner wird, so dass weitere liberale Steuerreformen in dieser Legislaturperiode eher nicht mehr zu erwarten sind.

In der politischen Diskussion war schnell ein Streit entbrannt, ob eine Anpassung der Tarifeckwerte derzeit angebracht sei. Eine Wirtschaftsweise äußerte, dass diese Reform überflüssig sei. Eine solche Aussage verkennt, dass die Anpassung der Tarifeckwerte sicherlich nicht als Reform bezeichnet werden kann. Vielmehr ist es geübte Praxis, dass die Tarifeckwerte in einem festen Zweijahresrhythmus überprüft und ggf. angepasst werden. Infolge geringer Inflationsraten ist dies in den letzten Jahren auch eher lautlos vollzogen worden. Derzeit ist die Situation eine andere, die erfolgten Preissteigerungen und damit in Teilen auch eine Erhöhung der Nominallöhne bedingen es, dass die Anpassungen der Tarifeckwerte nun deutlich stärker ausfallen. Der Entwurf sieht Steigerungen von 5,76 % in 2023 und dann noch von 2,49 % in 2024 vor. Die fiskalischen Mindereinnahmen werden auf ca. 18,5 Mrd. € geschätzt. Eine weitere Berichterstattung erübrigt sich derzeit, da bereits jetzt absehbar ist, dass die Zahlen wohl noch nach oben anzupassen sind, wenn die Herbstprojektion der Bundesregierung veröffentlicht wird. Auch sind noch Existenzminimum- und Steuerprogressionsbericht vorzulegen.

Zusammenfassend ist zu betonen, dass in der politischen Diskussion der Abbau der kalten Progression als Verhinderung eines nicht gewollten Effekts, nämlich Steuererhöhungen infolge eines Inflationsausgleichs, strikt von einer allgemeinen Entlastungsdebatte zu trennen ist. Erster Aspekt ist systematisch geboten, zweiter Aspekt liegt im politischen Willen. Über beide Punkte kann nur sachgerecht diskutiert werden, wenn diese auch so differenziert betrachtet werden.

Frank Hechtner

Fundstelle(n):
NWB 2022 Seite 2801
ZAAAJ-23298