Bei der Aufteilung des Kaufpreises für eine Eigentumswohnung ist grundsätzlich der Sachwert des Grund- und Bodenanteils sowie des Gebäudeanteils nach der Wertermittlungsverordnung 1988 zu ermitteln
Leitsatz
Bei der schätzungsweisen Aufteilung des Kaufpreises für eine Eigentumswohnung in einen Anteil für Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits ist grundsätzlich der Sachwert des Grund- und Bodenanteils sowie des Gebäudeanteils nach der Wertermittlungsverordnung 1988 zu ermitteln; die sog. Vergleichswertmethode ist in diesem Zusammenhang keine geeignete Schätzungsmethode (Bestätigung des , BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252).
Gesetze: WertV i. d. F. vom §§ 7 Abs. 1, 13 ff., 21 ff.EStG §§ 7, 9 Abs. 1 Nr. 7, 21 Abs. 1
Instanzenzug: FG Baden-Württemberg (EFG 1998, 446) (Verfahrensverlauf), ,
Tatbestand
I.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden für das Jahr 1991 (Streitjahr) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Mit Vertrag vom erwarben sie eine im Bau befindliche Eigentumswohnung (57 qm) mit Tiefgaragenstellplatz in X zum Preis von 317 300 DM. Hinzu kamen Nebenkosten in Höhe von 9 616 DM und Kosten für Sonderwünsche in Höhe von 5 899 DM. Der Veräußerer bescheinigte den Klägern am , dass der Grundstücksanteil 52 000 DM betrage.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gingen die Kläger bei der Berechnung der Absetzung für Abnutzung (AfA) von Anschaffungskosten für die Gebäudeteile in Höhe von 265 300 DM (Gesamtkaufpreis 317 300 DM ./. Grund- und Bodenanteil von 52 000 DM) aus. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ermittelte demgegenüber den anteiligen auf die Gebäudeteile entfallenden Kaufpreis zunächst mit 251 346 DM (Vordruck S 3101 A/S 2170 A (1) vom April 1991). Die gesamten Anschaffungskosten seien nach dem Verhältnis der Verkehrswerte des Grund- und Bodenanteils sowie des Gebäudeanteils aufzuteilen. Grundlage für die Aufteilung sei das Verhältnis des Sachwerts des Miteigentumsanteils an Grund und Boden zum Sachwert des Miteigentumsanteils am Gebäude einschließlich der Außenanlagen und des Sachwerts des Sondereigentums an der Wohnung und an dem Tiefgaragenstellplatz. Der Sachwertermittlung des Anteils am Grund und Boden sei der vom Gutachterausschuss der Stadt X nach § 5 der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken i. d. F. vom (BGBl. I 1988, 2209, Wertermittlungsverordnung - WertV 1988 -) ermittelte Bodenrichtwert zugrunde zu legen. Da die Kläger die tatsächlichen Herstellungskosten ihrer Wohnung und des Tiefgaragenstellplatzes nicht nachgewiesen hätten, seien die gewöhnlichen Herstellungskosten zur Ermittlung des Sachwerts heranzuziehen. Die gewöhnlichen Herstellungskosten vergleichbarer Wohnungen hätten nach Feststellungen der Oberfinanzdirektion (OFD) Stuttgart (Kaufpreisaufteilung Preisstand 1993, Vordruck vom Mai 1994) und des Bausachverständigen des FA rd. 2 700 DM pro qm Wohnfläche betragen.
Die im Zusammenhang mit der Anschaffung und Herstellung der Wohnung aufgewendeten Kosten seien bei der Bemessungsgrundlage für die AfA der Wohnung wie folgt zu berücksichtigen:
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Gesamtkaufpreis 317 300 DM + Nebenerwerbskosten lt. Steuererklärung 9 124 DM + Nebenerwerbskosten lt. Einspruch 492 DM Gesamte Anschaffungskosten der Wohnung 326 916 DM Gebäudeanteil 76, 05 v. H. 248 620 DM + Sonderwünsche 5 900 DM AfA-Bemessungsgrundlage 254 520 DM 7 v. H. AfA nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 17 817 DM |
Die Kläger erhoben Klage, mit der sie u. a. geltend machten, das FA habe im Rahmen seiner Ermittlungspflicht einen vereidigten Sachverständigen zur Aufklärung des Wertes von Grundstück und Gebäude bestellen müssen.
- Das Finanzgericht (FG) hat durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis über die Frage erhoben, in welcher Höhe der Verkehrswert des Grund- und Bodenanteils und des Gebäudeanteils der Eigentumswohnung zum Zeitpunkt des Erwerbs und der Fertigstellung der Wohnung im Jahre 1991 zu bewerten sei. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass der Kaufpreis in Höhe von insgesamt 326 424 DM wie folgt aufzuteilen sei:
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Grund und Boden (16,52 v. H.) 53 925 DM Gebäude (83,48 v. H.) 272 499 DM |
Das FG gab der Klage statt und setzte die AfA mit 19 578 DM fest (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1998, 446):
Der Gesamtkaufpreis für den Grund- und Bodenanteil sowie für den Gebäudeanteil sei nach dem Verhältnis der Verkehrswerte aufzuteilen. Dieser Grundsatz gelte aber nur in Ermangelung einer Aufteilung durch die Vertragsparteien oder im Falle der Zweifelhaftigkeit einer solchen Aufteilung. Im Streitfall gebühre der Aufteilung durch die Vertragsparteien im Ergebnis der Vorrang, da sie keinen nennenswerten Zweifeln begegne. Dabei sei unerheblich, dass sie nachträglich erfolgt sei.
Die Aufteilung durch den Verkäufer und die Kläger sei durch das Gutachten des Sachverständigen im Wesentlichen bestätigt worden. Die Methode des Sachverständigen sei schlüssig und vertretbar. Der Sachverständige habe zur Rechtfertigung seiner Wertermittlungsmethode angeführt, nach der neuen Wertermittlungsverordnung 1988 könnten auch Vergleichswerte zur Beurteilung herangezogen werden (§§ 13 und 14 WertV 1988). Insoweit sei das Urteil des erkennenden Senats vom IX R 81/83 (BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252), das dieses Verfahren nicht für anwendbar halte, zu revidieren; das Vergleichsverfahren sei erst 1988 eingeführt worden. Im Gegensatz zur Auffassung des FA sei von den Anschaffungskosten der Kläger auszugehen, die auch einen Gewinn des Bauträgers umfassen könnten, und nicht etwa von den Herstellungskosten des Bauträgers.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i. V. m. §§ 7 Abs. 5 und 21 EStG.
Das FG weiche in seiner Entscheidung von anerkannten Schätzungsgrundsätzen ab, welche der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung in BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252 aufgeführt habe. Die Verkehrswerte seien danach anhand der Sachwerte von Grund- und Boden- sowie Gebäudeanteil zu schätzen. Das Sachverständigengutachten gehe jedoch von einem Vergleichswert aus. Dieses Verfahren sei zur Ermittlung des Verkehrswerts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils nicht brauchbar, denn es erlaube nur, die Eigentumswohnung als eine Einheit von Miteigentumsanteil und Sondereigentum zu bewerten. Mit den Sachverständigenfeststellungen des FA habe sich das FG nicht auseinandergesetzt.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat die Bemessungsgrundlage für die AfA gemäß § 7 Abs. 5 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG unzutreffend ermittelt.
1. Zutreffend geht das FG davon aus, dass eine Einigung der Vertragsparteien über den Grundstücksanteil im Gesamtkaufpreis grundsätzlich der Aufteilung auf Grund und Boden sowie Gebäude zugrunde zu legen ist, solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 143, 61, 65, zu 1a, BStBl II 1985, 252, und vom IX R 190/87, BFH/NV 1993, 92). Zu Unrecht ist das FG jedoch bei der nachträglichen ,,Bescheinigung des Veräußerers'' vom als von einer Einigung der Vertragsparteien in diesem Sinne ausgegangen. Eine solche Einigung kann nur eine von den wechselseitigen Interessen getragene Vereinbarung der Vertragsparteien sein. Das ist eine Erklärung des Verkäufers auch dann nicht, wenn sie auf Wunsch der Käufer erteilt wird. Eine solche Erklärung kann allenfalls als eine Schätzung gewertet werden. Eine Schätzung wird auch für die Finanzverwaltung und das FG in dem Maße zu beachten sein, in dem die Grundlagen der Schätzung nachvollziehbar und überzeugend sind. Das ist im Streitfall nicht der Fall, denn das Schreiben des Veräußerers vom führt insoweit lediglich an, dass der auf den Grund und Boden entfallende Kaufpreisanteil ,,von uns entsprechend dem Erwerb errechnet'' wurde.
Das FA war danach im Streitfall grundsätzlich zur Schätzung der Kaufpreis-Anteile, die auf den Grund- und Bodenanteil sowie auf den Gebäudeanteil entfallen, berechtigt (§ 162 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -).
2. Ist wie im Streitfall ein Gesamtkaufpreis für eine Wohnung gezahlt worden, dann ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA aufzuteilen. Zunächst ist der Bodenwert und der Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann sind die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Bodenanteil und den Gebäudeanteil aufzuteilen.
Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils kann die Wertermittlungsverordnung 1988 entsprechend herangezogen werden (BFH-Urteil in BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252). Die Wertermittlungsverordnung 1988 sieht für die Verkehrswertermittlung in § 7 Abs. 1 das Vergleichswert-, das Ertragswert- oder das Sachwertverfahren vor. Die Ermittlung des Verkehrswerts ist Teil der Sachverhaltsfeststellung des FG, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Der BFH als Revisionsgericht hat aber zu prüfen, ob das FG bei seiner Wertermittlung die zutreffende Methode angewandt hat (vgl. , BFH/NV 1988, 37, und in BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252). Im Streitfall ist das FG bei seiner Schätzung zu Unrecht der Methode des Sachverständigen in seinem Gutachten vom gefolgt. Der Sachverständige hat zwar für den Gebäudeteil einen Sachwert bzw. Bauwert (240 000 DM) ermittelt, der Kaufpreisaufteilung aber einen Vergleichswert zugrunde gelegt.
Das Vergleichswertverfahren hat der BFH im Urteil in BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252 für die Ermittlung des Gebäudewerts in diesem Zusammenhang als ungeeignet verworfen. Zu Unrecht meint das FG mit dem Sachverständigen, diese Entscheidung sei durch die §§ 13 f. WertV 1988 überholt. Das Vergleichswertverfahren hat es bereits in der Wertermittlungsverordnung von 1972 (BGBl. I 1972, 1417) gegeben (§§ 3 ff.). Die Wertermittlungsverordnung 1988 hat in den hier maßgeblichen Punkten keine wesentlichen Änderungen gebracht. Die in der Entscheidung in BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252 geäußerten Bedenken bestehen fort. Das Vergleichswertverfahren ist mit dem Gebot der Einzelbewertung (§ 6 EStG), das auch bei der Ermittlung der Einkünfte gemäß § 21 Abs. 1 EStG gilt (BFH-Urteil in BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252), nicht vereinbar. Der Gutachter hat den Gebäudewert im Wesentlichen (unter Ansatz eines gesonderten Werts für den Garagenstellplatz) durch Substraktion des Grundstückswerts vom Vergleichswert (der sowohl Grund und Boden als auch Gebäude umfasst) festgelegt. Diese sog. Restwertmethode hat der BFH in mehreren Entscheidungen verworfen (vgl. Urteile in BFHE 143, 61, 64, BStBl II 1985, 252, und vom IX R 33, 34/92, BFHE 175, 70, BStBl II 1994, 927), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
3. Der Senat kann als Revisionsgericht die Schätzung der Bemessungsgrundlage für die AfA nicht selbst vornehmen (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Sache geht daher zur Nachholung dieser Feststellung an das FG zurück.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2001 II Seite 183
BB 2001 S. 457 Nr. 9
BFH/NV 2001 S. 514 Nr. 4
BFHE S. 326 Nr. 193
DB 2001 S. 459 Nr. 9
DStRE 2001 S. 307 Nr. 6
FR 2001 S. 357 Nr. 7
INF 2001 S. 220 Nr. 7
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