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Auswirkungen des KöMoG für latente Steuern
Anwendungsbereich, anzuwendender Steuersatz und Entwicklung der relevanten Bilanzansatzdifferenzen
Im folgenden Beitrag werden die Auswirkungen des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) auf die Bildung latenter Steuern u. a. hinsichtlich des Anwendungsbereichs, des anzuwendenden Steuersatzes und der Entwicklung der relevanten Bilanzansatzdifferenzen inklusive Ergänzungs- und Sonderbilanzen dargestellt. Ebenfalls betrachtet werden Verlustvorträge, Anforderungen an die Berichterstattung, latente Steuern auf Gesellschafterebene, mögliche Auswirkungen im Konzern sowie auch die mit der Bildung latenter Steuern ggf. verbundene Ausschüttungssperre.
Wagener, Latente Steuern nach HGB im Einzelabschluss, Grundlagen, NWB OAAAE-40415
Welche Folgen ergeben sich aufgrund der Optionsausübung zur Körperschaftsbesteuerung handelsbilanziell?
Welche Auswirkungen ergeben sich konkret bei den latenten Steuern?
Welche Folgen treten bei Personenhandelsgesellschaften ein?
I. Vorbemerkungen
[i]Scholz, Auswirkungen des MoPeG und des KöMoG auf die Bilanzierung von Personenhandelsgesellschaften, StuB 17/2021 S. 683, NWB XAAAH-87475 Lüdenbach, Latente Steuern bei Antrag einer Personengesellschaft zur Körperschaftsbesteuerung, StuB 22/2021 S. 904, NWB KAAAH-94658 Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 13. Aufl. 2022, § 274, NWB SAAAH-91028 Mit dem KöMoG wurde durch § 1a KStG eine Option zur Körperschaftsbesteuerung für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften geschaffen, nach der für ertragsteuerliche Zwecke eine optionsausübende Gesellschaft wie eine Körperschaft und ihre Gesellschafter wie die einer Körperschaft behandelt werden. Das Gesetz wurde für Veranlagungszeiträume ab 2022 eingeführt. Die Ausübung der Option beeinflusst nicht nur die steuerliche Behandlung der Gesellschaft, sondern hat u. a. über die Auswirkungen auf effektive und latente Steuern auch Folgewirkungen für den handelsrechtlichen Jahresabschluss. Bei den latenten Steuern ergeben sich mögliche Abweichungen u. a. durch geänderte Steuersätze, Auswirkungen auf die den latenten Steuern zugrunde liegenden Differenzen zwischen handelsrechtlichen und steuerlichen Wertansätzen sowie untergehende Verlustvorträge. Zu beachten ist, dass diese Folgewirkungen nicht zwingend erst mit Wirksamwerden der Option eintreten, sondern bereits im Zeitpunkt der Antragstellung bzw. der Schlussbilanz zu berücksichtigen sein können.
II. Anwendungsbereich latenter Steuern
Die für Personenhandelsgesellschaften geltenden handelsrechtlichen Vorschriften zu latenten Steuern unterscheiden sich für haftungsbeschränkte Gesellschaften i. S. des § 264a HGB und Personenhandelsgesellschaften mit einer natürlichen Person als Vollhafter. Zudem sind größenabhängige Differenzierungen zu beachten.
Für Personenhandelsgesellschaften i. S. des § 264a HGB und Gesellschaften, die aufgrund des Überschreitens der einschlägigen Größenkriterien dem Publizitätsgesetz (PublG) unterliegen, gilt für die Bildung latenter Steuern § 274 HGB. Nach § 274a Nr. 4 HGB sind jedoch kleine Personenhandelsgesellschaften i. S. des § 264a HGB nicht verpflichtet, § 274 HGB zu beachten; sie dürfen die Vorschrift freiwillig anwenden. Lediglich wenn die Voraussetzungen für den Ansatz von Rückstellungen nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB gegeben sind, müssen alle Unternehmen, die die Bildung latenter Steuern nicht verpflichtend nach § 274 HGB vorzunehmen haben, dennoch passive latente Steuern ansetzen. S. 442
Hinsichtlich der anzuwendenden handelsrechtlichen Normen mit Blick auf die Verpflichtung zur Bildung latenter Steuern ergeben sich durch die Option zur Körperschaftsbesteuerung keine Unterschiede. Den Regelungen des § 274 HGB unterliegen haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften – wenn sie mindestens mittelgroß sind – ebenso wie Personenhandelsgesellschaften, die vom PublG erfasst werden. Kleine Gesellschaften und solche ohne Haftungsbeschränkung, die die Größenmerkmale des PublG unterschreiten, müssen latente Steuern nur im Ausnahmefall im Rahmen von § 249 HGB ansetzen. Bei der Differenzierung der anzuwendenden Regelungen in Abhängigkeit von Haftungsbeschränkung und Unternehmensgröße ist zu beachten, dass mit der Option zur Körperschaftsbesteuerung tendenziell eine Erhöhung der Bilanzsumme einhergeht, die das Überschreiten des entsprechenden Größenmerkmals begünstigt.
Sofern eine Erhöhung latenter Steuern – bspw. aufgrund eines steigenden Steuersatzes – das Überschreiten handelsrechtlicher Größenkriterien zur Folge hat und das bilanzierende Unternehmen in eine „höhere“ Größenklasse eingestuft wird, kann dies einen Wegfall von Erleichterungsmöglichkeiten bewirken. Bei einem Wechsel von einer mittelgroßen zu einer großen Gesellschaft betrifft dies bspw. die Anhangberichterstattung nach § 285 Nr. 29 HGB, diese wird dann verpflichtend. Kommt es zu einem Wechsel von einer kleinen Gesellschaft zu einer mittelgroßen, folgt hieraus der Wegfall der Anwendbarkeit von § 274a Nr. 4 HGB. Folglich steigt die Bedeutung des Aktivierungswahlrechts in § 274 HGB, das auf einzelgesellschaftlicher Ebene den Verzicht auf den Ansatz eines Aktivüberhangs latenter Steuern ermöglicht.